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19,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Europa Verlage
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Klassisch
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 31.08.2018
  • ISBN: 9783958901971
Dmitry Glukhovsky

TEXT

Franziska Zwerg (Übersetzer)

Moskau, im Herbst 2016: Als Ilja nach sieben Jahren Straflager nach Hause kommt, ist nichts mehr, wie es war. Seine Mutter stirbt wenige Tage vor seiner Rückkehr an einem Herzinfarkt, seine Freundin ist längst mit einem anderen zusammen, und sein Jugendfreund begegnet ihm mit größtem Argwohn. Enttäuscht ertränkt Ilja seine Trauer im Alkohol, bis er im Rausch der Verzweiflung jenen Fahnder aufsucht, der ihn vor sieben Jahren zu Unrecht hinter Gitter brachte. Im Affekt ersticht Ilja ihn und nimmt ihm sein Smartphone ab. Als Ilja nach seiner Tat im Handy des verstorbenen Petja stöbert, stößt er auf verstörende Spuren aus dessen Vergangenheit. Und immer wieder erreichen ihn besorgte Nachrichten von Petjas Mutter und dessen schwangerer Freundin Nina. Ilja beginnt, ihnen an Petjas Stelle zu antworten, und seine Identität verschmilzt immer mehr mit der jenes Mannes, den er getötet hat. Meisterhaft verknüpft Dmitry Glukhovsky das Schicksal zweier junger Männer, die sich schuldig gemacht haben, jeder auf seine Weise. Und so fühlt sich der eine dazu verurteilt, das Leben des anderen zu Ende zu führen – hat er doch mit dessen Smartphone sein Seelen-Reservoir gefunden, die Bilder und Chats, den TEXT seines Lebens. Ein außergewöhnliches Werk, das an die große russische Erzähltradition mit ihrer immer wiederkehrenden Frage nach Schuld und Sühne anschließt und Bestsellerautor Dmitry Glukhovsky von einer aufregend neuen Seite zeigt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2018

Russische Schwermut

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Sieben Jahre saß Ilja im Gefängnis, weil ihm von Fahnder Petja ein Verbrechen angehängt wurde. Sieben Jahre, in denen er eigentlich im Leben Fuß hätte fassen sollen. Jetzt ist die Freundin schon lange ...

Sieben Jahre saß Ilja im Gefängnis, weil ihm von Fahnder Petja ein Verbrechen angehängt wurde. Sieben Jahre, in denen er eigentlich im Leben Fuß hätte fassen sollen. Jetzt ist die Freundin schon lange weg, der Studienabschluss ewig her, und zu allem Unglück stirbt Iljas Mutter kurz vor seiner Freilassung. Der trifft an seinem ersten Tag in Freiheit ausgerechnet auf Petja, die Wurzel allen Übels; und ersticht ihn. Doch Petjas Leben lässt Ilja nicht los, denn er liest sich durch die Aufzeichnungen und Nachrichten in dessen Handy.

Von russischen Klassikern kennt man die Schwere, das Melancholische dieser Literatur. Glukhovskys Stil vereint die Eigenschaften dieser altbekannten Literatur mit modernen Themen. Ilja ist eine tragische Figur, eigentlich hat er im Leben nichts groß falsch gemacht, trotzdem bricht ein Unglück nach dem anderen über ihn herein. Man wünscht ihm nur das Beste, allerdings hat man mit fortschreitender Handlung doch sehr wenig Hoffnung auf nur ein bisschen Glück für ihn. Petja hingegen scheint mit dem goldenen Löffel im Mund geboren zu sein, doch je mehr man ihn durch seine Nachrichten kennen lernt, desto klarer wird, dass auch er kein leichtes Leben hatte. Ilja irrt mit Petjas Geist im Nacken durch das moderne Moskau, man folgt ihm durch die kalte Stadt und versinkt genüsslich in der russischen Schwermut. Der Erzählstil ist etwas eigenwillig, ich hatte zuerst Zweifel ob sich aus emails, Whatsappnachrichten etc. eine flüssige Handlung ergeben kann. Kann es. Und eine mitreißende noch dazu. Mir hat Glukhovskys Roman wirklich sehr gut gefallen, auch wenn man sich auf die düstere Stimmung einlassen muss.

Veröffentlicht am 27.09.2018

Was bleibt?

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Bei russischer Literatur denke ich gewöhnlich eher an Klassiker als an zeitgenössische Autoren, deshalb war ich sehr gespannt auf diesen siebten Roman des 1979 in Moskau geborenen Dmitry Glukhovsky. Sein ...

Bei russischer Literatur denke ich gewöhnlich eher an Klassiker als an zeitgenössische Autoren, deshalb war ich sehr gespannt auf diesen siebten Roman des 1979 in Moskau geborenen Dmitry Glukhovsky. Sein internationaler Millionenbestseller „Metro“ hätte mich als dystopische Science-Fiction-Trilogie nicht interessiert, aber dieser neue Roman „Text“ klang vielversprechend. Dass er mich jedoch so sehr fesseln würde, hat mich überrascht. Vielleicht liegt es daran, dass „Text“ Dostojewskis immer aktuelle Frage nach "Schuld und Sühne" – oder in der modernen Übersetzung "Verbrechen und Strafe" – in modernem Gewand wiederaufwirft.

Sieben Jahre Straflager Solikamsk, von denen jedes dreifach zählte, liegen hinter dem Ex-Studenten Ilja, als er 2016 in seinen Heimatort Lobnja bei Moskau zurückkehrt. Er verdankt sie einem korrupten jungen Beamten, Pjotr Chasin, der ihm bei einer Drogenkontrolle Kokain untergeschoben hat. Nur die Mutter hat Ilja die Treue gehalten, hat an den nun 27-jährigen Sohn und dessen Zukunft geglaubt, doch als er heimkehrt, ist sie gerade einem Herzinfarkt erlegen. Die Kohlsuppe für ihn steht noch in der geplünderten Wohnung, rührendes Indiz der Wiedersehensfreude. Seine Ex-Freundin, die er bei der Razzia gegen die Zudringlichkeiten Chasins verteidigt hat, ist längst anderweitig liiert, der beste Freund fremd geworden. Was ihm bleibt, ist der Hass auf Chasin, „das Schwein“, inzwischen Major. In der ersten Nacht in Freiheit sucht Ilja ihn angetrunken auf, stellt ihn zur Rede, ersticht ihn aus schierer Verzweiflung im Affekt und entsorgt die Leiche unter einem Deckel der Kanalisation. Sein iPhone nimmt er mit und dank der darauf gespeicherten Chats, Mails, intimen Bilder und Videos wird er sich in den nächsten Tagen in Chasins Leben hacken, dessen Rolle weiterspielen und über den Toten in der Kanalisation sagen: „Da oben, da spiele ich dich, und ich weiß gar nicht mehr, wo du aufhörst und wo ich anfange.“ Nun ist Ilja der, der Chasins Angelegenheiten regelt, mit dessen zunehmend besorgteren Mutter, der schwangeren Freundin Nina, dem wütenden Vater und den Kontaktleuten aus dem Drogenmilieu kommuniziert und entscheidende Weichen stellt. Einige Tage lassen sich alle hinhalten, denn der Major tauchte immer wieder ab, beruflich oder wegen dubioser Geschäfte. Doch dann zieht sich die Schlinge um Ilja immer enger zusammen, denn „Ilja war allein, sie unendlich viele“.

Was mich beim Lesen so begeistert hat, ist die personale Erzählweise rein aus Iljas Sicht, die nur durch die Textnachrichten der Handypartner unterbrochen wird. Obwohl kein Krimi, war die Handlung für mich doch unglaublich spannend und hat mich wie ein Sog erfasst. Auch wenn das Zusammenbasteln von Chasins Leben aus digitalen Puzzleteilen manchmal etwas konstruiert wirkt, hat mich das kaum gestört. Die fortschreitende Verschmelzung Iljas mit seinem Peiniger ist psychologisch dafür umso besser gelungen, besonders wenn Ilja vergisst, dass Nina nicht seine, sondern die Freundin seines ermordeten Kontrahenten ist. Alles gipfelt in einem finalen Gewissenskonflikt und im Showdown, in dem es nur Verlierer gibt.

„Es gibt Menschen, von denen bleibt etwas, und von anderen Menschen bleibt nichts“, schließt dieser ebenso düster-bedrückende wie großartige Roman. Menschen wie Ilja, die dem System Putin chancenlos ausgeliefert sind, gehören zu den Letzteren.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Der Text eines Lebens

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Dmitry Glukhovsky - Text

Ein russischer Autor der modernen Generation, der in seinem neuen Roman auf außergewöhnliche Art und Weise das moderne Russland thematisiert, auch soziale Missstände benennt, ...

Dmitry Glukhovsky - Text

Ein russischer Autor der modernen Generation, der in seinem neuen Roman auf außergewöhnliche Art und Weise das moderne Russland thematisiert, auch soziale Missstände benennt, doch gleichermaßen die Abgründe menschlicher Existenzen berührt. Ja, das Regime (gemeint ist Putins Russland) trägt eine Mitschuld, indem es durch Korruption die kleinen Leute im Stich lässt. Trotz alldem ist jeder seines Glückes Schmied und muss zusehen, wie er selbst wieder auf die Beine kommt. Damit erinnert dieses Werk durchaus an bekannte russische Schriftsteller, wie Tolstoi und Dostojewski, mit den klassischen Themen der Schuld und Sühne, nur in moderner Ausführung.

Nach sieben endlosen Jahren wird Ilja aus dem Straflager entlassen, in ein Leben, das ihm nicht mehr gehört. Er muss feststellen, dass seine Mutter nur wenige Tage vor seiner Rückkehr verstorben ist, seine Freundin hat ihn längst verlassen. Völlig überfordert kommt er mit seiner lang ersehnten Freiheit nicht zurecht und ertränkt seinen Kummer, nach russischer Art, mit Wodka.
"Außen war seine Haut rein geblieben, aber die Innenhaut war voller Tätowierungen. Niemand kann im Gefängnis sein Inneres schützen." Seite 58

In seiner Verzweiflung beginnt er zu suchen und trifft schließlich tatsächlich auf den Mann, der ihn damals aus reiner Willkür und Bosheit ins Straflager gebracht hatte, Petja, von Ilja auch genannt, das Schwein. Überwältigt vom Alkohol und Rachegelüsten ersticht er ihn und nimmt sein Handy an sich. Um die Entdeckung seiner Tat hinauszuzögern, beginnt er, auf Nachrichten, die an das Opfer gerichtet sind, zu antworten. Nach und nach setzt er aus älteren Chats und Aufzeichnungen wie aus Puzzleteilen das Leben dieses Mannes zusammen.
Ilja hat den Text seines Lebens gefunden und hat sich unversehens viel zu sehr darin verfangen. Nachdem er in sein eigenes Leben nicht mehr zurückfindet, schlüpft er in die Rolle des Anderen und nimmt ein Stück weit dessen Identität an, denn dies ist alles, was ihm geblieben ist.

Ilja hat im Eifer des Gefechts Gott gespielt. Indem er den Täter ermordet hat, hat er ihn zu seinem Opfer und sich selbst wiederum zum Täter gemacht. Doch Ilja hat das Herz eigentlich am rechten Fleck und fühlt sich nun für die Angehörigen Petjas verantwortlich. (Schuld und Sühne)

Glukhovsky hat einen besonderen, sehr kraftvollen Erzählstil. In diesem Roman beschäftigt sich Ilja über weite Teile hauptsächlich mit dem Handy seines Opfers. Hauptsächlich auf der Grundlage von WhatsApp-Nachrichten und Mails erfährt man zeitgleich mit Ilja Hintergründe aus dem Leben seines Opfers. Das ist schon sehr gut gemacht und erfrischend anders. So etwas habe ich in der Art noch nicht gelesen.
Zwangsläufig spielt so der Einfluss der sozialen Medien eine große Rolle. In diesem Fall machen sie ein ganzes Leben nachvollziehbar, alles ist gespeichert. Offensichtlich leidet jedoch der persönliche Kontakt zueinander. Ein Handy kann man einfach wegdrücken oder ignorieren. Eine knappe Nachricht ist schnell geschrieben. Verstörend, wenn die Angehörigen tagelang nicht bemerken, dass es nicht Petja ist, der ihnen schreibt.

Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen und neugierig gemacht auf die früheren Werke des Autors. Mit der dystopischen Metro-Trilogie hat er einen Weltbestseller gelandet.

Auf jeden Fall, absolut empfehlenswert!

Veröffentlicht am 18.12.2019

Identität

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Schon das bunte Cover , in dem sich die Geschichte um Ilja spiegelt,hat mich neugierig auf das Buch gemacht.
Ilja kommt aus dem Gefängnis frei und will ein neues Leben beginnen. Doch es kommt anders als ...


Schon das bunte Cover , in dem sich die Geschichte um Ilja spiegelt,hat mich neugierig auf das Buch gemacht.
Ilja kommt aus dem Gefängnis frei und will ein neues Leben beginnen. Doch es kommt anders als er erhofft hat.
Nach dem Mord an Petja nimmt er dessen Handy an sich und beginnt , sich in dessen Leben einzumischen. Teilweise nimmt er dessen Identität an.

Eine tolle Geschichte, welche von Anfang an fesselt. Man will das Buch nicht aus den Händen geben, bevor man am Ende ,das anders als erwartet endet, angelangt ist.
Konnte mich sehr gut in Ilja hineinversetzen. Zum einen bekommt man Mitleid mit ihm, zum Anderen fragt man sich, wer er eigentlich wirklich ist.
Er sucht sich in diesem Thriller seine wahre Identität, zu der er schließlich auch findet.

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Veröffentlicht am 25.01.2019

Schwer und schwermütig

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Der Roman von Dimitry Glukhovsky erzählt nicht nur von Ilja, einem gebrochenen jungen Mann, der zu Unrecht verurteilt, gerade aus dem Straflager entlassen wurde, sondern berichtet darüber hinaus von Korruption, ...

Der Roman von Dimitry Glukhovsky erzählt nicht nur von Ilja, einem gebrochenen jungen Mann, der zu Unrecht verurteilt, gerade aus dem Straflager entlassen wurde, sondern berichtet darüber hinaus von Korruption, Polizeigewalt und Überwachung der Menschen durch den Staatsapparat. Er zeigt auf, wie schnell man in diesem Umfeld Opfer von Willkür werden kann, wie abgestempelt und chancenlos einmal auffällig gewordene Personen sind.

Als Ilja aus der Gefangenschaft heimkehrt, ist er ein Fremder. Moskau hat sich verändert, Nichts scheint mehr so zu sein, wie es war. Einzig die „Hüter von Recht und Ordnung“ sind für Ilja überall erkennbar. Bei seiner Ankunft zu Hause muss er dann auch noch feststellen, dass seine Mutter vor ein paar Tagen verstorben ist. Lediglich ein Topf Kohlsuppe ist ihm von ihr geblieben. Ilja betäubt seinen Schmerz mit Alkohol, zieht schließlich los zu dem Ort, wo sein Unglück begann und trifft auf seinen Peiniger, Petja. Im Affekt ersticht er ihn und nimmt dessen Handy an sich. Doch das ist nur der Anfang einer erschreckenden Odyssee. Petjas Handy, als Tor zu dessen Leben, lässt Ilja nach und nach begreifen, warum er ins Straflager musste.

Der Roman betrachtet hauptsächlich die beiden Charaktere, Ilja und Petja. Dabei entstammt die gesamte, Petja betreffende Handlung der Vergangenheit. Sie entsteht als Interpretation aus Iljas Studien der eMails, WhatsApps, Fotos, Videos und Sprachnachrichten, die in Petjas Handy gespeichert sind. Um Petjas Umfeld hinzuhalten, setzt Ilja dessen Kommunikation fort. Für den Leser verschwimmen nun im Verlauf die beiden Persönlichkeiten immer mehr. Zwischenzeitlich musste ich zurück blättern, inne halten und das Gelesene sacken lassen, damit ich die beiden auseinander halten konnte. Iljas Gedankenwelt ist mit Träumen aus seiner Vergangenheit, mit Wünschen für seine Zukunft und Vorstellungen von Pflichterfüllung durchsetzt. Wenn Ilja schläft, mischt sich seine Welt mit dem Bild, das er von Petjas Leben hat.

Dimitry Glukhovsky setzt uns hier keinen einfachen Roman vor. Dieser „Text“ braucht Aufmerksamkeit und Zeit. Dem Leser wird an Iljas Beispiel die Schwermütigkeit der abgehängten russischen Bevölkerung näher gebracht. Wenn man unterstellt, dass die Aussagen des Romans über die Staatsmacht Russlands nicht frei erfunden sind, erfährt der Leser zudem, wie weit entfernt Russland von unserer Denke von Demokratie ist.

Ich empfehle diesen Roman sehr gern weiter, gebe aber zu bedenken, dass hier das Vergnügen etwas Aufwand kostet.