Cover-Bild Als wir an Wunder glaubten
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Insel Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 285
  • Ersterscheinung: 11.09.2023
  • ISBN: 9783458643883
Helga Bürster

Als wir an Wunder glaubten

Roman

Ende der 1940er Jahre: Der Krieg ist endlich vorbei – doch in dem kleinen Ort Unnenmoor haben die Menschen kaum in ihr Leben zurückgefunden, wie auch im Rest des Landes nicht. Die alten Gewissheiten haben sich als falsch erwiesen, alles, woran man glauben und woran man sich festhalten konnte, taugt ebenso wenig als sicherer Grund wie das Moor. Wanderprediger verkünden den nahenden Weltuntergang und versprechen zugleich Heilung und Erlösung.
Die elfjährige Betty Abels und ihre Mutter Edith kommen gerade so über die Runden. Der Vater ist im Krieg geblieben. Als Betty eines Nachts verschwindet und ihr Freund Willi grün und blau geschlagen im Ort auftaucht, gibt es nur eine Erklärung: Da sind Hexen am Werk. Und wer könnte es wohl eher gewesen sein als die hübsche Edith, die sich zu fein ist für die Männer, die noch übrig sind? Betty und Edith wird zunehmend das Leben schwergemacht. Doch während das Gerede über Hexen immer lauter wird, rückt mit der Trockenlegung des Moors der Fortschritt heran und verspricht den Menschen in Unnenmoor einen Neuanfang …

Helga Bürsters neuer Roman taucht atmosphärisch und intensiv in die Zeit der Verlorenheit nach dem Zweiten Weltkrieg ein und erzählt von Menschen, denen die Orientierung abhandengekommen ist, und von ihrer Sehnsucht nach einem Leben ohne die Schatten der Vergangenheit.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2023

Die Töversche und der Spökenfritz

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Dieses Buch ist eines meiner Highlights des Jahres.

Helga Bürster schreibt über Unnenmoor, ein kleines Dorf im ostfriesischen Moor.
Während in anderen Romanen oft die Nachkriegszeit in Großstädten ...

Dieses Buch ist eines meiner Highlights des Jahres.

Helga Bürster schreibt über Unnenmoor, ein kleines Dorf im ostfriesischen Moor.
Während in anderen Romanen oft die Nachkriegszeit in Großstädten ein Thema ist, ist hier der Schauplatz eine winzige Gemeinde im Moor.

Fernab der Zivilisation ist dort immernoch sehr viel Aberglaube verbreitet, dieser steht im absoluten Kontrast zur einsetzenden Modernisierung, wie der Trockenlegung des Moores.
Auch wird deutlich, wie schnell patente, selbstbewusste und selbständige Frauen als Töversche verschrien werden und was dieses für Auswirkungen in solch einer kleinen, abgeschlossenen Gemeinde hat.

Dieses Buch ist rundum gelungen. Es ist sehr atmosphärisch, es hat sehr interessante und authentische Charaktere, die deutsche Geschichte wird sehr eindrucksvoll dargestellt, auch das Grauen des Nationalsozialismus, das in diesem Dorf nicht fern war, sondern mitten vor Augen der Dorfbewohner geschah.


Auch das Ende, der runde Abschluss, die Verbindung zur Gegenwart gefällt mir sehr gut.

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Veröffentlicht am 19.10.2023

Lesenswerte Nachkriegsgeschichte

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Worum geht es in dem Buch?
In dem Moordorf Unnenmoor in Norddeutschland versuchen die Leute, sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Existenz aufzubauen. Viele Soldaten sind noch nicht aus dem Krieg ...

Worum geht es in dem Buch?
In dem Moordorf Unnenmoor in Norddeutschland versuchen die Leute, sich nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eine Existenz aufzubauen. Viele Soldaten sind noch nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, wie zum Beispiel Josef, der Mann von Annie und Vater von Willi.
Auch Edith vermisst ihren Mann Otto, der ebenfalls als Soldat im Krieg kämpfte. Sie zieht ihre Tochter Betty groß und verdient etwas Geld mit Näharbeiten. Auch wenn das Geld knapp ist, bringt Betty Guste, einer älteren alleinlebenden Frau, immer wieder einen Teller Mittagessen vorbei. Wenn Betty bei Guste ist, lauscht sie längst vergangenen Geschichten über ehemalige Einwohner des Dorfes. Diese Geschichten sind oft gemischt mit einer Portion Aberglauben.
Annie versucht, sich alleine um ihren Hof zu kümmern. An Willi, ihrem behinderten Sohn, lässt sie oft ihren Frust aus und schlägt ihn.
Die Situation ändert sich, als fünf Jahre nach Kriegsende Josef zu Annie zurückkehrt. Er hat beide Beine im Krieg verloren. Annie ist überfordert mit einem Mann, der nicht mehr auf dem Hof mithelfen kann, und einem behinderten Sohn. In der Not flüchtet sie sich in den Aberglauben ihrer Vorfahren. Jemand muss ihren Hof verhext und ihr Unglück heraufbeschworen haben! Eine schuldige Person ist schnell gefunden und ebenso jemand, der Methoden kennt, jeglichen bösen Zauber von ihrem Hof zu verbannen.

Meine Meinung zu diesem Buch:
„Als wir an Wunder glaubten“ ist ein Buch, das mich sofort mitgerissen hat. In dem aus der auktorialen Erzählperspektive verfassten Roman (also kein Ich-Erzähler) geht um Mut, Hoffnung und Aberglauben. Viele Menschen in Unnenmoor sind abergläubisch und vertrauen auf das, auf was schon ihre Vorfahren glaubten. So glauben manche an einen bevorstehenden Untergang, und manche Dinge spricht man am besten nicht aus, weil das Unglück bringen könnte.
Edith und ihre Tochter Betty sind sympathisch. Betty stiehlt ein 50-Pfennig-Stück und meint eine Zeitlang, dass das Unglück bringen könnte. Sie kommt auf eine absurde Idee, das Geldstück loszuwerden.
Edith war einst mit Annie befreundet. Mit Sorge beobachtet sie, wie sich Annie durch ihren Aberglauben zum Negativen verändert. Fritz Renk, genannt der „Spökenfritz“, schafft es, diesen Aberglauben zu befeuern und auch andere Leute davon zu überzeugen. So ist es kein Wunder, dass irgendwann die Situation aus dem Ruder zu laufen droht und für manche Leute gefährlich wird.
All das ist anschaulich geschildert in einer Sprache, die die Denkweise der Leute treffend widerspiegelt. Als Leser beobachtet man betroffen manche Vorgänge in Unnenmoor und fragt sich: Was wird in dieser Geschichte siegen – Gesetze und der gesunde Menschenverstand oder der Aberglaube?
Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung.



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Veröffentlicht am 04.10.2023

Beklemmende Nachkriegsjahre in düsterem Moordorf - authentisch und überzeugend!

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"Als wir an Wunder glaubten" von Helga Bürster ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag beim Insel Verlag erschienen und umfasst 285 Seiten.

Das Dorfleben in Unnenmoor, einem ostfriesischen Dorf, ...

"Als wir an Wunder glaubten" von Helga Bürster ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag beim Insel Verlag erschienen und umfasst 285 Seiten.

Das Dorfleben in Unnenmoor, einem ostfriesischen Dorf, ist in den Nachkriegsjahren Ende der 1940er Jahre geprägt von düsterer Resignation und Verlorenheit, die Menschen sind noch wie betäubt, die Männer teilweise noch nicht heimgekehrt.
Aber auch ganz alter, tief verwurzelter Aberglaube spielt eine große Rolle, und dieser sorgt permanent für eine unterschwellige Gänsehaut und macht den Roman ausgesprochen authentisch.

Die Schicksale der Menschen werden der Leserschaft ganz nahe gebracht und ein wenig konnte ich ihren Drang, die auftauchenden Wunderheiler aufzusuchen und an Teufel, Hexen und allerlei andere normalerweise eher dem Mittelalter zugeschriebene Gestalten zu glauben, sogar verstehen.

Die bevorstehende Trockenlegung des Moors hingegen steht für Fortschritt und Hoffnung - bleibt zu hoffen, dass das nicht für einige Dorfbewohner zu spät kommt...

Die Charaktere fand ich überzeugend und realistisch, besonders Bettys Bedrängnis wird beklemmend realitätsnah herübergebracht.

Sowohl der Schreibstil als auch der Fortgang der Handlung sind eher gemächlich, es ist das, was darunter brodelt und schwelt, und zwar in jeder Zeile, was dieses Buch ausmacht.

Ein ungemein lesenswerter Nachkriegsroman, der in die ganz andere Richtung geht als die zumeist üblichen Wirtschaftswunder-Erzählungen...

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Veröffentlicht am 23.09.2023

Halt dien Muul, du oole Hex!

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Auf dem Buchcover steht ein stolzer schwarz weißer Hahn. Hähne gelten im Volksglauben als Symbol für Wachsamkeit und Kampfeslust. Er erinnert die Christen daran, sich vor dem Bösen in Acht zu nehmen. So ...

Auf dem Buchcover steht ein stolzer schwarz weißer Hahn. Hähne gelten im Volksglauben als Symbol für Wachsamkeit und Kampfeslust. Er erinnert die Christen daran, sich vor dem Bösen in Acht zu nehmen. So passt er hervorragend zu der Geschichte, die Helga Bürster in "Als wir an Wunder glaubten" erzählt.

Die Autorin nimmt uns mit, in das norddeutsche abgeschieden im Moor liegende Dorf Unnenmoor, in die Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg. Die Männer sind tot oder verschollen, die Frauen sind allein mit Haus, Hof und Kind. Von diesen Frauen lernen wir unter anderem Anni und Edith und einen Teil ihrer Geschichten kennen.

Der Roman ist ausgesprochen atmosphärisch geschrieben, man merkt, dass die Autorin das Leben auf dem norddeutschen Land kennt. Sie beschreibt die Szenen sehr bildhaft, charakterisiert die Personen deutlich. Was mir sehr gefällt, als Mädchen aus einem niedersächsischen Dorf, sind die eingestreuten plattdeutschen Dialoge.

Helga Bürster berichtet von den Kriegstraumen, Hexen, Wunderheilern, Geistern und Armut. Von Aberglaube und übler Nachrede. Man fühlt förmlich die Hoffnungslosigkeit und die Suche nach Orientierung.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen, auch wenn es an manchen Stellen recht düster war. Es war vor allem aber auch spannend und letztlich auch Hoffnung machend. So vergebe ich gerne 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 23.09.2023

Irrlichtern im Moor: wunderbar atmosphärisch!

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„Als wir an Wunder glaubten“ ist ein wunderbar atmosphärischer und spannend geschriebener Roman, der für mich aufgrund seiner geheimnisvollen Stimmung sehr gut in den Herbst passt. Ich habe mich direkt ...

„Als wir an Wunder glaubten“ ist ein wunderbar atmosphärischer und spannend geschriebener Roman, der für mich aufgrund seiner geheimnisvollen Stimmung sehr gut in den Herbst passt. Ich habe mich direkt in die Nebel des Moores, der nicht nur über der Landschaft, sondern auch in den Köpfen der Protagonisten hängt, hineinversetzt gefühlt und quasi lesend im schwammigen Untergrund stecken geblieben, sodass ich mich kaum vom Buch wegreißen konnte.
Der Roman spielt wenige Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs im norddeutschen Moor, wo die Bewohner fast noch wie im Mittelalter in alten Hütten oft ohne Elektrizität, Heizung oder fließendem Wasser leben. Trotz allem meistern die Moorbewohner ihren Alltag, auch wenn sie nach den Wirren des Krieges versuchen, diese Zeit hinter sich zu lassen und sich der Moderne anzunähern. Doch aufgrund der Abgeschiedenheit der Gegend fällt das schwer und unerklärliche Vorfälle werden schnell mit Hexerei und anderem Aberglauben begründet. So kommt es, dass, als Josef traumatisiert aus dem Krieg zurückkehrt, ein Sündenbock unter den Moorbewohnern gesucht wird, der für Josef verändertes Verhalten verantwortlich gemacht werden kann. Schnell ist eine Schuldige ausfindig gemacht: Edith wird der Hexerei beschuldigt. Doch gerade diejenigen, die die Hexenjagd am meisten befeuern, haben sich während des Krieges und später selbst genug zu Schulden kommen lassen und versuchen dieses im Nebel des Moores und des Aberglaubens zu verschleiern.
Besonders überzeugt hat mich die Atmosphäre des Romans. Das Leben im Moor wird von der Autorin überzeugend dargestellt. Wie im 19. Jahrhundert oder gar wie im Mittelalter hausen die Bewohner in einfachen Katen, ohne Strom oder fließend Wasser, der Boden unter ihren Füßen ist schwammig und die Häuser sind schief und krumm, da sie sich organisch der wankenden Natur anpassen. Die Menschen führen also ein recht rückständiges Leben, sodass es verständlich wird, wenn sie Wunderheilern oder Aberglauben zum Opfer fallen. Im Laufe des Romans weitet sich dieser Aberglaube bis zum Wahn aus, sodass es möglich ist, hier einen Vergleich zur NS-Zeit zu ziehen, in der auch blind einer Ideologie gefolgt wurde und Sündenböcke gesucht wurden. Was dort der Antisemitismus war, ist nun der Hexenwahn. Der vermeintliche „Retter“ entpuppt sich als das eigentlich Böse und woran man glauben soll oder darf bleibt ungewiss. Der Autorin ist somit ein vielschichtiger Roman gelungen, der mir mehreren Bedeutungsebenen spielt und auf sich verschiedene Arten interpretieren lässt.
Auch sprachlich fand ich das „Als wir an Wunder glaubten“ gelungen. Es dominieren kurze, klare Sätze, die aber mit Bedeutung aufgeladen sind und einen zum tieferen Nachdenken bringen (z.B. „Ist Widerstand leisten mutig oder leichtsinnig?“). Jedes Wort sitzt, wo es soll und die klare, prägnante Sprache passt zu den nüchternen und pragmatischen Charakteren des Romans. Ohne viel Pathos, aber dennoch mit einem gewissen Augenzwinkern (z.B. wenn es um den Weltuntergang geht, den man ja auch nicht alle Tage erlebt…) schildert die Autorin das harte Leben der Moorbewohner. Besonders authentisch wird die Atmosphäre durch den Einsatz plattdeutscher Begriffe und Sätze, die einen beim Lesen noch einmal so richtig ins norddeutsche Moor hinüberführen.
Mich hat der Roman beim Lesen an Dörte Hansens Werke oder auch ein norddeutsches „Gesang der Flusskrebse“ erinnert. Bücher über die Nachkriegszeit gibt es sicher viele, aber hier ist vor allem der Handlungsort „Moor“ das Besondere, da er eine einzigartige, geheimnisvolle, bedrohliche Stimmung erschafft. Diese wird vor allem gegen Ende der Handlung verstärkt, wenn sich ein Gewitter zusammenbraut und man förmlich spürt, wie aufgeladen die Luft ist.
Mein Fazit also: Wunderbar atmosphärische! Ich bin äußerst gerne zwischen den Seiten im Irrlichtern Moor verloren gehen lassen!

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