Cover-Bild Leute von früher
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 316
  • Ersterscheinung: 15.04.2024
  • ISBN: 9783518474006
Kristin Höller

Leute von früher

Roman | Eine Liebe auf der Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer

»Ein zärtlich-böser Roman über das Jungsein, über die Faszination des Alten und unsere Hilflosigkeit, wenn die Geschichte uns tatsächlich einholt.« Antje Rávik Strubel

Marlene hat gerade ihr Studium beendet und fängt als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf an, in dem alles so ist wie um 1900 – Brauchtum, Handwerk, Kleidung. Die aufwändige Inszenierung wird von zahlreichen Saisonkräften aufrechterhalten, die jenseits der »Kostümgrenze« in einfachen Baracken wohnen. Bald lernt Marlene Janne kennen, die hier aufgewachsen ist, und fühlt sich ungewohnt stark zu ihr hingezogen. Doch nicht nur die Gefühle für sie, auch die Insel selbst scheint Marlenes Wahrnehmung zu verändern. Im Watt erinnern die Überreste der versunkenen Stadt Rungholt ständig daran, welches Unheil durch den steigenden Meeresspiegel droht. Je näher sie und Janne sich kommen, desto deutlicher spürt Marlene, dass Janne ein Geheimnis hat, das weit in die Vergangenheit der Insel reicht. Und sie ist nicht die Einzige. Immer öfter beobachtet Marlene merkwürdige Vorfälle, bis sie schließlich einen Zusammenhang erahnt.

Strand war eine Insel in der Nordsee, von der heute nur Pellworm und Nordstrand übrig sind. Leute von früher erzählt vom Bewahren und Verschwinden, von Abschied und Neubeginn. Von alten Legenden und moderner Lohnarbeit, vom Verliebtsein und von der Suche nach einem Platz im Leben. Humorvoll, klug und mit großer Wärme.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.04.2024

Das Früher und das Heute

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Marlene arbeitet den Sommer über auf der nordfriesischen Insel Strand als Verkäuferin. Dort wird sie in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt, denn im Dorf dürfen die Angestellten nur im ...

Marlene arbeitet den Sommer über auf der nordfriesischen Insel Strand als Verkäuferin. Dort wird sie in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt, denn im Dorf dürfen die Angestellten nur im Kostüm herumlaufen. Alles ist auf alt getrimmt und sie pendelt zwischen früher und heute, so wie durch das Leben nach dem Studium. Als sie Janne kennenlernt, verändert sich ihre Sicht auf sich selbst und auf die Liebe, doch dann merkt sie, dass Strand keine normale Insel ist.
„Leute von Früher“ von Kristin Höller hat mich absolut begeistert. Anfangs, wenn Marlene von der Fähre steigt, ahnt man noch nichts von der Sogwirkung, die sich ganz schnell einstellt und die einen auf Strand festhält. Dabei fällt es mir schwer, genau zu benennen, woran es liegt. Vielleicht an der Gradlinigkeit von Kristina Höllers Erzählstil; vielleicht an Marlene selbst, die Ecken und Kanten hat und dadurch als Figur so rund ist; vielleicht, weil gleichzeitig so viel und so wenig passiert. Marlene ist in einer Zwischenphase des Lebens und flüchtet, was nur halb gelingt. Sie meint zu wissen, wer sie ist, erkennt aber schnell, dass es nicht so ist. Nämlich als Janne in ihr Leben tritt, womit sich eine Liebesgeschichte entspinnt, die zart ist und doch solide scheint. Liebe spielt eine große Rolle und Beziehungen, in ihren unterschiedlichsten Formen, aber auch die Frage nach dem eigenen Leben, nach den eigenen Wünschen. Das alles steht zwischen den Zeilen, trägt Marlene in sich, schwingt ganz nebenbei mit, zusätzlich zu der vordergründigen Geschichte mit Janne.
Dann kam das Ende und wie bei offenen Enden habe ich erst gestutzt und dann erkannt, dass es einfach perfekt ist. Kristina Höllers Stil ist besonders, nicht poetisch, aber unheimlich nahbar. Er ist klar und enthält doch Raum für Interpretation.
Ein wirklich toller Roman von einer Autorin, die ich zukünftig im Blick behalten werde.

Veröffentlicht am 15.04.2024

Roman-Schmuckstück mit dem besonderen etwas

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Kristin Höller ist mit „Leute von früher“ ein besonderer Roman gelungen. Einerseits ist es erfrischend, wie einfach gehalten das Buch daherkommt. Bedrucktes Hartcover ohne Schutzumschlag und die Gestaltung ...

Kristin Höller ist mit „Leute von früher“ ein besonderer Roman gelungen. Einerseits ist es erfrischend, wie einfach gehalten das Buch daherkommt. Bedrucktes Hartcover ohne Schutzumschlag und die Gestaltung von suhrkamp nova gefallen auf Anhieb. Wenn man dann noch anfängt zu lesen, bin ich erfreut, eine Geschichte in einer Erzählebene erzählt zu bekommen, ohne zeitliche Sprünge oder großen Hokus Pokus. Die Sprache ist klar und verständlich, das Buch aber nicht flach.
Die Geschichte von Marlene, die ihren Platz im Leben sucht, und hierfür eine Stelle auf der Insel Strand annimmt, kostümiert in einer Art bewohnbarem Freilichtmuseum, birgt viele Aspekte die spannend sind. Das Leben des Personals in Lokalitäten, wie der dargestellten. Das Leben auf Nordseeinseln im Allgemeinen. Die Beziehung von Marlene zu ihren Eltern. Marlenes Identität und ihre Suche nach derselben. In diesem Zusammenhang kommt es zu spannenden zwischenmenschlichen Beziehungen. Marlenes Beziehung zu Arno, ihrem Chef, ist eine solche, genau wie auch zu Barbara oder anderen Bewohner:innen der Baracken, in denen die Mitarbeiter:innen leben.
Was aber am Ende dem Buch den größten Spannungsschub verpasst, ist die Liebesgeschichte zwischen Marlene und Janne, die sich zwischen Scham und Verletzungen und der Sehnsucht nach Zweisamkeit bewegt und aus diesem Buch eben eine sehr gelungene Gesamtmischung aus Generationenporträt, Sozialkritik und Romanze macht. Eben etwas Besonderes. Absolute Empfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 14.04.2024

Nordseeschicksal

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Leute von Früher spielt in einem Erlebnisdorf der Nordseeinsel Strand, die in Wirklichkeit vor 400 Jahren bereits von der Nordsee zurückgeholt wurde und von der lediglich Nordstrand und Pellworm ...

Leute von Früher spielt in einem Erlebnisdorf der Nordseeinsel Strand, die in Wirklichkeit vor 400 Jahren bereits von der Nordsee zurückgeholt wurde und von der lediglich Nordstrand und Pellworm übrig geblieben sind.

Die Nordseegeschichte und ihre Mythen rund um Rungholt sind sehr atmosphärisch, die Geschichte an sich ist nachdenklich und etwas beklemmend. Und wichtig! Sie macht sehr deutlich, was mit den Nordseeinseln passieren wird, wenn der Klimawandel so weitergeht.

Die Geschichte mit dem Blick hinter die historischen Kulissen und dem Sein hinter dem Schein finde ich sehr interessant.

Die Charaktere sind gut dargestellt, Marlene ist eine ebenso sympathische wie irgendwie Ziel- und Plan-lose 30jährige.

Die Annäherung an Janne finde ich sehr gelungen beschrieben.

Der Schreibstil ist klar und nüchtern, auf das notwendigste reduziert.

Insgesamt ein großartiges Buch, das nachhallt und zum Nachdenken und Handeln anregt!

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Veröffentlicht am 26.03.2024

Ruhiges, eigenartiges und faszinierendes Buch

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Das Buch spielt auf der Nordseeinsel Strand, die es tatsächlich einmal gab. Allerdings Vergangenheitsform, denn nach einem Sturm 1637 versank die Insel im Meer. Nur Nordstrand und Pellworm sind von der ...

Das Buch spielt auf der Nordseeinsel Strand, die es tatsächlich einmal gab. Allerdings Vergangenheitsform, denn nach einem Sturm 1637 versank die Insel im Meer. Nur Nordstrand und Pellworm sind von der großen Insel übrig geblieben.

Im Buch existiert Strand noch, es ist trotzdem beim Lesen gut zu wissen, wie die Realität aussieht.
En Erlebnisdorf ist auf der Insel, Touristen zahlen viel Geld, um in ein Leben von früher eintauchen.
Dafür wird nichts dem Zufall überlassen, zahlreiche Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter arbeiten „auf früher“ kostümiert auf der Insel.
Auch Marianne, fertig mit ihrem Studium und bislang ohne Erfolg bei der Suche nach einem adäquaten Job, überbrückt hier.

Es ist ein ein wenig eigenartiges Buch. Denn sehr viel passiert eigentlich gar nicht. Das relativ eintönige Leben der Saisonkräfte, dazu ein latentes Gefühl des Unwohlseins, irgendein Geheimnis scheint die Insel zu haben.
Diese Stimmung, die das Buch da vermittelt, fand ich faszinierend - auch wenn die Auflösung ganz anders war als vermutet, passte sie doch so gut zum Buch.

Ich kann darauf nicht weiter eingehen ohne zu spoilern, man muss sich einlassen können auf das Buch und sehr nüchtern denkende Menschen wie ich könnten damit ein Problem haben. Hatte ich aber hier seltsamerweise nicht, ich fand es faszinierend und sehr gut, so wie es ist.
Ich war richtig dabei auf Strand - wie schade, dass es die Insel so nicht mehr gibt.

Fazit: anders als erwartet, dadurch „anders gut“.

Veröffentlicht am 23.03.2024

Zwischen "alt" und "aktuell"

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Endlich hat Marlene ihr Studium abgeschlossen, doch die Freude darüber will sich noch nicht so recht einstellen – immerhin nähert sie sich rasant der 30 und es wird von ihr erwartet, jetzt Nägel mit Köpfen ...

Endlich hat Marlene ihr Studium abgeschlossen, doch die Freude darüber will sich noch nicht so recht einstellen – immerhin nähert sie sich rasant der 30 und es wird von ihr erwartet, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Das jedoch kann Marlene sich gerade so gar nicht vorstellen, und so packt sie ihren Koffer, lässt das hektische Treiben Hamburgs hinter sich und besteigt die Fähre in Richtung der kleinen Nordseeinsel Strand. Hier wird sie den Sommer über arbeiten, als Saisonkraft in einem Museumsdorf, das dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert entrissen scheint.

Gemeinsam mit den anderen Sainsonkräften lebt sie in einer Barackensiedlung und fährt jeden Morgen mit dem Rad zur Arbeit. Die Inselbewohner nehmen die Arbeitskräfte freundlich auf, hier wird jede helfende Hand gebraucht – spätestens, wenn zur Ferienzeit ganze Schiffe voller Besucher auf der kleinen Insel einfallen. Die wichtigsten Regeln sind, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen und hinter der Kostümgrenze immer das mehr oder weniger stilechte Kostüm zu tragen. Das Arbeitspensum ist machbar, die Insel überschaubar, schnell fühlt sich Marlene hier wohl. Dann begegnet sie Janne, die auf Strand lebt; eine merkwürdige Faszination geht von ihr aus, und Marlenes Blick schweift immer öfter über die kleine Dorfstraße zur gegenüberliegenden Räucherei, in der Janne arbeitet. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Beziehung, fragil und zerbrechlich und zugleich von großer Anziehungskraft geprägt.

Ebenso wie Marlene fühlt man sich auch als Leser*in bald wohl auf Strand, das gar keinen Strand, sondern bloß einen Deich hat. Das kleine Dörfchen, mitunter auch scherzhaft "Deutschland-Park" genannt, will auf Außenstehende antik und authentisch wirken, fühlt sich aber auch bei einem Blick hinter die Kulisse bald angenehm heimelig an – und das, obwohl vermutlich weit über die Hälfte der Menschen gar nicht dauerhaft hier lebt und auch die Kekse in Wahrheit gekauft sind. Die urigen, alten Häuser, die einsamen Inselpfade, das Dünengras, der Deich, Ebbe und Flut – hier wirkt alles stimmig. Schon nach wenigen Kapiteln ist die Umgebung vertraut, die kleine Insel treibt wie aus der Zeit gerissen im Ozean, der sich bis zum Horizont erstreckt. Dass es irgendwo da draußen noch eine Welt geben soll, lässt sich nicht nur dank der Kostüme leicht vergessen, wenn sich das ganze Leben zwischen Barackensiedlung und Räucherei, alter Vogelwarte und Reetdach-Edeka abspielt.
Gleichzeitig hat all das, schaut man noch ein bisschen genauer hin, einen düsteren Beigeschmack: da wäre zum Beispiel der Friedhof der Namenlosen, auf dem seit jeher all jene Unbekannten ihre letzte Ruhe fanden, die das Meer ans Ufer der kleinen Insel gespült hat. Und dann ist da noch Rungholt, der ehemals größte Ort der Insel, der vor langer Zeit während einer Sturmflut vom Meer verschluckt wurde und um den sich zahlreiche Legenden ranken – angeblich kann man noch heute ab und an die Krichenglocken läuten hören. Wie nebenbei werden so die dramatischen Konsequenzen eines ansteigenden Meeresspiegels mit der Handlung des Romans verflochten, sind die Sturmflut und der versunkene Ort doch keinesfalls nur aus dramturgischen Zwecken dazuerfunden: Rungholt hat es tatsächlich gegeben, die Insel Strand existierte in der ursprünglichen Form nur bis 1634 und heute nur noch in Teilen.

"Leute von früher" überzeugt mit einer zarten, von Unsicherheiten geprägten Liebesgeschichte, die sich zwar langsam entwickelt, dabei aber mit großem Einfühlungsvermögen geschrieben ist. Die Inselkulisse, das Dorfleben und die stets im Hintergrund präsente Mystik sorgen für eine atmosphärische Dichte, der man sich kaum entziehen kann; dass es dem Roman gelingt, sowohl Spannung zu erzeugen als auch Urlaubsstimmung aufkommen zu lassen, ist besonders bemerkenswert. Mich hat der Roman so gepackt, dass ich ihn an einem einzigen Tag komplett verschlungen habe – was bleibt da noch zu sagen?