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Veröffentlicht am 05.06.2025

Realitätsnah, bewegend und spannend

Lavender House
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»Es gibt kein homosexuelles Problem außer dem, das von einer heterosexuellen Gesellschaft geschaffen wurde«

Lev AC Rosen führt uns in klaren Worten durch ihre Geschichte, lässt uns an den Missständen ...

»Es gibt kein homosexuelles Problem außer dem, das von einer heterosexuellen Gesellschaft geschaffen wurde«

Lev AC Rosen führt uns in klaren Worten durch ihre Geschichte, lässt uns an den Missständen der Gesellschaft, an Homophobie und den notwendigen Versteckspielen teilhaben, schafft allein dadurch eine beklemmende Atmosphäre, eine dichte Storyline, die bewegt, und Mitgefühl für jene Menschen entfacht, denen „damals“ mit Hass und Abneigung begegnet wurde. Die eingesperrt, ausgeschlossen, verachtet wurden, weil sie liebten, wen sie liebten. Dass es noch immer Teile in der Welt gibt, in denen die Sexualität verurteilt, vorgeschrieben, verfolgt wird, in denen noch immer Vorurteile herrschen, holt diesen Roman, trotz des Settings der 1950er, auch in die Gegenwart.

Nachdem das streng gehütete Geheimnis von Polizeiinspektor Evander Mills enthüllt, er aus dem Dienst entlassen und gesellschaftlich diffamiert wurde, nun perspektiv- und chancenlos, sieht er nur noch wenig Sinn im Leben. Als sich eine wohlhabende Frau zu ihm an die Bar gesellt und ihm ein mysteriöses Angebot macht, mit kryptischen Worten Neugier entfacht, ist er gewillt, seine Pläne aufzuschieben.
Mills kann sein Erstaunen nur schwerlich verbergen, als ihn Pearl Velez an einen Ort bringt, an dem die Menschen teilen, was der Cop so viele Jahre verbarg. Im „Lavender House“ wohnt eine queere Wahlfamilie, größtenteils abgeschottet und auf Vorsicht bedacht, doch zumindest privilegiert genug, um in den eigenen Mauern frei und unverstellt zu sein. Wäre da nicht der Todesfall, wegen dem der Anfang-Dreißiger überhaupt hier ist …
Könnte eine oder einer der „Eingeweihten“ den Kopf des erfolgreichen Seifen-Imperiums ausgeschaltet haben? Und wenn ja: warum? Oder war es nur ein unglücklicher Unfall, der Irene Lamontaine das Leben kostete?
Je mehr „Andy“ in die Familienbande eintaucht, sich in den öfter nicht eindeutigen Dynamiken verliert, Teil von subtilen Sticheleien, leisen Konflikten und schwelender Uneinigkeit wird, Vorteile sowie Gram des Einzelnen ergründet, umso schwieriger ist es für den ehemaligen, nicht schuldfreien Polizisten, etwaige Motive und den wahren Kern der BewohnerInnen herauszufiltern. Denn wie auch er selbst haben es diese Menschen perfektioniert, sich zu verstellen, eine Nuance ihrer selbst zu verbergen, sich anzupassen …

Wir verfolgen die Ermittlungen durch Evander Mills’ Augen. Lernen die Lamontaines, ihr Personal und die pompösen Räumlichkeiten kennen und werden durch ungeahnte Schwierigkeiten, übersehene Beweise; durch vorgetäuschtes Lachen und etliche Fragen mitten hinein in die unterhaltsame, nachdenklich stimmende, bewegende Story gezogen. Dass einige der hier flanierenden Personen weder von Pearls Plan, einen Außenstehenden in eine derart heikle Sache miteinzubeziehen, begeistert sind, noch davon, dass es sich bei diesen um einen Mann handelt, der durch Wegsehen selbst Täter war, lässt die Verdächtigen öfter reserviert und unnahbar erscheinen. Lev AC Rosen schenkt uns Einblicke in die harten Lebensumstände der Figuren, in ihre persönlichen Geschichten und Beziehungen, gibt uns einen Eindruck der gesellschaftlichen Abscheu und der drohenden Konsequenzen – malt Bilder, die schwer schlucken lassen.
Es war spannend, den Beweisen nachzugehen, mitzurätseln und Puzzleteile zusammenzusetzen – wenn mir auch die eine oder andere „Eingebung“ zu plötzlich kam und es der Ermittlungsarbeit insgesamt an Raffinesse fehlte, kann ich diesen queeren Roman, der Missstände thematisiert und realistisch darlegt, von herzerwärmender Found-Family, dem Risiko der Liebe und dem Mut, zu sich selbst zu stehen, erzählt, einfach nur empfehlen!

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Veröffentlicht am 05.06.2025

Mystisch, tragisch, romantisch

A Tale of Foxes and Moons
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Aiko ist eine Medizinstudentin, die kurz vor ihrem Examen steht – doch statt Prüfungsstress und Versagensängste quälen die junge Frau des Nachts Alpträume, die von ihren vergangenen Toden erzählen, und ...

Aiko ist eine Medizinstudentin, die kurz vor ihrem Examen steht – doch statt Prüfungsstress und Versagensängste quälen die junge Frau des Nachts Alpträume, die von ihren vergangenen Toden erzählen, und am Tag die Angst, ihrem Mörder zu begegnen. Denn der Schicksalsfluch führt die Wege des Mondgottes Tsukuyomi und der Fuchsgöttin Inari in jedem Leben zusammen … Als plötzlich die Kodamas sterben, jene Naturgeister, die eine Reinkarnation gewährleisten, sorgt sich Aiko weniger um ihre Wiedergeburt als um ihren Vater – um einen anderen Kodama finden zu können, muss sie mit Chiaki, der mehr ist als ein akademischer Rivale, zusammenarbeiten. Doch je näher sich die beiden kommen, umso besser sie einander kennenlernen, desto weiter rücken Vorsicht und Feindschaft in den Hintergrund … Rebecca Humpert führt uns durch Aikos Augen in einem klaren, bildhaften und verständlichen Ton durch die Geschichte, was vor allem die Protagonistin zugänglich werden lässt – Inaris Reinkarnation ist intelligent, trotz einer zurückhaltenden und unsicheren Art schlagfertig, mutig und selbstlos. Wir bekommen ausreichend Hintergrundinformationen über den Fluch, dessen Wirkung sowie mythologische und fantastische Aspekte, was mich selbst in den langatmigen Abschnitten an die Handlung fesselte. Denn hier und da fehlte es mir an Schwung und Vorankommen, wirkte es mehrfach, als verlöre das eigentliche Ziel an Bedeutung. Dass Japan und Mythologie nicht nur einen Rahmen bilden, sondern fest im Verlauf verankert sind, sich durch kleine wie große Details, durch Begriffe und Konventionen bemerkbar machen, verleiht dem Roman meiner Meinung nach jedoch etwas ganz Besonderes. Ich konnte mich gänzlich in das Geschehen fallen lassen, fieberte und hoffte mit, spürte den Zeitdruck, die Vorsicht. Chiaki ist ein relevanter, aufmerksamer Part, der mir von Kapitel zu Kapitel mehr ans Herz wuchs. Wer einen Bad-Boy sucht, wird hier nicht fündig, doch einen Mann fürs Herz, den gibt es. Sowohl seine Erfahrungen und Intentionen als auch die der Fuchsgöttin geben den Wiedergeburten und der Geschichte selbst Tiefe. Der eine oder andere, nicht durchschaubare Nebencharakter, Aikos Visionen sowie die Suche nach Artefakten aus urbanen (Horror-)Legenden sind, in Kombination mit all dem, was – und wen – Aiko und Chiaki aufdecken, Abwechslung und unterschwelliger Spannung zuträglich. Auch die prickelnde, romantische Dynamik, in der Aufregung und Unsicherheit, Humor, Respekt und Verständnis nicht zu kurz kommen, wurde greifbar und slow, nicht ohne brodelnde, ergreifende Gefühle inszeniert. Lediglich die expliziten Szenen fand ich in Anbetracht des traditionellen, authentischen Settings und der gegenwärtigen Gefahr schlicht unpassend und irrelevant. In den letzten Kapiteln fügen sich Puzzleteile, deren Fehlen man gar nicht wahrgenommen hat, stimmig in die dramatische Story. Wahrheiten, so unfassbare, drängen an die Oberfläche, dass auch die LeserInnen zum Innehalten und Verarbeiten gedrängt werden … „A Tale of Foxes and Moons“ ist reich an Wendungen, berührenden Empfindungen und leisen Emotionen, an Verlust und Geheimnissen, deren Offenlegung schmerzt. An Schicksalen, aus denen es kein Entkommen gibt, und an einer Liebe, die nicht sein sollte. Nicht heute. Für mich hat Humpert mit dieser mystischen Geschichte und ihren starken, mutigen Figuren etwas wirklich Wunderbares, Überraschendes geschaffen.

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Veröffentlicht am 05.06.2025

Erkenntnisreicher Mittelteil

Midnight Circus - Requiem of Memories
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„Wir hatten uns in meinen Träumen so oft geküsst, aber das hier war anders. Tiefer. Sehnsüchtiger. Wie eine wortlose Liebeserklärung unserer Lippen.“

Die Handlung setzt nahtlos am Ende des Auftakts an, ...

„Wir hatten uns in meinen Träumen so oft geküsst, aber das hier war anders. Tiefer. Sehnsüchtiger. Wie eine wortlose Liebeserklärung unserer Lippen.“

Die Handlung setzt nahtlos am Ende des Auftakts an, sodass wir im eiskalten Regen mit Néeira zittern, auf unseren Schultern Zweifel und Schuld.
Von Vangelis getäuscht, hat sie Morpheus verraten und einem Schicksal überlassen, das den Tod bringt – wenn die Tänzerin ihren Fehler nicht schnell korrigiert … Doch wie, ohne Erinnerungen und die Kontrolle über Kräfte, die sich immer deutlicher manifestieren?
Gemeinsam mit Wyro geht sie den kryptischen Hinweisen des Erben des Dragonis-Clans nach, bekommt ebenso viele neue Fragen, wie sie Antworten findet. Die Zeit läuft. Nicht nur für Morpheus, sondern auch für die Welt der Träume und jene der Menschen.

In dem zweiten Band ihrer „Midnight-Circus“-Serie pocht Pfeiffer auf einen temporeichen Plot. Es schien, als würden sich ein Ereignis, eine neue Offenbarung, das nächste Unglück aneinanderreihen, und nur wenig Raum zum Ankommen, Begreifen, Durchatmen lassen. Zwar gab es dadurch keinen Stillstand, jedoch fehlt es dementsprechend auch an Tiefe. Interessant war es, auf den Spuren von Néeiras Vergangenheit zu wandeln, Erinnerungsfragmenten nachzujagen und das daraus entstehende Bild ihrer Herkunft zusammenzusetzen. Ihre Bedeutung in der Welt zu erkennen, ihre Macht und damit einhergehend: ihre Bürde.
Zusätzlich wird auch Morpheus’ Kindheit und Abstammung mit neuen Wahrheiten bestückt, die in ihm Rachedurst und Unsicherheiten schüren.
Erzählt wird erneut aus wechselnder Perspektive, sodass die Gefühle der Tänzerin und des Dämons, ihre vermeintlichen Fehler und Unsicherheiten, Ängste und Wut im Vordergrund stehen. Welche Art Verlust Morpheus ertragen muss, war ebenso überraschend wie all das, was Néeira findet.
Abgesehen von den beiden mischen auch Wyro und Vangelis wieder ordentlich mit – aber Pfeiffer stellt dem Fürstenpaar noch weitere wichtige Figuren, Nacht- und Traumwesen an die Seite – oder in den Weg. Die wechselnden Settings – vor allem das malerisch ausgearbeitete Weiße Schloss –, entscheidende Ereignisse und Informationen, die die einen oder anderen Gegebenheiten erklären und aufkommende Fragen beantworten, wurden stimmig platziert

„Requiem of Memories“ ist trotz der mitschwingenden Schwere und Melancholie, Verluste und Tragik eine typische Romantasy, die ich allen, die nach kurzweiligen Geschichten fürs Herz suchen, empfehlen kann – aber Vorsicht. Vielleicht bricht es am Ende …
Am 29. August dürfen wir zum letzten Mal in die Mysterien dieser Welt eintauchen – bereit für ein spektakuläres Finale?

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Veröffentlicht am 05.06.2025

Tiefgründig, emotional und durch und durch wunderbar

Rebel of the Light
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Ich saß wochenlang an dieser Rezension und bin noch immer nicht zufrieden – aber so viel:
Die Autorin weiß mit Worten umzugehen, mit ihnen lebendige Bilder zu zeichnen; weiß, wie eine ausdrucksstarke ...



Ich saß wochenlang an dieser Rezension und bin noch immer nicht zufrieden – aber so viel:
Die Autorin weiß mit Worten umzugehen, mit ihnen lebendige Bilder zu zeichnen; weiß, wie eine ausdrucksstarke Geschichte auf Papier zu bringen ist, eine, die mit sachten Tönen bewegt.

„Rebel of the Light“ verbindet Romantik und Humor mit der harschen Realität und Alltagskämpfen. Erzählt von Selbstfindung- und zweifeln, von Loslassen und Ängsten, von tiefen Narben und der Frage »Was wäre, wenn …« – wenn man endlich liebt, wagt, lebt … sich einmal selbst an erster Stelle sieht.

Karla Eklund gibt in ihrem neuen Roman – leider wahre – Einblicke in zwei Berufsfelder, die für die Funktion der Gesellschaft unerlässlich sind, zeigt den Druck, die Vorurteile. Auch spielt die Autorin mit dem allgemein akzeptierten Bild des Mannes – denn August Konz ist der Korrekte, der Sensible. Der, der auch mal weint, errötet und um Worte tanzt. Als Joe in sein Leben, in seine sterile Katalogwohnung tritt, bringt sie Chaos. Das bestmögliche Chaos. Außen und innen. Wirbelt Gefühle auf, fängt Gedanken ein. Doch das Leben hat schon zu oft gezeigt, wie unbeständig es ist und wie fragil Sicherheit, wie leicht ein Herz zu brechen.

Für ihre Clique war Joe einst die Unerschrockene, die Laute und Wilde. Und für Kai schon immer die eine. Selbstverständlich. Ein Hafen, der ihn auffängt, wenn sein Schiff untergeht. Doch Johanna Ziegler hat sich verändert, will mehr als in Jugendjahren schwelgen, Bier benebelt mittendrin sein und Parolen grölen. Mit August fühlt sie sich endlich richtig, angekommen, dabei ist sie Feuer, wo er Wasser ist. Aber kann er gegen harte Resignation, wellenartige Traurigkeit und fälschlich gezischte „Nicht gut genug“’s ankommen? Gegen ein kindliches Versprechen, dessen Verantwortung noch immer schwelt?

Als die Welten der punkigen Krankenpflegerin und jene des überkorrekten Wachtmeisters kollidieren, leidenschaftliche Überzeugungen und strikte Prinzipien aufeinander treffen, verändert sich für die ungleichen Mittzwanziger alles – doch der Alltagswahnsinn, Risiken und verankerte Verhaltensweisen, Glaubenssätze und Gewohnheiten lassen sich nicht so einfach abschütteln – egal, wie beharrlich die Schmetterlinge fliegen …

Mit Sanftheit, Feingefühl und Poesie führt uns die Autorin in und durch eine emotionale Geschichte, in der weder überbordender Kitsch noch dramatische Übertreibungen, dafür eine Menge Wahrheiten und People-Pleaser zu finden sind, solche, die sich selbst vergessen haben, von Erwartungen und der Monotonie verschluckt, von Sorgen erdrückt werden. Wir lernen Johanna und August kennen, bekommen Einblicke in Vergangenes, in Pflicht und falsche Schuld. Es war bewegend, unter Joes Schichten zu dringen, ihre Zweifel zu fassen. Mehrfach überkam mich der Drang, diese starke Person in den Arm zu nehmen, sie den Klauen einer toxischen Freundschaft zu entreißen und mitten hinein in August Arme zu schubsen.
Aufregung und kribbelige Vorfreude begleiten die sich intensivierende Verbindung, das oft überraschende, unbeholfene Kennenlernen. Weder der Gesetzeshüter noch das Punk-Girl waren glatt und fehlerfrei, ganz im Gegenteil. Karla zeichnete sie mit Ecken und Kurven, gab ihnen – zu – gute Herzen, verlorene Träume und leise bröckelnde Mauern. Dies sorgte dafür, dass es leicht war, zu verstehen, sich selbst in Angst und Gedanken wiederzufinden. Die verschiedenen Nebenfiguren, diverse Konflikte und Probleme waren perfekt dosiert und das Dresdner Setting mit etlichen Details inszeniert.

Eklund reißt gesellschaftliche und politische Missstände an, erzählt von Trauma, Gewalt und Veränderungen, von Wachstum, und kreist dabei eine intensive Slow-Burn-Liebe ein, eine, die nah geht. Obgleich Wehmut und Melancholie, Fluchtdrang und Lebensangst allgegenwärtig sind, eine sich anbahnende Bedrohung zwischen den Zeilen schwelt, eine unberechenbare Konstante, Herzschmerz und Traurigkeit, hält „Rebel of the Light“ auch Witz, spritzige Dialoge und Wohlfühlaugenblicke bereit. Verströmt Wärme. Momente, die aufatmen und seufzen, gar lächeln lassen.
Ein Roman, der nachklingt und sich festsetzt.

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Veröffentlicht am 05.06.2025

Kurzweilige Romance

Drunk Text
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„𝐃𝐫𝐮𝐧𝐤 𝐓𝐞𝐱𝐭: 𝐈𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐢𝐝𝐝𝐥𝐞 𝐨𝐟 𝐭𝐡𝐞 𝐍𝐢𝐠𝐡𝐭“

Nach einer harten Trennung, die ihr ihre Liebe zur Fotografie genommen und Tegan zu einem ausschweifenden Lebensstil verführt hat, ist sie gezwungen, Sydney zu ...

„𝐃𝐫𝐮𝐧𝐤 𝐓𝐞𝐱𝐭: 𝐈𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐌𝐢𝐝𝐝𝐥𝐞 𝐨𝐟 𝐭𝐡𝐞 𝐍𝐢𝐠𝐡𝐭“

Nach einer harten Trennung, die ihr ihre Liebe zur Fotografie genommen und Tegan zu einem ausschweifenden Lebensstil verführt hat, ist sie gezwungen, Sydney zu verlassen und zurück in ihre Heimat – zu ihrem spießigen, sie stets kritisierenden Bruder – zu ziehen. Doch bevor sie sich auf den Weg nach Neuseeland macht, wirft ihr das Schicksal einen attraktiven Mann vor die Füße – perfekt für eine bedeutungslose, heiße Nacht. Nur, dass es so weit nicht kommt und Tegan es auch Tage später nicht schafft, den Fremden zu vergessen oder seine Nummer zu löschen.
Bis der Casanova plötzlich wieder vor ihr steht. Als Partner ihres Bruders.

Seien wir ehrlich: Der Titel „Drunk Text: In the Middle of the Night“ hat mich unwiderruflich zu Katharina Gerschs neuer Romance geführt. Denn wer fühlt, wer kennt es nicht?
Hinzu kommen eine schräge Ausgangslage und eine Protagonistin, mit der es sich zu identifizieren leicht fällt.
Jedoch braucht die Story etwas, bevor sie in Fahrt kommt, und auch dann bleiben Ereignisse, „Drunk Textes" und der erwartete Humor im Hintergrund. Eher ist das Buch eine nachdenklich stimmende Geschichte über Selbstfindung, den Mut, zu lieben, und das Erwachsenwerden, über Familie und FreundInnen.
Tegans Ankunft und die ersten Wochen in Russell gestalten sich schwieriger als erahnt – nicht nur fühlt sich die Fotografin von ihrem Bruder verurteilt, auch ihr Kindheitsfreund bringt sie in eine Lage, die alles verkompliziert und keine Fehltritte erlaubt. Dass zuhause die Turteltauben warten und sie sowohl ihr Geheimnis als auch ihr inneres Chaos vor Sebastian verbergen muss, trägt nicht gerade zu einem entspannten Umgang mit ihrem perfekten Bruder bei. … Aber sein Glück muss an erster Stelle stehen, egal, wie sehr es sie schmerzt.

Stilistisch führt uns die Autorin in einem lockeren, eher leichten Stil durch die Handlung, in der vor allem Tegans sarkastisch-trockene Gedanken und so manch Reaktion für eigenartig-einzigartige Situationen verantwortlich sind. Ihre unterschwellige Rebellion und den aufwühlenden Zwiespalt nachzuvollziehen, ist einfach. Tegan ist das, was man eine echte Freundin nennt, selbstbewusst, schlagfertig und nicht so kalt, wie sie gerne wäre.
Im Verlauf gewinnt sie neben einigen Erkenntnissen auch Ruth – mein heimlicher Star der Geschichte. Dass auch die Beziehung zu ihrem Bruder von ihrer langsamen Veränderung profitiert, sich Russell trotz des sich anbahnenden Dramas gar nicht mehr so verkehrt anfühlt und auch ihre große Leidenschaft wieder erwacht, gibt dem Verlauf eine Menge Wohlfühlaugenblicke.
Wäre da nur nicht Dash – unverschämt heiß und scheinbar nicht gewillt, den Flirtmodus abzustellen –, dessen bloße Erwähnung für Herzbeschleunigermomente, Wehmut und kleine Stiche der Eifersucht sorgt.
Da einzig aus der Sicht der jungen Frau erzählt wird, liegt der Fokus auf ihr und ihren Veränderungen. Viele Ereignisse waren vorhersehbar, öfter fehlte mir die erwachsene, direkte Kommunikation, Ernst und ein bisschen Schwung. Dafür kamen das Beach-Setting und die drei Nebenfiguren – vor allem Sebastian entpuppt sich also gar nicht so fehlerfrei wie angenommen – sowie Liza gut zur Geltung. Angesprochen werden zudem das Thema Coming-out und das Projekt einer Hundeauffangstation – denn Tiere sind nicht „kurz mal Spaß haben", weder ein Gegenstand mit Umtauschgarantie noch ein befristetes Statement.
Insgesamt also eine nette, spritzige Story mit Unterhaltungswert, Gefühl und Aussagen, die zum Nachdenken bringen und Mut schenken.

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