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Veröffentlicht am 19.07.2025

Journalistenmord

Eisfeld – Dunkle Enthüllungen
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Mara Eisfeld hat erst kürzlich ihren ersten Fall als Leiterin der 9. Mordkommission im Berliner LKA bravourös gemeistert, da wird schon der nächste Tote gemeldet: ein bekannter Investigativjournalist ist ...

Mara Eisfeld hat erst kürzlich ihren ersten Fall als Leiterin der 9. Mordkommission im Berliner LKA bravourös gemeistert, da wird schon der nächste Tote gemeldet: ein bekannter Investigativjournalist ist direkt vor dem Verlagshaus mitten in Berlin erschossen worden. Während die Ermittlungen immer gefährlicher werden und schließlich auch noch eine sehr persönliche Wendung nehmen, spitzen sich auch in Maras Privatleben die Ereignisse immer weiter zu.

Mara Eisfeld ist mir schon von ihrer früheren Ermittlung rund um Katharina S. in guter Erinnerung, sodass ich natürlich sehr neugierig auf „Dunkle Enthüllungen“ war. Und auch hier enttäuscht Autor Steffen Weinert seine Leser nicht, die lebensnahe Darstellung sämtlicher Figuren sorgt für ein realistisches Bild beim Leser, der Kriminalfall hat zwar meinen Geschmack nicht ganz so perfekt getroffen wie zuletzt, ist aber jedenfalls spannend und logisch aufgebaut. Insbesondere die privaten Szenen rund um Mara lassen die Hauptkommissarin authentisch erscheinen, auch sie ist keinesfalls fehlerfrei und tappt sogar in eine gefinkelte Falle. Wohldosierte Spannungsmomente, humorvolle Episoden und ein Ende, das keine Fragen offen lässt, lassen diesen Krimi zu einem Leseerlebnis werden, die flotte Sprache Weinerts trägt nicht zuletzt dazu bei.

Eine tolle Krimireihe mit einer Leiterin der 9. Mordkommission als Hauptfigur, die mit ihrer Nähe zum realen Leben punkten kann. Ich komme gerne wieder nach Berlin, wenn es einen weiteren Fall gibt!

Veröffentlicht am 18.07.2025

Stiller Widerstand

Wenn die Blätter wieder tanzen
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Berlin verändert sich während des Nationalsozialismus, man traut sich nicht mehr, seine Meinung zu äußern, überall könnten Spitzel und Denunzianten etwas falsch verstehen. Aber deshalb muss sich Ruth noch ...

Berlin verändert sich während des Nationalsozialismus, man traut sich nicht mehr, seine Meinung zu äußern, überall könnten Spitzel und Denunzianten etwas falsch verstehen. Aber deshalb muss sich Ruth noch lange nicht der Hetze gegen Juden anschließen, ganz im Gegenteil, versucht sie, Freunden zu helfen, indem sie Verfolgte in ihrer Wohnung übernachten lässt, sie in verlassenen Scheunen mit Essen versorgt oder Flugblätter vervielfältigt und verteilt – sie ist ein Teil der Hitlergegner, die stillen Widerstand leisten.

Beruhend auf Notizen in Ruth Andreas-Friedrichs Tagebuch dürfen wir einen Blick auf die Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkriegs werfen. Ruth und ihre Tochter Karin engagieren sich völlig uneigennützig und selbstverständlich für all jene, die Hilfe und Unterstützung brauchen. So geht es von den ersten Gerüchten um die Abholung von Juden quer durch die Jahreszeiten und die immer gefährlicher werdenden Momente bis hin zu erschütternden Bombenangriffen, bevor es endlich ein Aufatmen am Ende des Krieges gibt. Mit vielen historisch verbürgten Persönlichkeiten bekommt diese Geschichte eine starke Realitätsnähe, vermittelt sehr gut vorstellbar, wie man Ängste beiseiteschiebt und seiner Überzeugung entsprechend handelt.

Wenn die Blätter wieder tanzen ist ein wichtiges Erinnerung- und Mahnmal, das es sich zu lesen lohnt, denn unabhängig von den hier benannten Jahren ist der Mut zu menschlichem Handeln stets zeitlos.

Veröffentlicht am 16.07.2025

Die Freundinnen

Wir sehen uns wieder am Meer
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Birgit, Thekla, Annelise und Nadia sind innige Freundinnen, die einander jeden Sommer auf Birgits Heimatinsel vor Kragerø treffen. Viele Jahre später will Birgits Großnichte Anna wissen, wie Nadia, eine ...

Birgit, Thekla, Annelise und Nadia sind innige Freundinnen, die einander jeden Sommer auf Birgits Heimatinsel vor Kragerø treffen. Viele Jahre später will Birgits Großnichte Anna wissen, wie Nadia, eine gebürtige Ukrainerin, nach Norwegen gekommen ist und erfährt im Laufe der Nachforschungen Unglaubliches über sowjetische Gefangene in Norwegen während des Zweiten Weltkriegs.

Nach einem Prolog, der vielleicht für Neueinsteiger in diese Trilogie etwas verwirrend sein könnte, lichten sich die Unklarheiten, wir gehen zurück in die Jahre 1944 – 1953, aufgegliedert in vier Teile, der kurze Epilog schließt am Ende stimmungsvoll den Kreis zur Großmutter, die im Regen tanzte. Auf historische Details gestützt und von wahren Schicksalen inspiriert, erzählt Trude Teige diesmal über die weniger bekannten Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, krankheitsbringende Lager und unmenschliche Bedingungen in den Fischfabriken. Weitere Schauplätze sind das Krankenhaus in Bodø samt Mitarbeitern im Widerstand und die norwegische Botschaft in Moskau, wo Birgit später als Dolmetscherin und Übersetzerin arbeitet. Auch wenn es gefährliche und brutale Szenen im Gestapohaus gibt, die Bedingungen der Gefangenen und Zwangsarbeiter katastrophal sind, so legt die Autorin doch ihr Augenmerk immer wieder auf lebensbejahende und hoffnungsvolle Momente, zeigt, wie Vergangenes aufgearbeitet werden soll und kann und dass das Leben nicht nur das ist, was geschehen ist, sondern auch das, was geschieht und noch geschehen wird. [kindle, Pos. 3886]

In allen drei Bänden rund um Großmutter, Großvater und Freundinnen nehmen Frauen den Platz der Hauptfiguren ein, sodass das Kriegsgeschehen nicht immer nur aus männlicher Sicht erzählt wird, sondern auch andere Blickwinkel dargestellt werden und die mutigen Frauen einer schrecklichen Zeit ebenfalls eine Stimme bekommen. Mit spürbarem Einfühlungsvermögen und taktvollem Andeuten grauenhafter Einzelheiten, ohne aber jemals in reißerische Schilderungen abzudriften, schafft Trude Teige es stets, aufwühlende historische Fakten mit fiktiven Elementen zu verknüpfen und so der Wahrheit wohl sehr nahe zu kommen. Auch dieser Teil der Trilogie hat mich beim Lesen sehr berührt, das Buch zeigt eindringlich, wozu Menschen fähig sind, egal welcher Herkunft und Nationalität. „Wir sehen uns wieder am Meer“ kann durchaus für sich alleine gelesen werden, um die gesamte Familiengeschichte noch besser zu verstehen, empfehle ich allerdings, die gesamte Trilogie von Anfang an zu lesen!

Veröffentlicht am 16.07.2025

Nanny

Eine falsche Lüge – Wird es ihre letzte sein?
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Sloane Caraway ist eine unscheinbare Mittdreißigerin und seit Kindheit allein. Um das Interesse ihrer Mitmenschen zu wecken, beginnt sie früh, kleinere und größere Lügen zu erzählen. Ihre Mittagspause ...

Sloane Caraway ist eine unscheinbare Mittdreißigerin und seit Kindheit allein. Um das Interesse ihrer Mitmenschen zu wecken, beginnt sie früh, kleinere und größere Lügen zu erzählen. Ihre Mittagspause verbringt die Nageltechnikerin aus einem kleinen Beautysalon gerne in einem nahe gelegenen Park, wo sie eines Tages ein kleines Mädchen verarztet und sich als Krankenschwester ausgibt. Alsbald freundet sie sich mit der Familie an und wird als Nanny für die knapp fünfjährige Harper engagiert. Mit der Mutter, Violet, verbinden Sloane etliche Gemeinsamkeiten, weshalb die beiden Frauen gerne auch ihre Freizeit zusammen verbringen. Wird Violet durch das häufige Beisammensein nun Sloanes Lügengeflecht entwirren? Oder ist Sloane am Ende gar nicht die Einzige, die etwas zu verbergen hat?

Aus Sloanes Sicht beginnt diese überaus spannende Geschichte, sie erzählt schlicht aus ihrem Leben und weckt mit ihrer naiven Darstellung, verknüpft mit der Spielplatzepisode, sofort das Interesse des Lesers. Wenige Figuren, Sloane und Familie Lockhart – Vater Jay, Mutter Violet und Töchterchen Harper – spielen die bestens vorstellbaren Hauptrollen, aber auch die weiteren Personen sind gut gezeichnet und bereichern das Geschehen. Durch den besonders flüssigen Schreibstil Sophie Stavas geht die Handlung flott dahin, reiht sich ein Kapitel rasch ans nächste, möchte man immer wieder einfach noch ein Stück und noch ein Stück weiterlesen. In der Mitte des Buches wechselt plötzlich der Blickwinkel auf den Verlauf der Dinge und verblüfft den Leser mit überraschenden Be- und Erkenntnissen. Raffiniert erdachte Details kommen ans Licht und von langer Hand geplante Vorhaben werden alsbald umgesetzt, durch die geschickte Schilderung der Autorin bleibt der Spannungsbogen stets hoch und sorgt für Verwunderung, was hier alles möglich ist. Auch wenn nicht immer alles zu hundert Prozent realistisch erscheint und besonders am Ende auf Block Island ein wenig Glück und Zufall mithelfen, so ist die Story doch ungemein unterhaltsam und somit absolut lesenswert.

Ein großartiges Buch mit vielen Überraschungen, das ich mit großem Spaß daran gelesen habe und ebenso gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 15.07.2025

Reise durch Schweden

Im Land der Mitternachtssonne
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Der bekannte dänische Schriftsteller und Dichter Hans Christian Andersen (1805 – 1875) bereist gerne ferne Länder, neben Deutschland, Schweiz, England oder Italien auch mehrmals das benachbarte Schweden. ...

Der bekannte dänische Schriftsteller und Dichter Hans Christian Andersen (1805 – 1875) bereist gerne ferne Länder, neben Deutschland, Schweiz, England oder Italien auch mehrmals das benachbarte Schweden. Was er dort erlebt, wird in diesem schmucken Büchlein bildhaft dargestellt.

Abwechslungsreich und informativ geht es zu markanten Schauplätzen. Wir lassen uns vom Frühlingswind antreiben und steigen in ein Dampfschiff, reisen alsdann mit einer Pferdekutsche weiter und gehen streckenweise auch einmal zu Fuß. Birkenwälder und weite Felder erfreuen unser Auge, Diskussionen über vergangene schwedisch-dänische Kämpfe und darauffolgenden Waffenstillstand, Geschichten über Trolle und Berggeister dringen an unser Ohr, zukunftsträchtige Technologien wecken Andersens Neugierde, lassen ihn Hammerschmieden und Bergwerke ebenso besichtigen wie eine schwindelerregende Fahrt mit einem Korb an einer eisernen Kette ausprobieren. Die Gastfreundschaft in Schweden ist herausragend, fast überall stößt man auf auskunftsfreudige Menschen und so lernt der Reisende viel Historisches und Sagenhaftes kennen, das später verwoben werden kann zu eigenen Texten und Märchen.

Mit poesiebehafteten Eindrücken und beschwingten Formulierungen wird der Leser mitgenommen auf ein spannendes Abenteuer im 19. Jahrhundert und lernt auf diese Weise nicht nur Schweden sondern auch den bekanntesten Dichter Dänemarks näher kennen. Ein schöner Blickwinkel auf fremde Gegenden und entsprechende Kulturen. Lesenswert.