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Veröffentlicht am 22.04.2019

Totenhaus

Fiona: Wo die Toten leben
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In einem entlegenen walisischen Totenhaus wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Fiona Griffiths, deren Operation April gerade am absterben ist, will herausfinden, was es mit der Toten auf sich hat. ...

In einem entlegenen walisischen Totenhaus wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Fiona Griffiths, deren Operation April gerade am absterben ist, will herausfinden, was es mit der Toten auf sich hat. Fast schon hübsch war sie aufgebahrt. Eine Tote nach Fionas Geschmack, sie gibt ihr den Namen Carlotta. Doch vieles ist anders als es scheint. So ist Carlotta nicht ermordet worden, sie starb eines natürlichen Todes. Eigentlich gibt es keinen Fall. Aber sie muss doch irgendwo her gekommen sein. Fiona macht es sich zur Aufgabe, die Tote zu identifizieren und ihre Anverwandten zu finden.

In diesem fünften Band der Reihe muss man etwas Geduld haben mit Fiona Griffith. Ein Fall, der eigentlich keiner ist. Es dauert ein Weilchen bis sich in der Sache Spuren und Hinweise ergeben, die doch zu einem Verbrechen führen. Doch ist es lesenswert wie Fiona es schafft, die Identität der Toten herauszubekommen. Und auch Burnett, dem Fiona für den Fall unterstellt ist, hat einige markante Eigenschaften. Er und Fiona bilden ein gutes Team, das durch Pech und Schwefel geht, ob sie wollen oder nicht. Etwas weniger voran kommt Fiona mit der Suche nach ihrer Vergangenheit, da ist sicher noch mehr Musik drin.

Fiona mäandert ein wenig vor sich hin wie ein unterirdisches Gewässer. Doch wie eigentlich immer, wenn sie mit Nachforschungen beginnt, bohrt sie so lange nach, bis sich ein anderer Ansatz ergibt. Dieses um die Ecke denken, dieses mit den Toten oder für die Toten denken, ist es, was Fionas Klasse ausmacht. Und wenn man dann erstmal erkannt hat, welche perfiden Taten man hier vor sich hat, wird dieses Buch zu einem echten Pageturner. Fiona Griffith, eine der ungewöhnlichsten Polizeibeamtinnen unserer Tage, spielt hier ihre ganzen Fähigkeiten aus. In Kenntnis der vorherigen Teile der Reihe, fragt man sich, ob sich Fionas Karriere auf einen Höhepunkt zubewegt, mit dem alle Rätsel gelöst werden.

Diese Reihe sollte man von Beginn an genießen, damit man Fionas einzigartige Qualitäten und ihre liebevolle Affinität zu den Toten verstehen und sich von ihr hinreißen lassen kann.

Veröffentlicht am 21.04.2019

Mailer um Mailer

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Die junge Journalistin beginnt für ein Buch zu recherchieren nachdem sie ihre Stelle in New York verloren hat. Sie sieht das Offensichtliche, das alle übersehen haben. Und bald darauf ist sie selbst verschwunden. ...

Die junge Journalistin beginnt für ein Buch zu recherchieren nachdem sie ihre Stelle in New York verloren hat. Sie sieht das Offensichtliche, das alle übersehen haben. Und bald darauf ist sie selbst verschwunden. Der kurz vor der Pensionierung stehende mittvierziger Jesse Rosenberg, der bereits vor zwanzig Jahren in dem vierfach Mord von Orphea ermittelte, rollt den alten Fall wieder auf. Gemeinsam mit seinem damaligen Partner Derek Scott beginnt er nach der Journalistin zu suchen und gleichzeitig startet der Versuch, herauszufinden, wieso sie vor so langer Zeit möglicherweise etwas übersehen konnten.

Orphea war ein beschauliches Städtchen in den Hamptons. Seine relative Bekanntheit erreichte es durch das alljährliche Theaterfestival, seine größere Bekanntheit durch den spektakulären Vierfachmord an dem damaligen Bürgermeister, seiner Familie und einer Joggerin. Und wieder naht das Festival heran als Stephanie Mailer mit ihren Nachforschungen beginnt. Sie ahnt nicht, dass sie nach so langer Zeit in Gefahr geraten könnte. Ihr Wunsch ist es, eine mitreißende True Crime Reportage zu schreiben, durch die sie vielleicht wieder eine Festanstellung erlangen kann. Zunächst erlangt sie nur ihr Verschwinden und eine Reaktivierung von Detectives Rosenberg und Scott, deren Dasein vor zwanzig Jahren auf den Kopf gestellt wurde und deren Leben nie wieder sein konnte wie zuvor.

Kennt man die vorherigen Bücher des Autors, geht man mit einigen Erwartungen an die Lektüre seines mit Spannung ersehnten neuesten Werks. Nach einigen Kapiteln kommt man nicht umhin, eine kleine Enttäuschung zu erleben. Im Gegensatz zu den virtuos komponierten Vorgängerromanen wirkt dieser Roman etwas grob geschnitzt. Die Charaktere sind teilweise so überzeichnet, dass sie hölzern und nicht sehr glaubhaft rüberkommen. Erst wenn man sich von seiner Erwartungshaltung befreit, kann man einigen Gefallen an dieser Kriminalfarce finden. Die Story scheint zwar an den Haaren herbeigezogen, ist aber doch schlüssig. Und auch wenn manchmal das Gefühlt entsteht, einige Ideen seien aus Roman, Film, etc. vertraut, so sind sie doch neu gewandet und in eine durchaus fesselnde Geschichte gekleidet. Es ist als habe der Autor ohne große Planung frisch von der Leber weg geschrieben und dabei zwar kein hochklassiges aber möglicherweise gerade deswegen mitreißendes irrwitziges Buch geschaffen.

Man weiß nicht, ob das Buch als Trash gemeint war. Wenn dies aber der Fall ist, so ist dem Autor ein wahrer Schelmenstreich gelungen.

Veröffentlicht am 20.04.2019

Wem glaubt man

Vier.Zwei.Eins.
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Vor fünfzehn Jahren beobachtete Laura die Tat, es kam zu einem Prozess und einer Verurteilung. Doch auch heute noch leben Laura und ihr Lebenspartner Kit in Angst. An einem anderen Ort, unter anderem Namen ...

Vor fünfzehn Jahren beobachtete Laura die Tat, es kam zu einem Prozess und einer Verurteilung. Doch auch heute noch leben Laura und ihr Lebenspartner Kit in Angst. An einem anderen Ort, unter anderem Namen wollten sie glücklich werden. Doch das Unbehagen lebt mit ihnen. Nun ist Laura schwanger und mit dem Kind soll alles besser werden. Allerdings scheint es so als würde die Vergangenheit sie einholen. Und gerade jetzt ist Kit unterwegs, um eine Sonnenfinsternis zu beobachten.

Die Fahrten zu den Plätzen, von welchen man eine Sonnenfinsternis am besten beobachten kann, waren ihr großes Hobby. Bei einer solchen Gelegenheit haben sie sich auch kennengelernt. Während eines solchen Festivals, auf dem weniger los war als erhofft, begann das Elend. Laura sah wie einer jungen Frau etwas angetan wurde, der mutmaßliche Täter konnte zunächst fliehen. Mit Hilfe von Lauras Aussage konnte ein Urteil gefällt werden. Doch in den folgenden Wochen nahm das Opfer Beth immer mehr Raum in Kits und Lauras Leben ein. Dies führte schließlich dazu, dass die beiden woanders hinzogen und ihre Namen änderten. Beginnt nun alles von vorn? Irgendetwas ist in den ganzen Jahren nicht ausgesprochen worden und gerade von dem Ungesagten scheint eine Gefahr auszugehen.

Auf zwei Zeitebenen spielen sich die Ereignisse ab. Zum einen erfährt man nach und nach, was im Jahr 1999 geschah und zum anderen erlebt man die Sorge Lauras in der Gegenwart. Sie ist hochschwanger und ihr Mann zu einer Sonnenfinsternis unterwegs. Auch wenn man Mühe hat, eine der handelnden Personen wirklich sympathisch zu finden, hört man doch eine spannende Geschichte mit überraschenden Entwicklungen. Häppchenweise bekommt der Leser die nötigen Informationen serviert, wodurch ein neuer Blick auf die Ereignisse gewonnen wird. Von Vanida Karun und Robert Frank gelesen bietet dieser Gedankendialog einen guten Thrill.

Veröffentlicht am 19.04.2019

Entropia

Cat & Cole 2: Ein grausames Spiel
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Lachlan, eine Art Vater für Cat, ist derjenige, dem das Handwerk gelegt werden muss. Obwohl erschöpft und ihre Verletzungen noch kaum ausgeheilt, begibt sich Cat mit ihren Gefährten auf die Suche. Lachlan ...

Lachlan, eine Art Vater für Cat, ist derjenige, dem das Handwerk gelegt werden muss. Obwohl erschöpft und ihre Verletzungen noch kaum ausgeheilt, begibt sich Cat mit ihren Gefährten auf die Suche. Lachlan muss unbedingt gefunden werden, bevor er die Menschheit umprogrammieren kann. Die Spur führt nach Entropia, der Stadt der Genhacker, in der viel der ursprünglichen Gentechnik entwickelt wurde. Eigentlich ein logisches Versteck, denn Labore sind vorhanden. Doch wird Regina, eine Mitbegründerin der Ansiedlung, Cat und ihre Freunde einfach so willkommen heißen? Schon auf dem Weg nach Entropie werden Anzeichen einer neuen Gefahr ersichtlich.

Die Seuche scheint besiegt, ein Impfstoff wurde entwickelt und verteilt. Die Menschen kommen aus ihren Zufluchtsorten und eigentlich sollte es eine Zeit der Freude sein. Doch schon wieder beginnen Menschen Zeichen von Krankheiten zu zeigen. Wie konnte das geschehen? Droht hier eine neue Gefahr? Unverdrossen machen sich Cat und Cole auf, um Lachlan zu suchen und seine Pläne zu durchkreuzen. Dabei ist Cat nicht nur den äußeren Gefahren ausgesetzt, auch aus ihrem Inneren mehren sich Zeichen, dass von dort weiteres Ungemach kommen kann. Cat kämpft dagegen an, die Rettung der Menschheit ist schließlich wichtiger als ihre unbedeutenden Wehwehchen. Doch möglicherweise hängt alles zusammen. Cat weiß nicht, ob es sich bei dem, was in ihrer Seele verborgen ist, um Freund oder Feind handelt.

Mit ihren Erfindungen Cat und Cole weiß Emily Suvada wahrlich zu überzeugen. Mindestes ebenso spannend wie der erste Band bietet auch dieser zweite Teil der Reihe packende Unterhaltung. Wobei man diese nervenaufreibende Tour de Force beinahe nicht einfach Unterhaltung nennen kann. So manches Mal denkt man, das kann sie doch nicht machen, um nur kurze Seiten später zu erfahren, dass sich doch alles logisch ins Bild fügt. Mit ihren unkonventionellen Gedanken und Lösungen fesselt die Autorin außerordentlich. Ebenso wie ihre Heldin ist sie eine, die dem Problem entgegentritt und eine Antwort fordert. Eine Antwort, die die Autorin natürlich in erster Linie selbst finden muss und das ist zur Freude der Leserin sehr gelungen.


Veröffentlicht am 14.04.2019

Herzensbrief

Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall
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Ende der 1960er Jahr im Süden Italien lebt ein Postbote eigener Art. Er ist seinen Mitmenschen gegenüber eher zurückhaltend. An den Briefen, die durch seine Hände gehen, hat er doch ein gewisses Interesse. ...

Ende der 1960er Jahr im Süden Italien lebt ein Postbote eigener Art. Er ist seinen Mitmenschen gegenüber eher zurückhaltend. An den Briefen, die durch seine Hände gehen, hat er doch ein gewisses Interesse. Briefe, die besonders aussehen, die besonders riechen, die einen besonderen Adressaten haben, diese Briefe erhalten eine besondere Behandlung. Vor der Zustellung prüft der Postbote erstmal, ob sie in der geschriebenen Form übermittelt werden können. Mit außerordentlichem Geschick gelingt es dem Postboten Schriftbilder nachzuahmen, so dass er eine Entdeckung kaum zu fürchten hat, wenn er den Inhalt den allzu harten oder schmerzlichen Inhalt eines Briefes in gefälligere Worte kleidet.

Etwas eigenartig ist die Arbeitsauffassung des Postboten des kleinen Ortes Girifalco schon. Doch in dem kleinen Dorf kennt jeder jeden und so sind die Briefempfänger auch dem Briefträger nicht fremd. Wenn er dann mit ungezügelter Neugier einige Briefe öffnet und schwer erträgliche Nachrichten glättet, kann man ihn durchaus verstehen. Vielleicht wird sein Berufsstand grundsätzlich eher unterschätzt, an diesem Postboten ist jedoch ein Philosoph verloren gegangen. Über alles und jedes kann er sich Gedanken machen und jeder Zufall ist eine Betrachtung wert. Seine Einsamkeit rührt jedoch nicht von ungefähr, musste er doch auf seine große Liebe verzichten.

Den Ort Girifalco gibt es wie Google Maps verrät im Übrigen tatsächlich. Hätte man diese Feststellung vor der Lektüre getroffen, hätten sich einige Wege des Postboten möglicherweise anhand der Karte nachvollziehen lassen. Dieser echte Bezug lädt zudem dazu ein, ein paar Momente auf den möglichen Echtheitsgehalt des Romans zu verwenden. Gut vorstellbar, dass so ein Postbote trotz der eher unerlaubten Handlungen als gute Seele des Ortes seine Bahnen zieht. Doch vernachlässigt er, indem er anderen zu schönen Briefen verhilft, nicht sein eigenes Leben? Wenn es gälte zu handeln, hält er sich zurück. Schon hat er sich die Szenerie visualisiert, durchdacht und das Ergebnis vorausgeahnt. Und so sicher ist er sich, dass er die eigentlich vorausgesetzte Frage nicht erst stellt. Je länger man den Postboten beim Austragen seiner Briefe begleitet, desto mehr wünscht man sich, er würde nicht nur die fremden Leben leben, sondern sich auf sich selbst besinnen.

Ein melancholischer und doch humorvoller Roman mit einem sympathisch knorrigen Helden, der die alten Gassen eines echten Ortes durchwandert.