Spannende Geschichte mit kleinen Schwächen
Keralie ist eine Taschendiebin – und sie liebt ihren Job. Doch als sie dem Boten Varin Erinnerungschips stiehlt, verändert sich ihr ganzes Leben. Als sie durch die Chips den Mord an den vier Königinnen, ...
Keralie ist eine Taschendiebin – und sie liebt ihren Job. Doch als sie dem Boten Varin Erinnerungschips stiehlt, verändert sich ihr ganzes Leben. Als sie durch die Chips den Mord an den vier Königinnen, die das Land Quadara regieren, mit eigenen Augen sieht, gilt es nicht nur, den Mörder zu finden. Gleichzeitig wird plötzlich auch ihr eigenes Leben bedroht.
Die Bewertung von „Four Dead Queens“ ist mir tatsächlich ziemlich schwer gefallen. Der Grund dafür ist einfach, dass ich es prinzipiell nicht schlecht fand und es durchaus unterhaltsam und spannend war, es aber andererseits auch einige Punkte gibt, die in meinen Augen ausbaufähig gewesen wären oder die schlichtweg nicht so gut umgesetzt wurden.
Zuerst möchte ich aber ein paar Worte zur Aufmachung des Buches sagen. Das spielt zwar nicht in meine Bewertung rein, aber ich möchte kurz anmerken, dass der Verlag wirklich ein wunderschönes Buch entworfen hat. Nicht nur das Cover ist einfach genial (ich liebe es total), sondern auch die Karte im Inneren und vor allem auch die Charakterporträts der Königinnen waren wirklich schön und haben dem Buch nochmal einen besonderen Touch gegeben.
Als ich den Klappentext gelesen habe, war mir klar, dass das eine Geschichte mit Potenzial ist, die mir gefallen könnte. Eine Taschendiebin, die durch einen unglücklichen Zufall in die Palastintrigen und sogar in die Morde der Königinnen hineingezogen wird – klang vielversprechend.
Tatsächlich ist es mir anfangs aber relativ schwer gefallen, einen richtigen Zugang zur Geschichte zu finden. Das lag hauptsächlich daran, dass man am Anfang mit Begriffen bombardiert wird, die zwar schon irgendwie alle erklärt werden, durch die ich mich aber trotzdem etwas erschlagen gefühlt habe. Auch der Schreibstil hat sich anfangs für mich ein wenig schwer lesen lassen. Ich weiß nicht genau, woran das lag. Im Laufe der Geschichte hat sich das zum Glück gebessert oder es ist mir einfach nicht mehr so aufgefallen.
Insgesamt finde ich die Welt sehr interessant. Nur leider hat mir hier einfach die ganze Zeit etwas gefehlt, damit alles greifbarer wird. Beispielsweise wurde zwar die Geschichte und der Hintergrund, warum es eigentlich vier Königinnen gibt etc., erklärt, aber trotzdem haben mir hier mehr Informationen zum Worldbuilding gefehlt. Es hat sich alles irgendwie etwas „unfertig“ angefühlt. Und tatsächlich ist das irgendwie das Hauptmotto des Buches für mich – guter Ansatz, ABER …
Genauso auch bei den Charakteren. Unsere Taschendiebin und Protagonistin Keralie – auch mit ihr hatte ich ein paar Schwierigkeiten. Es ist nicht so, dass ich sie nicht mag. Bei ihr gibt es ebenfalls wieder gute Aspekte, ABER …
Sie sollte ein badass Charakter sein. Eine Antiheldin, mit der wir mitfiebern. Die nicht perfekt ist – definitiv nicht –, die ihre Macken und Fehler hat, die auch egoistisch handelt, frech und manchmal etwas rücksichtslos ist, die aber im Laufe des Buches eine positive Charakterentwicklung durchmachen sollte. Aber hier hat mir einfach die Tiefe gefehlt. Es hat wieder dieser kleine Funke gefehlt, der sie so wirklich greifbar und real macht. Außerdem haben ein paar ihrer Aussagen und Handlungen dazu geführt, dass ich die Augen verdrehen musste und mich mal wieder gefragt habe, ob das jetzt wirklich nötig war.
Kommen wir aber zum zweiten Protagonisten – Varin. Er ist der Bote, der die Erinnerungschips überbringen soll und der von Keralie bestohlen und damit in den ganzen Schlamassel mit hineingezogen wird. Und – ihr könnt es vielleicht schon nicht mehr hören – auch bei ihm war es wieder so: prinzipiell sehr cool und interessant mit viel Potenzial, ein richtig toller Charakter zu werden, ABER es hat wieder etwas gefehlt. Tiefe. Glaubwürdigkeit. Nachvollziehbarkeit.
Er ist ein Eonist – was wirklich faszinierend ist. Eonisten legen großen Wert auf Technik, Wissenschaft, die Gemeinschaft. Und dadurch wird ihnen von Kindheit an antrainiert, keine Gefühle zu haben bzw. keine zu zeigen. Die Idee finde ich wirklich toll – genauso auch die Eigenschaften und Eigenarten der anderen drei Quadranten. Aber auch Varin ist … sagen wir ausbaufähig. Gerade weil er Eonist ist und gerade weil die Geschichte nur ein paar Tage umfasst, konnte ich manche seiner Handlungen – vor allem zum Ende hin – nicht wirklich nachvollziehen. Sie waren einfach nicht logisch.
Ich konnte leider keine richtige emotionale Bindung zu den Charakteren beziehungsweise unseren beiden Protagonisten aufbauen. Die Liebesgeschichte empfand ich auch irgendwie als sehr unnötig und unverständlich. Sie war einfach nicht nachvollziehbar, da sie sich ja nur wenige Tage kennen und auch gerade in Hinblick auf Varins eonistische Seite. Man hat versucht, beiden Tiefe zu verleihen, Schwächen und Stärken, eine Vergangenheit – aber irgendwie blieb es bei einem Versuch. So richtig funktioniert hat es für mich leider nicht.
Natürlich möchte ich nicht nur meckern. Auch wenn ich in den oben genannten Punkten Schwächen gesehen habe, hat mich das Buch ja trotzdem gut unterhalten und die Geschichte hatte definitiv auch tolle Ansätze. Besonders gut gefallen haben mir die Kapitel über die vier Königinnen. Ich lese unglaublich gern aus verschiedenen Sichten und die Königinnen waren einfach sehr sympathisch. Ich fand es richtig toll, dass es nicht um vier gesichtslose Morde ging, sondern das man auch einen Einblick in das Leben der Opfer bekommen hat – ihre Charakterzüge, ihre Ziele, ihr Leben. Die Geschichte war spannend, auch wenn sich ein paar meiner Vermutungen als wahr erwiesen haben. Trotzdem gab es immer noch kleine Überraschungsmomente. Überhaupt hat mit dieser Mystery-Faktor wirklich gut gefallen und die Tatsache, dass man miträtseln konnte. Dieser Aufbau der verschiedenen Kapitel war wirklich toll, sodass man nie genau wusste, was nun wann wie wo geschieht.
Das Buch ließ sich auch wirklich sehr schnell und leicht lesen – zwei Abende, dann war ich mit der Geschichte durch. Das Ende hat mir dann leider wieder ein bisschen weniger gefallen. Es hat sich einfach zu „gut“ ergeben und es hat sich irgendwie hölzern und gewollt angefühlt - besonders auch bezogen auf manche Dialoge zum Ende hin.
Jetzt habe ich viel gemeckert – wobei ich es beim Lesen wirklich nicht als so „schlimm“ empfunden habe. Die Idee war gut, Potenzial war definitiv da, es war überwiegend auch sehr spannend und mir haben die Königinnen wirklich gefallen. Leider hat wirklich in einigen Aspekten die Tiefe gefehlt. „Four Dead Queens“ bekommt von mir solide 3/5 Sterne.