Cover-Bild Der Halbbart
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Historische Romane
  • Seitenzahl: 688
  • Ersterscheinung: 26.08.2020
  • ISBN: 9783257071368
Charles Lewinsky

Der Halbbart

Der Sebi ist nicht gemacht für die Feldarbeit oder das Soldatenleben. Viel lieber mag er Geschichten. Im Jahr 1313 hat so einer es nicht leicht in einem Dorf in der Talschaft Schwyz, wo Engel kaum von Teufeln zu unterscheiden sind. Vom Halbbart, einem Fremden von weit her, erfährt er, was die Menschen im Guten wie im Bösen auszeichnet – und wie man auch in rauen Zeiten das Beste aus sich macht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.09.2020

Ein zeitloser Roman

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In "Der Halbbart" erzählt der Schweizer Schriftsteller und Drehbuchautor Charles Lewinsky eindrucksvoll über das Leben der Menschen aus einem Dorf in der Talschaft Schwyz im Jahr 1313.

Eusebius, der nur ...

In "Der Halbbart" erzählt der Schweizer Schriftsteller und Drehbuchautor Charles Lewinsky eindrucksvoll über das Leben der Menschen aus einem Dorf in der Talschaft Schwyz im Jahr 1313.

Eusebius, der nur Sebi genannt wird, lebt mit Mutter und seinen beiden Brüdern Poldi und Geni zusammen. Eines Tages taucht der Halbbart im Dorf auf. Er kommt vom Herzogtum Österreich und von ihm erfährt Sebi eine Menge über das Leben.

Der Schreibstil des Autors ist grandios. Er nimmt einen direkt mit in das Mittelälter, lässt sich aber trotzdem sehr angenehm lesen. Die Ausdrücke im Schweizerdeutsch lassen sich zum größten Teil aus dem Zusammenhang erschließen, aber am Ende des Buches findet man auch noch einen Link, der einen zu einem entsprechenden Glossar führt. Die damalige Atmosphäre und das Leben werden authentisch und bildhaft dargestellt. Der Halbwüchsige Sebi und auch die übrigen Charaktere werden facettenreich beschrieben. Durch seine Geschichten spürt man was für eine große Rolle die Kirche, das Kloster und der Aberglaube damals gespielt haben. Das Leben ist hart und grausam, woran auch die Soldaten und die Kirche gleichermaßen ihren Anteil tragen.

Es ist keine Zusammenhängende Geschichte, die hier erzählt wird, sondern einen Aneinanderreihung von vielen kleinen Ereignissen, die das Zeitgeschehen erschreckend, berührend aber auch amüsant wiedergeben. Immer wieder lassen sich dabei Parallelen zur heutigen Zeit ziehen und man muss feststellen, dass sich seit dem Mittelalter eigentlich gar nicht viel verändert hat.

Mir hat die eindrucksvolle und fast poetische Sprache des Autors sehr gut gefallen, aber es ist ein Buch, für das man sich ein wenig Zeit nehmen sollte und das man ein wenig sacken lassen muss.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Der Sebi und der Halbbart

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Dieses Buch lässt mich mit etwas gemischten Gefühlen zurück. Der Autor Charles Lewinsky entführt hier die Leser_innen ins Jahr 1313 in die Talschaft Schwyz, wo die Menschen mit ihrer eigenen Hände Arbeit ...

Dieses Buch lässt mich mit etwas gemischten Gefühlen zurück. Der Autor Charles Lewinsky entführt hier die Leser_innen ins Jahr 1313 in die Talschaft Schwyz, wo die Menschen mit ihrer eigenen Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt irgendwie ansatzweise sicherstellen müssen und die katholische Kirche über allem thront und sich jede Grausamkeit und jedes Verbrechen leisten kann ohne dafür zur verdienten Rechenschaft gezogen zu werden. Das dann Menschen beginnen sich dagegen zu wehren ist nur allzu verständlich und so ist es gut, dass diese in diesem Buch auch vorkommen. Allerdings werden sie eher kriegslüstend und raubend oder zutiefst rachsüchtig dargestellt und im Vordergrund stehen andere Charaktere, die zwar Ungerechtigkeiten sehen, diese aber von sich aus nicht ändern wollen. Wie der Hauptprotagonist dieses Buches - der junge Sebi -, der zwar viele Weisheiten erhält oder in sich entwickelt, aber trotz allem am christlichen Glauben festhält. Als Frauengestalten finden sich nur eine Schmiedtochter, die nach der Vergewaltigung durch einen Priester ins Kloster geht und Nonne wird und damit genau zu dieser verlogenen Sorte Menschen, die ihr das angetan haben, und eine alte Geschichtenerzählerin, die sich unter Drogen setzen muss um noch ihren Beruf ausüben zu können. Das ist mir definitiv zu wenig und die Geschichte wirkt extrem patriarchal.
Die Erzählweise mit dem Schweizer Dialekt ist ganz nett, kann aber über die inhaltlichen Schwächen des Buches nicht hinwegtäuschen.

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Veröffentlicht am 18.09.2020

Sprachliche Virtuosität, gepaart mit tiefster Menschlichkeit – hinreißend!

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Die Schweiz 1313: der halbwüchsige Sebi lebt mit 2 Brüdern und seiner Mutter in einem kleinen Dorf mehr schlecht als recht und oft von der Hand in den Mund. Und weil der Sebi für ein Handwerk nicht gemacht ...

Die Schweiz 1313: der halbwüchsige Sebi lebt mit 2 Brüdern und seiner Mutter in einem kleinen Dorf mehr schlecht als recht und oft von der Hand in den Mund. Und weil der Sebi für ein Handwerk nicht gemacht und weil ihm die Möglichkeit, lesen und schreiben zu lernen aufgrund seiner Herkunft verwehrt ist, sucht er nach seinem Platz im Leben. Dabei hilft ihm „Der Halbbart“, der plötzlich am Rande des Dorfes auftaucht, fremd und fremd aussehend, an Leib und Seele gezeichnet, weise und weitblickend. Und so begleitet der Leser Sebi während seiner Entwicklung vom Kind zum jungen Mann und wird durch Sebis Augen zum Zeitzeugen der Schweiz des späten Mittelalters.

Es ist die Zeit der Judenprogrome, die Zeit von König und Gegenkönig. Es ist die Zeit der Herrschaft der Habsburger und der Kampf der Schweizer Eidgenossen um Unabhängigkeit wird in die Geschichte eingehen. Es ist auch die Zeit tiefer Gläubigkeit und genauso ausgeprägten Aberglaubens. Es ist die Zeit von Hass, Grausamkeit und bitterer Armut, von der Lehre der Unfehlbarkeit der Kirche und ihrer daraus resultierenden Unantastbarkeit und Allmacht. Es ist aber auch die Zeit überlieferten Kräuterwissens, erster weitergehender medizinischer Erkenntnisse und der bauernschlauen Wehrhaftigkeit gegen die verhasste Obrigkeit, die weit entfernt vom Leben der ländlichen Dorfgemeinschaften schaltet, waltet, prasst und völlt.
‚Der Halbbart‘ ist weit mehr als nur ein historischer Roman, zu viele Themen verbergen sich in den Geschichten in der Geschichte, zu viel Heutiges reflektiert im Gestrigen, Rassismus und Judenhass und das bodenlose Misstrauen gegenüber dem Anderen, Andersartigen. Der blinde Fanatismus, der nur einen Führer braucht und das Bedürfnis nach der Wichtigkeit des eigenen, unbedeutenden Lebens. Die Grausamkeit der Entwurzelten des Krieges, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht mehr finden und verlernt haben, mitzufühlen. Die Traumata derer, die zum Opfer werden. Die Realität, die einer guten Geschichte nicht standhalten kann und der Schein, der das wahre Sein erschlägt.

Lewinskys Roman ist vor allem ein ungeheuer unterhaltsames Buch, dabei prall von Wissen um historische Zusammenhänge und geschichtliche Hintergründe. Es ist gleichzeitig aber auch eine sprachlich mitreißende Reise in die Welt der ‚Mehrbesseren‘, ‚Finöggel‘ und in ihrer Schlichtheit ergreifend schöner Wahrheiten, die universeller und aktueller nicht sein könnten:
‚Wenn einer zu viel Mut hat, habe ich einmal sagen hören, bleibt kein Platz für den Verstand.‘ (Seite 61);
‚Aber was zwischen den Menschen passiert, das hat nicht der Himmel gemacht, sondern wir selber…‘ (Seite 106);
‚Wer eine Waffe hat, muss dem, der ohne kommt, keine Komplimente machen…‘ (Seite 128);
‚“Man soll keinen Menschen hassen“, hat er gesagt, „mit Hass fängt es an, und mit Asche hört es auf,…“‘ (Seite 202).
Zu keiner Zeit erhebt er aber den Zeigefinger und überlässt es jedem Leser selbst, welche der unaufdringlich erzählten Weisheiten er für sich entdeckt

Lewinsky erzählt voller Lust am Erzählen, voller sprachlicher Virtuosität und ein wenig, so scheint es, hat der Autor die eigene Lust am Erzählen an Sebi weitergereicht und diese Lust teilt sich mit.
‚Der Halbbart‘ ist ein hinreißendes Stück Literatur, das man jedem Leser nur aufs Wärmste ans Herz legen kann!

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