Cover-Bild Harlem Shuffle
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Sonstiges
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 384
  • Ersterscheinung: 23.08.2021
  • ISBN: 9783446270909
Colson Whitehead

Harlem Shuffle

Roman
Nikolaus Stingl (Übersetzer)

Harlem, 60er Jahre: die Geschichte eines einfachen Mannes, der so ehrlich wie möglich versucht aufzusteigen. Der neue Roman des zweifachen Pulitzerpreisträgers und Bestsellerautors Colson Whitehead

Eigentlich würde Ray Carney am liebsten ohne Betrügereien auskommen, doch die Einkünfte aus seinem Laden reichen nicht aus für den Standard, den die Schwiegereltern erwarten. Cousin Freddy bringt gelegentlich eine Goldkette vorbei, die Ray bei einem Juwelier versetzt. Doch was tun mit dem Raubgut aus dem Coup im legendären „Hotel Theresa“ im Herzen Harlems, nachdem Freddy sich verdünnisiert hat? Als Polizei und Gangster Ray in seinem Laden aufsuchen, steht sein waghalsiges Doppelleben auf der Kippe. Der mitreißende Roman des zweifachen Pulitzer-Preisträgers Colson Whitehead ist Familiensaga, Soziographie und Ganovenstück, vor allem aber eine Liebeserklärung an New Yorks berühmtestes Viertel.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.08.2021

Mikrokosmos

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Harlem: der schwarze Teil des Big Apple, der eine Vielzahl von Assoziationen wachruft. Colson Whitehead engt diese Bandbreite an unterschiedlichen Vorstellungen ein. Im Zentrum steht Ray Carney, ein aufstiegsorientierter ...

Harlem: der schwarze Teil des Big Apple, der eine Vielzahl von Assoziationen wachruft. Colson Whitehead engt diese Bandbreite an unterschiedlichen Vorstellungen ein. Im Zentrum steht Ray Carney, ein aufstiegsorientierter kleiner Geschäftsmann, der in seinem alltäglichen Leben laviert zwischen seiner Abkehr vom Kleinkriminellentum seines Vaters, um mit seinem festen Vorsatz, durch Ehrlichkeit zu einem geachteten Mitglied der Gesellschaft zu werden, und seinem Nachgeben gegenüber den vielfältigen Versuchungen und Anreizen, wodurch der Weg zu Ansehen und Besitz etwas abgekürzt werden kann.

Whitehead kultiviert einen witzigen Tonfall, dessen lakonische Wortwahl das Geschehen zunächst als turbulente Gaunerkomödie erscheinen lässt. Dahinter verbirgt sich aber das viel ernstere Anliegen des Autors. Es sind drei Episoden, die den Blick öffnen auf die Veränderungen im American Way of Life.
Während der erste Abschnitt noch burlesk ein Gaunerstück schildert, das für alle Beteiligten aus dem Ruder läuft, ist das zweite große Kapitel bereits auf einen weiteren Blickwinkel fokussiert: was an der Oberfläche sich als Rachefeldzug präsentiert, mit dem Ray eine persönliche Demütigung und Zurücksetzung quittiert, zeichnet sich in Wahrheit bereits die Unerbittlichkeit des gesellschaftlichen Überlebenskampfes ab. Der letzte Erzählstrang lässt den Leser bereits die Verbindung zur Jetztzeit knüpfen. Das Big Business rückt in den Fokus, repräsentiert durch den Bau des World Trade Center, in den sich unser unaufhaltbar aufgestiegene Ray sich als involviert erweist.

Überschaubar und tiefgründig - kleinbürgerlich und kleinkriminell - traditionsverhaftet und aufstrebend: Harlem erscheint in Whiteheads neuem Roman als Mikrokosmos, in dem der Leser ethnographische, soziologische und historische Studien treiben kann. Ray erweist sich als prototypischer Vertreter einer lokalen Species, dessen Mutationen und Milieuanpassungen im Verlaufe des Romans atemlos verfolgt werden: schwarzer Sozialdarwinismus!

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Atmosphäre

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Atmosphäre ist das Wichtige in diesem Roman in drei Teilen, die 1959, 1961 und 1964 in Harlem spielen. Der Protagonist Ray Carney ist Möbelhändler. Er versucht sich mit ehrlicher Arbeit durchzuschlagen. ...

Atmosphäre ist das Wichtige in diesem Roman in drei Teilen, die 1959, 1961 und 1964 in Harlem spielen. Der Protagonist Ray Carney ist Möbelhändler. Er versucht sich mit ehrlicher Arbeit durchzuschlagen. Aber vor allem, um seiner Frau einen angemessenen Lebensstandard zu bieten und damit bei seinem Schwiegervater Eindruck zu machen, macht Ray Carney einige krumme Geschäfte nebenher.

Die zweite wichtige Person ist Rays Cousin Freddie, der für Ray wie ein Bruder ist. Durch Freddie wird Ray immer wieder in kriminelle Machenschaften verwickelt.

Colson Whitehead siedelt seinen Roman in den 60er Jahren zur Zeit der Rassenunruhen an. Das Verhältnis der Rassen spielt eine Hauptrolle im Roman. Die komplizierten Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen Gangs und korrupten Polizisten, zwischen Ganoven, Hehlern und sogenannten ehrbaren Leuten werden ausführlich geschildert.

Das Wichtige ist Whitehead die Schilderung der Atmosphäre in Harlem, aus der die Rassenunruhen zwangsläufig entstehen müssen. Es ist kein Kriminalroman, bei dem ein Fall oder mehrere Fälle durch Detektive oder Polizisten aufgeklärt werden. Das Gaunertum gehört hier sozusagen zum normalen täglichen Leben. Die Schilderung dieser Atmosphäre ist Whitehead ausgesprochen gut gelungen.

Etwas Mühe macht zumindest am Anfang die Vielzahl der handelnden Personen. Aber jede Person wird ausführlich meist durch Rückgriff in die Vergangenheit vorgestellt.

Insgesamt ein lesenswerter Roman. Ein Tipp noch für den zukünftigen Leser oder die zukünftige Leserin: Bisweilen taucht im Roman eine unerwartete Situation auf und man fragt sich: Hast du da etwas verpasst? Aber keine Sorge, man hat nichts verpasst, sondern es wird jeweils alles nachgeliefert.

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Veröffentlicht am 18.08.2021

Zwischen Strebern und Gaunern

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Der zweifache Pulitzer-Preisträger Colson Whitehead ist vor allem durch seine zwei vorherigen tiefernsten Romanen, die sich mit Sklaverei und Rassismus beschäftigen, berühmt. Auch in seinem neuen Werk ...

Der zweifache Pulitzer-Preisträger Colson Whitehead ist vor allem durch seine zwei vorherigen tiefernsten Romanen, die sich mit Sklaverei und Rassismus beschäftigen, berühmt. Auch in seinem neuen Werk „Harlem Shuffle“ spielt der Unterschied zwischen Weißen und Schwarzen eine Rolle, aber vor allem bedient Colson sich mit einer großartigen Prosa nebenbei noch den Genres spannender Ganovenkrimi und einer präzise Milieustudie von New Yorks Harlem der 60er-Jahre mitten in der Bürgerrechtsbewegung.

Möbelverkäufer Ray Carney möchte im Jahre 1959 rechtschaffend für seine Familie sorgen und hat sich in der 125. Straße sein kleines Königreich aufgebaut. Doch er verstrickt sich immer mehr in ein kriminelles Doppelleben, da er nebenbei noch Hehlerware seines ungeschickten Cousins Freddie vertickt, um besser über die Runden zu kommen. Ray selbst hatte eine schwierige, verwahrloste Kindheit mit einem stadtbekannten Gangster-Vater. Als Freddie beschließt, das historische Hotel Theresa auszurauben, gerät alles aus den Fugen und zahlreiche düster-gewaltvolle Gestalten aus der Unterwelt sowie zwielichtige Cops sind ihnen auf den Fersen. Carney muss sich nun in seinem Doppelleben entscheiden, wie viel Ganoven- oder Strebertum in ihm steckt, während er die wirklichen Drahtzieher in Harlem erkennt – es beginnt ein innerer Kampf. Ist in Harlem für einen Afroamerikaner ein sozialer Aufstieg ohne Kriminalität überhaupt möglich?

Scharf beobachtend, detailliert, lakonisch und sehr atmosphärisch lässt Colson Whitehead New Yorks berühmtestes Viertel Harlem wiederauferstehen – in den 60er-Jahren, der Zeit der Bürgerrechtsbewegung und der Kennedy-Ära. Die Sozial- und Milieustudie ist brillant und geht mit der spitzbübisch-kühnen Ganovengeschichte eine fesselnde Symbiose ein. In drei Teilen der Jahre 1959 bis 1964 tauchen allerhand eigenwillige und bunte Charaktere auf, eingetaucht in geschichtliche Details, literarische Bezüge und ein kunstvoll dicht komponiertes Harlem der 60er-Jahre, das sich erst in optimistischer Aufbruchsstimmung wähnt und dann in Unruhen versinkt.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn Whitehead mit dieser hochwertigen und pointierten Gesellschaftsstudie über Rasse, Abhängigkeit und Macht sowie der Hommage an Harlem wieder renommierte Preise gewinnt!

„Vor ihm erstreckten sich keine neuen Ufer, endlos und üppig – das war etwas für Weiße – aber dieses neue Land war zumindest ein paar Blocks groß, und in Harlem waren ein paar Blocks alles. Ein paar Blocks waren der Unterschied zwischen Strebern und Gaunern, zwischen Gelegenheit und Herumgekrebse.“ S. 146

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Überleben in der Hackordnung von Harlem

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Ray Carney hat es geschafft - nicht in allen, aber doch in wesentlichen Aspekten. Er lebt im Gegensatz zu seinem verstorbenen Vater ein mehr oder weniger ehrenhaftes Leben als Möbelhändler und hat ein ...

Ray Carney hat es geschafft - nicht in allen, aber doch in wesentlichen Aspekten. Er lebt im Gegensatz zu seinem verstorbenen Vater ein mehr oder weniger ehrenhaftes Leben als Möbelhändler und hat ein Mädchen aus der Oberklasse geheiratet - sehr zum Verdruß von deren Eltern. Aber Elisabeth hält zu ihm, sie sind inzwischen sogar Eltern. Carver gibt sich Mühe, seine kleinen kriminellen Kuhhandel von seiner Frau fernzuhalten, deren Eltern sich ihrerseits bemühen, ihn zu demütigen, ohne es die Enkel spüren zu lassen.

Diesmal hat Colson Whitehead, ohne von seinem Anspruch, das (Über)leben der Afroamerikaner in den USA vergangener Zeiten in all seinen Facetten schonungslos und offen zu vermitteln, abzulassen, einen überaus stilvollen Unterhaltungsroman geschrieben.

Einen, der zwar stellenweise sehr wehtut, aber bei dem man auf der anderen Seite nicht selten das Gesicht zum Lächeln verzieht.

Die Story spielt im Harlem der frühen 1960er Jahre und einige der Benachteiligten haben Mechanismen entwickelt, um nicht ganz so benachteiligt zu sein wie ihre Schicksalsgenossen.

Als eines der Qualitätsmerkmale gilt es, hellere Haut als andere zu haben, im Idealfall sogar gelegentlich für einen Weißen gehalten zu werden, ein äußeres Merkmal, dessen sich beispielsweise Carneys Schwiegermutter Alma rühmen kann - ganz im Gegensatz zu ihm selbst, was sie ihn nicht selten spüren lässt.

Doch neue Zeiten sind im Anmarsch, nicht nur dadurch, dass Martin Luther King und seine Gesinnungsgenossen ihre Stimme immer lauter erheben.

Wie auch immer, jedenfalls schaffen es auch Dunkelhäutige, Weißen und nicht ganz Weißen ein Schnippchen zu schlagen. Vielleicht ja sogar mehrere? Gewissermaßen hat Colson Whitehead, ohne sein Können in irgendeiner Form einzuschränken, hier einen Schelmenroman geschaffen. Mit ernstem Hintergrund natürlich! Aber mit nicht nur einem Augenzwinkern!

Veröffentlicht am 14.08.2021

Auf und Ab in Harlem

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Das für die 60er Jahre authentische Cover, welches eine Straßenszene mit amerikanischen Straßenkreuzern und einer Ampel an einer typischen überirdischen Elektroleitung zeigt, führt gut in die Problematik ...

Das für die 60er Jahre authentische Cover, welches eine Straßenszene mit amerikanischen Straßenkreuzern und einer Ampel an einer typischen überirdischen Elektroleitung zeigt, führt gut in die Problematik ein, besonders, da nur dunkelhäutige Bewohner im Sichtfeld des Betrachters stehen. Überall liegen Papierfetzen und Müll herum.
Man wird gut in die Problematik eingeführt, denn gleich zu Beginn wird deutlich gemacht, dass hier indirekte Rassentrennung herrscht. Es gibt “weiße” und “schwarze” Geschäfte und die Gegend wird fast ausschließlich von Afroamerikanern bewohnt, die sich untereinander aber oft als “Nigger” beschimpfen.
So ist Rassismus und die Existenz als Schwarze Person in einer von Weißen beherrschten Gesellschaft das Rahmenthema. Der Plot macht die zunehmenden Rassenunruhen und die daraus resultierende Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre deutlich.
Der Autor zeigt aber auch die USA der Jetztzeit auf mit Polizeigewalt gegen Schwarze, der Erschließung George Floyds und der aktuellen Protestbewegung, denn in den vergangenen 60 Jahren hat sich für Afroamerikaner leider nicht viel verändert.
Das Leben in New York heutzutage wird ebenfalls genau porträtiert.
Whitehead präsentiert uns eine Familiengeschichte, aber auch einen Krimi. Der dunkelhäutige Ray Carney bemüht sich, auf ehrliche Weise zu überleben, aber er lebt in einer schrecklichen, viel zu kleinen Wohnung, und seine Frau erwartet ihr zweites Kind. Als Möbelhändler verdient er nicht genug und rutscht somit immer mehr in illegale Nebeneinnahmen ab. Er lässt sich auf einen größeren Coup ein und gerät danach zwischen alle Fronten. Wie wird er es überstehen?
Es handelt sich um eine Übersetzung aus dem Amerikanischen der 60er Jahre. Allerdings bleibt mir die Bedeutung einiger deutscher Sätze verschlossen, obwohl ich sehr gut Englisch kann, und die Originalsprache unter Umständen andere Nuancen möglich macht. Generell hat der erfahrene Übersetzer aber sehr gute Arbeit geleistet und bringt den sehr intensiven, flotten und mitreißenden Schreibstil des Autors rüber.
Die Charaktere sind authentisch und bringen dem Leser diese immerwährende Problematik näher. Aber auch Diskriminierung unter Schwarzen wird dargestellt.
Der Autor war mir bisher nicht bekannt, aber seine Herangehensweise hat mich vollständig überzeugt. Somit werde ich mich an andere Werke Whiteheads heranwagen, allerdings in der Originalsprache. “Harlem Shuffle” wäre als annotierte Fassung auf Englisch auch in der Oberstufenarbeit der Gymnasien einsetzbar, denn die Thematik “Rassismus” wird sehr häufig unterrichtet.