Cover-Bild Die Kinder sind Könige
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 07.03.2022
  • ISBN: 9783832181888
Delphine Vigan

Die Kinder sind Könige

Roman
Doris Heinemann (Übersetzer)

Wie, fragt sich die ermittelnde Polizeibeamtin Clara, soll man einen Verdächtigen ausmachen bei einem vermissten Kind, das Tausende Menschen kennen und mehrfach täglich sehen? Schnell begreift sie, dass ihre Ermittlungsmethoden in der virtuellen Welt vollkommen nutzlos sind. Einer Welt, von der sie bis zu diesem Fall so gut wie nichts wusste. Ihre Arbeit findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, und auch privat ist sie eine zurückgezogene Frau. Schon immer konnte sie mit ihrem Alleinsein umgehen. Mélanie dagegen kann ohne die Aufmerksamkeit ihrer Follower nicht leben. Alles, was sie ist und was sie erreicht hat, verdankt sie dem Netz. Nicht einen Moment kommt ihr der Gedanke, ihre Tochter könnte dieses Leben nicht lieben, könnte sich vielmehr danach sehnen, ein unbekanntes Mädchen zu sein. Den Vorwurf der Ausbeutung ihrer Kinder weist Mélanie verletzt von sich. Und doch wird sie Jahre nach Kimmys Verschwinden genau dessen angeklagt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2022

Die Sucht nach Bewunderung

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Man muss nur einen Blick auf andere Sharing-Plattformen werfen, um zu sehen, dass sich der Begriff der Privatsphäre im Allgemeinen ganz grundlegend verändert hat. Die Grenzen zwischen Zuhause und der Außenwelt ...

Man muss nur einen Blick auf andere Sharing-Plattformen werfen, um zu sehen, dass sich der Begriff der Privatsphäre im Allgemeinen ganz grundlegend verändert hat. Die Grenzen zwischen Zuhause und der Außenwelt sind längst verschwunden. Diese Zurschaustellung ihrer selbst, ihrer Familie, ihres Alltags, ihrer Vorlieben, das hat sich Mélanie nicht ausgedacht. Das ist die heutige Art zu leben, in der Welt zu sein.
Es ist normal geworden, ein Baby auf Instagram oder einem anderen sozialen Netzwerk zu sehen, noch bevor es geboren ist. Denken Sie nur daran, wie viele Ultraschallfotos Sie schon gesehen haben. Wir zeigen gerne das Glück, das wir erleben, und wir mögen es. Wir lieben die Herzen, die hohen Zahlen unter den Beiträgen, die wachsende Zahl der Follower und vielleicht sogar der Freunde auf Facebook.
Mach dir nichts draus, vielleicht hast du über Instagram mehr Leute kennengelernt, mit denen du dich gut verstehst, als mit deinen Klassenkameraden vom College. Und danke dafür. Was aber, wenn Ihre Vorliebe, in die Privatsphäre anderer Menschen einzudringen, zur Sucht wird und Ihre Prioritäten auf den Kopf stellt?
Meine französische Lieblingsautorin Delphine de Vigan hat wieder einmal ein Buch geschrieben, das psychologisch tiefgehend ist. In ihrem neuesten Roman befasst sich Delphine de Vigan mit dem Phänomen der sozialen Netzwerke und deren pathologischem Gebrauch und Missbrauch, bei dem Eltern Bilder ihrer Kinder posten und meinen, das sei in Ordnung. Das ist nicht der Fall, und der französische Autor zeigt ganz offen, warum.
Es st ein ausgezeichnetes Buch, nicht nur wegen des Stils, in dem es geschrieben ist. Es ist ein außergewöhnlicher Roman der zeigt, dass sich unser Verständnis von Privatsphäre verändert hat, dass wir uns nicht mehr schämen, etwas zu zeigen, was wir vor Jahren nicht für möglich gehalten hätten, und dass wir es sogar genießen. Delphine de Vigan hat einen Roman über den Wunsch geschrieben, gesehen, bekannt und bewundert zu werden. Über ein Verlangen, das ein Leben zerstören kann.

Veröffentlicht am 08.03.2022

Wichtiges Thema

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Mit ihrem neusten Roman zeigt uns Delphine de Vigan wieder auf, was für eine begnadete und facettenreiche Autorin sie ist.

Delphine de Vigan
Die Kinder sind Könige

Mélanie wollte immer ein Reality-Star ...

Mit ihrem neusten Roman zeigt uns Delphine de Vigan wieder auf, was für eine begnadete und facettenreiche Autorin sie ist.

Delphine de Vigan
Die Kinder sind Könige

Mélanie wollte immer ein Reality-Star sein, doch ihre einzige Chance konnte sie als Jugendliche nicht nutzen.
Nach der Geburt ihrer zwei Kinder wird aus Mélanie eine bekannte Youtuberin mit Millionen von Followern. Alles was die Kinder machen, jedes Essen, unboxing (Auspacken von Päckchen, Spielzeug und Süssigkeiten) oder shoppen, wird gefilmt und auf ihren Channel gepostet. Aufgrund ihres Erfolges, hat ihr Ehemann bereits seinen Beruf aufgeben können, um seine Frau zu unterstützen.
Doch deren gemeinsame Tochter Kimmy verliert den Spaß an der Sache und ist immer unfreiwilliger dabei.

Die zweite Protagonistin in diesem Buch ist Clara, Polizisten in Paris.

Beide Frauen begegnen sich zum ersten Mal als Kimmy während eines Versteckspiels mit ihren Freunden, im Vorgarten, spurlos verschwindet…

De Vigan spricht ein super zeitgenössisches und hochexplosives Thema an: Darf man Kinder dazu benutzen selber ein YouTube Star zu werden? Und darf man in der heutigen Zeit Kinderbilder und Videos unverpixelt ins Netz stellen?
Die Nutzung privater Bilder durch Pädophilennetze ist bewiesen und trotzdem laden Tausende von Eltern täglich die Fotos ihrer Kinder ins Netz hoch.

‚Glauben sie etwa, die (Kinder) dürften sagen >>Nein, ich kann nicht mehr, ich höre auf<<, wenn die ganze Familie von den Einkünften aus Videos lebt? (…)
Ich glaube nicht, dass ein dreijähriges Kind davon träumt, YouTube-Star zu werden … Sie werden von klein auf rekrutiert wie in einer Sekte. Und die Grundregeln stehen von Anfang an fest: Ich bin YouTuber, also bin ich glücklich. Ich nenne das Totalitarismus. Mélanie Claux hat ihnen möglicherweise gesagt, dass ich ihr Feind bin. Das stimmt. Ihr Feind und der Feind aller Eltern, die ihre Kinder ausbeuten. (…)' S.108/Tolino

Und welcher Schaden entsteht eigentlich den Kindern, die diese Art von ‚Werbung‘ jeden Tag anschauen?

‚Das sind nicht nur ein paar Dutzend Kinder, das sind Hunderttausende. Big Macs futtern, Haribo-Bonbons kauen, Cola und Fanta trinken… Das stellt man ihnen als Ideal hin. Tolles Ideal, oder?‘ S109/Tolino
(Markennamen sind aus dem Buch zitiert und nur deshalb genannt)

Fazit: No futher comments needed! Super Buch! De Vigan ist und bleibt meine Lieblingsautorin

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Schöne neue Social Media-Welt?

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Am 10. November 2019 verschwindet die sechsjährige Kimmy spurlos beim Versteckspiel mit ihrem Bruder und einigen Nachbarskindern. Sie wurde zuletzt gesehen, als sie in Richtung Tiefgarage gelaufen ist. ...

Am 10. November 2019 verschwindet die sechsjährige Kimmy spurlos beim Versteckspiel mit ihrem Bruder und einigen Nachbarskindern. Sie wurde zuletzt gesehen, als sie in Richtung Tiefgarage gelaufen ist. Ist sie weggelaufen oder wurde sie entführt? Clara Rousell ist eine „flic“, eine Polizistin, die gemeinsam mit ihren Kolleg:innen die Ermittlungen aufnimmt. Als sie erfährt, dass Kimmy und Sammy die erfolgreichsten französischen Kinder-Influencer auf YouTube und Instagram sind, taucht sie ein in deren Social Media Welt, um zu verstehen. Kann sie hier ein Motiv für das Verschwinden finden? Kimmys Mutter Mélanie wartet unterdessen voller Sorge gemeinsam mit ihrem Mann Bruno und ihrem Sohn Sammy auf ein Lebenszeichen. Sie glaubt, dass jemand die Tat begangen hat, weil er die Familie um ihr Glück beneidet. Doch Clara zweifelt bald daran, dass die Familie wirklich so glücklich ist, wie sie vorgibt zu sein.

Das Buch beginnt mit einer transkribierten Instagram-Story des fiktiven Kanals „Happy Récré“, in der die Zuschauer entscheiden sollen, welche neuen Sneaker Mélanie Claux ihrer sechsjährigen Tochter Kimmy kaufen soll. In den folgenden Kapiteln erhielt ich als Leserin einige Informationen zum Werdegang einerseits von Mélanie und ihrer Faszination für Reality Shows sowie andererseits von Clara, die mit vierundzwanzig ihr Jurastudium abgebrochen hat, um Polizistin zu werden. Die beiden Frauen sind charakterlich höchst verschieden und treffen im Zuge der Ermittlungen zum Verschwinden von Kimmy zusammen.

Die Geschichte wechselt zwischen den Perspektiven von Mélanie und Clara hin und her. Dazwischen sind weitere Social Media Schnipsel von „Happy Récré“ abgedruckt, die einen Eindruck davon vermitteln, was auf den Kanälen der Familie passiert. Die Kapitel sind kurz, es gibt viele Zeit- und Ortswechsel, wodurch die Geschichte eine hohe Dynamik hat und mich mal hierhin, mal dorthin blicken ließ. Gespannt verfolgte ich die Ermittlungen und erhielt zwischendurch Informationen zur rechtlichen Situation im Hinblick auf Kinder-Influencer, die von Clara recherchiert und mir sachbuchähnlich mitgeteilt wurden. Frankreich hat 2019 ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das die jungen Influencer ähnlich wie Kinderschauspieler vor Ausbeutung und Kinderarbeit schützen soll und dessen Auswirkung auf „Happy Récré“ und ähnliche Kanäle diskutiert wird.

Schnell war ich mittendrin in der Welt der kleinen YouTube- und Instagram-Stars. Der Roman setzt sich kritisch mit zahlreichen Fragen rund um diese Tätigkeit auseinander. Ist es wirklich der größte Wunsch der Kinder, Millionen Follower zu haben? Was sind das für Eltern, die ihre Kleinen ausstaffieren, vor die Kamera holen und sie stundenlang beim Auspacken von Spielzeug und in allerhand vermeintlich lustigen Situationen zu folgen? Was passiert, wenn die Kinder nicht spuren und den Forderungen der Sponsoren zum richtigen Zeitpunkt und mit der geforderten Begeisterung nachkommen? Was sind das für Kinder und Erwachsene, die da zuschauen? Zahlreiche kritische Stimmen und Überlegungen stimmten mich nachdenklich. Zusätzlich wird abschließend die Frage aufgeworfen, welche Langzeitfolgen früher Social Media Ruhm haben kann. Zwar ist „Happy Récré“ fiktiv, doch es gibt zahlreichen Ländern der Welt viele Kanäle, die ähnlich funktionieren. Das hier skizzierte Szenario wirkte auf mich daher erschreckend realistisch. Sehr gerne empfehle ich das Buch an alle weiter, die Lust auf einen aufrüttelnden und informativen Roman rund um Kinder-Influencer und ihre Eltern haben.

Veröffentlicht am 05.03.2022

Die Auswüchse der Social Media

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Ein Gesetzesvorhaben in Frankreich aus dem Jahr 2021 hat die französische Autorin offensichtlich zu diesem fesselnden Roman inspiriert, nämlich gesetzliche Regeln für Online-Kinderstars. Das Buch handelt ...

Ein Gesetzesvorhaben in Frankreich aus dem Jahr 2021 hat die französische Autorin offensichtlich zu diesem fesselnden Roman inspiriert, nämlich gesetzliche Regeln für Online-Kinderstars. Das Buch handelt von der gnadenlosen Vermarktung der eigenen Familie, vor allem der Kinder, in den sozialen Medien mit den furchtbaren Folgen für ihre weitere Entwicklung. Sehr eindringlich und überspitzt wird dieses dem Kindeswohl total zuwider laufende Verhalten mit seinen Auswüchsen an den Pranger gestellt. In gewisser, zutiefst erschreckender Weise wird dem Leser auch ein Spiegel vorgehalten. Denn in dem Verhalten der Protagonistin Mélanie wird sich der eine oder andere selbst ein wenig wiedererkennen. Wer hat nämlich nicht schon einmal Bilder seines Alltags auf Instagram & Co. gepostet? Konträr zu der Influencerin Mélanie steht die weitere Protagonistin, die Polizistin Clara, für die die Welt der sozialen Medien völlig neu ist, ist sie doch bei der von ihr pedantisch betriebenen Polizeiarbeit in der Welt der Papierakten zu Hause. Beide geraten in Kontakt zueinander, als es die vermeintliche Entführung von Mélanies sechsjähriger Tochter aufzuklären gilt.
Eine sehr fesselnde Mischung zwischen Thriller und Gesellschaftsroman.

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Veröffentlicht am 29.06.2022

Sehr aktuell

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„...Am 10. November 2019 gegen achtzehn Uhr verschwand Mèlanie Claux` damals sechsjährige Tochter während eines Versteckspiels mit anderen Kindern der Wohnanlage...“

Was war dem vorausgegangen? Mèlanie ...

„...Am 10. November 2019 gegen achtzehn Uhr verschwand Mèlanie Claux` damals sechsjährige Tochter während eines Versteckspiels mit anderen Kindern der Wohnanlage...“

Was war dem vorausgegangen? Mèlanie hatte schon als Jugendliche davon geträumt, gesehen und berühmt zu werden. Sie hatte sich bei entsprechenden Fernsehformaten beworben. Gelungen war es ihr nie.
Nach der Geburt ihrer Tochter Kimmy hatte sie die öffentlichen Medien, insbesondere YouTube, für sich entdeckt. Sie erkannte, wie sie damit ihre Kinder zu Stars machen könnte. Mittlerweile gehört sie zu den erfolgreichsten Youtuberinnen.
Die Autorin hat in ihrem Buch ein sehr realistischen Szenarium gestellt. Es geht um die Vermarktung von Kindern in öffentlichen Medien. Als ihre Gegenspielerin tritt die Polizistin Clara Roussel auf. Die hält sich von den sozialen Medien fern.
Die Suche nach dem Kind ist das eine, Zu den wichtigsten Szenen gehören für mich aber die, wo ich Claras Reaktion auf die Filme mit Kimmy und Sammy erlebe. Hier schwingt sehr viel Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen mit. Die Kinder werden manipuliert und instrumentalisiert. Alles ist auf Konsum ausgerichtet. Ein Satz lässt Clara nicht mehr los

„...Es ist eine Welt, deren Existenz unsere Vorstellungen übersteigt...“

Gekonnt werden Verhörprotokolle in das Buch integriert. Gleichzeitig darf ich Clara beim Betrachten der Videos über die Schulter schauen. Dabei fällt auch die folgende Bemerkung:

„...Sie nutzt ihre Kinder aus, um Kohle zu machen, und ich bin nicht der Einzige, der das denkt...“

Für die Kinder gibt es keine Privatsphäre mehr. Alles wird geteilt. Mit stereotypischen Sätzen wird dem Zuschauer Liebe vermittelt. Wie weit Mèlanie davon weg ist, wird sich später in ihren Handlungen zeigen.
Was wird aus diesen Kindern? Im Buch erlebe ich es noch bei Kimmy und Sammy. Ein letztes Zitat soll die Gefahr veranschaulichen, die das Ganze birgt.

„...Irgendwann wird man sich auch mit den Kindern beschäftigen müssen, die sich so was jeden Tag anschauen. Und mit der Werbung, dir sie kilotonnenweise schlucken, ohne das jemand etwas davon mitbekommt...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Was wie eine Zukunftsversion klingt, ist heute Alltag und in der Realität angekommen.

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