Ein leises, starkes Plädoyer für weibliche Selbstbestimmung
Ewald Arenz’ Alte Sorten ist ein stilles, aber zutiefst bewegendes Buch über zwei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Und die sich doch auf einer tieferen Ebene verstehen. Liss, eine zurückgezogene ...
Ewald Arenz’ Alte Sorten ist ein stilles, aber zutiefst bewegendes Buch über zwei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Und die sich doch auf einer tieferen Ebene verstehen. Liss, eine zurückgezogene Obstbäuerin, und Sally, eine junge Frau auf der Flucht vor sich selbst, begegnen einander ohne Vorurteile, ohne Erwartungen. Zwischen ihnen entsteht etwas Seltenes: echte Nähe, die nicht einengt, sondern befreit.
Gerade aus feministischer Perspektive berührt dieses Buch, weil es Frauen zeigt, wie sie sind – stark, verletzlich, widersprüchlich, eigenständig. Weder Liss noch Sally werden auf stereotype Rollen reduziert; sie definieren sich nicht über Männer, sondern über ihre Erfahrungen, ihre Arbeit, ihr stilles Wachsen. Ihre Beziehung ist kein klassisches „Heilungsnarrativ“, sondern eine Erzählung über gegenseitigen Respekt und die Kraft, sich Raum zu nehmen.
Die Natur spielt dabei eine zentrale Rolle: das Pflegen alter Obstsorten wird zur Metapher für das Bewahren von Identität, Geschichte und innerer Vielfalt. Arenz beschreibt dies mit großer Sensibilität und einer Sprache, die Wärme und Klarheit zugleich besitzt. Alte Sorten zeigt, dass Heilung und Stärke in Gemeinschaft, Selbstakzeptanz und Sanftheit liegen können – und dass Weiblichkeit nichts mit Schwäche zu tun hat, sondern mit der Fähigkeit, zu fühlen, zu wachsen und weiterzugehen.