Zerrissenheit zwischen Tradition und Träumen
Ewald Arenz schafft es wie kaum ein Autor eine solche intensive Stimmung einzufangen und seinen Figuren eine ungeheure Tiefe zu geben. Mich hat dieser Roman, es ist der Zweite, den ich von ihm gelesen ...
Ewald Arenz schafft es wie kaum ein Autor eine solche intensive Stimmung einzufangen und seinen Figuren eine ungeheure Tiefe zu geben. Mich hat dieser Roman, es ist der Zweite, den ich von ihm gelesen habe, tief beeindruckt und ich habe mit einem wohligen Gefühl das Buch zugeklappt.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Roberta. Sie hat gerade in der Stadt die Schneiderlehre beendet und kehrt auf den Hof der Familie zurück. Ihr Lebensweg als einziges Kind eines Bauern ist in den 70er Jahren vorgezeichnet. Sie soll den Hof übernehmen, aber viel lieber würde sie Kleidung entwerfen und nähen. Ihr einziger Lichtblick ist Wilhelm, der Sohn des Pfarrers, sie sind seit Kindertagen befreundet. Ein zartes Band wird geknüpft. Seine Mutter Gertrud tut sich schwer in der Dorfgemeinschaft, sie hat das Gefühl auch nach Jahren noch nicht angekommen zu sein und entfernt sich immer mehr von ihrem Mann. Beide Frauen sind auf der Suche nach Selbstbestimmung und Freiheit.
Eine Dorfgemeinschaft in der jeder jeden kennt, kann einengen und bedrücken, da es keine Privatsphäre gibt. Alle wissen alles und jeder hat seinen Platz in dem Dorf. Die Wege sind vorgezeichnet und wer ausbricht, gerät schnell zum Geschwätz. Auch die Abläufe und Arbeiten werden nicht hinterfragt, es wurde immer schon so gemacht und da es funktioniert, wird es weiterhin so gemacht.
Menschen haben Wurzeln, die sie prägen, dennoch kann dies der Zukunft und den Träumen entgegenstehen und genau darum geht es in diesem Roman. Es geht um die Zerrissenheit zwischen Tradition und Träumen.
Der Autor hat eine feine präzise Sprache, die ich sehr schätze und die dem Buch ungemein viel Tiefe gibt. Er schafft es eine sehr intensive Stimmung zu kreieren, die den Leser gefangen nimmt und Teil der Geschichte werden lässt. Die Figurenzeichnung ist exzellent und absolut überzeugend. Die Figuren wirken authentisch und lebensnah.
Weitere Themen des Romans sind Tod, Trauer und Abschied, aber auch Abtreibung, Familienzerwürfnisse und verschmähte Liebe.
Ewald Arenz hat mich auf der ganzen Linie überzeugt und ich freue mich schon heute auf jedes neue Buch des Autors.