Erika war ebenfalls eine Zauberin!
Das Buch greift aus den biographischen Zeitläuften der faszinierenden Erika M. September 1936 bis Dezember 1937 heraus.
Es ist sehr genau recheriert, weil Heidi Rehn auf alle zugänglichen Quellen zurückgegriffen ...
Das Buch greift aus den biographischen Zeitläuften der faszinierenden Erika M. September 1936 bis Dezember 1937 heraus.
Es ist sehr genau recheriert, weil Heidi Rehn auf alle zugänglichen Quellen zurückgegriffen hat. Zwecks dramaturgischer Verdichtung nimmt sie sich einige literarische Freiheiten heraus. Dieser Kunstgriff ist jedoch durchaus vertretbar, weil sie dadurch noch andere Facetten aufzeigen kann. Es führt jedenfalls nicht zu unzulässigen Verzerrungen.
Trotz aller Genauigkeit beansprucht das Buch für sich nicht, ein Sachbuch oder eine "akademische" Biographie zu sein. Es ist fiktionalisiert, aber eben mit sovielen Fakten wie möglich. Diese Mischung aus Fiktion und Authentizität gibt dem Buch seinen ganz besonderen Reiz.
Denn es ist quasi so, als ob man in Erikas Haut steckte und durch ihren Blick gefärbt die Welt sieht.
W. H. Auden ermöglichte ihr mit einer Scheinheirat, daß sie fliehen konnte, während Thomas und Katia noch in Europa blieben.
Sie und ihr Bruder Klaus waren die "Gemini", die schillernden Apollofalter und zogen viel Aufmerksamkeit auf sich.
Klaus, labil und eher emotional haderte mit dem riesigen Schatten des Zauberers. Erika war stark, manchmal anstrengend, hochintelligent, fürsorglich. Mit einem unsteten Liebesleben. Sie machte keinen Hehl aus ihrer Bisexualität, während Klaus die Männer liebte und ebenso hochbegabt war wie sie.
Sie erkannte schon sehr früh, welche Gefahr Hitler darstellte und engagierte sich flammend gegen ihn. Auf manche macht sie einen unwirschen Eindruck und daß sie manchmal zu ichbezogen war. Aber ich denke, daß das ein Irrtum ist. Sie war auch sensibel, versteckte das jedoch hinter ihrer impressiven Art, um nicht verletzt zu werden. Sie besaß zweifellos Charisma. Innerlich unruhig und wie ein Blatt im Wind, aber vor Energie übersprudelnd.
Heidi Rehn schreibt in einer eingängigen, verständlichen, irisierenden Art über Erika und hat ihr so ein Denkmal geschaffen, aber nicht abgehoben über uns allen schwebend. Sie macht sie menschlich greifbar mit all ihren Stärken und Schwächen. Beim Lesen generiert sich ein wirbelnder Sog, der alles um einen herum vergessen macht. Dieses Buch ist ebenso hilfreich die Schwellenangst vor Erika Mann zu überwinden, falls einer schon mehr über sie wissen wollte, aber an einer "akademischen" Biographie gescheitert ist. Und zwar wegen eines temporär auftretenden Bibliokomas, der akuten Langeweile der "Trockenheit" geschuldet.
So kann der interessierte Mensch einen Blick riskieren, bis er ebenfalls im Buch versinkt, um dann auszurufen: Erika war selber eine Zauberin!