Cover-Bild Lektionen
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32,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 720
  • Ersterscheinung: 28.09.2022
  • ISBN: 9783257072136
Ian McEwan

Lektionen

Bernhard Robben (Übersetzer)

Roland Baines ist noch ein Kind, als er 1959 im Internat der Person begegnet, die sein Leben aus der Bahn werfen wird: der Klavierlehrerin Miriam Cornell. Roland ist junger Vater, als seine deutsche Frau Alissa ihn und das vier Monate alte Baby verlässt. Es ist das Jahr 1986. Während die Welt sich wegen Tschernobyl sorgt, beginnt Roland, nach Antworten zu suchen, zu seiner Herkunft, seinem rastlosen Leben und all dem, was Alissa von ihm fortgetrieben hat.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.10.2023

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LEKTIONEN
Ian McEwan

1959:
Roland Baines wächst in Libyen auf, wo sein Vater als Armeeoffizier stationiert ist. Mit 11 Jahren wird er in ein britisches Internat eingeschrieben, wo er den Highschool-Abschluss ...

LEKTIONEN
Ian McEwan

1959:
Roland Baines wächst in Libyen auf, wo sein Vater als Armeeoffizier stationiert ist. Mit 11 Jahren wird er in ein britisches Internat eingeschrieben, wo er den Highschool-Abschluss absolvieren soll. Doch es kommt anders:
Seine Klavierlehrerin Miriam Cornell verführt den Jungen im Alter von 14 Jahren und aus diesem Grunde trifft Roland eine Entscheidung, die sein ganzes Leben verändern wird.

1996:
Jahre später wacht Roland eines morgens auf und findet den Abschiedsbrief seiner Frau Alissa neben sich. Mit den Worten. „Ich habe das falsche Leben gelebt“ verlässt sie nicht nur ihn, sondern auch ihren vier Monate alten Sohn, Lawrence.
Roland, der nie einen richtigen Beruf erlernte, widmet sich fortan der Kindeserziehung.

In nicht immer chronologischen Rückblicken, doch konsequent mit einem roten Faden, erzählt uns Roland aus seinem Leben. Er nimmt uns mit in die Kuba-Krise, wir erleben ein weiteres Mal Tschernobyl und er erzählt detailliert die Lebensgeschichten seiner Freunde und Verwandten. So treffen wir Mitglieder der Weißen Rose, gehen noch einmal durch den Checkpoint Charly und reisen in die DDR und sind dabei, wenn die Mauer fällt. Selbst im Corona Lockdown leisten wir ihm Gesellschaft.
Dabei steht Roland immer im Mittelpunkt, wir begleiten ihn, trauern und freuen uns gemeinsam.

Ich bin nicht die Erste, die darauf kommt, dass der Protagonist Roland sehr viele Parallelen zu unserem Autor McEwan hat. Ob einige Passagen aus dem Buch autobiografisch sind, vermag ich jetzt nicht zu klären, was ich aber mit Bestimmtheit sagen kann ist, dass das Buch viele Lebensweisheiten - hier schlicht Lektionen genannt, beinhaltet. Auch wenn ‚Lektionen', ein kleines bisschen hinter McEwans früheren Werken wie 'Abbitte', 'Saturday' und 'Kindeswohl' zurücksteht, ist es dennoch für mich ein Meisterwerk (mit kleineren Längen), das eine Wortgewandtheit aufweist und kaum zu übertreffen ist.

Mein Lieblingszitat:
„Er hatte jene Lebensphase erreicht - mit Ende dreißig nicht ungewöhnlich -, in der die Eltern anfangen abzubauen. Wer sie waren, was sie taten, war bis dahin ganz allein ihre eigene Sache gewesen. Nun aber verloren sie kleine Stückchen ihres Lebens, die von ihnen abfielen oder so plötzlich abgerissen wurden wie der Rückspiegel vom Wagen des Majors. Später lösten sich größere Brocken ab und mussten von ihren Kindern eingesammelt oder im Flug aufgefangen werden. Ein langer Prozess. (S. 158)

Fazit:
Wunderbar erzählt. Literatur vom Feinsten.
5-/ 5

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Veröffentlicht am 19.06.2023

Lektionen eines Lebens

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or über 120 Jahren erschien »Buddenbrooks: Verfall einer Familie« von Thomas Mann. Ein ganz anderes Buch, als dieses hier und doch musste ich beim Lesen von »Lektionen« ständig an Buddenbrooks denken.
Es ...

or über 120 Jahren erschien »Buddenbrooks: Verfall einer Familie« von Thomas Mann. Ein ganz anderes Buch, als dieses hier und doch musste ich beim Lesen von »Lektionen« ständig an Buddenbrooks denken.
Es war nicht nur der Umfang von über 700 Seiten, der ähnlich ist, beide Romane handeln über die Dauer eines ganzen Menschenlebens. »Lektionen« hat das Zeug dauerhaft in die Literaturgeschichte einzugehen.

Es beginnt mit einer Erinnerung, des Protagonisten, Roland Baines. Es ist die Erinnerung an eine Klavierstunde, die Einfluss auf sein ganzes restliches Leben haben wird.
Tatsächlich spielt der Roman ab dem Jahr 1986. Roland wurde gerade von seiner Frau verlassen und über Europa breitet sich die nukleare Wolke von Tschernobyl aus. Er wird kurz des Mordes an seiner glücksuchenden Frau verdächtigt, bleibt letztendlich mit dem Baby zurück und wir begleiten ihn durch die kommenden Jahrzehnte.
Ian McEwan erzählt auch die scheinbar banalen Ereignisse in Rolands Leben auf eine Art, die fesselnd ist, einen fast zwingt weiterzulesen. Es ist kein Roman, der gewaltig angerauscht kommt, sondern einer, dessen Geschichte sich langsam entfaltet. Von Tschernobyl über den Falklandkrieg und den Mauerfall bis hin zu Corona führt er uns durch Baines’ Leben. Über allem steht die Frage: Welche Lektionen prägen ein Menschenleben? Wie beeinflussen einzelne Entscheidungen unser Leben? Bei der Lektüre dieses Buchs bekommt man das Gefühl das Leben zu verstehen. McEwan bringt uns das sowohl für die einzelnen Personen, wie auch für globale und historische Ereignisse nahe. Der Zusammenhang von Persönlichem und Politischem wird fast überdeutlich.

Es ist auch eine Geschichte von Liebe und ihrer Vergänglichkeit und von Missbrauch. Es drängt sich das Gefühl auf, hier hat einer sein Leben autofiktional erzählt. Es zeigen sich deutliche Parallelen zu McEwans Biografie. Und Missbrauch ist nicht zum ersten Mal ein Thema in seinem Werk.

Der Autor hat die Figuren tief gezeichnet und es sind starke Konflikte vorhanden – so wie wir es vom Autor kennen. Insgesamt ist es ein ungewöhnlicher McEwan, ich halte »Lektionen« für sein tiefgehendstes Werk. Der Autor ist ja auch nicht mehr der Jüngste und hat hier die Weisheit eines ganzen Lebens in ein Literaturwerk gepackt, dass es verdient hat in 100 Jahren ein Klassiker zu sein. Auf wenigen Seiten kam mir das Buch etwas langatmig vor. Aber was machen diese wenigen Seiten schon bei über 700 aus? Bei Buddenbrocks war es mehr!

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Politische Meilensteine und persönliches Schicksal

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Wenn man mit dem Werk des britischen Autors Ian McEwan vertraut ist, kennt man dessen Fähigkeit, zeitgeschichtliche Themen in unterhaltsame Romane mit entsprechender Tiefe zu packen. In „Lektionen“ geht ...

Wenn man mit dem Werk des britischen Autors Ian McEwan vertraut ist, kennt man dessen Fähigkeit, zeitgeschichtliche Themen in unterhaltsame Romane mit entsprechender Tiefe zu packen. In „Lektionen“ geht er aber noch einen Schritt weiter und verbindet diese zusätzlich mit Schnipsel aus seiner eigenen Biografie.

Roland Bains, der Protagonist, an dessen Leben wir über Jahrzehnte teilhaben dürfen, wurde 1948 in eine Militärfamilie hinein geboren und hat wie der Autor seine Kindheit in Libyen verbracht. Und wie an einer Zeitleiste entlang hangelt sich McEwan sehr überzeugend durch achtzig Jahre der persönlichen Geschichte Rolands, die mit historischen Großereignissen verknüpft ist. Missbrauch, Liebe, Ehe, Trennung, Vatersein, nicht realisierte berufliche Ambitionen, Tod. Allesamt prägend. Begleitend dazu die Kuba-Krise, das Reaktorunglück in Tschernobyl, das politischen Auf und Ab in Großbritannien von Thatcher bis zum Brexit, der Fall der Berliner Mauer, 9/11, bis hin in die Corona-Lockdowns der Gegenwart. Und jeder einzelne dieser politischen Meilensteine ist mit bestimmten Phasen, dem Zaudern und den Entscheidungen im Leben des Protagonisten verbunden, wobei es allerdings die Verletzungen sind, deren Auswirkungen und eindrücklichen Schilderungen, die die Qualität dieses Romans ausmachen.

Das Auf und Ab eines Menschenlebens, von McEwan voller Empathie und Nachsicht beschrieben. Die Hoffnungen, das Zögern, die Enttäuschungen und den Schmerz im Leben seines Protagonisten, die Lektionen, die dieser auf seinem Weg durch die Zeiten lernt. Die Frage nach den Auswirkungen von politischen Ereignissen auf das alltägliche Leben. Überlegungen, die nicht so weit hergeholt scheinen, wenn man sich an die Lockdown-Zeit zurück erinnert. Ein Roman, der zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 06.12.2022

Was wäre wenn...

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… der in Libyen stationierte britische Captain Robert Baines und seine verzagte Frau Rosalind ihren Sohn Roland nicht mit elf Jahren auf ein Internat in der Heimat geschickt hätten?

… Roland dort nicht ...

… der in Libyen stationierte britische Captain Robert Baines und seine verzagte Frau Rosalind ihren Sohn Roland nicht mit elf Jahren auf ein Internat in der Heimat geschickt hätten?

… Roland dort nicht an die rätselhafte junge Klavierlehrerin Miriam Cornell geraten wäre, die auf ewig sein „Hirn neu verdrahtet“ (S. 287)?

… die Kubakrise nicht mit Rolands erwachender Sexualität zusammengefallen wäre?

… er nicht die Schule abgebrochen und anschließend ein Jahrzehnt verbummelt hätte?

… er mehr aus seinen Begabungen als Konzertpianist, Tennisspieler oder Dichter gemacht hätte?

… er nicht ausgerechnet Alissa Eberhardt geheiratet hätte, die ihn und den siebenmonatigen Sohn Lawrence für eine Karriere als Schriftstellerin verließ?

… Alissa nicht ihrerseits im Schatten der Enttäuschungen ihrer Mutter aufgewachsen wäre?

Ein Roman mit vielen Stärken
In seinem gut 700 Seiten umfassenden 17. Roman "Lektionen" verzichtet Ian McEwan auf experimentelle Elemente wie in "Nussschale" oder "Maschinen wie ich" und erzählt stattdessen angenehm traditionell und überwiegend linear vom Leben des 1948 geborenen Roland Baines von den 1960er-Jahren bis über seinen 70. Geburtstag hinaus. Dabei geht es um Missbrauch, Obsessionen, Aufarbeitung, fehlenden Ehrgeiz, geplatzte Träume, väterliche Fürsorge, vielfältige Affären mit meist sehr erfolgreichen Frauen, den Wert von Familienleben und beruflichem Erfolg und die Frage, wann ein Leben als erfolgreich, wann als gescheitert gilt. Rolands Lebensstationen stellt Ian McEwan in den jeweiligen zeithistorischen Kontext: Die Suezkrise, die Kubakrise, der Falklandkrieg, die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, Glasnost, Perestoika und Wiedervereinigung, die Thatcher-Ära, New Labour, der Irak-Krieg, der Brexit, der Sturm auf das Kapitol und die Corona-Pandemie sind nur die wichtigsten äußeren Ereignisse. Die besondere Kunst Ian McEwans besteht darin, dass er diese an sich altbekannten sozialen und politischen Entwicklungen mit so leichter Hand in die Handlung verwebt, dass die zweifellos dahinterstehende Konstruktion nie offensichtlich wird. Außerdem bleibt es nicht bei der reinen Nacherzählung der Fakten, vielmehr ruft McEwan Gefühle, Hoffnungen und Ängste ins Gedächtnis, ganz besonders gelungen bei der Euphorie während des Mauerfalls und der in den Jahren danach schleichend eintretenden Ernüchterung durch die "neue Hässlichkeit" (S. 698).

Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist die große Nähe zu seinen Figuren, allen voran Roland Baines, und die große Toleranz und Nachsicht, mit der Ian McEwan ihnen entgegentritt, wodurch er ihre Beurteilung ganz in das Ermessen seiner Leserinnen und Leser stellt. Roland Baines war mir spätestens nach der Hälfte des Buches so vertraut wie ein langjähriger Bekannter und meine anfänglich spärliche Sympathie für ihn wuchs mit jedem Kapitel.

Nicht zuletzt durchzieht den Roman – trotz mancher Tragik – ein unwiderstehlicher Humor, nicht nur dank Rolands Selbstironie.

Erinnerungen und Fiktion
Natürlich stellt sich bei "Lektionen" mehr als bei Ian McEwans anderen Werken die Frage nach dem autobiografischen Bezug, unter anderem wegen des gleichen Geburtsjahres, der Kindheit in Libyen und der Internatszeit. „To milk my own life“ wäre eine Grundlage beim Schreiben von Lektionen gewesen, so McEwan in einem Interview, und trotzdem entspringt die Handlung größtenteils seiner Fantasie, eine Vorgehensweise, wie sie auch die Schriftstellerin Alissa im Roman beschreibt.

"So viele vergessene Lektionen" (S. 696), beklagt der 74-jährige Roland bei der Politik. Und was hat er für sich gelernt?

"Eine Schande, eine gute Geschichte für eine Lektion zu missbrauchen." (S. 707)

Ian McEwan jedenfalls missbraucht seinen herausragenden Roman nicht dafür.

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Veröffentlicht am 04.12.2022

Ein ganzes Leben in einem Buch

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Hinter dem wunderschönen Cover von „Lektionen“ versteckt sich auch ein wunderschönes Buch. Es wirkt vielleicht langatmig, aber das was man erwartet, bekommt. Man nun mal auch. Und zwar ist das die Geschichte ...

Hinter dem wunderschönen Cover von „Lektionen“ versteckt sich auch ein wunderschönes Buch. Es wirkt vielleicht langatmig, aber das was man erwartet, bekommt. Man nun mal auch. Und zwar ist das die Geschichte von Roland mit all ihren Höhen und Tiefen. Die Geschichte behandelt außerdem seine besondere Beziehung zu einer Klavierlehrerin, die sich auf die späteren Beziehungen Rolands auswirkt. Der Schreibstil war wunderschön. Anders kann ich es auch wieder nicht sagen. Ich liebe verschachtelte, ausgeklügelte Sätz mit viel Inhalt, in den man viel hineininterpretieren kann. Genau das bekommt man hier. Viele Stellen habe ich markiert, da mich das Buch total eingesogen hat, ich aber trotzdem mit dem Buch interagieren wollte. Außerdem gibt es auch viel geschichtliches, was man hier so erfährt. Es wirkt einfach so, als hätte es Roland wirklich gegeben!

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