Cover-Bild Neujahr
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Luchterhand
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 10.09.2018
  • ISBN: 9783630875729
Juli Zeh

Neujahr

Roman
Ein Familienurlaub auf Lanzarote, der zum Albtraum wird...

Lanzarote, am Neujahrsmorgen: Henning sitzt auf dem Fahrrad und will den Steilaufstieg nach Femés bezwingen. Seine Ausrüstung ist miserabel, das Rad zu schwer, Proviant nicht vorhanden. Während er gegen Wind und Steigung kämpft, lässt er seine Lebenssituation Revue passieren. Eigentlich ist alles in bester Ordnung. Er hat zwei gesunde Kinder und einen passablen Job. Mit seiner Frau Theresa praktiziert er ein modernes, aufgeklärtes Familienmodell, bei dem sich die Eheleute in gleichem Maße um die Familie kümmern. Aber Henning geht es schlecht. Er lebt in einem Zustand permanenter Überforderung. Familienernährer, Ehemann, Vater – in keiner Rolle findet er sich wieder. Seit Geburt seiner Tochter leidet er unter Angstzuständen und Panikattacken, die ihn regelmäßig heimsuchen wie ein Dämon. Als Henning schließlich völlig erschöpft den Pass erreicht, trifft ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Er war als Kind schon einmal hier in Femés. Damals hatte sich etwas Schreckliches zugetragen – etwas so Schreckliches, dass er es bis heute verdrängt hat, weggesperrt irgendwo in den Tiefen seines Wesens. Jetzt aber stürzen die Erinnerungen auf ihn ein, und er begreift: Was seinerzeit geschah, verfolgt ihn bis heute.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2018

Nicht meins

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Juli Zehs „Neujahr“ lässt mich schwanken. Vielleicht bin ich nicht sensibel genug für diese Art von Geschichten, vielleicht fehlt mir das psychologische Verständnis. Ich weiß es nicht, aber dieses dünne ...

Juli Zehs „Neujahr“ lässt mich schwanken. Vielleicht bin ich nicht sensibel genug für diese Art von Geschichten, vielleicht fehlt mir das psychologische Verständnis. Ich weiß es nicht, aber dieses dünne Büchlein konnte mich nicht so richtig überzeugen.

Die Geschichte war für mich zu konstruriert. Der Schreibstil wirkte auf mich eher emotionslos und die Geschichte schleppte sich durch die Seiten (wie Henning den Berg hoch). Die Verdrängen-Geschichte an sich ist sehr bedrückend. Jedoch die Charaktere waren mir nicht sympathisch. Besonders mit Henning konnte ich mich nicht anfreunden. Er hatte viele Gedanken, die ich als anstrengend und teilweise nervend empfand. Phasenweise war er sehr wehleidig und für mich zu egoistisch. Natürlich hat er ein schlimmes Erlebnis in der Kindheit gehabt und dies auch nicht vernünftig verarbeitet, trotzdem war mir sein Gedankenkarussell manchmal nicht nachvollziehbar. Auch seine Überforderung als Vater konnte mich nicht so richtig überzeugen.

Ich weiß, dass das Buch und die Autorin sehr gelobt wurden und ich wahrscheinlich eine der wenigen Leser sein werde, die sich nicht so sehr für dieses Buch erwärmen können, aber leider ist dies manchmal so.

Veröffentlicht am 27.09.2018

Auch mit „Neujahr“ zeigt Juli Zeh wieder neu, dass man einen unterhaltsamen Roman schreiben kann, ohne die literarische Qualität aus dem Auge zu verlieren. Ich wünsche mir, dass viele berufstätige Familienmänner und – frauen dieses Buch lesen, sowohl zur

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Juli Zeh, Neujahr, Luchterhand Verlag 2018, ISBN 978-3-630-87572-9

Henning ist ein moderner Mann. Ein Mann, für den Gleichberechtigung nicht nur ein wohlfeiler Slogan ist. Er, der seinen Beruf als Lektor ...

Juli Zeh, Neujahr, Luchterhand Verlag 2018, ISBN 978-3-630-87572-9

Henning ist ein moderner Mann. Ein Mann, für den Gleichberechtigung nicht nur ein wohlfeiler Slogan ist. Er, der seinen Beruf als Lektor eines Sachbuchverlags liebt, hat sich zusammen mit seiner Frau Theresa für ein Familienmodell entschieden, wie es nach wie vor nur wenige praktizieren. Beide haben sie ihre gut dotierten Arbeitsstellen halbiert und sich auf dem Dachgeschoß ihres Hauses ein Homeoffice eingerichtet, in dem sie zusätzlich (unentgeltlich natürlich) arbeiten können, wenn die Kinder schlafen. Sie kümmern sich im gleichen Maß um die Familie und die Kinder. Eigentlich sind sie zufrieden mit ihrer jeweiligen Situation.
Doch Henning geht es zunehmend schlecht. Sein Leben überfordert ihn. Familienernährer soll er sein, Ehemann und begehrenswerter Liebhaber und liebevoller Vater seiner Kinder. Jede dieser Rollen möchte er gerne füllen und findet sich in keiner wirklich und befriedigend wieder. Seit sein zweites Kind, seine Tochter Bibbi vor etwa zwei Jahren geboren wurde, leidet er unter schweren Angstzuständen und Panikattacken. Später, als das Buch zu Ende ist, wird dem Leser deutlich werden, warum diese Begegnungen mit dem, was er „ES“ zu nennen gelernt hat, nicht vorher begonnen haben.

Seine Frau Theresa versucht ihm zunächst aufrichtig zu helfen, sie probieren Vieles, doch dann gibt sie auf. Henning ist mit seinen Attacken allein und verbirgt sie.
„Manchmal geht er ins Bad und guckt in den Spiegel. Unfassbar, dass man ES nicht sieht. Während das Herz einen irrsinnigen Tanz mit tödlichen Pausen tanzt, sieht sein Gesicht aus wie immer. Natürlich merkt Theresa, was mit ihm los ist. Aber sie sagt nichts dazu. ES ist zu Hennings Privatsache geworden.“

Vielleicht hofft er durch den Urlaub, den er heimlich im Internet über Weihachten und Neujahr 2017/2018 für seine Familie gebucht hat, davon loszukommen, wieder Kraft zu schöpfen. Schon während er wochenlang nach Unterkünften auf Lanzarote sucht, erfasst ihn eine seltsame Erregung.

Theresa erklärt sich nach einigen Widerständen einverstanden und so verbringen sie die Weihnachtstage in einem kleinen „Scheibenhaus“ in Playa Blanca. Doch Erholung ist das alles nicht. Die Kinder müssen dauernd beschäftigt werden und nur spät am Abend kommen die Eheleute zu sich selbst.

Auch ein spontan wenige Tage vor Silvester gebuchtes Silvestermenü stellt sich als Flop heraus, zumal Theresa dort mit einen Franzosen tanzt, und heftig mit ihm flirtet.

Nach einer unruhigen und kurzen Nacht steht Henning am Neujahrsmorgen sehr früh auf und fährt mit einem geliehenen Fahrrad den steilen Anstieg nach Femes hinauf. Er hat kaum gefrühstückt, der Sekt von Silvester steckt ihm noch in den Knochen und er hat weder Proviant noch etwas zu trinken mitgenommen.
Auf der Fahrt blickt er in Gedanken zurück auf die Zeit, seit ES ihn besucht. Er weiß, es ist verrückt, kaum zu schaffen. Doch irgendetwas, was während der Fahrt immer stärker wird, treibt ihn nach oben, als hoffe er dort etwas zu finden, was ihn rettet.

Als Henning dann endlich, nach langer Qual das 500 m hoch gelegene Femes erreicht, da trifft es ihn wie einen Schlag und er erkennt, dass er schon einmal hier gewesen ist. Er schiebt sein Fahrrad bis zu einem hoch über dem Ort gelegenen Haus, das ihn magisch anzieht.

Dort oben, so erkennt er, war er einmal mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Luna im Urlaub, zu der ihn bin heute eine ganz besonders enge, aber auch komplizierte Beziehung verbindet. Und er erinnert sich daran, wie sich damals etwas ganz Schreckliches zugetragen hat - so schlimm, dass er es bis heute verdrängt hat, bis ES nach der Geburt von Bibbi wieder hoch kommt. Was damals geschehen ist, von Juli Zeh über weite Strecken des Buches gekonnt beschrieben, verfolgt ihn bis heute.

Juli Zeh beschreibt in einem gut aufgebauten Familienroman, wie stark unsere Kindheit unser Lebensgefühl bestimmt. Ein Roman, der in der zweiten Hälfte zu einem regelrechten Thriller sich verwandelt, den man atemlos verschlingt. Gekonnt und fast spielerisch arbeitet sie immer wieder mit verschiedenen Ebenen von Zeit und Wahrnehmung. Ihr Psychogramm einer modernen und emanzipierten Ehe und Familie geht unter die Haut, weil es so nahe am eigenen Leben sich abspielt.

Auch mit „Neujahr“ zeigt Juli Zeh wieder neu, dass man einen unterhaltsamen Roman schreiben kann, ohne die literarische Qualität aus dem Auge zu verlieren. Ich wünsche mir, dass viele berufstätige Familienmänner und – frauen dieses Buch lesen, sowohl zur Unterhaltung, als auch als Anregung, öfter einmal darüber nachzudenken, wie ihre Kindheit und ihre vielleicht ungeklärte Beziehung zu den Großeltern ihrer Kinder ihr eigenes Leben umschattet und behindert.




Veröffentlicht am 22.09.2018

Fluch der Vergangenheit

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Henning könnte es eigentlich gut gehen. Er hat eine Frau, die er sehr liebt, zwei gesunde Kinder und einen guten Job. Trotzdem wird er immer öfter von Panikattacken heimgesucht, die ihm regelrecht den ...

Henning könnte es eigentlich gut gehen. Er hat eine Frau, die er sehr liebt, zwei gesunde Kinder und einen guten Job. Trotzdem wird er immer öfter von Panikattacken heimgesucht, die ihm regelrecht den Atem rauben und an den Rand der Verzweiflung treiben. Und das Schlimmste von allem: Er kann sie sich nicht erklären. Er hat keine Idee, wieso sein Leben ihm innerlich so entgleitet.

Er bucht einen Urlaub auf Lanzarote für die Weihnachtsferien und dieser verläuft alles andere als in friedlicher Eintracht. Am Neujahrsmorgen entschließt er sich spontan, mit dem Leihrad zum Pass von Fermés aufzubrechen. Eine Strecke, die für einen ungeübten Radfahrer eine wirkliche Herausforderung darstellt. Mit dieser Fahrt beginnt das Buch "Neujahr". In verschiedenen Rückblicken erfährt der Leser, wie Hennings und Theresas Leben aussieht, wie seine Angstzustände ihre Beziehung immer mehr belastet.

Am Ende seiner Kräfte erreicht er am Pass einen kleinen Ort und stellt fest, dass ihm alles vertraut erscheint. Erstaunt erkennt er, dass er bereits früher an diesem Ort gewesen sein muss. In Bruchstücken kommt die Erinnerung zurück und gemeinsam mit Henning gleitet der Leser Stück für Stück in dessen frühe Kindheit zurück, um die schrecklichen Stunden mitzuerleben, die zwei kleine Kinder durchleben mussten und endlich den Auslöser seiner immer wieder aufkeimenden Panik zu erfahren.



Es war mein erstes Juli Zeh Buch, aber es wird ganz sicher nicht mein letztes bleiben. Sie versteht es wirklich, den Leser zu fesseln und mitzunehmen. Das Ende war vielleicht etwas zu abrupt, aber insgesamt passt auch dieses.

Ihr Schreibstil ist wirklich beeindruckend. Sie schreibt einen klaren, prägnanten Stil und schafft es, dem Leser sowohl die Örtlichkeiten als auch die Charaktere sehr deutlich zu entwickeln. Der Rückblick ins Kindesalter war teils für mich schwer zu ertragen, denn wenn man selbst Kinder hat, kann man fast körperlich die Angst und Verzweiflung fühlen, die sie ergriffen haben muss. Obwohl Zeh nie ins voyeuristische abgleitet, sondern immer eine nüchterne Sachlichkeit bewahrt.

Fazit: Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 07.09.2018

Die Schatten der Vergangenheit

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Henning hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann – eine intakte Familie, beruflichen Erfolg und ein Urlaub auf Lanzarote ist auch drin. Aber seit einiger Zeit wird er von Panikattacken heimgesucht. ...

Henning hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann – eine intakte Familie, beruflichen Erfolg und ein Urlaub auf Lanzarote ist auch drin. Aber seit einiger Zeit wird er von Panikattacken heimgesucht.
Am Neujahrsmorgen macht er sich schlecht ausgestattet mit dem Fahrrad auf, um den Femés zu bezwingen. Während er sich den Steilaufstieg hinaufquält, denkt er über sein Leben nach. Endlich oben angekommen, wird er in seine Kindheit versetzt. Was er damals erlebt hat, prägte sein gesamtes Leben.
Dies ist mein erstes Buch von Juli Zeh und ich muss sagen, dass mir ihr klarer, gut zu lesender Schreibstil gefällt. Wir lernen Hennings jetzige Lebenssituation kennen, die ihn überfordert. Er möchte alles richtig machen, aber irgendwie stößt er an seine Grenzen.
Doch dann kommen die schrecklichen Ereignisse seiner Kindheit wieder in sein Gedächtnis. Sie machen betroffen und man kann gut nachvollziehen, was das bei einem kleinen Kind anrichtet. Natürlich weiß man, dass so traumatische Geschehen verdrängt werden können und doch ist es immer wieder schwer vorstellbar.
Ich habe mit Henning und seiner kleinen Schwester gefühlt und war wütend auf die Erwachsenen, die für das alles verantwortlich sind. Es ist klar, dass Vergessen nicht helfen kann. Das Trauma, welches einen prägt, muss aufgearbeitet werden.
Es ist eine aufwühlende Geschichte, die mich gepackt hat und nachdenklich macht.

Veröffentlicht am 15.07.2018

All is quiet on New Year's day

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singen U2 und das empfindet auch Henning, der sich am ersten Morgen des neuen Jahres per Fahrrad auf die Socken gemacht hat, um einen Gipfel zu erklimmen. Das ist ihm möglich, weil er mit seiner Familie ...

singen U2 und das empfindet auch Henning, der sich am ersten Morgen des neuen Jahres per Fahrrad auf die Socken gemacht hat, um einen Gipfel zu erklimmen. Das ist ihm möglich, weil er mit seiner Familie - Frau Theresa und zwei kleinen Kindern - die Feiertage auf Lanzarote verbringt, verbringen darf, muss man ja eigentlich sagen. Denn so etwas ist definitiv ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann, auch wenn die Familie den Urlaub eher bescheiden angeht.

Aber warum geht es Henning schlecht? Eigentlich läuft doch alles gut, seine Frau und er leben gleichberechtigt zusammen und nicht nur nebeinander her, und beruflich läuft es auch nicht so schlecht. Aber woher kommen diese Angst- und Panikattacken, unter denen er gerade in den letzten Jahren, seit er selbst Vater ist, leidet. Irgendwie ist ihm alles zuviel - das kann doch eigentlich gar nicht, so alt und "verbraucht" ist er doch noch gar nicht?

Dieser Tag, dieser einsame Ausflug am Neujahrsmorgen wird eine Auflösung bringen, zumindest die Ursache für diese Beklemmung aufdecken. Sie hat mit seiner eigenen Kindheit zu tun und er wird an einen Ort zurückkehren, der bei ihm damals etwas ausgelöst hat.

Weit hergeholt? Ja und nein. Dass es Zufälle gibt, steht außer Frage und dass unser Unterbewusstsein uns an Orte zurückführt, an denen wir schon mal waren und Schlüsselerlebnisse hatten, ohne uns daran zu erinnern, sowieso.

Schlimmes verdrängen - ein wichtiges Thema. Die Umsetzung der Autorin dazu hat mich nicht so fasziniert wie "Unterleuten" oder "Leere Herzen", doch Juli Zeh ist schon aufgrund ihrer Eloquenz und ihrer Auseinandersetzung mit immer neuen Themen stets lesenswert. Auf gewisse Art wirkt sie als Wegweisende - mich zumindest hat sie schon des öfteren auf neue Gedanken und wichtige Aspekte aufmerksam machen können!

Ein eher kleiner Roman der so abwechslungsreichen Autorin, der mich sensibilisiert hat für den Blick in die eigene Vergangenheit. Und der zeigt, dass man selbst sich das größte Rätsel sein kann!