Die 50er Jahre in Deutschland
Deutschland 1953: Therese studiert im 6. Semester Jura in Berlin. Von den wenigen weiblichen Studenten der ersten Semester ist außer ihr nur noch ihre Freundin Marie dabei. Die konservativen männlichen ...
Deutschland 1953: Therese studiert im 6. Semester Jura in Berlin. Von den wenigen weiblichen Studenten der ersten Semester ist außer ihr nur noch ihre Freundin Marie dabei. Die konservativen männlichen Kommilitonen und Hochschullehrer machen es den jungen Frauen in dieser Männerdomäne sehr schwer. Dazu kommt, dass Therese sich unvorteilhaft kleidet und frisiert und seit ihrer Kindheit unter einer schiefen Gesichtshälfte leidet. Gisela, die junge Frau ihres Bruders Felix, ist dagegen bildhübsch, lebhaft und immer nach der neuesten Mode gekleidet. Denn Gisela ist Schneiderin und liebt es, Kleider zu entwerfen. Sie hat große Pläne und wehrt sich gegen die reine Hausfrauenehe. Die Frauen kommen aus ungleichen Verhältnissen. Thereses Familie war wohlhabend und besaß ein Gut in Sachsen, bis sie enteignet wurden und im Westen neu anfangen mussten. Gisela dagegen kommt aus einfachen Verhältnissen. Beide Frauen haben in der Vergangenheit schon viel Leid erlebt, doch beide haben einen Traum, für den sie kämpfen.
In „Neuleben“ erzählt Katharina Fuchs aus der Vergangenheit ihrer Tante Therese und ihrer Großmutter Gisela und man spürt ihre Verbundenheit zu der Geschichte. Der Schreibstil gefällt mir sehr gut und lässt sich flüssig lesen. Alle beschriebenen Charaktere wirkten sehr authentisch auf mich und beide Protagonistinnen mochte ich gern, vielleicht Gisela ein klein wenig mehr. Ihre Geschichten werden im Wechsel erzählt, dazwischen gibt es aber auch noch einige Kapitel aus der Sicht von anderen Familienangehörigen, was die Handlung abwechslungsreich macht. Gisela und Therese müssen viele Widerstände überwinden, um ihre Träume verwirklichen zu können, doch beide Frauen lassen sich davon nicht unterkriegen, sondern wachsen daran. Besonders über Thereses Wandlung gegen Ende des Buches habe ich mich gefreut.
Es ist der Autorin gut gelungen, die Atmosphäre der 50er Jahre wieder lebendig werden zu lassen. Ich finde es immer sehr interessant, mehr über die Nachkriegszeit in Deutschland zu erfahren, auch über die Unterschiede zwischen DDR und BRD, die hier auch thematisiert werden. Besonders deutlich wird in diesem Roman die damalige Rolle der Frau - für uns heute kaum noch vorstellbar.
Fazit: Ein unterhaltsamer Roman über zwei starke und mutige Frauen im Deutschland der 50er Jahre.