Leserunde zu "Pagans - Ein Killer. Zwei Cops. Hunderte Götter" von James Alistair Henry

Eine fremde Welt. Und doch vertraut. Und sehr, sehr tödlich
Cover-Bild Pagans - Ein Killer. Zwei Cops. Hunderte Götter
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James Alistair Henry (Autor)

Pagans - Ein Killer. Zwei Cops. Hunderte Götter

Spannende Mörderjagd in einem alternativen England. Roman

Dietmar Schmidt (Übersetzer)

Saturday-Times-Bestseller

Eine fremde Welt. Und doch vertraut. Und sehr, sehr tödlich

England, heute: Ein modernes Land, doch die industrielle Revolution hat hier nie stattgefunden. Stattdessen stammen alle technischen Errungenschaften von der weitaus fortschrittlicheren Südhalbkugel. Auf den britischen Inseln leben Kelten, Sachsen und Pikten in einem brüchigen Frieden zusammen. Regelmäßig gibt es Versuche, die Insel zu einem »United Kingdom« zu vereinen. Ausgerechnet zu solch einem Zeitpunkt wird die Leiche eines keltischen Diplomaten aufgefunden, brutal angenagelt an einen uralten Baum. Die sächsische Ermittlerin Aedith und der keltische Inspektor Drustan werden trotz aller Gegensätze und Konflikte gemeinsam auf den Fall angesetzt. Können sie den Täter fassen, bevor er die Friedensbemühungen zunichte macht und das Land ins Chaos stürzt?

»Eines der besten Debüts seit Langem. Henrys Mischung aus Alternativwelt-Elementen und klassischem Krimi ist innovativ, unterhaltsam, bissig und sehr oft sehr lustig.« The Financial Times

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 07.07.2025 - 27.07.2025
  2. Lesen 11.08.2025 - 31.08.2025
  3. Rezensieren 01.09.2025 - 14.09.2025

Bereits beendet

Schlagworte

Ben Aaronovitch Serienmorde Verschwörung Kelten Pikten Angelsachsen Ermittlerkrimi Polizeiarbeit politische Intrigen Thriller

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 02.09.2025

Erfrischend was anderes, aber nichts für zwischen-durch

1

Pagans ist alles andere als ein klassischer Krimi, Thriller oder Fantasyroman. Wer klare Genre-Grenzen erwartet, wird vermutlich enttäuscht – wer sich jedoch auf eine komplexe, politisch aufgeladene und ...

Pagans ist alles andere als ein klassischer Krimi, Thriller oder Fantasyroman. Wer klare Genre-Grenzen erwartet, wird vermutlich enttäuscht – wer sich jedoch auf eine komplexe, politisch aufgeladene und atmosphärisch dichte Geschichte einlässt, kann mit diesem Buch ein außergewöhnliches Leseerlebnis erfahren.

Die Handlung spielt in einem alternativen England, in dem die Kolonialisierung nie stattgefunden hat. Kelten (Stämmler), Pikten (Norsen) und Engländer (Angelsachsen) leben nebeneinander auf der Insel. Christentum ist eine neue, unbekannte Kraft. Diese Welt wirkt vertraut und fremd zugleich – allerdings bleibt das Worldbuilding stellenweise leider zu oberflächlich erklärt. Gerade in der ersten Hälfte war es für mich schwer, mich zurechtzufinden. Viele Begriffe, Ethnien, Religionen und politische Strukturen werden eingeführt, ohne dass sie ausreichend erklärt werden. Für mich war das ein deutlicher Dämpfer im Leseerlebnis. 

Ein Glossar ist vorhanden, was mir sehr geholfen hat. Dennoch: Ich musste mich über weite Strecken aktiv durchbeißen. Ohne bis kaum Vorwissen über englische/europäische Geschichte oder die kulturellen Hintergründe rund um Kelten und Angelsachsen bleibt der Einstieg zäh. In meiner Leserunde hat mir der Austausch geholfen, das Gelesene besser einzuordnen – und mit zunehmender Seitenzahl wird man mit einer durchdachten Kriminalgeschichte belohnt.

Der Kriminalfall ist spannend konstruiert, logisch aufgebaut und stückweise sehr clever durchdacht. Motive und Indizien werden nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern sinnvoll aufgebaut. Besonders gelungen fand ich Details wie die Beweisführung mit einer Drohne oder die Beobachtung eines minimalen Spalts zwischen Handschuh und Ärmel – kleine Hinweise, die große Wirkung entfalten.

Was die Charaktere betrifft, hatte ich gemischte Gefühle. Aedith, die Protagonistin, ist sympathisch und bringt mit ihrer schlagfertigen Art sowie kleinen humorvollen Momenten etwas Lockerheit in die ansonsten eher schwere Geschichte. Drustan bleibt für mich etwas blass, seine Vergangenheit wird nur angerissen. Die Dynamik zwischen den beiden funktioniert aber gut und sorgt für eine gewisse Spannung und Witz.

Besonders eigen ist die Darstellung der Polizeiarbeit. Dass Fälle von den Stämmlern in Bardengesang vorgetragen werden, ist skurril, aber passend zur alternativen Welt. Es zeigt auch, wie tief kulturelle Unterschiede im Buch verankert sind. Gleichzeitig wird deutlich, dass Misstrauen und Vorurteile eine große Rolle spielen – wie eine Form von Alltagsrassismus, nur eben angepasst an diese Welt.

Politik spielt eine zentrale Rolle in Pagans. Der Roman verwebt Machtspiele, Intrigen und kulturelle Konflikte geschickt mit der Kriminalhandlung. Das ist spannend, aber fordert auch Aufmerksamkeit. Kapitelweise hatte ich das Gefühl, den Faden zu verlieren – besonders, wenn erneut Begriffe eingeführt wurden, die nicht erklärt wurden oder wenn technische Begriffe wie "Mobifon" auftauchten, die eher für Verwirrung sorgten.

Der letzte Abschnitt des Buches war der stärkste. Endlich kam ich in einen Lesefluss, der vorher schwer zu finden war. Zwar gab es ein Kapitel, das ich inhaltlich nicht nachvollziehen konnte, aber insgesamt konnte das Finale vieles wieder ausgleichen.

Mein Highlight war ein Zitat, das den schrägen Humor des Buches gut trifft: „Und hin und wieder bekommt man die Gelegenheit, das Schicksal zu seiner Nutte zu machen.“

Fazit: Pagans ist kein Buch für zwischendurch. Es verlangt Konzentration, Geduld und den Willen, sich auf eine ungewohnte Welt einzulassen. Wer das schafft, wird mit einer originellen Mischung aus alternativer Historie, Politik, Kriminalfall und kultureller Tiefe belohnt. Für mich war es nicht ganz das Richtige, vor allem wegen des mangelnden Worldbuildings und der sprachlichen Komplexität. Ich bin aber auch ins Buch gegangen mit dem Verständnis dass mir mehr Fantasy begegnet, wie ich es sonst gewohnt bin. Dennoch ein guter Read für alle, die mal etwas ganz anderes erleben wollen.

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Veröffentlicht am 01.09.2025

Atmosphärisch und komplex mit Luft nach oben

1

Pagans entführt in ein alternatives England voller düsterer Atmosphäre, politischer Intrigen und mystischer Elemente. Schon der Einstieg zeigt, dass es kein Buch zum schnellen Nebenbei-Lesen ist. Man muss ...

Pagans entführt in ein alternatives England voller düsterer Atmosphäre, politischer Intrigen und mystischer Elemente. Schon der Einstieg zeigt, dass es kein Buch zum schnellen Nebenbei-Lesen ist. Man muss sich konzentrieren, Begriffe nachschlagen und sich Schritt für Schritt in diese komplexe Welt einfinden.
Die größte Stärke liegt für mich im originellen Setting: bekannte Strukturen wirken „verkehrtherum“, alte Religionen bestimmen den Alltag, Tattoos haben eine registrierte Bedeutung, und das Christentum tritt als unbekannte, neue Kraft auf. Auch der Kriminalfall ist spannend konstruiert und wird mit vielen cleveren Details erzählt. Besonders mochte ich die Ermittler Aedith und Drustan, die so gegensätzlich sind, dass ihre Dynamik oft für Humor sorgt und die Geschichte trägt.
Gleichzeitig habe ich aber auch einige Kritikpunkte. Trotz vieler interessanter Ansätze blieb das Worldbuilding an manchen Stellen zu oberflächlich erklärt. Ich hätte mir fast mehr Seiten gewünscht, um die politischen Verhältnisse und die gesellschaftliche Lage besser nachvollziehen zu können. Auch die Figuren blieben mir zu blass, vieles wurde nur angerissen (z. B. Aediths Sohn oder Drustans Vergangenheit), ohne dass es wirklich vertieft wurde. Dadurch fehlte mir die emotionale Bindung.
Beim Finale konnte das Buch für mich nicht ganz halten, was der komplexe Aufbau zuvor versprochen hat. Politische Intrigen wurden stark eingefädelt, aber die Auflösung über einen persönlichen Rachefeldzug wirkte eher austauschbar und hat die große Bühne wieder auf eine kleine, private Ebene geschrumpft. Das war schade, weil hier mehr Potenzial gelegen hätte.
Sprachlich hat mir das Buch gut gefallen: der sachliche Ton, kombiniert mit sarkastischen Kommentaren und trockenem Humor, macht den Stil einzigartig. Sobald ich einmal im Lesefluss war, ließ es sich auch gut lesen, nur der Weg dahin war manchmal mühsam.

Pagans ist ein ungewöhnlicher Mix aus Krimi, Fantasy und Politthriller, der mich nicht völlig fesseln konnte, aber durch Originalität und Atmosphäre im Gedächtnis bleibt. Wer Lust auf eine komplexe Welt mit Tiefgang hat und Geduld mitbringt, wird hier belohnt, wer eher geradlinige Krimis erwartet, könnte dagegen Schwierigkeiten haben.

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Veröffentlicht am 06.09.2025

Zwischen Genialität und Chaos – Pagans im Zwiespalt

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Ich habe mich sehr gefreut, Pagans lesen zu dürfen, denn der Klappentext klang vielversprechend: Ein alternatives Weltmodell, verschiedene Stämme mit eigenen Regeln, Bräuchen und Religionen – und das alles ...

Ich habe mich sehr gefreut, Pagans lesen zu dürfen, denn der Klappentext klang vielversprechend: Ein alternatives Weltmodell, verschiedene Stämme mit eigenen Regeln, Bräuchen und Religionen – und das alles eingebettet in ein düsteres, urbanes Setting wie London. Die Grundidee ist definitiv spannend und hebt sich vom Mainstream ab. Leider konnte mich die Umsetzung jedoch nur bedingt überzeugen.
Einstieg & Weltmodell
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir schwer. Ein klassischer Prolog oder eine einführende Orientierungshilfe fehlte, sodass ich zunächst wenig Zugang zur Welt fand. Die erklärenden Auszüge, die wohl das Weltmodell vermitteln sollten, empfand ich als wenig aufschlussreich. Deshalb achtete ich beim Lesen verstärkt auf Details, um ein besseres Verständnis für die Logik der Welt zu entwickeln – doch selbst bis weit in die Mitte des Buches blieben mir viele Zusammenhänge unklar.
Sprache & Stil
Der Schreibstil ist sprachlich sehr anspruchsvoll, teilweise sogar überkünstelt. Es wirkt, als wolle der Autor seine Wortgewandtheit unter Beweis stellen – was grundsätzlich legitim ist –, doch bei mir führte das zu einer gewissen Distanz zur Handlung. Die Sprache schwankt zwischen hochtrabend und derb: Begriffe wie Aedieths Waffe „Lungenlocher“ oder das Auto namens „Straßenficker“ wirken eher unfreiwillig komisch als atmosphärisch oder glaubwürdig.
Hinzu kamen einige Übersetzungsprobleme in der deutschen Fassung. Begriffe wie „Darkweb“ wurden einfach direkt ins Deutsche übersetzt („Dunkelweb“), was sehr unnatürlich klang und mich als Leserin aus der Geschichte riss. Solche Übersetzungsfehler begegnet man ungern, vor allem in einem Buch, das stilistisch ohnehin schon fordernd ist.
Charaktere & Handlung
Auch zu den Hauptfiguren – insbesondere Aedieth und Drustan – konnte ich leider keine tiefere Verbindung aufbauen. Ihre Persönlichkeiten blieben für mich eher schemenhaft, was es erschwerte, emotional mitzufiebern. Das galt auch für andere Figuren, deren Beziehungen und Hintergrundgeschichten teilweise angerissen, aber nicht ausreichend vertieft wurden.
Die Story wirkte insgesamt stark zerstückelt. Es gab mehrere parallel verlaufende Handlungsstränge:
1. Die mysteriösen Morde an Stammesmitgliedern, die wie Ritualtötungen inszeniert sind,
2. der Zwischenfall mit dem versuchten Menschenopfer und der anschließenden Explosion,
3. die Episode mit den Kindern aus dem Kinderheim (Fischtattoo),
4. der Skeið-Wettstreit,
5. die politischen Spannungen innerhalb der Stämme,
6. die Geschichte um Fengyr und
7. schließlich Mercias familiäre Vergangenheit mit ihrem Bruder – der sich am Ende als Auslöser der Morde entpuppt –,
8. sowie Aedieths „Pflegekind“, dessen Vater sie selbst getötet hat.
Diese Fülle an Themen wurde zwar ambitioniert miteinander verwoben, doch wirkte es auf mich stellenweise eher wie ein Sammelsurium interessanter Einfälle, das nicht konsequent ausgearbeitet wurde. Viele Aspekte wurden nur oberflächlich angerissen oder plötzlich wieder fallengelassen, was der inneren Logik der Geschichte und insbesondere dem Spannungsbogen nicht gutgetan hat.
Fazit
Pagans überzeugt mit einer kreativen Grundidee und einem außergewöhnlichen Setting, doch bei der Ausführung hätte ich mir mehr Struktur, Tiefe und Klarheit gewünscht – sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Wer Freude an komplexen, sprachlich herausfordernden Fantasyromanen hat und bereit ist, sich aktiv in eine fremde Welt hineinzudenken, wird vielleicht einen Zugang zu diesem Buch finden.
Für meinen persönlichen Geschmack war das Leseerlebnis eher anstrengend als fesselnd. Ich vergebe daher 2,5 von 5 Sternen.

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