Cover-Bild Vati
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 25.01.2021
  • ISBN: 9783446269170
Monika Helfer

Vati

Roman
Monika Helfer schreibt fort, was sie mit ihrem Bestseller „Die Bagage“ begonnen hat: ihre eigene Familiengeschichte.

Ein Mann mit Beinprothese, ein Abwesender, ein Witwer, ein Pensionär, ein Literaturliebhaber. Monika Helfer umkreist das Leben ihres Vaters und erzählt von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Von dem vielen Platz und der Bibliothek im Kriegsopfer-Erholungsheim in den Bergen, von der Armut und den beengten Lebensverhältnissen. Von dem, was sie weiß über ihren Vater, was sie über ihn in Erfahrung bringen kann. Mit großer Wahrhaftigkeit entsteht ein Roman über das Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen, eine Suche nach der eigenen Herkunft. Ein Erinnerungsbuch, das sanft von Existenziellem berichtet und schmerzhaft im Erinnern bleibt. „Ja, alles ist gut geworden. Auf eine bösartige Weise ist alles gut geworden.“

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.02.2021

Vati - wer ist das eigentlich?

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Vati – wer ist das eigentlich? In ihrem neuen Buch macht sich Monika Helfer auf die Suche nach dem Wesen des Mannes, der ihr Vater war, und entdeckt dabei auch zahlreiche Erinnerungen an sich selbst.

Der ...

Vati – wer ist das eigentlich? In ihrem neuen Buch macht sich Monika Helfer auf die Suche nach dem Wesen des Mannes, der ihr Vater war, und entdeckt dabei auch zahlreiche Erinnerungen an sich selbst.

Der Roman ist eine sehr intensive und berührende Auseinandersetzung mit der eigenen Kindheit und Vergangenheit, mit schmerzlichen Begebenheiten, Episoden liebevoller Zuneigung und Phasen der Vernachlässigung, die es gibt, weil Erwachsene und Väter eben auch nur Menschen sind. So begibt sich die Autorin mittels Erinnerungsfragmenten, mal chronologisch, mal in eingeschobenen Exkursen, auf die Reise in ihre sehr jungen Jahre, zu Beginn gar in die Zeit bevor sie geboren wurde. Stets ist sie dem Mensch Vati auf der Spur, aber so ganz gelingt die Annäherung und Auseinandersetzung mit ihm nicht. Dies soll sie auch gar nicht, im Gegenteil, denn Vati (und vielleicht alle Eltern) bleiben durch ihre Rolle im Leben immer auch leicht unnahbar, vage und verschwommen – so wie das sehr passende Cover des Buchs. Ganz folgerichtig setzt sich Monika Helfer vielleicht auch deshalb mit dem Umstand auseinander, dass man als Kind gar nicht unbedingt alles über seine Eltern wissen oder diese verstehen möchte.

Der Roman hat – wie bereits angedeutet – keinen durchweg klaren, linearen Handlungsverlauf, sondern reiht prägende Erlebnisse aneinander, sodass zumindest auch in einem Teil des Buchs Vati völlig aus dem Fokus und der Erzählung verschwindet. Trotz dieser gewissen Handlungsarmut ist das Buch eine faszinierende und gelungene Lektüre, da Monika Helfer einen sehr eigenen, besonderen Schreibstil pflegt, der den Leser oft ins Herz trifft.
Aus einer Reflexion über alltägliche Geschehnisse wird kann so sprachlich ein Ereignis werden. Auch gelingt es der Autorin immer wieder, sich detailliert und authentisch in das erlebende Ich einzufühlen. Sollte ich den Roman ausschließlich an seinem letzten Satz messen, dann würde er ohne Zweifel ganz weit vorn unter meinen unvergesslichen Büchern rangieren. Ganz ehrlich: so schreibt man letzte Sätze – denn nur selten habe ich an dieser Stelle etwas Passenderes gelesen. (Bitte jetzt auf keinen Fall den Satz ohne Kontext lesen!)

Für mich ein gelungenes, nachdenkliches Lesevergnügen. Anspruchsvoll, ehrlich, wertig.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Eigene Familiengeschichte

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Ein Mann mit Beinprothese, ein Abwesender, ein Witwer, ein Pensionär, ein Literaturliebhaber. Monika Helfer umkreist das Leben ihres Vaters und erzählt von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Von dem vielen ...

Ein Mann mit Beinprothese, ein Abwesender, ein Witwer, ein Pensionär, ein Literaturliebhaber. Monika Helfer umkreist das Leben ihres Vaters und erzählt von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Von dem vielen Platz und der Bibliothek im Kriegsopfer-Erholungsheim in den Bergen, von der Armut und den beengten Lebensverhältnissen. Von dem, was sie weiß über ihren Vater, was sie über ihn in Erfahrung bringen kann. Mit großer Wahrhaftigkeit entsteht ein Roman über das Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen, eine Suche nach der eigenen Herkunft. Ein Erinnerungsbuch, das sanft von Existenziellem berichtet und schmerzhaft im Erinnern bleibt. „Ja, alles ist gut geworden. Auf eine bösartige Weise ist alles gut geworden.“ (Klappcovertext vom Buch)

Ich war total gespannt auf das Buch, da ich schon sehr viel gutes von der Autorin Monika Helfer gehört habe. Für mich war es jetzt das erste Buch von ihr und sicherlich nicht das letzte Buch. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, er ist gut, flüssig und fast poetisch zu lesen. Wobei die Familiengeschichte nicht poetisch war. Besonders der Anfang und wie er seine Frau nach dem Krieg gefunden hat, hat mir gut gefallen. Aber die Autorin zeigt uns ihren Vati später in einem besonderem Licht, obwohl er nicht immer für seine Kinder da war. Er liebe wie Literatur, wie auch die Autorin. Das der Vater an die Tochter weiter vererbt hat. Wir bekommen das sehr gut dargestellt und dürfen dann der spannenden Familiengeschichte von Monika Helfer teilhaben. Mich hat das Buch gut unterhalten und ich freue mich jetzt schon auf weitere Bücher der Autorin.

Jetzt kann ich nur viel Spaß beim Lesen wünschen.

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Veröffentlicht am 10.02.2021

Nähe? Ferne?

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Sich dem eigenen Vater annähern zu wollen, stellt immer eine schriftstellerische Herausforderung dar, zumal, wenn der Erfahrungshintergrund dieser Figur uns Heutigen so fern gerückt ist. Kriegsteilnehmer ...

Sich dem eigenen Vater annähern zu wollen, stellt immer eine schriftstellerische Herausforderung dar, zumal, wenn der Erfahrungshintergrund dieser Figur uns Heutigen so fern gerückt ist. Kriegsteilnehmer und Kriegsversehrter, das hat, zusammen mit der sozial depravierten Herkunft, den Vater der Autorin zutiefst geprägt, und aufgrund der ähnlich determinierten Interessenlage, ihre von allen Kindern intensivste Bindung zu ihm bestimmt. Mit tiefer Einsicht und vollkommen unsentimental stellt sie dar, wie die verwehrten Bildungschancen der Herkunft und die schwere Behinderung den Vater daran hindern, seinen fundamentalen Interessen zu leben. Erschütternd, wie sie dem Leser vermittelt, wie unter diesen Umständen die Liebe des Vaters zu Büchern sich verdinglicht, diese geradezu zum Fetisch werden, so dass manche Verhaltensweisen nur als vollkommen irrational angesehen werden können. Einerseits verschafft seine genuine Verwurzelung in der Welt des Wissens dem Vater Halt, andererseits aber droht er an den Prüfungen, die das Schicksal ihm zumutet, zu zerbrechen. Beeindruckend, welcher betont schlichten, unaufgeregten Sprache sich Monika Helfer bedient, um einem Menschen, einem sozialen Milieu, einem historischen Panorama ein Denkmal zu setzen.

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Veröffentlicht am 04.02.2021

Die Familiengeschichte geht weiter

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In hohem Alter erzählte Tante Kathe der Nichte Monika Helfer die Geschichte ihrer Familie mütterlicherseits mit der Auflage, sie erst nach ihrem Tod für einen Roman zu verwenden. Unter dem Titel "Die Bagage" ...

In hohem Alter erzählte Tante Kathe der Nichte Monika Helfer die Geschichte ihrer Familie mütterlicherseits mit der Auflage, sie erst nach ihrem Tod für einen Roman zu verwenden. Unter dem Titel "Die Bagage" war er eines meiner Lese-Highlights 2020. Die bitterarmen Lebensverhältnisse, in denen die Familie Moosburger als verachtete „Bagage“ im hintersten Bregenzerwald lebte, und das Schicksal ihrer Mutter Grete als vermeintliches Kuckuckskind erzählte Monika Helfer äußerst knapp, mit Unschärfen, ohne Dramatisierung oder Pathos und ebenso lebendig wie elegant.

In ihrem neuen Roman, Vati, steht nun ihr Vater Josef im Mittelpunkt. Man muss den Vorgängerband nicht kennen, da alle notwendigen Informationen kurz zusammengefasst werden, trotzdem macht es mit Vorkenntnissen noch mehr Spaß. Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, so viele „alte Bekannte“ wiederzutreffen.

Anders ist bei diesem neuen Buch das Schöpfen aus eigenen Erinnerungen. Darüber hinaus hat Monika Helfer ihre Stiefmutter befragt – und auf deren Wunsch bis nach ihrem Tod mit dem Schreiben gewartet – und eigene Erinnerungen mit denen ihrer beiden Schwestern verglichen.

Auf und ab
Die Lebensumstände ihres Vaters als unehelich geborener Sohn einer Magd im Lungau waren ähnlich prekär wie die der Mutter. Allerdings nahm sich ein Pfarrer des begabten Jungen an und sorgte dafür, dass er in Salzburg Aufnahme ins Gymnasium und Schülerwohnheim fand. Schon damals fiel seine ungewöhnliche Liebe zu Büchern auf, die ihn ein Leben lang begleitete.

Ein halbes Jahr vor der Matura erhielt er die Einberufung und verlor in Russland ein halbes Bein und viele Hoffnungen. Weder über seine Kindheit noch über den Krieg sprach der Vater, eher schon, wie er im Lazarett die Mutter kennenlernte. Völlig mittellos lebten die beiden zunächst bei der „Bagage“.

Ab 1955 leitete der Vater das Kriegsversehrtenheim auf der Tschengla, rückblickend ein Paradies für die 1947 geborene zweite Tochter Monika Helfer. Fast wäre ihm seine rücksichtslose Büchersucht dort zum Verhängnis geworden. Als das Unglück abgewendet war, starb die zeitlebens zurückgezogene, den Alltagsanforderungen nicht gewachsene Mutter und Monika Helfer kam mit ihrer älteren Schwester Gretel zur Tante Kathe:

"Ohne Mutti ist ohne Würde. Sie konnte nicht kochen, aber sie war unsere Würde. Natürlich wusste ich damals nicht, was dieses Wort bedeutete, aber heute weiß ich es. Alle wissen: Die Gretel und ich sind noch dazu nur untergestellt bei den Armen, wir sind sogar noch ärmer als die Armen, die Ärmsten der Armen sind unsere Wohltäter." (S. 109)

Immer wieder greift die „Bagage“ ohne viele Worte bei größter Not ein:

"Tante Kathe sagte: „Es geht niemand verloren.“ Diesen Satz habe ich später sehr oft von ihr gehört." (S. 111)

Zuletzt vermitteln sie dem Vater sogar eine neue Frau und eine Stelle. Die vier Kinder bekommen wieder ein Zuhause:

"Das waren trotz allem schöne Abende. Das Paradies waren sie nicht, das war oben, 1220 Meter über dem Meer, für uns nicht mehr erreichbar." (S. 117)

Große Literatur auf nur 172 Seiten
Es ist bei weitem nicht nur die anrührende Lebensgeschichte des Vaters, die Monika Helfer „mehr wahr als unwahr“ (S. 9) in puzzleartigen Versatzstücken erzählt. Es ist ihre eigene Geschichte bis zur Gegenwart und eine Reflexion über das Schreiben und Erinnern, letzteres am greifbarsten in der Übergangsphase zwischen Wachsein und Schlaf. Vor allem aber ist es wieder ein großes Stück Literatur.

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Veröffentlicht am 01.02.2021

Von Nähe und Begreifen

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Der Roman schließt an das Vorgängerbuch "Die Bagage" an. In beiden Büchern befasst sich Monika Helfer mit ihrer Familiengeschichte. In diesem Teil geht es um ihren Vater, einen durch Krieg und schlimme ...

Der Roman schließt an das Vorgängerbuch "Die Bagage" an. In beiden Büchern befasst sich Monika Helfer mit ihrer Familiengeschichte. In diesem Teil geht es um ihren Vater, einen durch Krieg und schlimme Ereignisse gebrochenen Mann.

Die Schilderung der Ereignisse ist eher reduziert auf die Fakten. Das Schweigen des Vaters, seine zeitweise Abwesenheit sorgen dafür, dass er schwer greifbar ist. Vorallem seine Beweggründe und sein Innenleben lassen sich nur vermuten. Frau Helfer gelingt es ganz gut, die Bruchstücke zusammenzusetzen. Sie baut viele Dialoge ein, auch nachträgliche Bewertungen und Deutungen anderer Familienmitglieder. Es ist erstaunlich wie treffend sie ihre Worte für lange zurückliegende Erinnerungen wählt und mit welcher Kraft diese Beschreibungen wirken. Der "Vati" bleibt trotzdem schwer zu begreifen und die Erzählung sucht seine Nähe.

Die Erzählweise ist sehr angenehm - persönlich aber wenig emotional. Die Autorin selbst wirkt auch etwas unnahbar. So wird es nicht zu dramatisch, ist eher unaufgeregt. Trotzdem hat die Erzählung eine gewisse Spannung und Schwere. Die Kinder wachsen in schwierigen Verhältnissen auf, die Familie schlägt sich so durch. Es ist erstaunlich, dass Monika Helfer ohne Abwehr und Vorwürfe auf ihre Eltern zurückblickt.

Das ist es wohl, eine Annäherung an den unnahbaren Vater, ein Begreifen wollen. Es ist eine berührende und trotzdem distanzierte Familiengeschichte.