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Veröffentlicht am 23.10.2022

Überraschendes Highlight mit Suchtfaktor

Dark Sigils – Was die Magie verlangt
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Zur Info: Dies ist der erste Band einer Reihe, die ihr zwingend in der richtigen Reihenfolge lesen solltet. Sonst ergibt es leider wenig Sinn.

Klappentext:
Früher existierte Magie nur in Träumen. Sie ...

Zur Info: Dies ist der erste Band einer Reihe, die ihr zwingend in der richtigen Reihenfolge lesen solltet. Sonst ergibt es leider wenig Sinn.

Klappentext:
Früher existierte Magie nur in Träumen. Sie war eine geheimnisvolle Kraft, die Wunder vollbringt. Aber so ist Magie nicht. Das weiß Rayne besser als jede andere. Wahre Magie ist düster und gefährlich – und dennoch Raynes einzige Chance, in den Armenvierteln Londons zu überleben. Mittels besonderer Artefakte, den Sigils, hat sie gelernt, die blau schimmernde Flüssigkeit zu nutzen … und mit ihr zu kämpfen. Doch als die Magie außer Kontrolle gerät, kann Rayne nur ein einziger Junge helfen. Er herrscht über die mächtigsten Sigils der Welt und stellt sie vor die Wahl: Entweder die Magie in Raynes Adern wird sie töten – oder sie bindet ihr Leben an die Dark Sigils. Für immer.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Anna Benning hat mir schon bei dem letzten Buch von ihr sehr gut gefallen. Er ist sehr locker und super gut verständlich. Hier tun sich Welten auf, die erdachten Sachverhalte werden komplex, aber gut vorstellbar erklärt, sodass man beim Lesen wirklich komplett in der Welt versinken kann. Dazu kommt, dass auch das Indirekte für mich sehr gut fassbar war. Man hatte eine Ahnung, konnte es aber nicht komplett erahnen, sodass es immer spannend blieb. Insgesamt ließ sich die Geschichte somit sehr flüssig und auch sehr schnell lesen. Die Spannung war immer da – Seitenzahlen wurden praktisch zu einem verschwommenen Umriss.

Meine Meinung:
Das Coole bei diesem Buch? Ich habe die erste Seite aufgeschlagen, erste Buchstaben zu Wörtern in meinem Kopf geformt, Figuren gemalt und Kulissen gefühlt und schon war ich drin in der Geschichte – in Prime, in Raynes Kopf und in einer verzwickten Situation, in der es um Leben und Tod (oder vielleicht auch um Glück und Unglück) geht. Den Einstieg fand ich damit schonmal super. Es ist immer schön, wenn es nicht langsam anfängt, sondern man sofort mitfiebern kann. Mit meiner Angewohnheit, nie den Klappentext zu lesen, sondern mich von Cover, Autorin und Thematik neugierig machen zu lassen, war in meinen Erwartungen natürlich noch alles offen. Demnach konnte ich nicht erahnen, dass es alles noch viel mehr werden würde. So zumindest wurde ich erst einmal in Raynes Wirklichkeit eingeführt, habe mich damit vertraut gemacht und gleich versucht, Schurken und Gute auszumachen. Und die gibt es. Rayne hat eine beste Freundin: Lucy, mit der sie zusammen aufgewachsen ist. Anfangs war es mir nicht ganz so bewusst, aber tatsächlich spielt sie über die Geschichte hinweg eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Im Nachhinein (und gerade als Teil des Spannungsverlaufes) fand ich es ganz gut gemacht, dass sie nicht anfangs als Teil der „alten Welt“ (bevor Raynes Welt sich durch die Geschehnisse ziemlich verändert) zurückbleibt, sondern immer präsent bleibt. Das zeugt von einer Kontinuität, die irgendwo auch Rayne sehr gut charakterisierte: Sie vergisst ihr vorheriges Leben eben nicht, steht zu ihren Wurzeln und ist treu in ihren Freundschaften.

Sowieso macht diese Treue Rayne ziemlich aus. Sie denkt sehr viel an andere und erst in letzter Instanz an sich selbst. Dadurch kommt es in der Geschichte immer wieder zu Situationen, in denen sie mit sich selbst hadert – nicht weiß, ob sie etwas tun sollte, weil sie es ihretwegen oder jemand anderes wegen machen sollte. Das fand ich sehr gut gemacht. Es ist ihr Charakter und der bleibt durchweg stark, dennoch formt sich ein Denkprozess, eine Entwicklung, die letztlich auch die Geschichte beeinflusst.
Ihr könnt euch aber vielleicht denken, dass Rayne dadurch sehr sympathisch wirkt. Sie versucht immer, den richtigen Weg für alle zu finden und nimmt dadurch auch Einbüßen für sich selbst hin. Das schließt auch ein, dass sie immer sehr überlegt vorgeht und versucht, die Situationen (die manchmal richtig schön verzwackt und komplex sind) zu durchschauen. Das fand ich bei ihr alles richtig gut gemacht, weil die Autorin es geschafft hat, dass Rayne dabei nicht ihren Biss, ihre Freude und ihre Spontanität verliert und somit nicht beginnt, die Leser zu nerven.

Die Welt, durch die sich Rayne bewegt, ist originell und gut durchdacht. Ich habe mitgefiebert, alle neuen Informationen in mich aufgesaugt und genau wie sie nach dem perfekten Ausweg gesucht. Um euch die Welt kurz zusammenzufassen: Es gibt Magie, die wohnt aber quasi nicht den Menschen inne, sondern wird durch bestimmte Quellen geschöpft und durch sie genutzt. Dann gibt es Prime, das ist sozusagen die Erde, die nur begrenzt Magie zur Verfügung hat. Dadurch ist sie automatisch natürlich sehr wertvoll und es wird viel Schmu damit gemacht. Über Prime, auf dem Kopf im Himmel, hängt der „Mirror“. Eine gespiegelte Version der Welt darunter, allerdings auch nicht so ganz. London beispielsweise scheint im Mirror ein paar Jahrhunderte älter. Und über den Mirror, in dem Magie ganz alltäglich ist, herrscht der Mirrorlord. Dreimal dürft ihr somit raten, auf wen Rayne trifft:) Für sie eröffnet sich hier eine komplett neue Welt, von der sie plötzlich ein Teil ist. Und statt Zeit für die Eingewöhnung zu haben, geht es gleich um richtig viel. Es gibt drei offene „Baustellen“, in die Rayne unmittelbar verwickelt wird. Dazu gefangen zwischen Freundschaft und Liebe, ihrem alten und ihrem neuen Leben und der Geschichte ihrer Familie. Jede Menge Potential also für viel Spannung, viele Erzählstränge und unerwartete Wendungen.

Dass alles gleich so komplex ist, ist natürlich erst einmal viel. Allerdings nicht zu viel und so habe ich es einfach nur genossen, dass keine Längen aufgekommen sind. Es ging gleich um viel, es kommen mehr Figuren hinzu und auch Raynes Leben wird immer mehr zu einem Mysterium, das sich durch Informationsschnipseln aus verschiedenen Richtungen zusammensetzt.
Toll fand ich in dem Ganzen (zu vielem anderen), wie die Figuren zusammenspielten. Ich habe die Truppe um sich herum gleich ins Herz geschlossen und die zarten Liebesgefühle, die zusätzlich hinzukommen, setzen allem die Krone auf.
Natürlich ist auch in Punkto Liebe hier nichts einfach. Auch hier geht es um Leben und Tod. Ihr kennt vielleicht die Bücher, in denen die beiden aus sehr heftigen Gründen heraus nicht zusammen sein können. Ein modernes Märchen von Romeo und Julia eben. Oft bin ich dann etwas genervt, weil die Gründe dann doch irgendwie übertrieben sind, man ja schon weiß, dass sie sich am Ende sowieso auflösen und damit ja auch immer ganz schön getrickst wird. Hier machte alles aber leider ziemlichen Sinn. Vom Prinzip her weiß man also, dass es irgendwie schon passen wird, von der Logik her gibt es hier aber so definitiv Gründe, die hier aber einfach noch näher ergründet werden müssen. Generell gibt es so einiges, was auch für die Figuren im Hinblick auf ihre Welt noch nicht ganz klar ist. Das macht es natürlich zusätzlich spannend, weil das Konstrukt, dass sie in und auswendig zu kennen meinen, wackelt. Und zwar gewaltig. Das wurde ganz besonders im Epilog deutlich, der es so richtig in sich hatte.

Ich war also von der Geschichte verzaubert. Ich habe durchweg die Spannung gefühlt, habe mitgefiebert, habe mit Rayne bezüglich ihrer Liebe geträumt, habe genug ernste Situationen erlebt, sodass die Geschichte für das Genre nicht zu seicht rüberkam, und habe gerätselt und überlegt. Das Ende hat mich sehr zufriedengestellt, weil es viele Stränge zusammengeführt, aber auf logische Weise und auf unerwartete Weise auch Pfade aufgerissen hat, die mich nun super gespannt auf den nächsten Band machen. Den muss ich unbedingt lesen! Was ich erwarte: Raynes Suche nach ihrer Freiheit, eine Liebesgeschichte, die eben doch alles überwinden kann (aber bitte nicht zu schnell) und eine komplett umgekrempelte Welt.

Drei Gründe, warum du dieses Buch lesen solltest:
1. Du magst es, wenn du eine Welt komplett neu erkunden kannst, diese Welt sich noch während der Geschichte ganz unerwartet umformt und Magie dein Freund ist.
2. Du erwartest keine Liebesgeschichte, die jede Seite dominiert und somit den Großteil der Geschichte einnimmt, sondern vielmehr hinter den Geschehnissen der Handlung zurückbleibt und dadurch zart und und vielleicht umso stärker ist.
3. Du liebst Spannung, komplexe Erzählstränge, fieberst einem Ende entgegen, bei dem nicht alles gut ausgeht und du deshalb umso neugieriger auf den nächsten Band bist.

Fazit:
Mir hat die Geschichte durchweg gefallen. Bei Sci-Fi liegt mein Fokus immer sehr auf der Welt, der Komplexität der Handlungsstränge und der Spannung. Alles davon war hier supergegeben. Ich konnte und wollte nicht aufhören zu lesen, war mega neugierig und am Ende blieb genug, um mich erwartungsvoll auf Band 2 zurückzulassen. Dazu waren die Charaktere sehr sympathisch und die Liebesgeschichte super schön eingebunden, wenn auch sehr zart. Mich hat das aber nicht gestört, da Dramatik an der Stelle für mich nicht immer die Wunderwaffe für eine Geschichte ist.

5 von 5 Sterne von mir.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.10.2022

Ein Auftakt, der mich neugierig auf mehr macht

No Longer Yours - Mulberry Mansion
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Zur Info: Dies ist der erste Band einer unabhängig voneinander lesbaren Reihe. Aber natürlich ist es auch hier so, dass die Reihenfolge ganz schön ist, wenn man schonmal ein paar Details über zukünftige ...

Zur Info: Dies ist der erste Band einer unabhängig voneinander lesbaren Reihe. Aber natürlich ist es auch hier so, dass die Reihenfolge ganz schön ist, wenn man schonmal ein paar Details über zukünftige Protagonisten erfahren und in Bezug auf frühere Paare in späteren Büchern nicht gespoilert werden will.

Klappentext:
Avery kann ihr Glück kaum fassen: Sie hat tatsächlich eins der begehrten Zimmer der Mulberry Mansion ergattert! In einem Wohnprojekt der Universität sollen Studierende die alte englische Villa wieder instand setzen. Aber Averys Freude wird jäh gedämpft, als sie feststellen muss, dass einer ihrer Mitbewohner kein anderer ist als ihr Ex-Freund Eden, der ihr vor zwei Jahren beim Abschlussball das Herz brach. Aus dem warmherzigen Jungen von damals ist ein verschlossener junger Mann geworden, der alle auf Abstand hält. Doch während sie gemeinsam die Mulberry Mansion renovieren, kommen plötzlich Gefühle hoch, über die Avery eigentlich längst hinweg war, oder etwa nicht?

Schreibstil:
Die Autorin kannte ich vorher nicht, doch sie wird mir in Erinnerung bleiben. Ich will noch keine Vergleiche ziehen, aber es war doch schon sehr schön geschrieben. Flüssig und locker lesbar und gleichzeitig nachdenklich und gewichtig. Hier werden viele Wörter gezielt eingesetzt, um Emotionen und die Bedeutsamkeit dieser rüberzubringen. Für mich persönlich wird eine Geschichte so immer noch viel tiefgreifender.

Meine Meinung zur Geschichte:
Ich habe letztens erst ein Buch gelesen, in dem das Paar sich ebenfalls schon vor Beginn der Geschichte verliebt hatte. Dort fand ich persönlich es nicht ganz so gut gemacht, weil mir die Emotionen und das Band zwischen den Protagonisten fehlte. Ich hatte es nicht persönlich „miterlebt“ und irgendwie konnte mich die Nacherzählung nicht so erreichen. Hier war ich also skeptisch, was ich von Avery und Eden halten sollte. Es fing aber dann doch alles ganz anders an…

Erst einmal finde ich die Idee von der Mulberry Mension super schön. Ein altes Haus zu renovieren und darin mit so unterschiedlichen, bisher fremden Menschen zu leben, klingt für mich nicht nur spannend, sondern auch magisch und nach unheimlich viel Potential, um zusammenzuschweißen. Und genau das passiert hier auch und deshalb war es der perfekte Ort für die beiden Protagonisten, die für sich allein zunächst einmal recht verloren in der Welt wirkten. Und das meine ich nicht bezogen auf die Geschichte, sondern auf ihre Charaktere, die einfach unheimlich gut ausgearbeitet waren.

Erzählt wird hauptsächlich aus der Perspektive von Avery, die anfangs sehr in sich gekehrt ist. Ihr ist etwas passiert, was weiß man zunächst nicht. Man erkennt aber in den Kleinigkeiten, wie es ihr Leben beeinflusst. Und das allein fand ich schon sehr gut gemacht, denn ich habe Avery kennenlernen können, sie auch sofort gemocht und dennoch war da dieses Unbekannte, das unheimlich schwer auf ihr lastete und die Stimmung um sie herum nicht unbedingt locker flockig gemacht hat. Manchmal reagiert man als Leser dann ja ein wenig genervt, fragt sich, wann sie endlich mal wieder besser drauf ist und was eigentlich ihr Problem ist. Nicht so bei Avery – von Anfang an versteht die Autorin es, uns Avery als eine Person vorzustellen, die man erst einmal so hinnimmt und ganz langsam versucht, herauszufinden, was bei ihr los ist.

Die erste Zeit in der Mulberry Mansion ist dann auch die, in der man hauptsächlich etwas über Avery, ihre Mitbewohner und deren Leben lernt. Was die Liebesgeschichte angeht, so hüllt sich die Geschichte hier noch ein wenig in schweigen. Als Leser tappt man so lange im Dunkeln, aber das hat mich hier nicht wesentlich gestört. Immerhin gab es da Eden, den es einzufangen galt.

Eden ist anfangs ein bloßer Schatten im Haus, genauso wie für den Leser, bleibt er auch den anderen Mitbewohnern ein Rätsel. Er ist schweigsam, zieht sich aus allem raus und scheint unheimlich viel mit sich selbst auszumachen. Avery weiß mehr, aber dann auch wieder nicht, denn Eden hat sich verändert und lebt hier ein anderes Leben. So versucht man zusammen mit ihr an Eden heranzukommen und ihn zu verstehen und kennenzulernen. Und das ist nicht leicht. Der ganze Prozess ist zieht sich über viele Seiten und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, zwischendurch hätte ich nicht gerne die ein oder andere Seite übersprungen. Gleichzeitig aber wurde man als Leser auch immer wieder mit tollen Momenten gefüttert. Momente, in denen Avery sich öffnet, in denen sie ihre Mitbewohner besser kennenlernt, in denen auch Eden ein klein wenig verständlicher wird und Momente, in denen wir in die Vergangenheit abtauchen. Und diese Tauchgänge sind als Analepsen immer sehr gut eingefügt. Immer, wenn gerade eine Schlüsselszene auftaucht oder wir als Leser den Schubs benötigen, den Avery ja schon weiß, fügt sich eine Analepse ein. Das sind immer nur kurze Kapitel, die immer wahnsinnig gut für das Verständnis der Situation waren und nicht unbedingt chronologisch abgespult wurden. Das Highlight war dann für mich, als Eden gegen Ende des Buches auch aus seiner Perspektive erzählt und somit auch die Rückblicke aus seiner Perspektive weitererzählten, wo Avery es nicht mehr mitbekommen hat. Mega spannend und gut gemacht. Ich war selten so happy, ein „Damals“ zu lesen wie hier. Normalerweise nerven mich solche Rückblicke nämlich oft, weil sie einfach nur die Gegenwart unterbrechen und eigentlich auch gar keinen Einfluss mehr auf die Gegenwart nehmen. Hier aber war das nicht so, denn Avery und Eden haben sich in diesem „Damals“ das letzte Mal gesehen und in dieser Zeit ist unheimlich viel passiert, was sie heute noch prägt und was nicht einfach nur Vergangenheit ist. Man braucht es also sowieso, um die Charaktere zu verstehen. Eine kluge Lösung also, um die Vergangenheit dem Leser mitzuteilen, ohne die Protagonisten seitenlang erzählen zu lassen.

Ganz gleich, wie viel Dunkelheit und Schwere in unseren Leben existierte, völlig egal, wie viel Raum wir dem gaben, indem wir darüber sprachen, es würde nie etwas daran ändern, wie hell und echt und gut der Rest zwischen uns war.

NO LONGER YOURS – MERIT NIEMEITZ
So, jetzt aber zu den Charakteren an sich. Avery mochte ich sehr gerne, weil sie einerseits sehr verschlossen ist, anderseits aber irgendwo auch genau weiß, was sie will und wo sie ihre Grenzen zieht. Sie ist sehr direkt in ihrem Tun und kann sich auch anderen gegenüber mit Worten behaupten, ohne fies zu werden. Das ist für mich immer eine Begabung, die ich bewundere. Das Schwere an ihr beeinflusst sowohl ihre Vorstellung von der Zukunft als auch ihre Gegenwart. Sie hat mit Problemen zu kämpfen, die ihr anfangs nicht alle bewusst sind, die ihr im Laufe der Geschichte jedoch bewusst werden und die sie in ihrem Entwicklungsprozess auch angeht. Das fand ich sehr gut gemacht. Ich konnte alles nachempfinden, habe Avery selbst verstanden und ihre Handlungen passten zu dem, was sie innerlich in sich verankert hatte.
Das Besondere an ihr ist wohl, dass sie seit dem „Damals“ keine großen Fortschritte gemacht hat, weil Eden es war, dem sie viel aufgebürdet hat. Auch das wird problematisiert und von ihr reflektiert und das auf sehr schöne Art und Weise. Man merkt ihr nach und nach an, wie sie ihre Stärke wiederfindet und erkennt, das der Prozess, in dem sie steckt, aus ihr selbst heraus seinen Anfang finden muss und das die Menschen um sie herum nicht unbedingt etwas damit zu tun haben, wie sie damit umgeht.

Wenn ich Menschen erstmals traf, sagte ich meistens entweder gar nichts oder irgendwie das Falsche. Lexi meinte oft, mir würde ein Filter im Kopf fehlen, der dafür sorgte, dass die Ehrlichkeit sich der Höflichkeit unterordnete, wie es sich gehört hätte.

NO LONGER YOURS – MERIT NIEMEITZ
Eden ist verschlossener als Avery. Er trägt so gut wie nichts nach außen, weshalb man auch erst sehr spät offenbart bekommt, was ihn so belastet. Interessant an seiner Figur ist, dass er sich lange Zeit sehr für Avery verbiegt bzw. sich ihren Bedürfnissen anpasst. Erst, als Avery also in ihrem Prozess weiter voranschreitet, erlaubt sie Eden sozusagen aus dem von ihr gemalten Bild von ihm herauszutreten und seine Verletzlichkeit zu zeigen. Ich weiß nicht, ob das so vage für euch deutlich wird, aber ich möchte nicht spoilern und trotzdem meine Bewunderung dafür kundtun, dass diese beiden Figuren hier mit ihren Problemen wunderbar ineinandergreifen. Die Autorin hat es geschafft, dass die beiden einerseits ganz allein für ihr Glück verantwortlich sind und sie andererseits aber als Paar Erwartungen abändern und Formen ablegen müssen.
Deutlich wird diese besondere Synthese der beiden als Paar durch ihr Alles. Für Eden und Avery gibt es immer nur ein Alles. Nichts halbes, nichts Ganzes, die beiden wollen füreinander da sein und das wird bis zum Ende zu einem Motiv, das letztlich wunderschön vollendet wird. Ich war dementsprechend sehr happy mit dem Ende, bei dem nochmal so deutlich wurde, wie tiefgreifend und vielschichtig diese beiden Charaktere gestaltet wurden.

Tja, das war eigentlich schon alles, was ich zu dieser schönen Geschichte zu sagen habe. Vielleicht kann ich noch sagen, dass ich mich als Germanistin und Buchliebhaberin unheimlich an Eden erfreut habe. Es sind immer wieder so schöne Szenen zu ihm und seiner Buchliebe eingeflochten. Zu gerne würde ich zum Beispiel seiner Hörbuchstimme lauschen und das Immernachtstraum besuchen.
Und dann sind da natürlich noch die Bewohner der Mulberry Mansion, die unheimlich liebenswürdig sind. Das Huhn würde ich gerne mal kuscheln, Maxton drücken, mit May Muffins backen, mit Willow tanzen gehen und ach, einfach mal auf einen Kaffee vorbeischauen. Allein das zeigt glaube ich schon, dass alle einen wunderbar fassbaren Charakter bekommen haben und das finde ich immer super schön bei Nebenprotagonisten.

Und weil ich gerade so im Fluss bin, führe ich jetzt einfach mal ein kleines Anhängsel an meine Rezensionen an:

Drei Gründe, warum du dieses Buch lesen solltest:
1. Du möchtest eine Liebesgeschichte lesen, die nicht nur aus Küssen, sondern aus ungesagten Worten, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und den tiefsten Emotionen besteht.
2. Du möchtest in die Mulberry Mansion reisen. Eine alte Villa, ungezähmt und wunderschön, deren Bewohner alle auf ihre Art Einzigartig sind und dich mit ihrer Herzlichkeit willkommen heißen.
3. Du möchtest von echten, authentischen Problemen lesen, die manchmal nicht schön sind und leider auch triggern, die aber bewältigt werden müssen und dich deshalb nicht nur mitfiebern, sondern auch mitleiden lassen.

Fazit:
Eine Geschichte, die langsam Fahrt aufnimmt, dabei aber tiefemotional ist. Die Autorin schreibt wunderschön, weiß, Gewicht in ihre Worte zu legen und hat hier zwei Protagonisten geschaffen, die unheimlich vielschichtig sind. Die Thematik ist nicht leicht, aber sehr gut ausgearbeitet und vor der Kulisse der Mulberry Mansion fühlt man sich als Leser dann doch die meiste Zeit einfach nur wohl.

PS: Ich freue mich unheimlich auf Willow und Maxton!

4 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Leider fehlte mir etwas die Liebe zwischen den beiden

Catching up with the Carters - In your eyes
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Zur Info: Dies ist der erste Band einer lose zusammenhängenden Reihe. Ihr könnt die Bücher also unabhängig voneinander lesen, solltet aber im Idealfall die Reihenfolge einhalten, um nichts zu verpassen.

Klappentext:
Aphrodite ...

Zur Info: Dies ist der erste Band einer lose zusammenhängenden Reihe. Ihr könnt die Bücher also unabhängig voneinander lesen, solltet aber im Idealfall die Reihenfolge einhalten, um nichts zu verpassen.

Klappentext:
Aphrodite steht mit der Reality-Show ihrer Familie »Catching up with the Carters« im Rampenlicht. Die Öffentlichkeit hält sie für ein Party-It-Girl. Wie es in ihr aussieht, weiß niemand. Nur Garett, dessen TV-Dynastie eine Fehde mit den Carters führt, kannte ihre Ängste. Doch ihre Liebe zerbrach in tausend Scherben. Als erneut fiese Dinge über sie geschrieben werden, ergreift Aphrodite die Chance, bei einer Datingshow hinter den Kulissen zu arbeiten und sich eine eigene Karriere aufzubauen. Am Set trifft sie ausgerechnet auf Garett. Ein Blick in seine blauen Augen, auf die Narbe an seinem Kinn, und die bittersüßen Erinnerungen sind zurück – wie auch diese unbeschreiblich tiefen Gefühle. Wenn Aphrodite ihnen nachgibt, könnte es sie endgültig zerstören …

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr unkompliziert, leicht und flüssig lesbar und generell unaufregend. Damit meine ich, dass ich nichts besonders Schlechtes oder Gutes daran ausmachen konnte. Der Schreibstil hat die Geschichte gut unterstützt und bereitete mir keine Probleme beim Lesen.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der beiden Hauptprotagonisten Garett und Aphrodite. Zum Zeitpunkt des Beginns der Geschichte kennen die beiden sich schon ausführlich, haben eine gemeinsame Vergangenheit, die nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen ist: sie sind/waren ineinander verliebt. Das Problem sind die Reality-Serien rund um ihre Familien und die Feindschaft zwischen ihnen. Das muss man schonmal mögen. Ich persönlich fand es sehr spannend, da man ja so einige Reality-TV-Familien kennt, deren ganzes Leben quasi auf dem Bildschirm festgehalten wurden. Das allein muss schon unheimlich viel Druck sein, weil jeder alles mitbekommt. Privatsphäre ist nicht möglich, ein Leben ohne Kamera kennt man quasi nicht. Genau diese Problematik steht im Zentrum der Erzählung, denn beide Protagonisten leiden darunter. Darunter und unter ihren Eltern, die nahezu unmenschlich auf den Erfolg der Serien drängen, ohne Rücksicht auf Verluste.

Den Großteil der Geschichte erlebt man durch Aphrodite und gerade am Anfang hatte ich sehr große Probleme, sie zu verstehen. Sie schien da in etwas gepresst, von dem sie selbst nicht wollte, dass es sie beeinflusst, gleichzeitig tat sie alles dafür, um weiterhin in die Form zu passen. Immer wieder kamen Situationen auf, in denen sie sich für ihr Image interessiert und auch der Vorfall in der Vergangenheit beruht einzig und allein darauf. Ein bisschen komisch, wenn man bedenkt, dass sie ihre Mutter dafür hasst, dass diese ebenso nur auf das Image achtet. Aber nun gut, man merkt auf jeden Fall die innere Zerrissenheit und auch die psychische Beeinflussung, unter der sie jahrelang gestanden hat. Sie kann nicht aus ihrer Haut, auch wenn ihr alles nicht mehr passt. Verläufe und Handlungen sind so lange trainiert und eingeprägt worden, dass es unheimlich schwer fällt, diese zu durchbrechen.

Ebenso geht es eigentlich Garett. Aber nur eigentlich, denn andererseits ist er schon sehr viel selbstständiger. Während Aphrodite anfangs noch um die Anerkennung ihrer Mutter kämpft, ist Garett schon ausgezogen und weiß, was er von seiner Familie hält. Er lebt quasi ein eigenständiges Leben, auch wenn er immer noch brav nach der Pfeife seines Vaters tanzt. Aber auch gedanklich fand ich ihn schon weiter und reifer. Aphrodite hat mich immer wieder fast in den Wahnsinn getrieben. Oft reagiert sie über, behandelt ihn unfair und ist allgemein sehr anstrengend. Gerade an wichtigen Punkten fällt sie immer und immer wieder in alte Muster zurück, hat nicht den Mumm, etwas zu bewegen und macht so alles noch komplizierter, denn ihr Weg ist immer die Flucht. Klar, im Entwicklungsprozess hat man nicht schon auf Seite zehn alles gelernt, was man zu lernen hat, aber Aphrodite braucht quasi bis zur letzten Seite und das kostet dann doch Nerven.

Der generelle Erzählverlauf war an die Sendung angepasst und die ist eigentlich eine Art Bachelor-Verschnitt. Also ja, ihr dürft hinter die Kulissen einer solchen Sendung gucken und ja, es ist heftig. Spätestens nach der Serie „Unreal“ hatte ich eine sehr genaue Vorstellung davon, wie es dort zugeht, ebenso verläuft es hier. Nur das Garett und Aphrodite eigentlich viel zu nette Menschen für einen solchen Dreh sind. Man verfolgt also die Sendung und die Kandidaten und dazu vorrangig Aphrodites Karriereweg, denn Garett zieht sich schnell zurück. Ich fand es ganz schön zu sehen, wie sie mehr und mehr zeigt, was sie kann und beinahe schleichend das Set netter macht. Sie beweist endlich mal, das sie auch etwas kann und das es eine mögliche Zukunft außerhalb der familieneigenen Sendung gibt. Das fand ich für sie ganz gut, da ich bei ihr im Gegensatz zu Garett sonst nie geglaubt hätte, dass sie irgendwas anderes machen könnte.

Spannung entsteht immer wieder dadurch, dass die beiden natürlich aufeinander zutreiben, es aber nie so recht zum „Zusammenfügen“ kommt. Dabei erfährt der Leser mehr und mehr über die Vergangenheit der beiden. Bis ungefähr zu 75% des Buches wurde ich so mit viel Drama von Seiten der beiden und natürlich dem Sendungsformat unterhalten. Dann allerdings wurde es schwerfällig, denn Aphrodite zieht voll ihr Ding durch und zeigt nicht so richtig, dass ihre Entwicklung hin zu ihrer Eigenständigkeit und ihren Stärken auch ihre Behauptung gegenüber ihrer Familie betrifft. Stattdessen fällt alles in sich zusammen. Irgendwo war ich da an dem Punkt angekommen, an dem ich dachte: sie hat es auch nicht anders verdient. Aber gleichzeitig hat man auch Mitleid mit ihr, weil ihre Familie wirklich sehr sehr schlimm ist. Allein sozusagen mitzuerleben, wie entfremdet die Geschwister untereinander sind, weil sie längst ihre Rollen so sehr verinnerlicht haben, dass sie nicht mehr wissen, wie sie eigentlich zueinander stehen, ist schon heftig. Das fand ich auch sehr gut herausgearbeitet. Es wurde deutlich, wie sehr eine Familie zu einem bloßen Cast wird, sobald die Kamera keinen Platz mehr für ein privates Familienleben lässt.

Schwierig fiel mir auch, die Vergangenheit der beiden so hinzunehmen. Ich fand es hier echt schade, dass die Gefühle des Kennenlernens usw. nur so kurz in den Erzählungen und Andeutungsschnipseln erwähnt wurden. Gerade weil die beiden von beiden Seiten so viel drängt und ihre komplette Umgebung gegen sie zu sein scheint, hätte ich ein wenig Wärme gebraucht. Irgendwas, das mir viel früher deutlich gemacht hätte, wie sehr die beiden einander lieben. Stattdessen blieb ihre Liebe für mich lange Zeit recht vage, ein Konstrukt, dass sich erst mit der Zeit erklärte und das ich dann zum Ende endlich komplett verstand. Umgehauen hat mich die Liebesgeschichte der beiden somit leider nicht.
Tja und das Ende war dann wieder richtig schön. So wie man es sich wünschen würde und vor allem mit zwei Protagonisten, die endlich offen zueinander und sich selbst gegenüber sind.

Zuletzt vielleicht noch was zu den Nebenprotagonisten: Kat und Henry sind Freunde von Garett und beide haben sie mich etwas unzufrieden zurückgelassen. Kat ist Sängerin und verleugnet anfangs ihre Sexualität. Ohne, das nun großartig etwas passierte, außer, dass Garett und Aphrodite da umeinander herumschlichen, beschließt sie dann, dass sie alles ändert. Sie möchte ihre Sexualität nun offen leben. An sich keine schlechte Idee und definitiv das Richtige. Allerdings fehlte mir irgendwie die genaue Begründung, warum das nun vorher so ein Problem darstellte, denn letztendlich ist nichts mehr ein Problem.
Henry hatte aus meiner Sicht richtig Potential, denn als Sänger und Teilnehmer der Show hatte er alle Möglichkeiten. Hier hätte Garett mehr Tiefe bekommen können, Henry hätte seine Berühmtheit auszunutzen können, am Set hätte er mehr Einfluss auf Aphrodite nehmen können. Stattdessen hat auch er sich am Ende verliebt (fast unbemerkt vom Leser) und dann fertig. Zudem wirkte es bei den beiden fast ein wenig gezwungen, dass sie nun beide nicht hetereosexuell waren. Klar, New Adult greift immer mehr Sexualitäten auf und unsere Gesellschaft ist eben bunt und queer. Aber im Erzählfluss kann man das natürlich einbauen, ebenso wie man einbaut, dass jemand hetero ist, oder aber man lässt es künstlich wirken. Und das war hier ein wenig der Fall, denn es schien sehr gewollt.

Fazit:
Ehrlicherweise war ich beim Lesen erstaunt darüber, dass ich das Buch nicht so gut fand. Ich hatte super viel Positives darüber gehört und hatte eine tolle Geschichte erwartet. Was ich bekommen habe war viel Reality-Drama und auch viele Persönlichkeitskonflikte, die ich als Thematik gut ausgearbeitet fand. Gleichzeitig aber kam ich mit Aphrodite nicht so wirklich klar, ebenso wenig wie mit der Liebesgeschichte an sich. Ich habe einfach nicht DIE Gefühle zwischen ihnen spüren können. Zudem wurde es zum letzten Viertel hin recht schleppend, obwohl ich vorher sehr gut durchkam.
Alles in allem eine stabile Leistung, die aber Schwächen in der Zwischenmenschlichkeit der Hauptprotagonisten hat.

3 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Mir leider zu jugendlich für New Adult

Was immer wir hoffen (Immer-Trilogie, Band 3)
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Info zum Buch: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die beiden vorangegangenen Teile nicht gelesen habe. Der Klappentext klang einfach ansprechend und erst hinterher ist mir aufgefallen, dass von einer Trilogie ...

Info zum Buch: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die beiden vorangegangenen Teile nicht gelesen habe. Der Klappentext klang einfach ansprechend und erst hinterher ist mir aufgefallen, dass von einer Trilogie die Rede ist. Aber keine Angst, auch ihr könnt diesen Band unabhängig von den anderen lesen. In Band 1 und 2 geht es um die beiden Schwestern der jetzigen Hauptprotagonistin Nika. Ich hatte also keine Probleme beim Lesen:)

Klappentext:
Nika braucht einen Tapetenwechsel – und zwar dringend! Also besucht sie ihre beste Freundin in den Bergen, wo sie bei einer Wanderung Bergführer Lukas kennenlernt. Obwohl sie nach einer fiesen Trennung Abstand von Männern halten will, fühlt sie sich unwillkürlich zu ihm hingezogen. Aber das ist egal, denn Lukas steht offenbar auf seine Kollegin – und weckt mit seinen miserablen Flirtversuchen Nikas Mitleid. Als sie ihm ihre Hilfe als Beziehungscoach anbietet, willigt Lukas ein. Nicht ohne die Beziehungstipps gleich auch an seiner Coachin zu testen …

Schreibstil:
Ich war überrascht davon, wie jugendlich der Schreibstil anmutete. Alles ist locker leicht, aber auf sehr junge Art. Das hat mich angesichts des Genres etwas verwirrt und letztlich fehlte dadurch auch immer mal wieder ein wenig Ernsthaftigkeit. Ich konnte die Gefühle der Protagonisten so nicht ganz ernst nehmen bzw. dachte immer wieder an das erste Verliebtsein, die rosarote Brille bei Teenagern, die sich und andere gerade erst entdecken.
Dazu wiederholten sich Motive und Ereignisse in den Erinnerungen und Erzählungen der Protagonisten sehr oft. Klar kann etwas auch mal öfters erwähnt werden, wenn es besonders prägend oder beispielsweise lustig war, aber gerade die erste Seiten schienen sich immer nur mit dem gleichen Inhalt zu füllen. Jedem neu auftretenden Protagonisten wurde die Geschichte erneut erzählt, genauso wie später noch bei anderen Aktionen. Dadurch fühlte es sich manchmal an, als sei man in einer Schleife gefangen und der Lesefluss wurde unterbrochen.
Das war einfach schade, denn sah man davon ab, flogen die Seiten nur so vorbei und ich konnte mich super in die Geschichte ziehen lassen.

Meine Meinung zur Geschichte:
Den Anfang der Geschichte macht das Motiv der Reise ins Ungewisse. Allerdings war ich mir schon da nicht ganz sicher, wie alt die Protagonistin denn nun ist, denn die Familie machte aus vier Wochen einen ganz schönen Terz. Klar, wenn man eng zusammenhängt, können schon wenige Tage Heimweh auslösen, aber irgendwie hatte ich erwartet, dass die Vorfreude auf die neuen Erfahrungen überwiegen würde und was sind schon vier Wochen zweieinhalb Stunden entfernt? Aber nun gut. Cool fand ich, dass schon jetzt viel Witz in der Geschichte lag. Ich musste immer wieder schmunzeln. Man merkte, dass der Fokus auf Situationen liegt, die irgendwo zwischen peinlich und urkomisch schwanken. (Für mich allerdings ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich um ein Jugendbuch handelt. Generell war ich damit ganz schön am struggeln. Ich hatte etwas anderes erwartet und fühlte mich auf einmal zurückversetzt in meine ersten Liebesgeschichtenerfahrungen. Zurück zu den Wilden Hühnern und diverse andere Bücher, bei denen die Mädchen über die Jungs kichern und alles noch so frisch und neu ist. Aber vielleicht muss ich das hier auch einfach akzeptieren und dann hat sich das. Erwartungen verlagert und fertig. Also, sehe ich es jetzt im weiteren Verlauf als Jugendbuch und werde nicht mehr so genau darauf eingehen.)

Das Dorf, in dem Nika dann letztlich landet, ist wie aus dem Katalog geschnitten: eine Burg, eine Gaststube, jeder kennt jeden und es gibt Kühe und Pferde. Nichts Überraschendes also. Die Kontraste, die da zwischen dem Ort und dem Großstadtmädchen Nika entstehen, sind natürlich immer wieder ganz lustig und berechtigt. Vielleicht hätte ich mir aber gewünscht, dass einmal klar gesagt wird, dass sie aus der Großstadt kommt. So genau weiß man das nämlich nicht. Es liegt nur nahe.
Alles, was dann passiert, ist immer ein ganz bisschen über allem, was man sich so denkt. Der Abend in der Dorfkneipe wird extralang, Nika ist ultrabeliebt, trinkt und nagelt mehr als sie können sollte und am nächsten Tag auf Wanderung ist alles dann natürlich nicht mehr so schön. Wie gesagt, die Geschichte lebt ein wenig davon, dass alles ein wenig überreizt wird, um einen komischeren Effekt oder auch einfach eine lockerere Atmosphäre zu schaffen.

Lukas ist in dem Ganzen eher ruhig. Kein Wunder, dass das eigentliche Problem zwischen Nika und ihm später (Achtung Spoiler!) die Kommunikation ist. Nika legt ihm einfach Worte in den Mund und so ergibt sich eine sehr komische Situation, die den Großteil der Geschichte ausmacht: Sie ist sein Beziehungscoach. Natürlich übersieht sie dabei alle Anzeichen, für den Leser dagegen liegen sie offen. Auch das wirkt komisch, verwirrt aber gleichzeitig auch, denn zwischendrin scheint es so, als würden die beiden es nie hinbekommen. Es ist ein Spiel, das sie spielen und in das das Leser sich ziehen lassen muss, ansonsten bleibt er ahnungslos zurück.

Im Innersten von Nika passiert in dieser Zeit dagegen nicht wirklich viel. Dass sich sie in Lukas verguckt hat, ist eigentlich seid dem ersten Moment klar. So richtig auseinandersetzen will sie sich damit aber nicht. Dazu kommt noch, dass sie das Leben dort einfach so hinnimmt. Sie ist jeden Tag beschäftigt und lässt die Tage an sich vorbeiziehen. Keine Spur von Gedanken an Freiheit oder an die Zukunft, die ihr auch noch nicht klar ist. Ich hätte erwartet, dass sie die Auszeit nach dem Abi nutzt, um sich besser kennenzulernen, aber stattdessen hängt sie lieber der Vergangenheit nach: ihrem Ex-Freund. Wobei das auch nicht ganz stimmt, denn eigentlich kommt der nur in Gesprächen zum Vorschein. Nachdenken über ihn tut sie nicht. Trotzdem sind sich alle sicher, dass sie ihn nicht loslassen kann. Ich persönlich fand das so sehr schwer zu beurteilen, auch weil er in meinem Kopf nie die Möglichkeit hatte, zu einer wirklichen Person zu werden. Die Auseinandersetzung Nikas mit ihm wurde für den Leser nicht ersichtlich und das hat es leider schwer gemacht, Nika überhaupt zu verstehen, wenn es um Lukas ging.

Lukas dagegen konnte ich besser verstehen. Zwar wird auch bei ihm nur vieles lose angedeutet, aber zumindest sind diese Andeutungen im Gesamtbild logisch. Seine Vergangenheit wirkt sich konkret auf seine Gegenwart und Zukunft aus. Er kennt seine Schwächen, weiß, worauf er achten will und was er anders machen will. Zudem findet man bei ihm auch Verhaltensweisen, die unbewusst durch diese Vergangenheit oder auch seinen Zustand ausgelöst werden. Dadurch wirkte er sehr viel menschlicher und war besser greifbar. Bis zum Ende hin war es dann ziemlich klar, was seine Schwachpunkte sind und ich war ziemlich enttäuscht von Nika, dass sie diese sogar benennt, aber eigentlich ignoriert und somit einen sehr gezwungen wirkenden Wendepunkt der Geschichte einläutet.
Mittlerweile ist es ja immer mehr so, dass die typischen Klischeefallen, was Wendepunkt betrifft, nicht mehr bedient werden. Das ist hier nicht so und zum Ende hin erkennt man das auch: Wenn Lukas da nicht zufällig sehr nett und ungewöhnlich unproblematisch wäre, wäre es kein Happy End geworden. Wobei ich mich frage, ob es das für Nika jemals wird, denn ihre Zukunft konnte ich mir nicht ausmalen. Dafür fehlte dazu viel zu viel Input von ihr.

Ihr seht schon, ich war nicht ganz so zufrieden mit der Geschichte. Etwas an den Haaren herbeigezogen fand ich dann auch das Motiv der Hoffnung, dass immer wieder erwähnt wurde. Die Steine und Nikas Hobby sind super schön und süß und ich verstehe den Sinn dahinter. Auch, dass sie in der Geschichte immer mal wieder eine Rolle spielen und Einfluss darauf nehmen ist völlig okay. Das gehört zu Nikas Persönlichkeit und macht auch den Charakter dieser Geschichte aus. Was ich allerdings nicht mochte, war, dass so klischeehafte Floskeln und Redewendungen immer wieder in den Schreibstil eingebunden wurden. Es wirkte dann leider echt immer etwas abgedroschen und ich habe mich dabei erwischt, wie ich die Zeilen überflog. Irgendwo ist dann wohl einfach meine Kitschgrenze erreicht. Aber das ist wieder was ganz persönliches. Ich denke, wenn ihr ein bisschen mehr so Glückskekssprüchen und ähnlichem zugeneigt seid, dann ist das hier euer Buch:)

Mein Fazit:
Ehrlich gesagt war ich nicht rundum zufrieden mit der Geschichte. Mir fehlte die Tiefe, oft wurde der Fokus mehr auf den Humor als auf die Gefühle gelegt und Nika war mir zu wenig greifbar. Das mit den Sprüchen als Motiv fand ich ganz süß und ist definitiv ein Alleinstellungsmerkmal des Buches, das seine Liebhaber finden wird. Dazu die Lockerheit des Buches, die mich zwar an ein Jugendbuch erinnerte, das Lesen aber natürlich leicht macht. Für mich persönlich war die Geschichte aber leider nichts.

2 von 5 Sterne von mir.

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Veröffentlicht am 01.10.2022

Bodypositivity und schönstes Venedig - perfekte Kombi!

Shape of Love - Mit jeder meiner Fasern (Love-Trilogie, Band 1)
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Hallo ihr Lieben

Hallo ihr Lieben<3
ich bin happy, denn ich habe wieder mal ein Buch gefunden, dass eine Plus-Size-Protagonistin hat. Darüber freue ich mich einfach sehr, weil es bisher noch viel zu wenige solcher Bücher gibt. Ich hoffe, da kommt in nächster Zeit noch was:)

Klappentext:
Ihre Ängste halten ihn auf Distanz. Doch gemeinsam können sie heilen.
Cleo kann ihr Glück kaum fassen: Sie hat ein Praktikum bei der gefeierten Designerin Ornella Russo in Venedig ergattert! Doch der Start verläuft holprig, denn ihre Chefin macht schnell klar, dass die kurvige Studentin in der Modewelt nichts zu suchen hat. Und dann ist da noch Alessandro: das Gesicht von Ornellas neuer Kollektion, ein berühmtes Männermodel – und der Enkel von Cleos Vermieterin. Von Beginn an spüren sie diese Anziehungskraft, die beide verunsichert. Denn während es Cleo aufgrund ihrer Figur schwerfällt, Nähe zuzulassen, hat Alessandro mit seinen eigenen Ängsten zu kämpfen …

Der Schreibstil:
Es ist mein erstes Buch von Marina Neumeier und ich hatte überhaupt keine Probleme mit ihrem Schreibstil. Tatsächlich war er so schön flüssig und locker zu lesen, dass er die Geschichte wunderbar unterstrich und ihr vor allem nicht im Weg stand. Die Seiten flogen nur so, die Charaktere waren fassbar und die Gefühle kamen rüber. Was will man mehr?

Meine Meinung zur Geschichte:
Cleo war mir von der ersten Seite an sympathisch. Obwohl ihre Eltern nicht hinter ihr stehen und es deutlich einfachere Wege für ein Praktikum geben könnte, entscheidet sie sich für eins in Italien. Sie packt einfach ihre Koffer und fährt nach Venedig. Und so ist Cleo auch während der Geschichte: Wenn sie etwas will, dann zieht sie es durch, zeigt Mut und unerschütterliche Energiereserven. Ebenso stark scheint sie auch in Bezug auf ihren Körper zu sein. Sie weiß sich zu kleiden, schämt sich nicht für ihre Kurven und steht über den Kommentaren und Anfeindungen so mancher Menschen. Das machte erstmal einen sehr guten Eindruck auf mich. Und so bestätigt es sich auch. Die Praktikumsstelle hätte niemand außer Cleo angefangen und durchgezogen.

Wohnen tut sie in Margheritas Haus, in dem gleich noch Lukas, ein singender Gondoliere, Sofia, ihre Nichte, und Alessandro, ihr Neffe, wohnen. Das Haus war schonmal mega cool, weil alle wie eine große Familie zusammenwohnen. Das gab richtig schöne Vibes und hat vor allem viel Dynamik zwischen den Figuren geschaffen. Schade fand ich vielleicht, dass man gerade von Luca nicht so viel erfahren hat. Aber wahrscheinlich kommen zu ihm und zu Sofia nochmal eigene Bände (oder sogar nur einer).

Hier trifft Cleo auch zum ersten Mal auf Alessandro. Der ist Model und immer viel unterwegs. Irgendwie war es komisch, von ihm zu lesen, weil so berühmte Models normalerweise nicht das sind, worein ich mich versetzen kann. Alessandro ist aber noch herrlich normal. Nicht abgehoben, eingebildet oder etwas dergleichen. So war gleich klar, dass man dem Pärchen Alessandro + Cleo entgegenfiebert.

Die Geschichte der beiden verläuft dann erst einmal im Sinne einer Slow-Burn-Story. Das fand ich hier allerdings gar nicht schlimm, sondern ganz cool. Cleo liebt die Mode und steckt da ihr ganzes Herzblut rein. So ist es nur sinnvoll und auch schön zu lesen, wie sie für das Praktikum rackert, um sich zu beweisen.
Was ziemlich schnell klar wird, ist, dass beide Protagonisten nicht problemfrei mit ihrem Gewicht umgehen. Cleo scheinen einige Kommentare doch mehr an die Nieren zu gehen, als sie zugeben will und sie versteckt sich immer noch in einiger Hinsicht, Alessandro hingegen legt sehr kritische Verhaltensweisen in Bezug auf Essen an den Tag. Auf Cleo habe ich dabei besonders gelauert, weil ich mich mit dem Thema Bodypositivity vermehrt auseinandersetze und gerade erst ein Buch mit einer solchen Protagonistin gelesen habe. Cleo schätze ich so ein: Sie weiß, dass sie sich nicht auf ihr Gewicht beschränken lassen muss und versucht, Gewicht nicht als ein Problem im Alltag aufkommen zu lassen. Das ist aber nicht immer so leicht. Sie hat immer noch mit Zweifeln zu kämpfen. Leider ganz natürlich in unserer heutigen Gesellschaft. Und so fand ich Cleo letztlich einfach authentisch und echt.

Info: Mehrgewicht wird hier problematisiert, allerdings wird hier so vorgegangen, dass es nicht dauernd von der Protagonistin angesprochen wird. Trotzdem gibt es aber natürlich Situationen, in denen sie sich Diskriminierungen stellen muss und/oder sich mit Zweifeln auseinandersetzen muss. Es gibt aber keine aktive Aufklärung für Fatshaming zum Beispiel. Cleo ist da eher auf sich beschränkt.

Achtung Spoiler! Trigger! Alessandro ist nochmal eine ganz andere Nummer – eine wichtige Nummer. Er hat mit einer Essstörung zu kämpfen, die ebenfalls von der Gesellschaft abhängig ist. Seine Geschichte und Entwicklung fand ich wahnsinnig eindringlich. Mit beiden Themen geht die Autorin super um. Bei ihm schafft sie es sogar, seine Verschleierungen selbst vor dem Leser lange aufrecht zu erhalten. Ich will da jetzt gar nicht so viel zu schreiben, weil das zu viel spoilern würde, aber ich fand, man konnte seine Verzweiflung, seine ausweglos erscheinende Situation und den Druck, unter dem er stand, sehr gut nachvollziehen und auch nachempfinden. Ich habe mit ihm gelitten. Und vor allem eins fand ich gut an seiner Geschichte: Es wird nochmal verdeutlicht, dass nicht nur Frauen solche Probleme haben.

Zusammen ergeben die beiden ein wirklich schönes Paar, denn sie lieben sich bedingungslos. Alessandro mag Cleo’s Kurven und muss es auch nicht dauernd erwähnen, dass sie „dicker ist als andere“. Cleo’s Gewicht ist im schlicht nicht wichtig. Und Cleo tut ihm einfach gut und nimmt auch ihn, wie er ist. Auch, wenn sie ihm etwas Mut zurredet. Sie sind einfach süß zusammen und ich habe es genossen, sie in dieser falschen Welt zusammen zu sehen.

Denn die Welt ist falsch. In der Welt der Mode ist vieles äußerlich. Auch das zeigt die Autorin sehr gut. Einmal durch Cleo’s Eltern und dann durch Cleo’s Praktikum und die Medien. Es ist einfach gut gemacht, wie der gesellschaftliche Druck und die vermeintlichen Konventionen von allen Seiten hier gezeigt wurden.

Durch diese Abwechslung von Modewelt, Essverhalten, Familie im Haus und das Liebespaar wurde es nie langweilig, sondern floss super gut voran. Es blieb durchgehend spannend und niemals übertrieben dramatisch.

Das Ende war sehr schön, weil beide sich entwickelt hatten, sozusagen aus der Welt räumen konnten, was zwischen ihnen stand und – und das finde ich besonders gut – auch die Zukunft machbar zu sein scheint.

Fazit:
Die Geschichte war für mich durchweg rund. Sie war spannend und flüssig zu lesen, die Charaktere waren sympathisch und mit der Thematik wurde sehr gut umgegangen. Die Protagonistin kam gut zur Geltung und die Liebesgeschichte war wirklich süß. Dazu die schöne Kulisse Venedigs.

5 von 5 Sterne von mir.

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