Cover-Bild Deutsches Haus
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Ullstein Buchverlage
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 21.09.2018
  • ISBN: 9783550050244
Annette Hess

Deutsches Haus

Ein Prozess, der Deutschland veränderte, und auch das Leben einer jungen Frau. Der Spiegel-Bestseller

Von der Erfinderin der TV-Serien Weissensee und Ku'damm 56 / 59 / 63

»Dieser Roman kommt genau zur richtigen Zeit.« Iris Berben 

Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Unvorhergesehen wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Ihre Eltern sind, wie ihr zukünftiger Verlobter, dagegen: Es ist der erste Auschwitz-Prozess, der in der Stadt gerade vorbereitet wird. Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, folgt ihrem Gefühl und widersetzt sich ihrer Familie. Sie nimmt die Herausforderung an, ohne zu ahnen, dass dieser Jahrhundertprozess nicht nur das Land, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich verändern wird.

 

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.10.2018

Faszinierendes Portrait der komplexen Nachkriegszeit in Deutschland

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Hinter dem eher unscheinbaren Titel und Cover verbirgt sich ein Roman von großer Ausdruckskraft. Nach einer halb durchgelesenen Nacht habe ich „Deutsches Haus“ gezwungenermaßen aus der Hand gelegt, aber ...

Hinter dem eher unscheinbaren Titel und Cover verbirgt sich ein Roman von großer Ausdruckskraft. Nach einer halb durchgelesenen Nacht habe ich „Deutsches Haus“ gezwungenermaßen aus der Hand gelegt, aber es am nächsten Tag gleich ausgelesen. Die Geschichte scheint nur so aus der Autorin herauszufließen, ohne dass sie dabei den moralischen Zeigefinger allzu deutlich erhebt. Zwar gehe ich den Roman als Leser mit einem großen Wissen rund um die Shoah und seine schleppende Aufklärung an, trotzdem gelingt es Annette Hess, das Grauen ohne übertriebene Dramatik schrittweise lebendig werden zu lassen. In Zeiten, in denen das Verharmlosen des Holocausts im rechten politischen Bereich immer gängiger wird ("Vogelschiss"), ist diese Geschichte trotz ihres historischen Charakters hochaktuell und enorm wichtig.

Die Wirtsfamilie Bruhns scheint in den 1960er Jahren ein ganz durchschnittliches bürgerliches Leben zu führen. Sie versucht ihren Lebensunterhalt mit ihrem Restaurant zu verdienen, kämpft mit alltäglichen Problemen und verdrängt die Vergangenheit. Als Tochter Eva, die als Dolmetscherin für Polnisch arbeitet, beim ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess übersetzen soll, bricht die scheinbare Idylle zusammen. Wie ein Großteil der Deutschen in der damaligen Zeit will Familie Bruhns nichts von dem Prozess wissen und versucht Eva davon zu überzeugen, den Job nicht anzunehmen. Die tut es trotzdem – und erwacht schockiert aus ihrer naiven Unwissenheit. Während des Prozesses, der die Geschehnisse im Vernichtungslager Auschwitz aufrollt, wird sie mit Tätern und Opfern und Mitläufern und unverständlicher Grausamkeit konfrontiert. Die Familie Bruhns wird hier als Mikrokosmos dargestellt, der symbolisch die wichtigsten und widersprüchlichsten Ansichten der Zeit vertritt. Es geht um Schuld und Scham, Mittäterschaft und Drang zum Verschweigen sowie um die Grenzen zwischen dem Ausführen von Befehlen und einem Verbrechen. Manche Stellen sind schwer zu ertragen, denn der Roman zeigt eindrucksvoll, wie der Holocaust auch 20 Jahre später noch Leben zerstörte. Besonders nachhaltig wirkt hier das Schicksal des Juden Otto Cohn. Einzig die Geschichte um Evas ältere Schwester fand ich überflüssig. Da kommt die Serien-Autorin durch, die auch für Nebenfiguren interessante B-Storylines schaffen möchte. Auch wenn dieser Handlungsstrang nichts Wichtiges zur Handlung beiträgt, schadet er ihr jedoch auch nicht. Am Ende hinterließ der Roman einen tiefen Eindruck bei mir.

Veröffentlicht am 11.10.2018

Jeder der wegschaut wird zum Täter

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Eva ist Übersetzerin für Polnisch und wird beauftragt die Aussage eines ehemaligen KZ-Häftlings zu übersetzen. Sie ist Mitte 20, lebt mit ihren Eltern, die das Gasthaus „Deutsches Haus“ betreiben, ihrer ...

Eva ist Übersetzerin für Polnisch und wird beauftragt die Aussage eines ehemaligen KZ-Häftlings zu übersetzen. Sie ist Mitte 20, lebt mit ihren Eltern, die das Gasthaus „Deutsches Haus“ betreiben, ihrer älteren Schwester und ihrem jüngeren Bruder zusammen und hat vorher noch nie von Auschwitz gehört oder dem Ausmaß der Verbrechen die dort und in anderen Lagern geschehen sind. Der Roman spielt in Frankfurt, Anfang der sechziger Jahre, zwanzig Jahre nach Ende des 2.Weltkriegs.

Als Eva gegen den Willen ihres Verlobten beginnt im Prozess als Übersetzerin zu arbeiten, schlägt ihr aus ihrem Umfeld nur Widerwillen und Abweisung entgegen. Alle versuchen den Krieg und seine Auswirkungen zu verdrängen, sich ihrer Schuld zu entziehen und nicht darüber nachzudenken, was in den Lagern geschehen ist.
Evas Bruder spielt Krieg, ihre Schwester macht absichtlich Neugeborene krank, nur um sie gesund pflegen zu können und ihre Eltern haben den Krieg und ihre eigene Täterrolle verdrängt.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir erst schwer gefallen, der Schreibstil erinnert am Anfang an ein Drehbuch, eher kalt, sachlich und nüchtern werden die Personen und ihre Handlungen, die Szenerie beschrieben. Das ändert sich jedoch im Verlauf des Romans. Wir folgen Eva im Prozess und in ihrer schwierigen Situation mit ihrem Verlobten Jürgen, den sie liebt, aber der selbst eine Vergangenheit nicht verarbeitet hat und seine Launen an Eva auslässt.

Das Buch wird zunehmend beklemmender, je mehr Eva und die Leserin über die Verbrechen der NS-Zeit erfährt und erreicht seinen Höhepunkt, als Evas eigene Vergangenheit unmittelbar im Prozess zu Tage tritt.

Evas Konflikte mit ihrer Familie und ihrem Verlobten und die Auseinandersetzung mit der größtenteils verdrängten Vergangenheit sind sehr gelungen. Das Ausmaß der Verdrängung ist erschreckend und heute kaum noch vorstellbar. Wenn davon geredet wird, dass die Vernichtung von so vielen Menschen logistisch gar nicht möglich sei oder dass die Zeugen lügen würden, weil der, der das meiste Unglück erfahren hat, „gewinnt“, bleibt einem schon mal die Spucke weg.

Annette Hess ist mit ihrem Roman die Darstellung eines bedeutsamen Stücks deutscher Zeitgeschichte gelungen. Sie zeigt wie wichtig es ist, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und sich bewusst zu werden, was während des zweiten Weltkriegs in Deutschland geschehen ist und wie jeder der weggeschaut zum Täter wird. Sie zeigt auch die Folgen der Verdrängung und wie fehlende Aufarbeitung zur Verfestigung von Angst und Vorurteilen und damit zu Gewalt und Ausgrenzung alles Fremden führt.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Ein Stück Zeitgeschichte

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In ihrem Roman "Deutsches Haus" beschäftigt sich Annette Hess mit im ersten Auschwitz-Prozess, in dem die Gräueltaten, die in den Konzentrationslagern geschehen sind, aufgearbeitet und die Schuldigen verurteilt ...

In ihrem Roman "Deutsches Haus" beschäftigt sich Annette Hess mit im ersten Auschwitz-Prozess, in dem die Gräueltaten, die in den Konzentrationslagern geschehen sind, aufgearbeitet und die Schuldigen verurteilt werden sollten
Das bekannte „Deutsche Haus“ in Frankfurt wird von den Wirtsleuten Bruhns betrieben. Ihre Tochter Eva ist Übersetzerin für Polnisch und soll im ersten Auschwitz-Prozess die Aussagen eines Zeugen übersetzen. Ihre Eltern sind dagegen und ihr Verlobter will ihr die Arbeit sogar verbieten. Doch Eva lässt sich nicht beirren und nimmt den Job an. Während sie beim Prozess die Zeugenaussage übersetzt, erfährt sie Ungeheuerliches. Doch dann kommen Erinnerungen zutage, die sie aber nicht einordnen kann. Sie hat Fragen, aber niemand will mit ihr über dieses Thema reden. Aber Eva will nicht, dass geschwiegen wird. Sie will den betroffenen Menschen eine stimme geben. Doch was hat sie selbst mit Auschwitz zu tun?
Es ist ein interessantes und ein wichtiges Buch. Es gab viele Menschen in Deutschland, die gegen diesen Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main waren. Das Wirtschaftswunder war, es ging den Menschen gut und man wollte sich nicht mehr erinnern – aus den unterschiedlichsten Gründen.
Die Autorin hat einen fesselnden Schreibstil. Damit bringt sie die Informationen über den Prozess gut und verständlich rüber. Man fühlt mit den Zeugen, die über die Gräuel berichten und ist erschüttert, wie sich die Täter herausreden und sich immer noch keiner Schuld bewusst sind.
Aber auch das Leben in den sechziger Jahren ist gut dargestellt. Ich habe diese Zeit selbst miterlebt und weiß, wie schwierig es für junge Frauen war, ein selbstbestimmtes leben zu führen. Erst bestimmten die Eltern, wo es lang ging und dann übertrugen sie die Verantwortung auf den Ehemann. Eine Frau konnte also nur mit Erlaubnis einen Beruf ausüben. Aber auch das Leben mit den Gastarbeitern und die Vorurteile sind authentisch dargestellt.
Eva ist eine sympathische junge Frau, die sich im Laufe des Prozesses sehr weiter entwickelt. Am Anfang schien sie etwas naiv, da sie noch nichts von Auschwitz gehört hatte, man muss bedenken wie viele Jahre seit Kriegsende vergangen sind. Als sie wegen ihres Jobs Gegenwind sowohl von ihren Eltern als auch von ihrem verlobten erfährt, setzt sie sich durch. Der Prozess bringt sie dazu, sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinander zu setzen.
Es ist ein Stück deutscher Geschichte, das hier behandelt wird. Es geht dabei um die Schuld der Täter und die Schuld, derer die weggesehen und geschwiegen haben. Allerdings kam für mich der Prozess etwas zu kurz. Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 08.10.2018

ein wichtiger Teil deutscher Geschichte wird lebendig

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Eva Bruhns ist Anfang 20, lebt wohl behütet mit ihrer Familie in einer Wohnung über der titelgebenden Gastwirtschaft ihrer Eltern in Frankfurt am Main und steht kurz vor der Verlobung mit dem Unternehmersohn ...

Eva Bruhns ist Anfang 20, lebt wohl behütet mit ihrer Familie in einer Wohnung über der titelgebenden Gastwirtschaft ihrer Eltern in Frankfurt am Main und steht kurz vor der Verlobung mit dem Unternehmersohn Jürgen. Eva zweifelt manchmal, ob der biedere Jürgen wirklich der Richtige für sie ist, aber sie fügt sich den Erwartungen und die Verbindung bietet ihr einen gesellschaftlichen Aufstieg.
Als gelernte Dolmetscherin für Polnisch wird Eva kurzfristig zur Übersetzung einer Zeugenaussage hinzu gerufen. Erst, als sie am nächsten Morgen in den Tageszeitungen über die Ankündigung der bevorstehenden Auschwitz-Prozesse liest, wird ihr klar, womit sie am Vortag konfrontiert wurde. Da sie zuvor nie etwas von Auschwitz gehört hat, sucht sie das Gespräch mit ihren Eltern, doch diese reagieren abweisend und raten ihr ebenso wie ihr Verlobter davon ab, sich für den Prozess engagieren zu lassen. Eva folgt jedoch ihrem Bauchgefühl, will sich nicht bevormunden lassen und nimmt die Stelle als Dolmetscherin an. Im Verlauf des Prozesses, der sich über 20 Monate hinzieht, gibt sie vielen der Zeugen ihre Stimme und wird in eine Geschichte hinein gezogen, die nicht nur ihr Weltbild verändert sondern auch in unerwartetem Maß zu ihrer eigenen Geschichte wird.
„Deutsches Haus“ ist der erste Roman von Annette Hess, die sich bislang als Drehbuchautorin erfolgreicher Fernsehserien einen Namen gemacht hat. Man merkt dem Buch an, dass sie darin geübt ist, Geschichte und Geschichten lebendig werden zu lassen. Die Sprache ist der Zeit der 60er Jahre angepasst, die gesellschaftlichen Zwänge, das bürgerliche Spießbürgertum und das bewusste Verdrängen der eigenen Geschichte werden auf beklemmende Weise präsent. Beim Lesen werden die Figuren vor dem inneren Auge lebendig, die Beschreibungen von Schauplätzen und Charakteren sind zwar oft knapp aber dabei sehr präzise. Insbesondere die Szenen im Gerichtssaal verfügen über eine Intensität, die mich beim Lesen fast die Luft haben anhalten lassen. Die Autorin hält sich mit Wertungen zurück, sie beleuchtet die Ausmaße der Verbrechen und des Prozesses durch die Augen der zunächst unbedarften Eva, der Leser spürt durch sie das Unbehagen das entsteht durch das Bestreben vieler Beteiligter, ihre Schuld oder Mitschuld an den Vorgängen abzustreiten.
Annette Hess hat sich im Vorfeld des Romans intensiv mit dem Verlauf und den Aussagen der Frankfurter Prozesse beschäftigt, anhand des Schicksals Evas und ihrer Familie lässt sie diesen wichtigen Teil der deutschen Geschichte wieder aufleben und stimmt gleichzeitig nachdenklich auch über unseren heutigen Umgang mit aktuellen politischen Entwicklungen.

Veröffentlicht am 07.10.2018

Ergreifend und berührend zugleich

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Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Unvorhergesehen wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. ...

Frankfurt 1963. Eva, gelernte Dolmetscherin und jüngste Tochter der Wirtsleute Bruhns, steht kurz vor ihrer Verlobung. Unvorhergesehen wird sie gebeten, bei einem Prozess die Zeugenaussagen zu übersetzen. Ihre Eltern sind, wie ihr zukünftiger Verlobter, dagegen: Es ist der erste Auschwitz-Prozess, der in der Stadt gerade vorbereitet wird. Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, folgt ihrem Gefühl und widersetzt sich ihrer Familie. Sie nimmt die Herausforderung an, ohne zu ahnen, dass dieser Jahrhundertprozess nicht nur das Land, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich verändern wird.

Eva hat eingewilligt für die Zeugenaussagen der Ausschwitzüberlebende zu übersetzen, was Sie dabei zuhören bekommt kann die junge Frau kaum glauben. Sie kann mit niemanden darüber reden, aber es muss gesagt werden was geschah.

Ich war sehr überrascht von dem Buch, zu Anfang dachte ich es handelt sich dabei um eine reine Fiktive Geschichte, aber die Autorin hat auch mit Orignialausschnitten gearbeitet. Was ich besonders spannend finde ist der Hintergrund, die Familie möchte nichts über die Kriegsvergangenheit wissen und möchte deswegen auch nicht mit Eva über das Geschehen im Kriegsprozess reden.

Das Buch ist wirklich sehr beeindruckend und so ergreifend, persönlich kann ich es nur empfehlen.