Cover-Bild Loyalitäten
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 12.10.2018
  • ISBN: 9783832183592
Delphine Vigan

Loyalitäten

Roman
Doris Heinemann (Übersetzer)

Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène besorgniserregende Veränderungen an ihm festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt. Der Junge funktioniert und kümmert sich um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. Um ihren Sohn müssen sie sich keine Sorgen machen. Doch Théo trinkt heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Eines Tages wird ihn der Alkohol ganz aufsaugen, das weiß Théo. Doch wer sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es tun, wie aber soll das gehen, ohne dass er die Eltern verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, allerdings ist Théo sein einziger Freund. Und einen Freund verrät man nicht. Außerdem würde er damit auch demjenigen in den Rücken fallen, der den Minderjährigen den Alkohol besorgt. Und der ist es, der das gefährliche Spiel in dem schneebedeckten Park vorschlägt, bei dem Théo bewusst den eigenen Tod in Kauf nimmt.
Wer möchte nicht denen gegenüber loyal sein, die er liebt? In ihrem neuen Roman erzählt Delphine de Vigan von der manchmal gefährlichen Komplexität unserer Beziehungen. Dabei erweist sie sich einmal mehr als unbestechliche Chronistin zwischenmenschlicher Missstände.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2018

Alkohol, ein falscher Freund …

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Der 13jährige Théo hat gewaltigen Stress. Seine Eltern sind geschieden, und deshalb lebt er, laut Abmachung, eine Woche beim Vater und eine Woche bei der Mutter. Diese Umstellung ist für ihn kaum zu verkraften, ...

Der 13jährige Théo hat gewaltigen Stress. Seine Eltern sind geschieden, und deshalb lebt er, laut Abmachung, eine Woche beim Vater und eine Woche bei der Mutter. Diese Umstellung ist für ihn kaum zu verkraften, dazu kommen noch die Anforderungen in der Schule. Um alles einigermaßen zu bewältigen hat er zwei Freunde, Klassenkamerad Mathis - und den Alkohol. Schon seit einiger Zeit trinkt er regelmäßig und hat sich mittlerweise so daran gewöhnt, dass er ohne Hochprozentigem beinahe nicht mehr funktioniert. Er sucht darin die Wärme, die er sonst nirgends bekommt. Während beide Eltern noch ahnungslos sind und vor den Tatsachen die Augen verschließen, fällt Theos verändertes Verhalten seiner Lehrerin Hélène und auch Cécile, der Mutter seines Freundes Mathis, auf. Doch beide haben ihre eigenen Sorgen und Probleme, die zuerst bewältigt werden müssen …

Delphine de Vigan ist eine französische Schriftstellerin. Sie wurde 1966 in Paris geboren und lebt heute noch mit ihren beiden Kindern in dieser Stadt. Seit 2001 hat sie mehrere Romane veröffentlicht, für die sie einige bedeutende französische Literaturpreise erhielt.

Trotz der Problematik der Geschichte und der überwiegend bedrückenden Atmosphäre liest sich das Buch sehr gut. Der Autorin gebührt ein großes Lob für ihren präzisen Schreibstil, der sehr gefühlvoll, aber dennoch sachlich fundiert ist. De Vigan schreibt aus Sicht von vier beteiligten Personen. Dadurch wird das Geschehen von mehreren Seiten beleuchtet und gibt dem Leser Gelegenheit, tief in die Psyche der Beteiligten einzutauchen. Man ist hautnah dabei, möchte eingreifen, möchte helfen, wenn es denn irgendwie möglich wäre. Théos Nöte, seine Überlastung und seine Hilflosigkeit rauben einem beim Lesen den Atem und lassen uns hilflos zurück.

Wie weit darf Loyalität gehen? Muss man jemandem gegenüber, den man gern hat, loyal sein oder wäre es nicht besser, ihn zu seinem Nutzen zu verraten? Théo würde sich gerne seiner Lehrerin anvertrauen, doch dann müsste er ja seine Eltern verraten - seine Mutter, die nach der Scheidung recht seltsam geworden ist und sein Vater, der sich seit dem Verlust seines Arbeitsplatzes vernachlässigt. Théos Freund Mathis würde auch gerne mit seiner Mutter reden – doch dann müsste er seinen Freund verraten. Lehrerin Hélène versucht verzweifelt, die anderen Lehrkräfte von ihrem Verdacht zu überzeugen – und stößt dabei auf taube Ohren. Dann trifft Théo einen verzweifelten Entschluss …

Fazit: Ein einfühlsamer, außergewöhnlicher Roman, der im Leser noch lange nachklingen und ihn beschäftigen wird. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 03.09.2018

Ein neues Meisterwerk

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Delphine de Vigan ist für mich seit „Nach einer wahren Geschichte“ eine Lieblingsautorin. Nach und nach habe ich alle ihre Bücher angesammelt und daher stand „Loyalitäten“ schon lange auf der Wunschliste. ...

Delphine de Vigan ist für mich seit „Nach einer wahren Geschichte“ eine Lieblingsautorin. Nach und nach habe ich alle ihre Bücher angesammelt und daher stand „Loyalitäten“ schon lange auf der Wunschliste. Sehr ungewöhnlich, dieser Plot über einen 12jährigen, der seinen Kummer mit Alkohol ertränkt. Aber: andererseits eine Geschichte mitten aus dem Leben, jede einzelne der Figuren erscheint 100% authentisch und als Leser kann man sich der strudelnden Abwärtsspirale, in die Theo gerät, kaum entziehen. Das Ende ist dann eine Überraschung, ein würdiges Finale, aber auch viel Stoff zum Nachdenken.
Für mich lebt diese Geschichte zum einen von der hohen Authentizität, zum anderen aber vor allem von Delphine de Vigans toller Sprache. Immer wieder habe ich Sätze gelesen, die ich genauso abschreiben und immer wieder lesen müsste. Gedanken der einzelnen Personen, die eigentlich eine Wahrheit über uns alle verraten. Es ist beeindruckend, wie sich die Autorin sowohl in die Psyche eines Kindes, aber auch von Erwachsenen hineinversetzen und das Thema aus allen Perspektiven beleuchten kann. Ich denke, die Bücher von Delphine de Vigan sind wie die Bücher von Jodi Picoult, aber literarischer. Beide Autorinnen schätze ich sehr und kann „Loyalitäten“ uneingeschränkt empfehlen. Der Titel ist übrigens hierbei super gewählt! Man sollte sich nicht vom (nicht sehr gut geschriebenen) Klappentext abschrecken lassen, sondern dieses Buch einfach direkt beginnen!

Veröffentlicht am 02.09.2018

Nicht wegschauen, handeln

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Im Mittelpunkt von Delphine de Vigans neuem Roman “Loyalitäten“ stehen die zwölfjährigen Jungen Théo Lubin und Mathis Guillaume, ihre Eltern sowie ihre Lehrerin Hélène. Théos Eltern sind geschieden und ...

Im Mittelpunkt von Delphine de Vigans neuem Roman “Loyalitäten“ stehen die zwölfjährigen Jungen Théo Lubin und Mathis Guillaume, ihre Eltern sowie ihre Lehrerin Hélène. Théos Eltern sind geschieden und erbitterte Feinde. Der Junge lebt im wöchentlichen Wechsel bei Vater und Mutter und wird zwischen beiden aufgerieben. Théo darf über den jeweils anderen nicht sprechen. Dabei ist der desolate Zustand seines Vaters, eines arbeitslosen Alkoholikers und Tablettensüchtigen, der unter Depressionen leidet und in seiner vermüllten Wohnung kaum noch das Bett verlässt, für den Jungen eine schwere Bürde. Théo verschafft sich täglich durch größere Mengen hochprozentigen Alkohols Erleichterung. Sein Freund Mathis trinkt aus Solidarität zunächst mit. Nur Hélène, die Lehrerin der Jungen, spürt aufgrund ihrer eigenen traumatischen Kindheitserfahrungen, dass mit Théo etwas nicht stimmt. Sie versucht, ihre Kollegen zu sensibilisieren und an die Eltern heran zu kommen – vergeblich. Weil sie sich bei ihren Bemühungen zu helfen zu weit aus dem Fenster lehnt, bringt sie sich selbst in Schwierigkeiten. Cécile, die Mutter von Mathis, bemerkt aufgrund einschlägiger Erfahrungen den Alkoholkonsum ihres Sohnes, ist aber in ihrer kriselnden Ehe zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt. Sie ist im Computer auf eine bisher unbekannte verabscheuungswürdige Seite ihres Mannes gestoßen. Die Lage spitzt sich immer mehr zu. Nur Mathis weiß Bescheid und muss sich entscheiden, was genau in dieser Situation Loyalität bedeutet: Hilfe suchen oder schweigen.
Die Geschichte wird aus vier verschiedenen Perspektiven erzählt: Théo und Mathis, Cécile und Hélène, wobei die beiden Frauen als Ich-Erzählerinnen fungieren. Dadurch wird sehr deutlich, dass alle vier beschädigte Persönlichkeiten sind. Der Roman enthält eine gute Portion Gesellschaftskritik. In einer Zeit, in der Arbeitslosigkeit, Armut, Alkoholismus, das Zerbrechen von Familien, Gewalt und Missbrauch verbreitete gesellschaftliche Probleme sind, darf niemand wegschauen. Die Autorin stellt überzeugend dar, welche Verheerungen diese Missstände bei Kindern und Jugendlichen anrichten. Für die Autorin heißt sich loyal verhalten aktiv werden, sich kümmern. Der kurze Roman, den ich keineswegs schwächer finde als die Vorgänger, bringt den Leser zum Nachdenken – nicht zuletzt durch sein offenes Ende. Gibt es eine Rettung für Théo? In meinen Augen bestätigt die Autorin ihren Ruf als eine der wichtigsten Stimmen der französischen Gegenwartsliteratur.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Ergreifend, erschütternd und doch hoffnungsvoll

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Der junge Théo kommt aus zerrüttenden Familienverhältnissen, da seine Eltern geschieden sind und ihren Ex-Ehekrieg über den Jungen ausüben, ohne zu ahnen was sie ihm damit antun. Um mit diesem Liebesentzug ...

Der junge Théo kommt aus zerrüttenden Familienverhältnissen, da seine Eltern geschieden sind und ihren Ex-Ehekrieg über den Jungen ausüben, ohne zu ahnen was sie ihm damit antun. Um mit diesem Liebesentzug umzugehen, beginnt Théo zu trinken. Erst wenig, doch die Mengen werden immer größer und der Alkohol hochprozentiger. Einzig sein bester Freund Mathis kennt sein Geheimnis und ahnt wie schlimm es um seinen besten Freund steht. Doch keiner der Außenstehenden (Eltern, Lehrer) bemerkt etwas, nur die aufmerksame Lehrerin Hélène bemerkt dass etwas mit ihm nicht stimmt und versucht hinter sein Geheimnis zu kommen. Kann sie seine sorgsam um sich gebaute Mauer durchbrechen, die allen eine weitestgehend intakte Familie vorspielt?

Die Geschichte ist aus verschiedenen Perspektiven geschildert und bildet so ein einheitliches Bild der Geschehnisse unterschiedlich wahrgenommen. Théos Teil hat mir am besten gefallen, da er eindringlich und präzise seine Empfindungen und Gefühle wiedergibt ohne unnötige Wörter zu gebrauchen. In jeder Zeile schwingt seine Verzweiflung mit und sein Wunsch aus diesem Leben zu treten. Dabei sehnt er sich nach dem leichten schwerelosen Gefühl, das ihm der Alkohol beschafft bis hin zur Bewusstlosigkeit, um dieses Leben nicht mehr ertragen zu müssen. Die Passagen zu seinen Eltern haben mich wütend und fassungslos gemacht. Sie sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie ihn komplett vernachlässigen und ihren Krieg auf seinem Rücken austragen, obwohl er in keiner Weise dafür verantwortlich ist. Einzig Hélène bemerkt etwas, da sie selbst aus schwierigen Familienverhältnissen stammt. Einerseits hätte sie mehr tun können, wie ich finde. Andererseits ist sie ja "nur" die Lehrerin und wenn selbst die Eltern von Théo bzw. die Mutter und auch sonst kein Lehrer etwas merkt, sind ihr da wohl oder übel die Hände gebunden. Sie überschreitet ihre Grenzen, aber helfen tut sie im leider nicht. Mathis' Sicht kann ich auch gut verstehen. Er merkt, dass Théo ein gefährliches Spiel mit sich und seinem Körper spielt, traut sich dennoch nicht etwas zu sagen, weil er ihn damit verraten würde. Auch wenn es für Théo besser gewesen wäre, wenn endlich jemand sein verstecktes Leid erkannt hätte, kann ich Mathis verstehen. Es sind immerhin 12/13-jährige verunsicherte Jungen, die sich evt. vor Strafen und Ärger fürchten. Es werden zahlreiche Unternehmungen unternommen mehr über Théos Zustand zu erfahren, doch bis auf Vermutungen und halbherzigen Versuchen bleibt nichts. Das Ende hat es nochmal in sich und bildet den gefährlichen Höhepunkt einer langwierigen Geschichte. Bei einem gefährlichen Spiel auf einer vereisten Baustelle nimmt das Verhängnis seinen Lauf, der für manchen böse enden könnte. Leider bleibt das Ende offen und es ist unklar ob Théo die ersehnte Erlösung im Alkohol findet oder nicht. Eines jedoch ist klar, dass Hélène den Hilferuf eindeutig vernommen hat und vielleicht besteht noch Hoffnung.

Veröffentlicht am 28.08.2018

Vor dem Abgrund

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Delphine de Vigan hat schon einige beeindruckende Romane geschrieben. Zum Beispiel "Nach einer wahren Geschichte", "Tage ohne Hunger", "Das Lächeln meiner Mutter". Deswegen gehört sie für mich zu den wichtigsten ...

Delphine de Vigan hat schon einige beeindruckende Romane geschrieben. Zum Beispiel "Nach einer wahren Geschichte", "Tage ohne Hunger", "Das Lächeln meiner Mutter". Deswegen gehört sie für mich zu den wichtigsten Autorinnen der zeitgenössischen französischen Literatur.
Loyalitäten reiht sich in ein. Mit wechselnden Perspeltiven, mal aus erster, mal aus dritter Person heraus erzählt, wird vom Leben an einer Schule erzählt. Im Mittelpunkt der 12jährige Theo, der dem Alkohol verfällt, da seine geschiedenen, lebensuntüchtigen Eltern ihn in eine Lebenskrise brachten.
Helene, eine mitfühlende Lehrerin spürt, das mit Theo etwas nicht stimmt. Auch Cecile, die Mutter von Theos besten Freund Mathis ahnt etwas. Doch ein Eingreifen ist nicht einfach.

Durch die wechselnden Perspektiven kann man die Figuren ganz gut verstehen. Am meisten verschlossen ist eigentlich Theo, aber durch die familiären Verhältnisse wird er praktisch in die defensive Rolle gedrängt, denn obwohl er versucht, seine arbeitslosen, heruntergekommen Vater zu helfen, bleibt er hilflos und die Betäubung durch Alkohol sein Ausweg. Doch es wird immer schlimmer. Die Situation spitzt sich zu und dadurch entsteht eine Spannung.

Mich überzeugt, dass die Autorin auf Sentimentalität verzichtet, dafür auf präzises und sensibles Erzählen setzt.
De Vigan schafft eine ausgezeichnete Romankonstruktion, die sich auf einen kleinen Rahmen beschränkt und daher funktioniert das kurze Buch sehr gut. Für mich ist das ohne Frage 5 Sterne wert!