Ehrlich und authentisch!
Gabriella Santos de Lima trifft mit That Girl den Nerv einer Generation, die zwischen Selbstinszenierung, Leistungsdruck und dem Wunsch nach Perfektion balanciert. In ihrem Roman erzählt sie von Tess Raabe, ...
Gabriella Santos de Lima trifft mit That Girl den Nerv einer Generation, die zwischen Selbstinszenierung, Leistungsdruck und dem Wunsch nach Perfektion balanciert. In ihrem Roman erzählt sie von Tess Raabe, einer Influencerin, deren Leben auf den ersten Blick beneidenswert scheint – erfolgreich und sichtbar.
Handlung: Tess Raabe lebt das perfekte „That Girl“-Leben und teilt es mit ihrer Community. Schön, scheinbar authentisch schreibt sie Bücher über Tinderdates und predigt Selbstliebe.
Doch der Druck, jederzeit performen zu müssen – sportlich, diszipliniert, inspirierend –, zermürbt sie. Doch als sie Leo begegnet, gerät ihr Selbstbild ins Wanken. Er ist charmant, unberechenbar – und bringt alles durcheinander, was Tess bisher über sich selbst glaubte. Plötzlich steht eine Frage im Raum, die sie lange verdrängt hat: Wer ist sie wirklich – und was hat die Liebe damit zu tun?
Meinung: Santos de Lima gelingt es, mit literarischer Klarheit und emotionaler Tiefe die Widersprüche einer Generation zu beleuchten, die alles sein will – und sich dabei oft verliert. That Girl ist ein Buch über Kontrolle und Kontrollverlust, über weibliche Selbstbilder und über den schwierigen, aber lohnenden Weg zurück zur eigenen Stimme.
Gabriella Santos de Limas besondere Erzählweise und ihr Schreibstil enttäuschen nie. Ich wusste bereits, bevor ich ihren neuen Roman That Girl gelesen habe, dass dieser grandios wird. Ich habe das Buch innerhalb eines Tages verschlungen. Aber ich hätte nie gedacht, dass es mich so sehr zum Nachdenken anregt und mir so viel bewusst macht.
Santos de Lima fesselt mit ihrer Handlung. Hinter nahezu jedem fünften Satz steckt eine Message – dieses Buch ist einfach so ehrlich und entwickelt sich zu so viel mehr. Es wird so vieles hinterfragt und kritisiert – man fühlt sich verstanden. Besonders in Bezug auf das eigene Körperbild, auf Selbstliebe und die Frage, was eigentlich echt ist.
Beim Lesen kamen so viele Emotionen in mir hoch. Die Autorin spricht das aus, was jeder denkt, aber weder wahrhaben noch aussprechen kann. Sie bringt das so authentisch aufs Papier und legt einem nichts anderes als die Wahrheit und Realität vor.
Ich finde es großartig, wie ehrlich sie auch mit sich selbst ist – man merkt, dass da viele persönliche Ansichten mitschwingen. Und ich finde, man muss erstmal so mutig sein, diese zu teilen. Sie thematisiert Feminismus, Körperbild und Perfektion – und mit jedem einzelnen Thema kann man als Frau nur mitfühlen und sich verstanden fühlen.
Sie zeigt mit ihrer Protagonistin Tess das Problem auf, immer wieder nur die perfekte Version von sich selbst anstreben zu wollen. Im Fokus steht Tess’ Leben als „That Girl“ – ihre sich wiederholende Routine. Wie sie Protein-Smoothies trinkt, zum Pilates geht, zum Yoga geht. Es gibt auch immer wieder Einspieler von Kommentaren ihrer Community, sodass man rundum einen Einblick in Tess’ Alltag und ihren Lifestyle bekommt.
Tess scheint zwar perfekt, doch sie denkt ganz anders über sich, als man meinen mag:
„Wenn ich ehrlich bin, habe ich die letzten Jahre damit verbracht, meine Persönlichkeit in eine Marke zu verwandeln. Authentisch, echt und hoffnungsvoll. Genau deshalb filme ich alle paar Wochen meine Körperstellen ab, die die Gesellschaft uns als Makel verkauft. (….) Unter diesen Videos bedankt ihr euch am meisten für meine Offenheit. Meine Authentizität. Doch ich gebe acht, dass ich diese Art von Videos nur selten teile. Ich muss meine Echtheit immer wieder in meine Ästhetik streuen, nicht umgekehrt.“
Beim Lesen kommen so viele persönliche Gedanken und Anregungen in einem selbst hoch, weil man als Frau täglich mit genau diesen Themen konfrontiert wird.
Im Klappentext steht ausdrücklich, dass dies kein Liebesroman ist – und anfangs hatte ich die Sorge, es könne in diese Richtung abdriften. Doch das Buch entzieht sich bewusst allen Klischees. Ein wichtiges Thema ist das Dating in unserer heutigen Generation. Wir alle werden geprägt von Dating-Apps, jeder hat seine „Tricks“ – man ist theoretisch nur einen Swipe vom Traumpartner entfernt. Könnte man jedenfalls meinen. Gabriella Santos de Lima kritisiert mit klaren Worten unsere Gesellschaft, Social Media und den enormen Druck, alles perfekt inszenieren zu müssen:
„Du darfst das Verhältnis eurer weiblichen und männlichen Energien nämlich nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Trag weiße Kleider und roten Lippenstift. Das macht ihn verrückt, im guten Sinne. Aber bitte habe Ansprüche, immerhin leben wir im 21. Jahrhundert, und du kannst auch Chef sein, wenn du weiblich bist, #girlboss!“
Ihre Gedanken sind echt und ungefiltert. Man fühlt sich als Leser*in durchgehend verstanden. Auch die anderen Charaktere im Buch füllen es mit Leben und haben ihre eigenen Geschichten und Konflikte. Besonders Tess’ beste Freundin Cora ist mir ans Herz gewachsen – sie kehrt immer wieder zu dem Typen zurück, der sie schlecht behandelt und egal wie oft Tess ihr einen Reality Check geben will, sie kann nicht aufhören, ständig seine Bestätigung zu bekommen.
Mich haben die Szenen zwischen den beiden besten Freundinnen sehr ergriffen, weil beide mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben, aber sich in den schweren Zeiten unterstützen. Von dieser schönen, aber nicht perfekten Freundschaft zu lesen, hat mich sehr erwärmt.
Dieses Buch hat mir in vielen Punkten die Augen geöffnet und meinen Horizont erweitert. Es ist keine klassische Liebesgeschichte, in der nach einem Streit, ein Kuss alles wieder gut macht. Dieses Buch zeigt, dass man als Frau lernen muss, Grenzen zu setzen. Dass die Welt nicht immer rosarot ist. Und dass es okay ist, „Nein“ zu sagen.
Denn man gerät immer wieder in diese Spirale: Ich werde nie wieder jemanden finden wie ihn, Er war der Richtige, Wir sind füreinander bestimmt.
Ich bin geflasht von diesem Buch. Noch nie habe ich mich so verstanden gefühlt. Noch nie hat jemand die Gedanken so authentisch und ehrlich ausgesprochen, die jede Frau denkt – aber nicht ausspricht. Ich habe so lange nach einem Roman wie diesem gesucht. Ich habe fast das Gefühl, dieses Buch ist für mich geschrieben worden – wie für viele andere Frauen aus der Generation Z und den Millennials auch.
Feministisch. Authentisch. Echt. Und absolut lesenswert.
Fazit:
Dieses Buch hat mich tief berührt. Es hat mir gezeigt, dass ich meine eigenen Ansprüche nicht kleiner machen muss – weder in der Liebe noch im Leben. Gabriella Santos de Limas Worte haben mich daran erinnert, wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben und die eigene Wahrheit auszusprechen – auch wenn es unbequem ist.