Cover-Bild Alles, was wir sind
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rütten & Loening Berlin
  • Themenbereich: Belletristik - Biografischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 475
  • Ersterscheinung: 08.11.2019
  • ISBN: 9783352009358
Lara Prescott

Alles, was wir sind

Roman
Ulrike Seeberger (Übersetzer)

Es geht um Liebe. Es geht um uns. Der Kalte Krieg zieht auf, und Worte werden zu Waffen. Olga Iwinskaja, Geliebte des großen Boris Pasternak, wird verhaftet. In Moskau will man verhindern, dass Pasternaks Roman Doktor Shiwago erscheint, doch Olga hält an ihrer Liebe zu Boris fest. Zugleich will die CIA mit einer einzigartigen Waffe den Widerstand in der Sowjetunion wecken – mit Literatur, mit Doktor Shiwago. Für die Mission wird die junge Irina angeworben und von der Agentin Sally ausgebildet. Es beginnt eine gefährliche Hetzjagd auf ein Buch, das den Lauf der Welt verändern soll. Eine große Geschichte über geheime Heldinnen, die Kraft der Literatur und – die Liebe.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2019

Davon hatte ich mir mehr versprochen

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„Doktor Schiwago“, der Welterfolg des russischen Autors Boris Pasternak, war der Lieblingsfilm meiner Mutter, den wir uns zusammen bestimmt 5 x, wenn nicht öfters, im Kino angeschaut haben, steht im Mittelpunkt ...

„Doktor Schiwago“, der Welterfolg des russischen Autors Boris Pasternak, war der Lieblingsfilm meiner Mutter, den wir uns zusammen bestimmt 5 x, wenn nicht öfters, im Kino angeschaut haben, steht im Mittelpunkt dieses Romans von Lara Prescott.
Dann bekam ich die Leseprobe zu „Alles, was wir sind“, die mich sehr angesprochen hat. Genau so wie der Klappentext. Also musste ich auch dieses Buch lesen.
Leider haben sich meine vielleicht zu hohen Erwartungen an das Buch nicht erfüllt.

Unterteilt wird die Geschichte in zwei Erzählstränge, gegliedert nach Osten 1949 – 1961 (Sowjetunion-Moskau) und Westen 1956 - 1959 (USA-Washington).
Im Osten finde ich es sehr spannend, zu erfahren, wie das Buch Dr. Schiwago von Boris Pasternak entstanden ist. Die Hauptfigur Lara lehnt sich stark an Pasternaks Geliebte Olga Iwinskaya an, die bis zu seinem Tod an seiner Seite bleibt und erduldet aus Liebe zu ihm sogar einige Jahre Arbeitslager.
Im Westen lerne ich zwei Stenotypistinnen der CIA, Irina Drozdov und Sally Forrester, kennen.

Lara Prescott erzählt in einer anschaulichen, sehr detailreichen Sprache, bei der ich allerdings Vieles für überflüssig und nicht der Geschichte dienlich empfinde. Was ich auch nicht mag ist, dass der Westen nur aus positiven Aspekte besteht, wogegen der Osten düster, grau und grausam gezeichnet wird. Auch die Personen, denen ich hier begegne haben keine Tiefe, ich komme nicht an sie heran, sie bleiben mir fremd.

Sehr gut gefallen hat mir die Aufzeichnung des Weges, auf dem Dr. Schiwago über einen Mailänder Verlag zur Veröffentlichung in die USA gelangt ist. Ich bekomme viele Hintergrundinformationen, die gut recherchiert scheinen und die ich bisher alle nicht kannte. Auch dass dieses Buch als „Waffe“ gesehen wurde, hat mich fasziniert. Dass der gesamte Roman aus Sicht der Frauen erzählt wird, finde ich schon bemerkenswert. Waren sie doch zu der Zeit alles andere als anerkannt.

Meine Gefühle gegenüber dem Buch sind sehr gespalten. Die eine Hälfte sehe ich als gute Unterhaltung mit viel Wissenswertem. Bei der anderen Hälfte habe ich mich gelangweilt durch die Seiten und Kapitel gequält. Trotzdem bin ich froh, das Buch gelesen zu haben.

Veröffentlicht am 18.11.2019

Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau

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„Sekretär/Sekretärin: eine Person, der man ein Geheimnis anvertraut. Vom Lateinischen secretus, secreta, secretum. Wir alle tippten, aber einige von uns taten mehr.“ (S. 19)
Irina bewirbt sich 1956 in ...

„Sekretär/Sekretärin: eine Person, der man ein Geheimnis anvertraut. Vom Lateinischen secretus, secreta, secretum. Wir alle tippten, aber einige von uns taten mehr.“ (S. 19)
Irina bewirbt sich 1956 in einem unauffälligen Büro in einem unscheinbaren Haus, irgendwo in Washington D.C. – aber es ist nicht irgendein Büro, sondern die Agency, der CIA. Hinter identischen Schreibmaschinen an identischen Arbeitsplätzen sitzen Frauen, die die beste Schulbildung genossen und studiert haben. Die Älteren von ihnen waren im 2. WK u.a. als Spione im Einsatz, aber jetzt werden sie nur noch als Stenotypistinnen gebraucht. „Dieselben Finger, die früher einmal den Abzug betätigt hatten, schienen nun besser für die Schreibmaschinen geeignet zu sein.“ (S. 15) Irina ist die Tochter russischer Einwanderer, allerdings hat ihr Vater es nie nach Amerika geschafft. Darum ist sie auch sofort bereit, sich in der Agency abends nach der offiziellen Arbeit für die Aktion „AEDINOSAUR“ ausbilden zu lassen …

Moskau, 6 Jahre zuvor: Olga ist Redakteurin bei einer Literaturzeitschrift, zweifache Witwe, zweifache Mutter und die Geliebte von Boris Pasternak. Sie ist das Vorbild für die Lara in „Dr. Shiwago“, an dem er gerade schreibt. Im kleinen Kreis liest er immer wieder Szenen aus dem Buch vor und auch die Regierung will unbedingt wissen, worum es darin geht. Sie verhaften Olga und verurteilen sie zu 5 Jahren Gulag (Arbeits- und Umerziehungslager) um ihren Willen brechen und sie zum Reden bringen, doch Olga schweigt.

Als „das Buch“ 1956 endlich fertig ist, findet sich in Russland kein Verleger. Aber Giangiacomo Feltrinelli kann Pasternak die Rechte für Italien abkaufen. „Möge das Buch seinen Weg um die Welt antreten.“ (S. 202). Auch der CIA hat großes Interesse. Amerika möchte verbotene Bücher nach Russland schmuggeln, um die Bevölkerung aufzurütteln und über die Einflussnahme und Bevormundung ihrer eigenen Regierung aufzuklären.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich Dr. Shiwago nie gelesen habe und darum ganz unvoreingenommen an die Geschichte herangegangen bin. Lara Prescott erzählt parallel von Olgas und Boris Liebe, ihrem Leben in der UdSSR, dem Entstehen von Dr. Shiwago und von der Arbeit (der Stenotypistinnen) der CIA, insbesondere von Irina und ihrer Ausbilderin Sally.

Es ist die Geschichte der Frauen im Hintergrund. Man nimmt sie nicht wahr, aber sie bekommen alles mit und ziehen oft die Fäden. Doch den Ruhm ernten die Männer, dafür gehen sie sprichwörtlich über die Leichen der Frauen und (be)nutzen sie. Das wird bei den Sekretärinnen des CIA überdeutlich. Aber auch Olga steht immer hinter Boris, unterstützt ihn, sucht widerholt das Gespräch mit der Regierung und der Partei und warnt ihn, denn sie hat Angst. „Wenn der Westen das Buch ohne Erlaubnis der UdSSR veröffentlichen würden, dann würde sie ihn holen kommen – und mich dazu. Und diesmal würden man einen Aufenthalt von wenigen Jahren in einem Arbeitslager wohl kaum als ausreichende Strafe ansehen.“ (S. 210)

Olga war mir nicht immer sympathisch, erschien manchmal zu berechnend. Ja, sie hat ihren Beruf für Boris aufgegeben und ist in den Gulag gegangen, um ihn zu schützen. Ja, sie erwartet nicht, dass er sich scheiden lässt um sie zu heiraten. Andererseits fordert sie Unterstützung von ihm ein – als Wiedergutmachung? Und sie lässt ihre Kinder bei ihrer Mutter. Olga ist auf jeden Fall eine Frau, die polarisiert und es dem Leser nicht leicht macht.

Irina hingegen hat mich sofort fasziniert. Nach außen ist sie die unauffällige Tippse, die Neue im Büro, die sich aus allem raushält. Sie hält sich selber für nichts Besonderes und ist überrascht, dass ihre Vorgesetzten mehr in ihr sehen. Die Arbeit als Spionin, der Adrenalinkick gefallen ihr extrem gut. Außerdem findet sie ausgerechnet in der Agency ihre große Liebe – aber kann sie die auch (aus-)leben?

Auch Boris Pasternak kommt bei Lara Prescott nicht ganz so gut weg. Er erscheint sehr wankelmütig und versucht immer, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Er ändert seine Entscheidungen mehrfach und verletzt Olga damit. „Das Buch war ihm sogar wichtiger als das eigene Leben. Es kam an erster Stelle, und das würde auch immer so bleiben, und ich fühlte mich wie eine Närrin, dass ich es nicht früher begriffen hatte.“ (S. 334) Außerdem wird deutlich, wieviel besser er als einer von Stalins Privilegierten gegenüber den „normalen Menschen“ in der UdSSR lebt.

Wenn ich das Buch in ein Genre einordnen müsste, würde ich es als Spionageroman bezeichnen. Die Autorin vermittelt sehr geschickt die angespannte politische Situation in der UdSSR, den Wettlauf mit der USA um technische Errungenschaften wie den ersten Flug zum Mond, und hat mich damit bis zum Ende gefesselt. Dazu kommen die beiden großen, nicht immer glücklichen Liebesgeschichten, die mich sehr bewegt haben.
Mir ging es wie einigen anderen Lesern, und ich habe das Buch zwischendurch immer wieder aus der Hand legen müssen, um die Handlung sacken zu lassen. „Alles, was wir sind“ ist für mich definitiv ein weiteres Jahreshighlight.

Veröffentlicht am 17.11.2019

Interessantes Debüt, das nicht ganz zu überzeugen vermag

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"Alles, was wir sind" von Lara Prescott ist durchaus interessant, konnte jedoch nicht voll überzeugen.

"Eine große Geschichte über geheime Heldinnen, die Kraft der Literatur und – die Liebe." So wird ...

"Alles, was wir sind" von Lara Prescott ist durchaus interessant, konnte jedoch nicht voll überzeugen.

"Eine große Geschichte über geheime Heldinnen, die Kraft der Literatur und – die Liebe." So wird das Buch auf dem Einband beworben. Leider hält das Buch jedoch diese große Ankündigung nicht ganz ein.

Es handelt sich bei dem Leseexemplar um eine sehr hochwertige Ausgabe, bei der erkennbar sehr viel Liebe fürs Detail investiert wurde. Der Einband ist geprägt und mit einem durchsichtigen Schutzumschlag versehen, wodurch eine große Tiefe des Covers erreicht wird. Zudem befinden sich in einer Banderole zwei zusätzliche Heftchen. In einem kommt die Autorin Lara Prescott zu Wort und berichtet über ihre Gründe den Roman zu verfassen und ihre Recherchearbeit. Bei dem anderen handelt es sich um ein Notizbuch, in dem Gedanken zum Roman notiert werden können. Deutlich wird, dass die Autorin sehr weitreichend und gründlich recherchiert hat. Dadurch gelingt es ihr, in dem fiktiven Konstrukt ihres Romans auch viele tatsächlich recherchierte Zitate und Beschreibungen einfließen zu lassen. Für mich macht dies einen besonderen Reiz aus. Es handelt sich um wahre Begebenheiten der Literaturgeschichte. Ich habe für mich einiges neues Wissen erworben. "Damals glaubten wir noch, dass Bücher Waffen sein können - dass Literatur den Lauf der Geschichte ändern kann." Dieser Satz lässt die Hauptaussage des Romans deutlich werden. Von 1949 bis 1961 verfolgt der Leser aus zwei Perspektiven - Osten und Westen - die Bemühungen rund um den Roman" Doktor Shiwago" von Boris Pasternak. Die eine Seite, Russland, versucht die Fertigstellung und später dann die Veröffentlichung des Romans um jeden Preis zu verhindern. Die andere Seite, Amerika, versucht die Veröffentlichung um jeden Preis zu ermöglichen und dafür zu sorgen, dass der Roman auch in Russland eingeschmuggelt und dort gelesen wird. Im Fokus der Bestrebungen stehen zwei starke Frauen. Olga, die Geliebte von Boris Pasternak, wird für drei Jahre inhaftiert, um Druck auf ihn auszuüben und ihn vom Schreiben seines "antisowjetischen" Romans abzuhalten. Irina, Mitglied der CIA, soll mit allen Mitteln dafür Sorgen, dass der Roman nach seiner Fertigstellung veröffentlicht wird. Es ist durchaus interessant zu verfolgen, wie es den beiden Frauen über die Jahre ergeht. Leider ist der Schreibstil jedoch sehr nüchtern und wenig detailliert, so dass keine Emotionen entstehen konnten und es nicht möglich war, eine Sympathie für die Figuren zu entwickeln. Zudem ist nicht immer ganz klar, wer gerade spricht. Es wird zwar phasenweise aus Ich-Perspektive erzählt, jedoch mit einer Art 'kollektiven Ich', dies wirkt etwas befremdlich. Daneben wirkt das Buch teilweise so, als würde es künstlich in die Länge gezogen. Begebenheiten werden sehr detailliert ausgeschmückt und Nebenschauplätze eröffnet, die nicht in der Handlung voran bringen.
Was mir gut gefällt, sind einige der Stilmittel. Zum einen schreibt Olga einen Brief - genauer ein Geständnis - auf welchem im Verlauf des Romans immer wieder, wie ein roter Faden, zurück gekommen wird. Zum anderen sind die Kapitelüberschriften sehr originell. Sie weisen den Frauen verschiedene Rollen im Laufe der Jahre zu. Die vorangegangen Rollen werden dabei jeweils durchgestrichen aufgenommen und die aktuelle darunter aufgeführt.

"Eine große Geschichte über geheime Heldinnen"
Die dargestellten Frauen sind durchaus sehr stark und trauen sich vieles zu, wachsen im Lauf der Jahre über sich selbst hinaus. Dabei bringen sie große Opfer, um für ihre Sache zu kämpfen. Es handelt sich um durchaus interessante Charaktere, die auch sehr vielschichtig sein könnten. Die angelegten Figuren haben Potential, leider scheint dieses nicht voll ausgenutzt. Keine der Frauen, konnte mich als Heldin überzeugen.

"Eine große Geschichte über [...] die Kraft der Literatur"
Es wurde sehr gut herausgearbeitet, wie in der Zeit zwischen 1949 und 1961 versucht wurde über Literatur Einfluss zu nehmen. Das hat mir wirklich gut gefallen. Schön, wäre es noch gewesen, etwas mehr über "Doktor Shiwago" zu erfahren. Beispielsweise, indem Passagen aus dem Roman in dieses Werk mit aufgenommen worden wären oder erklärt wonder wäre, warum die Veröffentlichung um jeden Preis verhindert werden sollte. Insgesamt wurde jedoch die Kraft der Literatur gut deutlich.

"Eine große Geschichte über [...] die Liebe"
Es geht vor allem um die Liebesgeschichte von Boris Pasternak und Olga. Diese überdauert viele Jahre und auch einige große Schwierigkeiten. Auch hier hat die Handlung großes Potential, vermag es jedoch nicht, zu fesseln und mitreißen. Ja, der Liebe wird Raum gegeben und dies auch durchaus zu einem großen Teil. Aber eine 'große Geschichte' kam dennoch beim Lesen nicht rüber.

"Alles, was wir sind" von Lara Prescott ist ein Debütroman mit großem Potential, das leider nicht vollständig genutzt wurde. Propaganda, Krieg, Liebe, Literatur - viele Themen die hier durchaus angesprochen werden, dennoch vermag das Buch nicht zu fesseln und zu überzeugen. Es fehlt die Tiefgründigkeit, die Emotion, das Gefühl, als Leser mitgenommen zu werden. Empfehlen kann ich diesen Roman Lesern, die gern anspruchsvolle Werke lesen und die neugierig auf dieses Werk geworden sind, um sich selbst ein Bild zu machen, ob der große mediale Ruhm gerechtfertigt ist.





Veröffentlicht am 16.11.2019

Ein Roman rund um die Publikationsgeschichte von Doktor Schiwago

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Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Olga Iwinskaja in Moskau verhaftet. Sie ist die Geliebte des berühmten Schriftstellers Boris Pasternak. Die russische Regierung geht davon aus, dass er im ...

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Olga Iwinskaja in Moskau verhaftet. Sie ist die Geliebte des berühmten Schriftstellers Boris Pasternak. Die russische Regierung geht davon aus, dass er im Roman „Doktor Schiwago“, an dem er gerade arbeitet, antisowjetische Ansichten zum Ausdruck bringt. Olga will über den Inhalt nichts verraten und wird ins Arbeitslager geschickt, vor allem, um Pasternak zu bestrafen.

In Washington D.C. bewirbt sich unterdessen Irina Drosdowa als Stenotypistin bei der CIA, Abteilung Sowjetrussand. Ihre Mutter ist vor ihrer Geburt aus der Sowjetunion geflohen, der Vater wurde kurz vor der Ausreise verhaftet. Auch wenn sie nicht besonders schnell tippt, wird sie eingestellt. Sie erhält eine Ausbildung zur Spionin, um an Einsätzen teilzunehmen, mit denen die russische Bevölkerung gegen ihre Regierung aufgebracht werden soll. Doch die Agency ist ein Haifischbecken...

Das Buch beginnt mit einem Prolog, in dem die Stenotypistinnen der CIA in der Wir-Form zu Wort kommen und von ihrer täglichen Arbeit berichten. Die Männer haben hier das Sagen und führen sich auf, als gehöre ihnen die Welt, während die im Krieg erfolgreichen weiblichen Spione zu langweiligen Tätigkeiten verdonnert wurden. Die Stenotypistinnen kennen alle Geheimnisse, sowohl in Bezug auf die verdeckten Operationen als auch persönliche Dinge.

Der Roman springt zwischen der Handlung in der Sowjetunion rund um Olga und Pasternak sowie der in den USA rund um Irina und die Stenotypistinnen hin und her, sodass man auf beiden Seiten des Kalten Krieges hinter die Kulissen blickt. Die beiden Frauen kommen am häufigsten zu Wort, allerdings wechselt die Perspektive oft auch zu anderen Charakteren, durch die man weitere Informationen zum Geschehen erhält.

Die in der Sowjetunion spielenden Szenen sind recht bedrückend und zeigen, wie gefährlich es dort sein konnte, die Überzeugungen der Regierung nicht zu teilen. Olga ist lange in Haft, und auch nach ihrer Entlassung kann sie sich nie sicher sein, als Muse von Pasternak doch wieder abgeholt zu werden. Als er „Doktor Schiwago“ endlich fertig geschrieben hat unterstützt sie ihn bei der Suche nach einem Verlag. Sie ist entsetzt, als er das Manuskript den Italienern aushändigt, ohne dass es zuvor in ihrer Heimat erschienen ist. Die Autorin hat hier die tatsächliche Publikationsgeschichte des Romans verarbeitet, was ich interessant fand.

Der in den USA spielende Teil beschäftigt sich lange mit der Ankunft Irinas bei der CIA und ihrer Ausbildung. Sie gerät immer tiefer ins Netz aus Geheimnissen und Intrigen hinein. Als sie eine Beziehung mit einem Arbeitskollegen eingeht und sich dann in jemand anderen verliebt ist sie in einer schwierigen Situation. Die Entwicklungen konnten mich nicht fesseln und es zog sich in die Länge. Der Part rund um die Aktion der Amerikaner, „Doktor Schiwago“ in der Sowjetunion einzuschmuggeln, kommt erst spät und ist enttäuschend kurz geraten. Das Ende dieses Handlungsstrangs lässt Raum für Interpretation und stimmte mich versöhnlich.

In „Alles, was wir sind“ wird die Publikationsgeschichte von „Doktor Schiwago“ von der Autorin in Romanform verarbeitet, die den Leser gleichzeitig die Atmosphäre des Kalten Krieges spüren lässt. Zwei starke Frauenfiguren stehen im Zentrum der Handlung, bei Irina in den USA lag für mich der Fokus allerdings zu sehr auf der unglücklichen Liebesgeschichte. Das Buch ist vor allem für Leser interessant, die „Doktor Schiwago“ schon gelesen haben oder einen Anlass suchen, diese Lektüre nachzuholen!

Veröffentlicht am 15.11.2019

Widerstand mittels Literatur

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Der 2. Weltkrieg ist zu Ende, der Friede nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil, der kalte Krieg zwischen Ost und West beginnt. Zu dieser Zeit verliebt sich Olga Iwinskaja in den verheiratet Boris Pasternak, ...

Der 2. Weltkrieg ist zu Ende, der Friede nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil, der kalte Krieg zwischen Ost und West beginnt. Zu dieser Zeit verliebt sich Olga Iwinskaja in den verheiratet Boris Pasternak, der gerade an dem Roman Doktor Schiwago schreibt. Der Kreml will mit allen Mitteln eine Veröffentlichung dieses Romans verhindern, sie verhaften die von Boris schwangere Irina. Im berüchtigten Lubjankagefängnis verliert sie das Kind. Der CIA sieht mit Hilfe von Literatur die Möglichkeit, den Widerstand in der Bevölkerung zu wecken. Zur Spionage eignen sich Frauen ganz besonders, im Schreibbüro werden sie kaum zur Kenntnis genommen und erfahren sehr viel.
Wie auch der Roman Doktor Schiwago ist dieses Buch einerseits ein Liebesroman, andererseits nimmt die Politik der Zeit einen großen Stellenwert ein. Durch die wieder aufkommenden Differenzen der beiden Großmächte ein sehr aktueller Roman.