Leserunde zu "Tage mit Gatsby" von Josephine Nicolas

Tauche ein in die Geschichte von Zelda und F. Scott Fitzgerald
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Joséphine Nicolas (Autor)

Tage mit Gatsby

Roman

Mai 1924: Zelda und F. Scott Fitzgerald beschließen, ein Jahr lang der Hektik New Yorks zu entfliehen. Das rebellische Südstaatenmädchen hat sich an Scotts Seite zum glamourösen Star jeder Party entwickelt. Aber während er in Südfrankreich an ›Der große Gatsby‹ schreibt, dem Roman, der Schulden begleichen und ersehnten Weltruhm bescheren soll, fängt der lebenshungrige Flapper an, sich zu langweilen.
Und zum ersten Mal seit Langem beschäftigen Zelda Gedanken an die eigene künstlerische Selbstverwirklichung. Sie begreift, dass Scott ihr Talent für seine Bücher ausnutzt und ihre Schreibambitionen geschickt verhindert. Als junge Mutter überfordert und als Ehefrau enttäuscht, stürzt sich Zelda in den »Sommer der tausend Partys« und beginnt eine Liaison mit dem Piloten Édouard Jozan. Die Ménage-à-trois ist der Auftakt eines bühnenreifen Ehedramas, gleichzeitig befeuern Zeldas Kapriolen Scotts Kreativität – ungeniert bedient er sich an ihrer beider Leben, um seinen Jahrhundertroman über verlorene Illusionen und die große Liebe zu schreiben. Wird das schillernde Literatenpaar die Krise überstehen?

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 12.04.2021 - 02.05.2021
  2. Lesen 17.05.2021 - 30.05.2021
  3. Rezensieren 31.05.2021 - 13.06.2021

Bereits beendet

Schlagworte

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Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Das ganze Buch, KW 20

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Sago

Mitglied seit 13.05.2016

Bücher sind die Axt für das gefrorene Meer in uns.

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 10:18 Uhr

Ich bin mittlerweile mit dem Buch durch und immer noch begeistert.

Zwei Begebenheiten treiben mich aber um:
Zum einen die Andeutung zu Scotts möglicher Homosexualität im zweiten Teil, die sich im dritten Teil relativiert, als er sich vom homerotischen Milieu abgestoßen fühlt. Als Zelda ihn zuvor diesbezüglich beschimpft, erzählt sie, sie habe mitten ins Schwarze getroffen. Dies wäre auch eine Erklärung, warum er sich ihr gegenüber so leicht Enthaltsamkeit zeigen kann.
Weiß jemand, ob darüber tatsächlich etwas bekannt ist?

Zum zweiten das Ende von Zeldas Affäre. Sie findet einen Hinweis, Scott habe ihren Geliebten noch ein letztes Mal gesehen und leider klärt sie es dann doch nicht mehr auf. Dann kommt diese wilde Geschichte vom Mord oder Selbstmord gegenüber der Stummfilmschauspielerin. Alles sehr rätselhaft. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll...

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Viv29

Mitglied seit 22.01.2019

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 11:05 Uhr

So, ich bin zwar bislang nur auf Seite 293, aber nun möchte ich doch etwas schreiben und die Kommentare lesen, denn sonst wäre das ja nicht sehr diskussionsfördernd, wenn ich erst in letzter Minute etwas schreibe.

Der Stil, ich kann es nur wiederholen, ist außergewöhnlich (fällt nur bei den Dialogen etwas ab). Es gibt Formulierungen, bei denen ich mich ganz neidisch frage, wie man auf diese kommen kann - ein wirklich toller, gekonnter Umgang mit Sprache. Und das bei einem Romandebüt. Es ist eine Freude, diesen Schreibstil zu lesen.

Während ich die ersten etwa 50 Seiten auch vom Erzähltempo gut fand, hat dieses leider rapide abgenommen. Gerade der Teil in Südfrankreich schleppt sich sehr dahin. Auch gibt es viele ähnliche Szenen. Die Parties gleichen sich alle sehr, was wohl in der Natur der Sache liegt, aber zum Lesen ermüdend ist. Ich weiß mittlerweile schon, was als nächstes kommt. Symptomatisch dafür die Szenen, in denen Sara irgendeine Treppe hinunterkommt und erst einmal ihre Kleidung beschrieben wird. Das las ich nun schon dreimal. Auch die dann folgenden Unterhaltungen ähneln sich - hier bringt die Autorin Hintergrundinformationen unter, an sich nicht übel, aber etwas zu viel. Auch das affektierte Geplänkel bei Champagner und Kaviar ist zwar authentisch, beim wiederholten Lesen nutzt es sich aber ab. Auch der alltägliche ennui Zeldas - gut und atmosphärisch, aber eben auch wiederholend beschrieben, ebenso wie die beiden fast gleichen Szenen, in denen irgendein unbekannter Mann sie anspricht, wieder ein wenig herumgemacht wird und wir erfahren, daß Scott auf Eifersucht steht. Die Auseinandersetzungen zwischen Zelda und Scott drehen sich auch im Kreis und manche Sätze finden sich wortgleich oder ähnlich in mehreren dieser Auseinandersetzungen. Das hätte für meinen Geschmack alles sehr gestrafft werden können.

Gelungen finde ich die Rückblicke Zeldas, die uns mehr Informationen geben und gut eingebettet sind. Sie kommen plötzlich, sind aber so gut eingeführt, daß sie keinen Bruch in der Erzählung darstellen. So kann der Roman zudem in seinem Zeitrahmen dieses Sommers 1924 bleiben und uns doch ein umfassenderes Bild liefern. Viele interessante Details über das Leben der beiden - ich habe schon einiges über die Fitzgeralds gelesen, aber hier war viel Neues dabei. Die ausführliche Literaturliste am Ende des Buches (sehr schön!) deutet darauf hin, daß diese Gegebenheiten authentisch sind - hier wurde ausführlich recherchiert. Auch die Einblicke in Scott Fitzgeralds Arbeitsweise sind interessant.

Die Atmosphäre der 20er, dieser schmale Grat zwischen dem Amüsieren um jeden Preis und den immer noch dunklen Schatten der Kriegserinnerungen, die Ausschweifungen ohne Gedanken an die Folgen, die künstlerischen neuen Wege, ist ebenfalls toll recherchiert und gekonnt beschrieben. Man merkt die Fieberhaftigkeit New Yorks ebenso wie die Languidität des heißen Sommers an der Riviera.

Viele der Charaktere bleiben bloße Namen, das war mir manchmal zu viel. Unterhaltsam ausgearbeitet ist dafür das englische Kindermädchen, das amüsante Momente hineinbringt. Die häufigen Erwähnungen, was Scottie gerade macht, tragen für meinen Geschmack dagegen nicht wirklich etwas bei.

Insgesamt gefällt mir das Buch sehr gut, gerade wegen Stil und Atmosphäre. Gestraffter und mit weniger Wiederholungen wäre es perfekt. Zelda war mir schon immer unsympathisch, daran hat sich nichts geändert, aber es ist interessant, ihre Sicht zu lesen und meiner Ansicht nach ist ihr Wesen und ihre Stimme gut eingefangen.

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Viv29

Mitglied seit 22.01.2019

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 11:09 Uhr

Zitat von law-and-words

Dem würde ich zustimmen, mir kommt es so vor, als würde Scott einen unfassbar großen Geltungsdrang haben, aber gleichzeitig ein sehr geringes Selbstbewusstsein, sodass er auf Lob von Außen und Erfolg angewiesen ist und es ihm nicht möglich ist, jemanden mit eigenem Erfolg neben sich bestehen zu lassen.



Ich finde, das ist gut zusammengefaßt. Ich las vor nicht langer Zeit "Westlich des Sunset", das sich mit den letzten Jahren der beiden, insbesondere Scott Fitzgeralds, befasst, und dieser Eindruck wird auch dort vermittelt. Eifersucht auf Erfolge anderer, ständige Selbstzweifel, Verzweiflung und Entmutigung bei jedem Rückschlag. Ein durchweg desillusionierter Mann, zu der Zeit auch durchaus berechtigt.

Ich muß auch gestehen, daß ich mit seinen Büchern wenig anfangen kann. So außergewöhnlich finde ich ihn nicht. Ich habe immer den Eindruck, das geschickte Marketing als "It-Paar" hat viel zum anfänglichen Ruhm beigetragen (irgendwo hier im Buch erwähnt Scott so etwas ja auch).

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Viv29

Mitglied seit 22.01.2019

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 11:11 Uhr

Zitat von Sago

Aber diese Reaktion fand ich fast hysterisch. Ob das dem Alkohol zuzuschreiben war? Wie habt ihr die Szene interpretiert?



Ich konnte mit dieser Szene wenig anfangen, sie war mir zu irrational und mir ging das affektierte Geplänkel auch etwas auf die Nerven. Aber wahrscheinlich soll genau diese Irrationalität, die innere Zerrissenheit Zeldas durch ihr seltsames Verhalten hier gezeigt werden?

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Viv29

Mitglied seit 22.01.2019

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 11:11 Uhr

Zitat von law-and-words

Auf mich wirkte es als wäre sie von sich selbst plötzlich erschrocken, von ihrer Offenheit und auch der Abkehr von der Treue, davon wie weit sie zu gehen bereit ist und dass sie sich in gewisser Weise auch danach sehnt. Und dieses Erschrecken und Ablehnung hat sie dann auf den Fremden übertragen.



Das klingt sehr plausibel!

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Wacaha

Mitglied seit 22.07.2019

Reading ist dreaming with open eyes

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 14:20 Uhr

Zitat von Sago

das Ende von Zeldas Affäre. Sie findet einen Hinweis, Scott habe ihren Geliebten noch ein letztes Mal gesehen und leider klärt sie es dann doch nicht mehr auf. Dann kommt diese wilde Geschichte vom Mord oder Selbstmord gegenüber der Stummfilmschauspielerin.



Vielen Dank, dass du das nochmal ansprichts, diese Frage wollte ich hier auch noch einmal in die Runde stellen, da ich höchst verwirrt war:
- Woher will Zelda wissen, dass Scott Jozan noch einmal gesehen hat? Wenn ja: Was ist zwischen den beiden Männern geschehen?
- Ist Jozan nun tot oder nicht? Ist er mit dem Flugzeug abgestürzt? Oder (meine so habe ich mir das erkärt) behauptet Zelda einfach, dass er nicht mehr lebt, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass er sie verlassen hat.

Wie seht ihr das?

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schlossherrin

Mitglied seit 04.05.2016

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 15:57 Uhr

Naraya schrieb am 20.05.2021 um 09:36 Uhr

Mir hat das Buch auch sehr gefallen. Ich mochte, dass es aus Zeldas Perspektive erzählt ist und vermutlich deshalb war sie mir auch sympathischer als Scott. Da ich mich wenig mit Biografien beschäftige, wusste ich nicht, dass die Fitzgeralds so ein "Skandalpaar" waren und sich gegenseitig so das Leben schwer gemacht haben.

An ihm hat mich eigentlich am meisten gestört, dass er immer Zeldas Werk und sie selbst abgewertet hat, nur weil er sich dann besser fühlte oder weil er befürchtete, sie könnte tatsächlich Erfolg haben. Dieses Herablassende und dieses "Du bist da, um gut auszusehen und Mutter zu sein", das macht mich ganz wütend. Mit diesem Frauenbild kann man heutzutage nichts mehr anfangen.

Ich fand aber auch spannend, wie er geschrieben hat und dass er sich dabei sehr in seinem eigenen Leben und an Zeldas Tagebuch bedient hat. Wenn ich mir vorstelle, ich würde Tagebuch schreiben und mein Mann liest es nicht nur, sondern schreibt noch Anmerkungen an den Rand, argh!

Zelda tat mir irgendwie leid. Natürlich provoziert sie Scott und dann die Affäre mit Jozan, aber auf mich wirkte sie so, als wollte sie einfach nur von allen geliebt werden, aber auch ein wenig "mit der Welt überfordert". Für die kleine Scottie fand ich es sehr traurig, dass ihre Eltern im Prinzip so wenig mit ihr anzufangen wissen. Besonders hat sich mir da die Stelle recht spät im Buch eingeprägt, an der ihr keiner das Schnorcheln beibringen will und sie weint und sagt: "Ich bin euer Kind, ihr müsst euch um mich kümmern!" Armes Ding!

Toll fand ich ganz allgemein den Sprachstil, die schillernden Beschreibungen - sei es von der Landschaft, den rauschenden Parties oder dem Zwischenmenschlichen. Und das Buch hat es definitiv geschafft, dass ich den "Gatsby" nochmal, aber dann mit anderen Augen lesen will.

Und der Epilog: Puh, wie traurig, wie Zeldas Leben letztendlich verlaufen ist - trotzdem hat Scott bis zum Schluss immer noch ihre Klinikrechnungen bezahlt. Und wenn man zu Zeldas Biografie etwas recherchiert hat, läuft es einem auf den letzten Seiten eiskalt den Rücken herunter. Aber gut gemacht von der Autorin!

Mir gefiel auch das schillernde Leben des Paars unheimlich gut. Aber sie hatten einfach zu viel Alkohol getrunken und sich zu wenig um ihr Kind gekümmert.

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schnaeppchenjaegerin

Mitglied seit 25.10.2016

... Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat.

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 17:45 Uhr

schlossherrin schrieb am 22.05.2021 um 15:57 Uhr

Mir gefiel auch das schillernde Leben des Paars unheimlich gut. Aber sie hatten einfach zu viel Alkohol getrunken und sich zu wenig um ihr Kind gekümmert.

Mir kam das Kind auch die ganze Zeit viel älter vor. Zumindest sind sie so mit Scottie umgegangen, als wäre sie schon mindestens im Schuljahr. Aber selbst wenn sie schon älter gewesen wäre - in dem ausschweifenden Leben ihrer Eltern hatte sie irgendwie nicht so wirklich Platz.

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schlossherrin

Mitglied seit 04.05.2016

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 19:48 Uhr

schnaeppchenjaegerin schrieb am 22.05.2021 um 17:45 Uhr

Mir kam das Kind auch die ganze Zeit viel älter vor. Zumindest sind sie so mit Scottie umgegangen, als wäre sie schon mindestens im Schuljahr. Aber selbst wenn sie schon älter gewesen wäre - in dem ausschweifenden Leben ihrer Eltern hatte sie irgendwie nicht so wirklich Platz.

Genau, die Bemerkungen die die Kleine machte, und dann war das Kind ja erst drei Jahre alt und nahm an den Parties teil.

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schlossherrin

Mitglied seit 04.05.2016

Veröffentlicht am 22.05.2021 um 19:51 Uhr

Wacaha schrieb am 22.05.2021 um 14:20 Uhr

Zitat von Sago

das Ende von Zeldas Affäre. Sie findet einen Hinweis, Scott habe ihren Geliebten noch ein letztes Mal gesehen und leider klärt sie es dann doch nicht mehr auf. Dann kommt diese wilde Geschichte vom Mord oder Selbstmord gegenüber der Stummfilmschauspielerin.



Vielen Dank, dass du das nochmal ansprichts, diese Frage wollte ich hier auch noch einmal in die Runde stellen, da ich höchst verwirrt war:
- Woher will Zelda wissen, dass Scott Jozan noch einmal gesehen hat? Wenn ja: Was ist zwischen den beiden Männern geschehen?
- Ist Jozan nun tot oder nicht? Ist er mit dem Flugzeug abgestürzt? Oder (meine so habe ich mir das erkärt) behauptet Zelda einfach, dass er nicht mehr lebt, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass er sie verlassen hat.

Wie seht ihr das?

Dieses Thema Jozan blieb offen und ich glaube mit Absicht, denn die Leser sollen sich ihre eigene Meinung bilden. Aber dass Jozan ohne Abschied so schnell verschwunden ist. Ich glaube kaum, dass er sie so geliebt hat, wie Zelda meinte. Für ihn war es wahrscheinlich ein Spiel, ein Zeitvertreib, die Frau des Schriftstellers als kurzeitige Geliebte zu haben.