Cover-Bild Wir holen alles nach
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 25.03.2020
  • ISBN: 9783257071306
Martina Borger

Wir holen alles nach

Job und Kind unter einem Hut – die alleinerziehende Sina jongliert damit seit Jahren. Seit kurzem wird sie von ihrem neuen Partner Torsten dabei unterstützt. Und sie haben Ellen, Ende sechzig, die sich für Nachhaltigkeit einsetzt und das hat, was sich Sinas Sohn Elvis so wünscht: Zeit, Geduld – und einen Hund. Doch dann widerfährt dem sensiblen Jungen etwas Schlimmes. Da er sein Geheimnis nicht preisgibt, spinnt sich ein fatales Netz aus Gerüchten um die kleine Patchworkfamilie.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.05.2020

Martina Borger - Wir holen alles nach

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Zwei Frauen, die verschiedener kaum sein könnten. Ellen ist bereits im Ruhestand, mit Zeitungen austragen und Nachhilfeschülern kommt sie gerade so über die Runden. Sie genießt das ruhige Leben, Trubel ...

Zwei Frauen, die verschiedener kaum sein könnten. Ellen ist bereits im Ruhestand, mit Zeitungen austragen und Nachhilfeschülern kommt sie gerade so über die Runden. Sie genießt das ruhige Leben, Trubel hatte sie genug und nun ist es Zeit, das Leben so zu gestalten, wie sie es möchte. Sina steckt mit Mitte 30 zwischen den bekannten Polen Karriere in einer Werbeagentur und ihrem Sohn Elvis, dem sie nicht gerecht werden kann, weil ihr Job und auch die neue Beziehung regelrechte Zeitfresser sind. Als Elvis bei Ellen die Nachhilfe beginnt, ist dies der Anfang einer ungewöhnlichen Freundschaft. Der zurückhaltende Junge blüht bei der agilen Seniorin auf, lernt einen anderen Blick auf die Welt und ist vor allem von Ellens Hund restlos angetan.

Martina Borgers Roman ist eine ruhige Geschichte über die unscheinbaren, völlig normalen Menschen, die nicht im Mittelpunkt stehen (wollen), aber durchaus aufmerksam die Welt um sich herum beobachten. Die unaufgeregte Erzählweise öffnet den Raum für die vielen Zweifel, die die Figuren in ihrem Alltag begleiten, nicht zwingend die ganz großen Tragödien und Ereignisse, sondern die Kleinigkeiten, die an ihnen nagen und sie belasten. Man kann ihre Gedanken leicht nachvollziehen, spiegeln sie doch das wieder, was viele aus ihrem eigenen Leben kennen. Und trotz all dieser fast banalen Gewöhnlichkeit, haben sie etwas Besonderes in sich, dass sie interessant macht und weshalb man ihre Geschichte verfolgt. Es ist genau dieser kleine Funke, der einem in der Realität manchmal durchgeht und weshalb man nicht merkt, welch interessante Menschen einem begegnen.

Sina erlebt den klassischen Zwiespalt der arbeitenden Mutter, die immer das Gefühl hat, nicht genügend Zeit und Geduld für ihren Sohn zu haben und unter dem permanent schlechten Gewissen leidet. „Wir holen alles nach“ bleibt ihr unermüdlich wiederholtes Mantra, irgendwann, wenn mal Zeit ist. Sie ist zwar froh darüber, wie gut es Elvis bei Ellen geht, wie er offenbar der unscheinbaren Zeitungsausträgerin aufmerksam zuhört und die Tage mit ihr genießt, aber der Ärger, dass die fremde Frau ihrem Sohn gibt, was sie ihm geben sollte, nagt auch an ihr. Verschärft wird die Situation plötzlich, als Vorwürfe von Misshandlung aufkommen und sie beginnt, an ihrem neuen Partner zu zweifeln.

Ellen wiederum kann sich nicht wirklich von den Erwartungen ihres Familien- und Freundeskreises lösen, die ihr immer wieder vorhalten, dass sie zu viel alleine ist. Gerne würde sie ihre Söhne häufiger sehen, die angespannte finanzielle Lage jedoch verhindert dies immer wieder. Der junge Elvis scheint jedoch genau zu ihrem Rhythmus zu passen und von der ersten Minute an harmonieren sie miteinander. Muss sie sich nicht um ihn kümmern, kommen aber auch unweigerlich Erinnerungen in ihr hoch, ein Großteil ihres Lebens liegt nun schon hinter ihr und manche Dinge hätten womöglich auch einen ganz anderen Ausgang nehmen können.

Der Roman besticht durch seine Ruhe und den gelassen-bedachtsame Erzählton. Miete, Job, Familie - genau dieselben Sorgen, die jeden plagen, beschäftigen auch die Figuren. Dazwischen können Menschen, vor allem Kinder, schon einmal aufgerieben werden, aber manchmal wartet an unerwarteter Stelle genau der eine Mensch, der die richtigen Worte findet und allein schon durch seine Präsenz ganz viel auffängt. Ein Roman wie gemacht für das Frühjahr 2020, gibt er so viel bekanntes Leben zurück, das uns mit social distancing und Rückzug ins HomeOffice genommen wurde.

Veröffentlicht am 02.05.2020

umfangreiche Analyse von Problemsituationen

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Meine Meinung zum Buch:
Kann man wirklich alles nachholen, was man einmal versäumt hat? Das Buch ist sehr vielschichtig und greift viele aktuelle Themen an, sodass man es mehrmals lesen muss, um alle tiefen ...

Meine Meinung zum Buch:
Kann man wirklich alles nachholen, was man einmal versäumt hat? Das Buch ist sehr vielschichtig und greift viele aktuelle Themen an, sodass man es mehrmals lesen muss, um alle tiefen Bedeutungen zu erfassen. Es geht um eine Mutter, die sich zwischen ihrem Beruf, der Kindererziehung und ihrem neuen Lebensgefährten zerteilen könnte, es geht um Tierliebe, um Einsamkeit im Alter, um Altersarmut, um Kinder, die viel alleine gelassen werden und Defizite aufweisen, um Mobbing, Liebe und Freundschaft, und vieles mehr. Ich finde das Buch sehr gelungen, manche Probleme werden offen angesprochen und kommen auf den Tisch, danach wird versucht eine Lösung zu finden, manchmal gelingt dies besser und dann wiederum nicht. Es wird nichts beschönigt oder verschleiert, Probleme und Gerüchte sind unangenehm und lästig, aber es ist notwendig darüber zu reden und eine Lösung zu finden. Manchmal weiß man allerdings nicht, wie man ein unangenehmes Thema ansprechen soll, ob direkt oder über Umwege oder gar nicht? Häufig macht man Fehler oder ist erst im Nachhinein schlauer, aber dann ist der Fehler auch schon begangen und nur schwer wieder zu bereinigen. Doch genau diese Herangehensweise der Autorin zeigt, wie vielfältig die Herangehensweisen an Problemsituationen sind und dass es nicht die eine perfekte Lösung gibt. Menschen machen Fehler und manche kann man verzeihen, aber manchmal gelingt es nicht mehr. Vorurteile und Beschuldigungen sind schnell ausgesprochen, können aber nicht mehr zurückgenommen werden.


Mein Fazit:
Was mir am besten gefallen hat ist, dass das Buch verschiedene problematische Situationen aufgreift, aber immer wieder versucht wird eine Lösung zu finden. Alle Menschen machen Fehler, niemand ist perfekt, aber man muss auch wieder weiterleben und nach vorne blicken.

Veröffentlicht am 24.04.2020

Gefühlvoller Roman

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Zwei Frauen, zwei Generationen - zwei verschiedene Lebensläufe, doch der Zufall will es, dass sich ihre Leben kreuzen und sich durch die jeweils andere verändert.

Die 68jährige verwitwete Ellen ist bereits ...

Zwei Frauen, zwei Generationen - zwei verschiedene Lebensläufe, doch der Zufall will es, dass sich ihre Leben kreuzen und sich durch die jeweils andere verändert.

Die 68jährige verwitwete Ellen ist bereits in Rente, aber diese reicht für den Lebensunterhalt nicht aus, so trägt sie in den frühen Morgenstunden Zeitungen aus und gibt nachmittags Nachhilfeunterricht.

Sina, Anfang 30, geschieden, lebt mit ihrem 8 jährigen Sohn Elvis und ihrem neuen Freund Torsten zusammen. Sie hat einen Vollzeitjob und zu wenig Zeit für Elvis. Als dieser Nachhilfeunterricht benötigt, wird sie auf Ellen aufmerksam, die in ihrer Nachbarschaft wohnt. Ellen hat vor allem eines: viel Zeit und einen Hund, Elvis ist begeistert und geht sehr gerne zu Ellen. Doch dann entdeckt Ellen das Geheimnis von Elvis und steckt selber in einer Zwickmühle. Was ist nun richtig, was ist falsch? Wie soll sie reagieren?

Von Anfang an hat mich diese Geschichte in den Bann gezogen, Autorin Martina Borger hat einen ungemein fesselenden Erzählstil, man fühlt mit, man meint die Protagonisten an seiner Seite zu haben. Die Gedankengänge der Frauen, ihre Erlebnisse, ihre Vergangenheit, ihre gegenwärtige Situation, warum sie so und nicht anders handeln, man kann es nachvollziehen, es wirkt alles sehr authentisch und lebensecht, lebensnah.

Abwechselnd lässt uns die Autorin in die Rolle von Ellen und Sina schlüpfen, nach und nach wird dem Leser mehr offenbart, mehr Nähe zu den Handelnden, mehr an Gefühlen und mehr an Hintergründen. Diese Geschichte hat Martina Borger sehr geschickt und vor allem überaus fesselnd angelegt, so dass mich der Roman sehr berühren konnte.

Die von Anfang an unterschwellige Bedrohung kann man zwischen den Zeilen spüren, so mag man die Lektüre kaum weglegen. Es ist kein dramatisches Buch, es ist ein ruhiger Erzählfluss, aber man fragt sich oft, was hätte man selbst gemacht, wie hätte man selbst reagiert.

Die wechselnden Blickwinkel ergeben eine ungeheure Dichte, man sieht Elvis von zwei Seiten, man erlebt die unterschiedlichen Lebenslagen und Situationen der Frauen, die so unterschiedlich sind, dennoch, Probleme haben beide. Elvis als Bindeglied zwischen beiden schwebt in Gefahr - dieses Gefühl beim Lesen hat mich oft genug bewogen, schnell mal ans Ende zu linsen, was ich natürlich nicht gemacht habe!

Die Lektüre regt definitv zum Nachdenken und zur Reflexion ein, daher gibt es eine klare Leseempfehlung von mir. Es war mal wieder ein ganz besonders Buch aus dem Diogenes Verlag.


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Veröffentlicht am 23.04.2020

Ein wunderbarer Roman!

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Inhalt:

Der kleine Elvis ist ein scheuer Junge, dessen Eltern kaum Zeit für ihn haben und der sich sehnlichst einen kleinen Hund wünscht. Wie passend, dass seine neue Nachhilfelehrerin Ellen einen Hund ...

Inhalt:

Der kleine Elvis ist ein scheuer Junge, dessen Eltern kaum Zeit für ihn haben und der sich sehnlichst einen kleinen Hund wünscht. Wie passend, dass seine neue Nachhilfelehrerin Ellen einen Hund besitzt. Während Ellen eine ältere Dame ist und Elvis noch so jung, verbindet die beiden bald mehr, als nur eine rein ambitionierte Beziehung, dass Elvis seine Empfehlung für Grundschule bekommt, nämlich eine wahre Freundschaft. Doch als Ellen eines Tages eine schreckliche Beobachtung macht, wird das Leben von Elvis Familie grundlegend auf den Kopf gestellt.

Meine Meinung:

Dieses Buch hat mich wirklich absolut positiv überrascht, denn für mich ist es ein wahres Lesehighlight geworden. Wie es die Autorin Martina Borger durch ihren sehr klaren, psychologisch raffinierten und intelligent beobachtenden Schreibstil schafft, den Leser in eine Geschichte hineinzuziehen, die ebenso herzerwärmend, wie die trivialen und gesellschaftlichen Probleme beleuchtet, ist große Klasse.

Genau dieser Erzählstil ist es, der bei mir während des Lesens viele Emotionen weckte: Rührung, Verständnis, Freude, aber auch Trübsinn und Fassungslosigkeit.

Und dabei ist das Thema was hier thematisiert wird niemals plakativ oder gar offensichtlich. Denn Borger schafft es aus der Sicht eines Kindes Geschehnisse zu schildern und den Leser selbst nachdenken lässt und moralisch hinterfragt, dass nichts klar erscheint, sondern dieser stets gefordert wird.

Ganz nebenbei ist dieses Buch eine wunderbare und herzliche Geschichte über eine Rentnerin und einen kleinen Jungen, die trotz des Altersunterschieds eine so wunderbare Beziehung zueinander aufbauen, dass man diesen Aspekt der Geschichte immer mit einem Lächeln auf den Lippen verfolgt. Denn hier kann man klar feststellen, dass jede Altersgruppe voneinander lernen und profitieren kann. Und hierfür hat Martina Borger wirklich authentische und ganz präzise ausgearbeitete Charaktere geschaffen!

Mein Fazit:

Ein herausragend geschriebenes Buch, durch das ich nur so hindurch geflogen bin. Eine klare Leseempfehlung, für einen zarten, schönen und sehr intelligent geschriebenen Roman, der mein Herz gewinnen konnte!

Veröffentlicht am 19.04.2020

Der Spagat einer alleinerziehenden Mutter zwischen Job und Kind

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Dieses Buch lebt vom ruhigen Erzählstil der Autorin. Stück für Stück entwickeln sich die Charaktere, es offenbart sich dem Leser die Welt des kleinen Elvis. Er ist ein schüchternes Kind, hat kaum Freunde. ...

Dieses Buch lebt vom ruhigen Erzählstil der Autorin. Stück für Stück entwickeln sich die Charaktere, es offenbart sich dem Leser die Welt des kleinen Elvis. Er ist ein schüchternes Kind, hat kaum Freunde. Seine Welt hat Risse. Sein Vater ist weg und interessiert sich kaum für sein Kind, seine Mutter Sina strampelt sich ab und versucht irgendwie, den anspruchsvollen Job und Kind und Lebensgefährten unter einen Hut zu bringen. Wenn sie Zeit hat kümmert sie sich aber sehr um Elvis. Sie teilt das Los vieler Alleinerziehender. Sina guckt geflissentlich darüber hinweg, dass Elvis Probleme hat, über die er nicht zu reden vermag. Sie versucht ihr Gewissen damit zu beruhigen, ihm einen Hund zu schenken.

Wir lernen Thorsten, den Lebensgefährten, kennen. Auch er hatte eine Familie, doch seine Frau ist mit den Kindern weit weg gezogen und versucht, den Kontakt der Kinder zu ihrem Ex zu unterbinden.

Und wir lernen Ellen kennen, eine rüstige Rentnerin, die Elvis Nachhilfestunden gibt und sich auch sonst viel um ihn kümmert. Ellen ist eine Frau nach meinem Geschmack. Ich mag ihre Art zu leben, Lösungen zu finden in schwierigen Situationen und die Art, wie sie mit den Menschen umgeht. Es ist ein Glück, dass Elvis zu ihr geht, sie wird ein wichtiger Mensch in seinem Leben.

Das Buch greift die Problematik vieler Alleinerziehender auf, den Spagat zwischen Job und Kind/ern zu schaffen. Leider ist das nicht so einfach. Auch hier sehen wir, dass irgendwas auf der Strecke bleibt. Gott sei Dank hat die Autorin einen guten Ausgang geschaffen.

Die Autorin macht es uns nicht einfach. Sie legt falsche Fährten und wir fallen leider darauf rein, indem wir voreilig Schlüsse ziehen. Das zeigt uns wieder mal, dass wir doppelt überlegen müssen, bevor wir irgendwelche Vorverurteilungen anstellen. Manchmal ist es eben anders, als wir denken.
Und dass es umso wichtiger ist, miteinander zu reden, wenn es Probleme gibt. Dann kann man auch umsetzbare Lösungen finden. Es gibt immer einen Weg.
Auch greift sie Autorin weitere akutelle Themen auf. Auch das ist hier gut eingewoben.

Alles in allem hat die Autorin hier eine wunderbar stimmige, realistische Geschichte geschrieben. Toller leiser Erzählstil, tiefgründig. Unbedingt lesenswert!

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