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Veröffentlicht am 23.02.2025

Das Ende?

Der letzte Mord am Ende der Welt
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Vor 90 Jahren hat ein tödlicher Nebel die Welt eingehüllt, fast alle Menschen sind ihm zum Opfer gefallen. Einzige Ausnahme: ein paar Wissenschaftler, die sich mit anderen auf eine Forschungsinsel zurückziehen ...

Vor 90 Jahren hat ein tödlicher Nebel die Welt eingehüllt, fast alle Menschen sind ihm zum Opfer gefallen. Einzige Ausnahme: ein paar Wissenschaftler, die sich mit anderen auf eine Forschungsinsel zurückziehen konnten. Dort leben sie seitdem von dem wenigen, das sie anbauen können und haben sich mehr oder weniger mit der Situation arrangiert. Doch eines Tages wird eine der Ältesten ermordet und mit ihrem Tod steht plötzlich das Überleben der kompletten Gemeinschaft auf dem Spiel.
Stuart Turton schreibt oft Bücher, die immer ein bisschen anders sind, lässt dabei Genregrenzen verschwimmen und unterhält mit dieser Mischung ganz hervorragend. Auch bei diesem Krimi-SciFi-Mix hat er wieder abgeliefert und mich schnell für seine Geschichte begeistert.
Schon die Erzählperspektive ist ungewöhnlich: Abi, eine Art KI, mit der alle Dorfbewohner verbunden sind, erzählt die Story aus ihrer Sicht. Diese wahrhaft allwissende Erzählerin ist jedoch ebenfalls nicht allmächtig, denn sie ist an Befehle der Ältesten gebunden und so weiß man irgendwann doch nicht mehr wie sehr man ihr trauen kann. Die sozialen Beziehungen der Dorfbewohner sind von Hilfsbereitschaft und Gemeinschaftsgefühl geprägt, Fehden, Streits etc. scheinen ihnen komplett fremd zu sein. Das lässt ein Gefühl von Heile Welt aufkommen, obwohl an dieser postapokalyptischen Szenerie nun wirklich nicht alles heile ist. Der Mord lässt vieles ans Licht kommen, oft auf verschlungenen Wegen. Ich habe wirklich mit Emory mitgefiebert, ob sie es schafft, das Rätsel zu lösen und natürlich im wahrsten Sinne des Wortes die Welt zu retten. Der Countdown läuft immer im Hintergrund mit und sorgt so natürlich für noch mehr Spannung. Turton erzählt locker, zwischendrin wirkt seine Szenerie fast schon märchenhaft und doch haben die ermittlerischen Fähigkeiten von Emory ebenso Hand und Fuß. Mir hat diese Mischung wirklich gut gefallen.

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Veröffentlicht am 29.12.2024

White Trash

Demon Copperhead
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In einem Trailer der heruntergekommenen Sorte verbringt Damon seine ersten Kindheitsjahre; sie sind geprägt von Armut und der Sucht der überforderten Mutter. Als sie letztendlich stirbt, kann er nicht ...

In einem Trailer der heruntergekommenen Sorte verbringt Damon seine ersten Kindheitsjahre; sie sind geprägt von Armut und der Sucht der überforderten Mutter. Als sie letztendlich stirbt, kann er nicht beim (verhassten) Stiefvater bleiben, sondern gerät in die Maschinerie des Jugendamts und wird von Pflegestelle zu Pflegestelle gereicht, jederzeit bereit endgültig durch die Maschen des Netzes zu rutschen.
Kingsolver erzählt Dickens David Copperfield in einer modernen Adaptation, verlegt den Handlungsort in einen runtergekommenen Trailerpark in Lee County. Sie schildert das Sozialgefüge sehr anschaulich, ebenso die Vorurteile und abfälligen Blicke, die die Bewohner auf sich ziehen, fast schon einer Milieustudie gleich. Demon wie er bald von allen genannt wird, ist ein kluger Kopf, der sich schnell an Veränderungen anzupassen versucht, aber natürlich trotzdem permanent unterzugehen droht. Er rutscht ab, mal hat man das Gefühl es wäre unausweichlich gewesen, mal, dass er auch seinen guten Teil dazu beigetragen hat. Auf jeden Fall ist es immer wieder berührend, aber auch überraschend, welche Wendungen sein junges Leben nimmt. Trotz der beachtlichen Länge des Romans tritt die Handlung nie auf der Stelle; im Gegenteil, der Roman war bei aller Tragik doch sehr kurzweilig und unterhaltsam. Demons Erzählstimme hat mir wahnsinnig gut gefallen, ein gewisser Zynismus mischt sich mit Verletzlichkeit; bei aller Aussichtslosigkeit, scheint er doch nie aufzugeben und die Hoffnung zu verlieren.
Der Roman thematisiert den rasanten Anstieg der Medikamentenabhängigen und versucht hier auch aufzuzeigen, wie schnell und oft unverschuldet man in die Abhängigkeit abrutschen kann. Die Autorin beschönigt nichts, versucht aber auch Verständnis beim Leser zu wecken. Mir hat ihr Mittelweg gut gefallen. Man muss sich auf die Thematik, auf Elend und Gewalt einlassen können, dann wird man aber mit einem starken und doch einfühlsamen Roman belohnt. Mir hat er sehr gefallen.

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Veröffentlicht am 18.12.2024

Ein Stück walisischer Geschichte

Die Tochter der Drachenkrone
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Gwenllian ist gerade 14 Jahre alt, als ihr Vater, der Fürst von Südwales stirbt. Das ist nicht nur tragisch für sie als Tochter, sondern auch für ganz Wales, denn kriegerische Unruhen zwischen den Fürsten ...

Gwenllian ist gerade 14 Jahre alt, als ihr Vater, der Fürst von Südwales stirbt. Das ist nicht nur tragisch für sie als Tochter, sondern auch für ganz Wales, denn kriegerische Unruhen zwischen den Fürsten bestimmen sowieso schon den Alltag. Nun entbrennt nicht nur ein Streit um die Nachfolge unter Gwenllians Brüdern, sondern auch die Freincs wittern ihre Chance. Auf Ruhe und Frieden soll die Region noch lange warten müssen.
Die Tochter der Drachenkrone ist mein erstes Buch von Sabrina Qunaj, doch es wird nicht das letzte bleiben. Die Mischung aus Historie und Fiktion ist rund, der Stil lebendig und bildreich. Historische Hintergründe werden gut aufbereitet, sodass ich jetzt ein ganzes Stück schlauer bin was walisische Geschichte angeht. Ich bin der Autorin für Personenregister und Stammbäume dankbar, denn obwohl sie sich Mühe gibt, den großen Cast (mit den doch eher ungewohnten walisischen Namen) langsam einzuführen, gab es doch immer mal Verwirrung. Zum Glück lässt sich der erzählerische Faden aber immer wieder gut aufnehmen, der Roman liest sich locker und flüssig.
Gwenllian ist eine durchsetzungsstarke Frau, die einen sehr hellen Kopf hat und genau weiß, wann sie sich den Konventionen fügen muss oder wie sie etwas zu ihrem Vorteil nützen kann. Das klingt abgebrüht, ist es aber nicht, sondern einfach eine kluge Taktik um nicht völlig unterzugehen. Sie ist als Frau trotzdem erstaunlich oft inmitten des politischen Geschehens, nicht immer gelingt glaubhaft zu erklären warum. Um sie herum finden sich weitere historisch verbriefte Personen, denen man aber nicht ganz so nah kommt. Der Fokus liegt klar auf den Frauen und Gwenllian im Speziellen.
Der Roman erstreckt sich über knapp 20 Jahre, in denen Gwenllian einige Höhen und Tiefen erlebt. Ich bin ihr auf ihrem Weg leserisch sehr gerne gefolgt. Ein schöner historischer Schmöker!

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Veröffentlicht am 15.12.2024

Brüder

Der König
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Acht Jahre sind vergangen seit Roy und Carl Opgard im norwegischen Os wieder als Brüder zusammenfanden. Sie haben sich etabliert, ein Wellnesshotel eröffnet, vielleicht auch den ein oder anderen Widersacher ...

Acht Jahre sind vergangen seit Roy und Carl Opgard im norwegischen Os wieder als Brüder zusammenfanden. Sie haben sich etabliert, ein Wellnesshotel eröffnet, vielleicht auch den ein oder anderen Widersacher aus dem Weg geräumt. Doch nun soll Os durch eine Umgehungsstraße ins Nichts verbannt werden; und das steht den Plänen der Brüder natürlich im Weg.
Mir war vom Vorgänger (Ihr Königreich) selbst nicht mehr allzu viel im Gedächtnis, deswegen denke ich schon, dass man diesen Krimi auch ohne Vorwissen lesen kann. Roy erzählt die Handlung, ihm kommt man dementsprechend am nächsten. Er hat sich etwas gemausert, doch immer noch scheint er auf die Dorfeinwohner etwas sonderbar zu wirken. Dazu kommt sicherlich die Tatsache, dass die Opgards und speziell er als der ältere Bruder immer noch unter Verdacht stehen mit dem Unfalltod ihrer Eltern etwas zu tun zu haben. Die ständige Beobachtung der Dorfpolizei nervt, doch Roy ist ein sehr kühler, kalkulierender Kopf, der auch in brenzligen Situationen die Nerven behält. Carl ist da nicht ganz anders, auch wenn er ebenfalls seine eigenen Vorteile auszuspielen weiß bzw. allerlei Kniffe kennt sich welche zu beschaffen. Die beiden arbeiten auf ähnliche Ziele hin, stehen dabei aber auch in Konkurrenz zueinander und haben eine wirklich komplizierte Geschwisterbeziehung. Dieses fragile Gleichgewicht droht jederzeit zu kippen, was allein schon sehr spannend zu lesen war. Nesbo erzählt ihre Geschichte gewohnt süffig, spannende Passagen lösen sich unerwartet mit schwarzem Humor ab, ja es bahnt sich sogar eine Liebesgeschichte an. Klingt erst mal nach Durcheinander, fügt sich aber erstaunlich gut zu einem wirklich lesenswerten Krimi, der mich auch mehr überzeugt hat als sein Vorgänger. Der König ist ein runder Krimi, der unterhält, mit sehr interessanten Charakteren und Beziehungen aufwartet und dabei mal wieder zeigt, dass Nesbo auch abseits von Hole wirklich gut schreiben kann.

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Veröffentlicht am 08.12.2024

Viel cozy, wenig crime

Der Krimidinnermord
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Mallowan Hall hat neue Nachbarn und die geben einen Einstand: per Mord. Zumindest steht es so in der Einladung, der Phyllida in Vertretung für ihre Arbeitgeber Folge leistet. Pünktlich um 19 Uhr wird eine ...

Mallowan Hall hat neue Nachbarn und die geben einen Einstand: per Mord. Zumindest steht es so in der Einladung, der Phyllida in Vertretung für ihre Arbeitgeber Folge leistet. Pünktlich um 19 Uhr wird eine Leiche in Beecham House erwartet, die Gäste sollen den Fall spielerisch aufklären. Für Phyllida wird der Abend jedoch erst richtig interessant, als aus der gespielten eine echte Leiche wird.
Man muss die Vorgänger nicht zwingend gelesen haben, um die Handlung verstehen zu können; aber ich finde den Krimidinnermord als Einsteiger nicht ganz so gut geeignet, weil er meiner Meinung nach schwächer als die beiden vorherigen Bände ist und man so einen falschen Eindruck von der Reihe bekommt. Phyllida ist sonst ein sehr heller Kopf, mit einer Kombinationsgabe ausgestattet, die wirklich an den von ihr so verehrten Hercule Poirot erinnert. Doch diesmal sind ihre grauen Zellen etwas weniger auf Zack, ihre Schlussfolgerungen etwas langsamer. Ansonsten ist Phyllida so beherzt und pfiffig wie eh und je, sie meistert neben den Ermittlungen den heimischen Haushalt inklusive großer Veränderungen wie der Ankunft eines Staubsaugers hervorragend. Natürlich kommt auch das restliche Personal nicht zu kurz, die üblichen Rivalitäten zwischen ihr und dem Butler sind immer einen Lacher wert, ebenso die Kabbeleien mit Chauffeur Bradford. Diese Szenen haben einen wunderbaren Charme, ein feiner Humor zieht sich so durch die Seiten; die Handlung macht einfach Spaß. Der leichte und lockere Stil der Autorin tut sein Übriges, und so war die Lektüre immer unterhaltsam, wenn auch nicht so spannend wie gewohnt. Der Täter war relativ früh zu entlarven, das Cover hat leider erneut seinen Teil dazu beigetragen. Ich fand es zudem etwas schade, dass Agatha quasi gar nicht vorkommt, auch die ein oder andere neue Figur bleibt etwas blass.
Letztlich konnte das heimelige Flair und Cambridges liebenswerter Cast mich dann doch nicht ganz über den etwas mauen Kriminalfall hinwegtrösten. Schade, aber ich würde wetten, dass Phyllida im nächsten Band gestärkt durch Erdbeerscones und Whiskey wieder auf altem Niveau ermittelt.

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