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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.02.2025

Bildstark-emotional-spannend

Middletide – Was die Gezeiten verbergen
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Elijah Leigh kehrt nach einigen erfolglosen Jahren in der Großstadt in seinen kleinen Heimatort Point Orchards zurück. Mit großen Ambitionen aufgebrochen, muss er bei seiner Rückkehr nicht nur ganz von ...

Elijah Leigh kehrt nach einigen erfolglosen Jahren in der Großstadt in seinen kleinen Heimatort Point Orchards zurück. Mit großen Ambitionen aufgebrochen, muss er bei seiner Rückkehr nicht nur ganz von vorn anfangen, er muss es auch noch alleine tun. Denn sein Vater ist zwischenzeitlich verstorben und seine Jugendliebe Nakita empfängt ihn auch nicht mit offenen Armen.

Also schlägt er sich allein durch, baut die Hütte seines Vaters wieder auf und beginnt, sich durch Gemüseanbau und Hühnerhaltung größtenteils selbst zu versorgen.



Die Handlung wird einerseits im Jahr 1994 vorangetrieben, ab dem Zeitpunkt an dem die Leiche der Dorfärztin gefunden wird. Der zweite Erzählstrang führt die Leser in der Zeit zurück, beginnend mit einem Versprechen, das sich Elijah und Nakita im Jahr 1973 geben.

Einerseits verfolgt man die Ermittlungen, andererseits erfährt man durch die Ereignisse in der Vergangenheit, wie es überhaupt soweit kommen konnte, dass die attraktive Ärztin Erin ihr Leben lassen musste.



Geschickt lässt die Autorin die beiden Stränge erst nebeneinander her, dann aufeinander zu laufen, wodurch sich ein regelrechter Sog entwickelt und eine Spannung, die ich in der Art gar nicht erwartet hatte.



Elijahs naturnahe Lebensweise wird so bildhaft beschrieben, dass einen eine tiefe Ruhe überkommt und man seinen Stolz über das selbst Geschaffene teilt, obwohl man nur darüber gelesen hat.

Emotional geht man mit Elijah durch alle Höhen und Tiefen; und wenn er mir auch nicht unbedingt durchgehend sympathisch war, habe ich doch immer mit ihm mitgefühlt.

Seine Beziehung zu Nakita, die sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen muss, ist rührend, ohne kitschig zu sein.

Und schließlich tragen einige unerwartete Wendungen dazu bei, dass man mit Spannung der Auflösung entgegenfiebert.



Fazit

„Middletide“ ist ein stimmungsvoller Roman über Vertrauen, Verlust und die Liebe zur Natur, der sich in kürzester Zeit verschlingen lässt.

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Veröffentlicht am 11.02.2025

Mitreißender Roman, der die Französische Revolution erlebbar macht

Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre
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Im Mittelpunkt dieses historischen Romans von Jeanette Limbeck stehen die Malerin Eleonore Duplay und der als brutaler Revolutionsführer in die Geschichte eingegangene Maximilien de Robespierre.
Die beiden ...

Im Mittelpunkt dieses historischen Romans von Jeanette Limbeck stehen die Malerin Eleonore Duplay und der als brutaler Revolutionsführer in die Geschichte eingegangene Maximilien de Robespierre.
Die beiden begegnen sich 1791 in Paris als Jeanette nur knapp einem Blutbad am Rande einer Demonstration entgeht. Die Anziehung zwischen Eleonore und Maximilien ist sofort spürbar, doch die politische Lage ist brisant und Eleonore muss sich entscheiden, ob sie wirklich die Frau an der Seite eines hoch gelobten, aber auch abgrundtief gehassten Revolutionärs sein möchte.

Normalerweise ist mein Lesetempo recht hoch, doch für Jeanette Limbecks Werk habe ich mir viel Zeit gelassen. Denn aus Schulzeiten nur mit einem groben historischen Gerüst, was die Französische Revolution betrifft, ausgestattet habe ich immer wieder über bestimmte Personen und Ereignisse nachgelesen.
Für mich war das einfach wichtig, um die komplizierten politischen Verwicklungen zu dieser Zeit auch wirklich nachvollziehen zu können.
Man kommt allerdings auch völlig ohne andere Quellen aus, da die Autorin sehr viel Wissenswertes übersichtlich am Anfang und Ende des Buches liefert.
In „Die Farben der Revolution“ steckt soviel Wissen gepaart mit guter Unterhaltung, dass es für mich zu einem richtigen Leseerlebnis wurde.
Die Beziehung zwischen Maximilien und Eleonore ist anfangs noch zart und es ist schön, ihre Entwicklung zu verfolgen. Eleonore ist eine interessierte junge Frau, die sich für ihre Überzeugungen lautstark einsetzt und ihre Leidenschaft, das Malen, nie aufgibt.
Robespierre wird in diesem Roman einmal von einer anderen Seite beleuchtet.
War er wirklich einer der brutalsten Revolutionsführer, der Frankreich in den Terror abgleiten ließ oder wurde er Opfer der politischen Wirren und musste als Sündenbock für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung herhalten?
Jeanette Limbeck setzt sich mit diesen Fragen auf äußerst unterhaltsame Weise auseinander und gibt im Nachwort noch Informationen zur historischen Genauigkeit.

Fazit
Ein hervorragend recherchierter historischer Roman für alle, die Geschichte hautnah erleben wollen.

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Veröffentlicht am 04.02.2025

Ein spannender Gedanke

Für immer
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In ihrem neuen Roman „Für immer“ lässt Maja Lunde die Zeit stillstehen.
Zunächst weiß niemand, wann es geschah und schon gar nicht warum, doch plötzlich kommt es bei den Menschen zum absoluten Stillstand; ...

In ihrem neuen Roman „Für immer“ lässt Maja Lunde die Zeit stillstehen.
Zunächst weiß niemand, wann es geschah und schon gar nicht warum, doch plötzlich kommt es bei den Menschen zum absoluten Stillstand; niemand wird mehr geboren oder stirbt, niemand wächst oder wird älter. Die Natur allerdings folgt weiterhin ihrem ganz normalen Rhythmus.
Gebannt verfolgt man die Auswirkungen, die das auf die Gesellschaft hat und die Reaktionen der Menschen, die gerade in ganz unterschiedlichen Lebenslagen stecken.
Ist die unheilbar kranke Frau, deren Tod jetzt aufgeschoben wird, glücklich? Werden die Kinder, die noch im Mutterleib auf ihre Geburt warten, nie das Licht der Welt erblicken?
Dieses Gedankenexperiment ist unglaublich spannend und so fliegt man förmlich durch zwei Drittel des Romans.
Die Protagonisten, die die Autorin gewählt hat und die diese Situation sehr unterschiedlich erleben, decken einen großen Teil der Bevölkerung ab.
Dadurch dass die Kapitel immer zwischen den verschiedenen Perspektiven wechseln, bleibt es durchweg sehr übersichtlich.
Gegen Ende hat für mich dann aber doch die Tiefe gefehlt. Bei der Frage, was man aus solch einem Gedankenexperiment mitnehmen kann, bleibt das Buch leider zu sehr an der Oberfläche.

Fazit
Ein faszinierendes Thema, mitreißend erzählt, doch der letzte Funke hat irgendwie gefehlt

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Veröffentlicht am 04.02.2025

Bedrückend-aber sprachlich wunderschön

Unmöglicher Abschied
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Die Künstlerin Inseon kontaktiert eines Tages ihre Freundin Gyeongha und bittet sie, zu ihrem Haus auf der Insel Jeju zu fahren. Inseon liegt verletzt im Krankenhaus in Seoul, und ohne die Hilfe von Inseon ...

Die Künstlerin Inseon kontaktiert eines Tages ihre Freundin Gyeongha und bittet sie, zu ihrem Haus auf der Insel Jeju zu fahren. Inseon liegt verletzt im Krankenhaus in Seoul, und ohne die Hilfe von Inseon würde ihr kleiner weißer Vogel dort verhungern.

Also macht Gyeongha sich auf den Weg und kämpft sich durch einen verheerenden Schneesturm zum Haus ihrer Freundin. Dort findet sie nicht nur den Vogel, sondern auch die Arbeit, mit der Inseon vor ihrem Unfall beschäftigt war: die Erinnerungen ihrer Mutter an ein sehr dunkles Kapitel koreanischer Geschichte.



Für mich ist „Unmöglicher Abschied“ ein Buch der Gegensätze. Eine wunderschön poetische Sprache trifft auf großes Leid und unfassbare Brutalität. Äußerst bildhaften, detaillierten Beschreibungen folgen nebulöse Sequenzen, bei denen man nicht genau sagen, was real ist und was nicht. Mit ihrer Sprache hat mich Han Kang regelrecht verzaubert, Gyeonghas Weg durch den Schnee zu Inseons Haus ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben.

Über die Gräuel, die sich nach dem zweiten Weltkrieg auf der koreanischen Insel Jeju abgespielt haben zu lesen, ist allerdings schwer auszuhalten. Auch insgesamt strahlt dieser Roman für mich soviel Bedrückendes aus, dass es mir nicht leicht fiel, ihn bis zum Ende zu lesen.

Fazit

„Unmöglicher Abschied“ ist thematisch und literarisch eine Herausforderung, für die es vielleicht den richtigen Zeitpunkt braucht, um sich damit auseinanderzusetzen.

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Veröffentlicht am 04.02.2025

Dieses Buch ist eine große Bereicherung

Kronsnest
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Mit seinem Cover, das einem Landschaftsgemälde nachempfunden ist, kommt „Kronsnest“ zunächst eher schlicht daher. Auch der Inhalt, das Leben auf dem Land in den 1920er Jahren, lässt erst einmal nicht erahnen, ...

Mit seinem Cover, das einem Landschaftsgemälde nachempfunden ist, kommt „Kronsnest“ zunächst eher schlicht daher. Auch der Inhalt, das Leben auf dem Land in den 1920er Jahren, lässt erst einmal nicht erahnen, welche Kraft sich im Innern verbirgt.

Hannes wird schon früh in die Arbeit auf dem elterlichen Hof in Schleswig Holstein miteinbezogen. Doch es sind nicht die körperlichen Aufgaben, die es ihm schwer machen, sondern die unberechenbaren Wutanfälle seines Vaters. Schweigsam erträgt Hannes die Demütigungen, flüchtet sich stattdessen in Bücher oder in Gedanken an Mara, ein Mädchen aus dem Dorf, das ihn mit ihrer besonderen Art so fasziniert.

Florian Knöppler zeichnet ein detailliertes Bild einer Dorfgemeinschaft in all ihrer Zerrissenheit aufgrund politischer Ereignisse, aber auch in der Gemeinschaft, die es so vielleicht nur auf dem Land gibt.

Durch feine Figurenzeichnung und eine starke Sprache gelingt es dem Autor eine Atmosphäre zu erzeugen, die wirklich begeistert. Hannes sitzt mit Mutter und Vater am Tisch, man schweigt, dann fallen ein paar Worte, es wird wieder geschwiegen. Und doch sind so viele Emotionen zu spüren, die man mit vielen Worten nicht besser hätte ausdrücken können.

Hannes Entwicklung zu verfolgen ist mal spannend, mal herzzerreißend und einfach immer intensiv.

Mit Aktionen der Landvolkbewegung werden auch politische Geschehnisse in die Geschichte eingebunden, die großen Einfluss auf die Beziehung der Charaktere zueinander haben.

„Kronsnest“ ist Florian Knöpplers Debütroman, der mit „Habichtsland“ bereits seine Fortsetzung bekommen hat.



Fazit

Dieses Buch ist so bereichernd, dass ich es wirklich jedem nur empfehlen kann.

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