Zuggerschnecksche, Strandfunde und ein Familiengeheimnis
Christina ist Konditorin mit eigenem Café in Frankfurt. Ihr Leben läuft nicht ganz rund, aber sie arrangiert sich ganz gut mit ihrem Schicksal. Sehr bewegend finde ich, wie sie sich mit der Alzheimer-Erkrankung ...
Christina ist Konditorin mit eigenem Café in Frankfurt. Ihr Leben läuft nicht ganz rund, aber sie arrangiert sich ganz gut mit ihrem Schicksal. Sehr bewegend finde ich, wie sie sich mit der Alzheimer-Erkrankung ihres Vaters auseinandergesetzt. Sie und ihre Mutter kümmern sich ganz rührend um ihn, ohne an diesem Schicksal zu zerbrechen. Sehr gut gefallen hat mir hierbei die authentische Beschreibung des Krankheitsbilds und den vorbildlichen Umgang mit Betroffenen und auch die Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Das hat die Autorin sehr schön rübergebracht.
Doch das ist nicht das einzige Thema im Buch. Es ist vielmehr eine ausgewogene Mischung aus Liebesgeschichte, Verwirklichung beruflicher und privater Träume und einer Art Familiensaga.
Christina geht nämlich auf die Suche nach einem Maler/einer Malerin, von dem/der sie nur die Initialen auf verschiedenen Bildern kennt, die sie in einer Mappe ihres Vaters findet. Da niemand aus dem näheren Umfeld ihr weiterhelfen kann, reist sie kurzerhand nach Rügen zu entfernteren Verwandten und forscht dort weiter. Sie vermutet den Ursprung der Bilder an der Ostsee. Das hat mir ebenfalls gut gefallen, weil es sich gut und nicht zu dominant in die Geschichte einfügt. Wie bereits erwähnt, sind die einzelnen Inhalte im Buch sehr gut ausbalanciert.
Die Autorin zeichnet sich durch wundervoll gezeichnete Charaktere aus, die ganz fantastisch miteinander agieren. Klischees wie Mißverständnisse durch Schweigen finden sich hier glücklicherweise nicht, auch keine künstlichen Dramen, Intrigen und Verwechslungen. Dafür bin ich immer dankbar, denn das habe ich einfach schon zu oft gelesen.
Apropos Balance: Es gibt so wunderbar humorvolle Szenen, z.B. in hessischem Dialekt und auch wunderschöne Abschnitte, in denen mir das Herz aufgegangen ist.
Über herzallerliebste Gesten und kleine nette Überraschungen habe ich mich auch sehr gefreut. Die finden sich immer wieder im Buch.
Einige kluge Weisheiten sind mir im Gedächtnis geblieben. Dabei wirken sie überhaupt nicht belehrend, sondern einfach passend.
In dem Abschnitt, in dem Christina an der Ostsee ist, habe ich richtig Lust auf Rügen und Hiddensee verspürt. Ich wäre so gerne mit auf Strandgutsuche gegangen.
„Bernsteinsommer“ ist ein wohltuend ausbalanciertes Buch mit ernsten, humorvollen und liebevollen sowie romantischen Abschnitten, mit klugen Lebensweisheiten, vorbildlichen Familienbanden, echten Freundschaften, sehr sympathischen und gut ausgearbeiteten Charakteren und einer gesunden Portion Lokalkolorit.