Bijoux wird nach Unruhen in Kinshasa als Teenager zu ihrer Tante Mira nach London geschickt. Hier verliebt sie sich zum ersten Mal – in eine Frau. Vor ihrer religiösen Tante muss sie das verbergen, doch sie ahnt nicht, dass auch diese ein Geheimnis vor ihr hat: den wahren Grund dafür, dass sie vor vielen Jahren von Afrika nach Europa kam, in ein Land, in dem sie sich immer noch nicht zu Hause fühlt. Bijoux weiß: So wie Tante Mira will sie nicht enden. Und trifft eine Entscheidung.
Ich mochte es sehr, das Buch „Wohin du auch gehst“ von Christina Fonthes zu lesen, weil mich die Vielschichtigkeit der Geschichte tief berührte. Die Themen Identität, Migration, Familie und Selbstbestimmung ...
Ich mochte es sehr, das Buch „Wohin du auch gehst“ von Christina Fonthes zu lesen, weil mich die Vielschichtigkeit der Geschichte tief berührte. Die Themen Identität, Migration, Familie und Selbstbestimmung sind nicht nur gesellschaftlich relevant, sondern auch persönlich bedeutsam für mich. Bijouxs Weg – zwischen den Welten von Kinshasa und London, zwischen innerer Wahrheit und äußeren Erwartungen – versprach eine kraftvolle, ehrliche Erzählung.
Der Schreibstil ist flüssig und spannend. Empfehlung. Das Cover ein Eyecatcher.
"Schweigen heißt nicht, dass nichts zu hören ist; Schweigen ist eine Sprache. Und wie jede Sprache muss man sie erlernen." - "Fünfzehn Jahre nach meiner Ankunft sollte ich lernen, dass man Schweigen - ...
"Schweigen heißt nicht, dass nichts zu hören ist; Schweigen ist eine Sprache. Und wie jede Sprache muss man sie erlernen." - "Fünfzehn Jahre nach meiner Ankunft sollte ich lernen, dass man Schweigen - wie Herzen, Menschen und Versprechen - brechen kann."
Die in Kinshasa geborene Autorin Christina Fonthes erzählt in ihrem Debütroman „Wohin du auch gehst“ die Geschichte von Mira und Bjoux. Beide Frauen erzählen im Wechsel aus ihrer Perspektive. Anfangs muss man sich erstmal in den verschiedenen Zeitebenen und mit den vielen Personen zurechtfinden, aber der wunderbare und eindrückliche Schreibstil der Autorin hat mich schnell gepackt.
Gerade den Perspektivwechsel fand ich sehr gut gelungen, um die Lebensgeschichten der beiden Frauen aus Zaire/Demokratische Republik Kongo zu erzählen bzw. die beiden Schicksale miteinander zu verweben.
Auf den ersten Blick scheinen die beiden Frauen nicht viel gemeinsam zu haben. Da ist zum einen Mira (Mireille), deren Leben in Zaire ab 1974 bzw. 1981 erzählt wird. Sie gehört dort zur aufsteigenden Klasse, ist lebensfroh und bricht auch gerne mal die Regeln, um mit ihrer Freundin tanzen zu gehen. Als sie sich in einen Musiker verliebt, sind ihre Eltern davon gar nicht begeistert.
Und da ist Bijoux, die im Alter von 12 Jahren aus ihrem Geburtsort Kinshasa nach London zu ihrer strengen, religiösen Tante Mirelle gebracht wird. Dort fehlen ihr ihre Heimat und ihre Eltern; ihre Tante kennt sie überhaupt nicht. Das Leben ist geprägt von Armut, Einsamkeit und den strengen Regeln der evangelikalen Kirchengemeinde „The Mountain“, zu der ihre Tante sie mitschleppt.
2004 ist Bijoux Mitte Zwanzig und verliebt - in eine Frau. Das darf ihre Tantine Mireille nicht erfahren. Doch so wie ihre Tante möchte Bioux nicht enden ... wie kann sie ihren eigenen Weg gehen?
"Warum, Bijoux, warum?", fragte sie inständig. "Warum kannst du dann nicht aufhören -"
"Warum kann ich was nicht aufhören? Zu lieben?"
Sehr gekonnt verknüpft die Autorin sprachlich sowie inhaltlich die beiden Lebensgeschichten dieser Frauen, verbindet die Spuren der lebensfrohen Mira von damals mit der verbitterten Mireille von heute. Gegen Ende des Buches wird vor allem Mireilles Verhalten, ihr erlittenes Schicksal klarer.
"In diesem Moment hat Mira begriffen, dass ein Geheimnis ein Zahlungsmittel ist wie Geld oder der Körper - etwas, mit dem man handeln kann. - ... - Und genau wie Geld haben Geheimnisse auch einen Wert, der manchmal steigt, manchmal sinkt."
Durch die verschiedenen Erzählstränge entstand eine richtige Sogwirkung beim Lesen, Kapitel für Kapitel werden die Geheimnisse der Vergangenheit freigelegt.
Ohne hier zu viel zum weiteren Inhalt zu verraten, kann ich nur sagen, dass dieses Buch literarisch sowohl thematisch ein absolutes Highlight für mich war. Ein sehr intensiver Roman über Herkunft und Flucht, über das Leben zwischen zwei Kulturen, über Familie, Liebe und sexuelle Orientierung, über Freiheit und Selbstbestimmung.
Bücher über die dunkelhäutige Gesellschaft lösen bei mir oft einen Kulturschock aus – im negativen Sinn. Für mich. Als weiße Frau. Es erschreckt mich, wie selbstverständlich wir andere Kulturen eingliedern ...
Bücher über die dunkelhäutige Gesellschaft lösen bei mir oft einen Kulturschock aus – im negativen Sinn. Für mich. Als weiße Frau. Es erschreckt mich, wie selbstverständlich wir andere Kulturen eingliedern wollen, obwohl sie ganz eigene Lebensweisen haben. Manches muss moralisch hinterfragt werden, dennoch eignen wir uns Zuviel an. Klar ist: Es braucht mehr Aufklärung. Bücher wie „Wohin du auch gehst“ bringen uns diese Welt – und hoffentlich auch das Verständnis – näher.
Nun zur Geschichte: Bijoux lebt mit ihrer Tante in London, seit sie ein Teenager ist. Doch versucht sie, sich zu finden und kommt gleichzeitig dem Geheimnis ihrer Tante näher. Zu großen Teilen erfährt man dieses Geheimnis als Leser bereits, was in die Irre führen kann. Bis zum Schluss konnte ich Tante Mira zwar verstehen, aber meine Sympathien konnte sie nicht erlangen. Durch das Buch hinweg war eine Wut in mir, die sich nicht zügeln lies und die die Ungerechtigkeit auf vielen Ebenen widerspiegelte.
Durch die beiden Perspektiven gibt es Zeitsprünge. Bijoux’ Part ist nah an unserer Zeit – umso erschreckender sind die Vorurteile, mit denen sie kämpft. Diese kommen aus Familie, Glauben und weißer Gesellschaft. Der Roman zeigt, dass gesetzliche Anerkennung von Homosexualität keine gelebte Freiheit bedeutet und dass sich Generationen zwar weiterentwickeln, aber immer mit einem Kampf verbunden sind.
Ich brauchte einige Zeit, um in die Geschichte einzutauchen. Die Autorin nutzt Wörter und Bezeichnungen in Lingala. Eine Verkehrssprache im Kongo. Einmal eingelesen, lässt sich die Geschichte sehr flüssig lesen und hat einen angenehmen Schreibstil. Auch geschichtliches Wissen blieb nicht auf der Strecke. Leicht, aber nicht überwältigend, erlebt man im Hintergrund die Entwicklung des Kongo.
Durch das Buch hinweg dachte ich, das große Geheimnis schon zu kennen, doch das Ende des Buches erfolgt nochmal durch einen Knall, der alles abrundet und final eine weitere Ungerechtigkeit der Sitten dort aufweist.
Insgesamt ein sehr gelungenes Debüt. Es regt zum Nachdenken und selbst reflektieren ein und bietet authentische Charaktere.
Wohin ich auch gehe erzählt die Gechichte einer jungen Frau, Bijoux, die als Kind aus dem Kongo zu ihrer ihr fremden Tante Mireille nach London ziehen musste.
Bijoux ist lesbisch, was allerdings ...
Wohin ich auch gehe erzählt die Gechichte einer jungen Frau, Bijoux, die als Kind aus dem Kongo zu ihrer ihr fremden Tante Mireille nach London ziehen musste.
Bijoux ist lesbisch, was allerdings in ihrer Community nicht akzeptiert wird. Sie versucht, den Erwartungen ihrer Tante und ihrer christlichen Gemeinde zu entsprechen und droht dabei, sich selbst zu verlieren.
Derweil wird auch Mireilles Geschichte erzählt, die aus meiner Sicht die deutlich interessantere der beiden ist. Auch Mireille entsprach nicht den an sie gestellten Erwartungen, insofern sind sich die Geschichten der beiden Frauen deutlich ähnlicher als sie es selbst wissen.
Das Buch ist auf jeden Fall interessant und ist durch das Setting zwischen Afrika, Brüssel, Paris und London vielschichtig und teils fremd, teils nah.
Allerdings wirkt die Geschichte teilweise auch sehr zäh, die häufige Verwendung von Fremdwörtern ist etwas anstrengend und macht das Lesen schwieriger als es sein müsste.
Zum Inhalt:
Bijoux wird als Teenager zu ihrer Tante nach London geschickt und verliebt sich zum ersten Mal in eine Frau. Die Tante darf das nicht wissen, ahnt jedoch nicht, dass die Tante selbst ein Geheimnis ...
Zum Inhalt:
Bijoux wird als Teenager zu ihrer Tante nach London geschickt und verliebt sich zum ersten Mal in eine Frau. Die Tante darf das nicht wissen, ahnt jedoch nicht, dass die Tante selbst ein Geheimnis hat, dass sie selbst vor vielen Jahren nach Europa gebracht hat, aber eins weiß Bijoux; So wie ihre Tante will sie nicht enden.
Meine Meinung:
Man kann selbst nicht ermessen, wie es eigentlich ist, zwischen zwei Kulturen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zu leben und dann auch noch nicht den "normalen" Konventionen nicht entsprechen zu wollen oder auch zu können. Hier wird diese Zerrissenheit zwischen dem gewünschten Leben, den Erwartungen der Familie sehr deutlich und der Entwicklungsprozess zur gewünschten Freiheit glaubwürdig erzählt. Natürlich ist es nur ein Roman, ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass genau solche Schicksale nicht selten sind. Den Schreibstil fand ich gut lesbar und die Protagonisten gut ausgearbeitet.
Fazit:
Intensive Geschichte