Cover-Bild Zwischen uns ein ganzes Leben
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16,99
inkl. MwSt
  • Verlag: FISCHER Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 22.08.2018
  • ISBN: 9783596702718
Melanie Levensohn

Zwischen uns ein ganzes Leben

Roman
Drei Frauen – getrennt durch ein halbes Jahrhundert, verbunden durch ein Versprechen

Paris, 1940: Für die jüdische Studentin Judith wird es unter der deutschen Besatzung immer gefährlicher. Zusammen mit ihrer großen Liebe Christian, Sohn eines Bankiers, plant sie heimlich die Flucht. Doch plötzlich ist sie spurlos verschwunden.
Mehr als fünfzig Jahre später in Washington: Auf Jacobina lastet ein Versprechen, das sie ihrem Vater gegeben, aber ihr Leben lang nicht eingelöst hat. Sie soll ihre unbekannte Halbschwester Judith finden. Jetzt bleibt ihr nicht mehr viel Zeit. Da trifft sie auf die junge Französin Béatrice. Die beiden Frauen freunden sich an. Gemeinsam machen sie sich auf eine Suche, die sie weiter führt, als sie je erwartet hätten …

***
„Du musst Judith finden”, sagte Lica. Seine Stimme klang beschwörend. „Versprich es mir!”
Jacobina hielt inne.
„Ich möchte, dass du ...“ Er schluckte. „... dass du das vollendest, was ich mein Leben lang vor mir hergeschoben habe.”
Jacobina streckte ihren Arm aus. Lica griff ihre Finger und drückte sie. Das innigste Zeichen von Zuneigung eines gebrochenen Mannes.
Er tat Jacobina leid. Plötzlich empfand sie so etwas wie Zärtlichkeit für ihren Vater. Ein ungewohntes Gefühl. Sie wollte ihm über den Kopf streichen, doch sie traute sich nicht.
„Bitte”, sagte er mit kratziger Stimme und rang nach Luft.
„Ich verspreche es”, hauchte Jacobina.


***

Paris, 20. Dezember 1943
Meine Geliebte,
seit den frühen Morgenstunden sitzen wir im Keller und warten darauf, dass etwas passiert. In der Stadt heulen ununterbrochen die Sirenen, aber noch sind keine Bomben gefallen.
Vor drei Tagen bist Du verschwunden, und mit Dir ist alles Licht aus meinem Leben gewichen. Mein Herz ist stumm vor Schmerz. Ich mache mir fürchterliche Vorwürfe. Hätte ich Dich bloß nicht alleine gelassen, so kurz vor unserer Flucht. Du bedeutest mir alles. ALLES!
In meiner Verzweiflung schreibe ich an die Adresse Deines Vaters, die ich in Deinem Tagebuch gefunden habe. Ich bete für Dich, Geliebte, und für eine neue Welt, in der unsere Liebe einen Platz hat.
In Liebe
C.

Béatrice las den Brief erneut. Dann ließ sie das Blatt sinken und starrte ins Leere.
„Jacobina“, flüsterte sie, „ich glaube, ich habe etwas gefunden.“

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.08.2018

Gegen das Vergessen

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Zu ihrem Roman „Zwischen uns ein ganzes Leben“ wurde die Autorin Melanie Levensohn durch den Fund von alten Familiendokumenten angeregt und diese Authentizität spürt man in den historischen Kapiteln. Die ...

Zu ihrem Roman „Zwischen uns ein ganzes Leben“ wurde die Autorin Melanie Levensohn durch den Fund von alten Familiendokumenten angeregt und diese Authentizität spürt man in den historischen Kapiteln. Die beiden Leben, auf die der Titel anspielt, führen in die frühen 40iger Jahren im besetzten Paris und dann gut 60 Jahre später nach Washington.
Béatrice arbeitet für die Weltbank, ein äußerst gut dotierter Job und sie hat auch Karriereambitionen, obwohl die Arbeit sie nicht richtig ausfüllt. Genauso unbefriedigend ist ihr Privatleben, schon lange ist sie nicht mehr glücklich in der Beziehung zu Joaquin, nur die Angst vor dem Alleinsein lässt sie ausharren. Über eine Hilfsorganisation lernt sie Jacobina kennen, eine widerborstige und unsympathische alte Frau, die ihre Hilfe anfangs so gar nicht wertschätzt. Aber dann, vielleicht weil Béatrice Französin ist, äußert sie eine Bitte. Sie hatte vor vielen Jahren ihrem Vater auf dem Sterbebett versprochen, die verschollene Halbschwester Judith zu suchen. Aber wie das Leben so spielt, diese Aufgabe wurde so lange aufgeschoben, bis es fast zu spät ist.
Béatrice recherchiert und erfährt, dass sich Judiths Spuren nach dem Transport in ein Konzentrationslager verlieren.
Das zweite Leben ist Judiths Leben, wir tauchen ins besetzte Paris ein, erfahren wie sich die Einschränkungen für jüdische Bürger immer stärker bemerkbar machen und erleben mit Judith ihre zart aufkeimende Liebe zu Christian. Christian stammt aus der bürgerlichen Oberschicht, aber sein Vater ist ein eifriger Kollaborateur, deshalb muss die Beziehung geheim bleiben.
Bei den zwei Zeitperspektiven hat mir ganz eindeutig die historische besser gefallen. Diese Abschnitte sind warmherzig und wie aus erster Hand. Man lebt und leidet mit Judith.
Béatrice bleibt dagegen blass und oberflächlich. Die Washingtoner Abschnitte fielen auch in der Spannung und im Erzählton ab. Sie machen zwar den größeren Teil des Romans aus, aber nachgewirkt haben nur die historischen Kapitel. Gestört hat mich tatsächlich auch die ständige Erwähnung von Markennamen. Bèatrice im Armani Kostüm, oder mit von Furstenberg Kleidern, Dior Kosmetik und so weiter…. Was will die Autorin damit ausdrücken? Dass Béatrice eine teuer gekleidete Frau ist oder dass die Designerkleidung ihre Rüstung gegen ihre Unsicherheit ist? Egal, es war mir einfach zu viel. Zuviel waren mir dann auch die Zufälle, die die beiden Teile verbunden haben.
Mein Fazit: ein gut lesbarer, in Teilen auch sehr anrührender Roman, bei dem ich aber immer das Gefühl hatte, dass die Autorin ihr Potenzial, wie sie es im warmherzig-anrührenden Prolog anklingen lässt, nicht ganz ausgeschöpft hat.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Zu leichtfertig und zu konstruiert

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Was ist dieses Buch? Ein Stück erzählte Zeitgeschichte? Ein Liebesroman? Beides? Oder nichts davon? Ich bin mir sehr unsicher…

Die Autorin wurde nach ihren eigenen Angaben angeregt durch die Lebensgeschichte ...

Was ist dieses Buch? Ein Stück erzählte Zeitgeschichte? Ein Liebesroman? Beides? Oder nichts davon? Ich bin mir sehr unsicher…

Die Autorin wurde nach ihren eigenen Angaben angeregt durch die Lebensgeschichte einer entfernten Verwandten, die in Auschwitz ermordet wurde. So erzählt die jüdische Studentin Judith in der Ich-Form ihre Geschichte in Paris von 1940 bis 1943, als sie, in großer Liebe mit Christian verbunden, von ihm vor den Judenverfolgern versteckt wird. In einem zweiten Handlungsstrang lernen wir Béatrice kennen, im Jahr 2006 in Washington lebend, Karrierefrau, teuere Designer-Kleidung, in einer unbefriedigenden Beziehung lebend. Sie bekommt Kontakt zu Jacobina, die ihr Leben lang versäumt hat, ein einstens ihrem Vater gegebenes Versprechen einzulösen, nämlich ihre unbekannte Halbschwester zu finden. Béatrice will ihr bei der Suche helfen. So weit so gut.

Der Schreibstil des Buches ist sehr ansprechend, leicht lesbar und enthält zahlreiche sehr intensiv nachwirkende Szenen. Die Protagonistin Judith rückt dem Leser nahe, eben aufgrund der der in Ich-Form geschilderten Erzählweise. Und natürlich ist das Schicksal einer jungen jüdischen Studentin zur Zeit der Judenverfolgung bewegend. Dennoch gäbe es hier bereits den einen oder anderen Kritikpunkt anzubringen, doch dazu später mehr.
Die anderen Akteure des Buches werden aus der Über-Sicht der Autorin geschildert und rücken damit automatisch im Vergleich zu Judith in eine gewisse Distanz zum Leser. Ich halte dieses gewählte Stilmittel zweier unterschiedlicher Erzählperspektiven nicht für sehr glücklich bzw. mir erschließt sich nicht deren Sinn. Von der angelegten Handlung her wären alle Personen in gleicher Weise in den Focus zu rücken gewesen, nicht die eine näher, die anderen ferner.
Meine eigentliche und für mich wesentlichste Kritik ist jedoch, dass keine der Personen wirklich psychologisch fundiert dargestellt wird. Judith ist eine Studentin, es ist also von einer intelligenten, interessierten Person auszugehen. Im Buch jedoch wirkt sie naiv, politisch desinteressiert, oberflächlich und – ach – von den Ereignissen der Zeit völlig überrascht. Sie raucht ohne irgend eine Hemmung in ihrem Versteck, ohne darüber nachzudenken, dass sie damit nicht nur sich, sondern auch ihre Helfer in Gefahr bringt. Sie quält Christian kindlich-unreif und undankbar mit eifersüchtigen Gedanken. Mir fehlt die Ernsthaftigkeit, die immanente Angst jüdischen Lebens und das politische Bewusstsein intelligenter Menschen zu dieser Zeit. Und warum wundert es mich jetzt nicht, dass die Geschichte Judiths weitergeht, wie man es aus den Tagebüchern der Anne Frank kennt? Hätte der Autorin nicht etwas mehr einfallen können als dieser Anne-Frank-Abklatsch?
Béatrice ist ein oberflächliches ich-bezogenes Luxusweibchen, hat einen verantwortungsvollen Job, der eigentlich auch Intelligenz voraussetzen würde, erhält bestes Gehalt, lässt sich dennoch quälen sowohl von ihrem Chef und ihrem Freund, benimmt sich wie ein willenloses Opfer und lässt sich mal eben „im Vorübergehen“ auf der Straße durch einen hingeworfenen Satz dazu bringen, am nächsten Tag bereits ehrenamtlich bei einer alten schmuddeligen Frau in einer schmuddeligen Wohnung ekligen Abwasch zu übernehmen? Und natürlich folgt dann zur Krönung eine Liebesgeschichte, die ebenso unrealistisch erdacht ist wie alles vorherig Erzählte.

Ich finde es extrem schade, dass eine eigentlich interessante Geschichte, geschrieben von einer Autorin, die, wie man an einzelnen Szenen erlebt, durchaus lebendig-eindringlich erzählen kann, an allzu viel Konstruiertem und Künstlich-Klischeehaftem kaputt geht und wie die Entsetzlichkeit eines finsteren Kapitels der Zeitgeschichte auf billige Weise für einen Roman benutzt wird, dem es leider, leider an der angemessenen Tiefe fehlt.

Veröffentlicht am 18.08.2018

Wenn das Schicksal Geschichte schreibt

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Jacobina hat ihrem Vater am Sterbebett versprochen, ihre Halbschwester zu finden . Doch irgendwie schiebt sie die Suche immer wieder von sich. Erst im Alter findet sie mit Beatrice eine Verbündete, ...


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Jacobina hat ihrem Vater am Sterbebett versprochen, ihre Halbschwester zu finden . Doch irgendwie schiebt sie die Suche immer wieder von sich. Erst im Alter findet sie mit Beatrice eine Verbündete, die ihr beim Auffinden der Halbschwester behilflich ist. Beide Frauen tauchen tief ein in die Vergangenheit und erleben so die Grausamkeit und Schrecken des Zweiten Weltkrieges ohne zu ahnen, welche Überraschungen das Schicksal für sie bereit hält...

Melanie Levensohn verpackt die schicksalsträchtige Begegnung zwischen Beatrice und Jacobina im Washington der Gegenwart in eine Geschichte voller Rückblicke in die Kriegswirren im Paris Mitte der 1940er Jahre. Dabei gestaltet sie den Erzählstrang um Judith, Jacobinas Halbschwester, wesentlich interessanter und einfühlsamer, fesselnder und spannender als die Einblicke in das Leben von Beatrice. Diese erscheint einfach zu unnahbar und durch und durch kalkuliert und lässt mich so als Leser außen vor. Ihre Wandlung ist für mich nicht nachvollziehbar und das lässt die ganze Geschichte unglaubwürdig erscheinen. Es wirkt vieles zu konstruiert und melodramatisch.
Anders Judith - diese Frau ist eine Seele von Mensch, weiß durch ihren Liebreiz zu begeistern und entführt mich mit ihrer Geschichte tatsächlich in die Kriegswirren in Paris. Ihre Angst, ihre Sorgen und Nöte lassen mich mit ihr leiden, bangen und sogar immer wieder einen Funken Hoffnung spüren, ihre Liebe zu Christian ist warmherzig geschildert und spendet auch mir Trost.
Die Erzählstränge enden abrupt - lese ich in diesem Moment noch über das Schicksal von Judith, so befinde ich mich plötzlich im Leben von Beatrice und blicke verwirrt um mich. Das zerstört leider das Gesamtbild, wirkt manchmal sogar irreführend und das ist sehr schade, denn diese schicksalsträchtige Geschichte verdient normalerweise Respekt und Ansehen. Die Erzählungen der Vergangenheit sind interessanter gestaltet als der Einblick in die Gegenwart und so bleiben für mich leider nur 3 Sternchen für dieses Buch übrig.

Veröffentlicht am 08.05.2021

Eine Suche

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Jacobina verspricht ihrem Vater ihre Halbschwester zu suchen, die während der Naziherrschaft in Paris verschollen ist. Sie hat es nicht getan, jetzt im hohen Alter hat sie ein schlechtes Gewissen und will ...

Jacobina verspricht ihrem Vater ihre Halbschwester zu suchen, die während der Naziherrschaft in Paris verschollen ist. Sie hat es nicht getan, jetzt im hohen Alter hat sie ein schlechtes Gewissen und will mit Hilfe von Beatrice dieses Versprechen erfüllen. In der Vergangenheit ist Judith in Christian verliebt gemeinsam wollen sie aus Paris fliehen. Dann ist sie auf einmal verschwunden.
Die Autorin erzählt sehr sprunghaft die Geschichte der drei Frauen. Mal sind wir in der Gegenwart und erleben die Geschichte von Jacobina oder von Beatrice. Dann wieder sind wir in Paris und begleiten Judith und Christian.
Ich mochte bis auf Christian keine der Figuren.
Christian ist sehr fürsorglich, intelligent und reif für sein Alter. Judith ist unvorsichtig obwohl sie als Jüdin von den Gefahren weiß nimmt sie wenig Rücksicht ob sie andere auch in Gefahr bringt.
Jacobina hält ihr Versprechen nicht, nicht weil es viel Arbeit und Mühe wäre, eher ist Eifersucht auf die unbekannte Schwester der Grund.
Beatrice ist nur unzufrieden, eigentlich will sie Karriere hat aber nicht genug Ellbogen dafür, anstatt das zu akzeptieren haben alle anderen Schuld.
Die Gegenwart ist eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die Vergangenheit ist eine Liebesgeschichte in einer grausamen Zeit. Das Gleichgewicht stimmt für nicht. Die Vergangenheit nimmt zu viel Raum ein, die Suche die meiner Meinung das interessantere Thema ist läuft einfach nebenher,#´
Es ist von allem etwas aber nicht genug vom Wichtigen, die Autorin verliert sich manchmal in Details die wenig mit der Geschichte an sich zu tun haben.
Am Ende bleiben zu viele Fragen offen.