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Veröffentlicht am 19.06.2025

Mord im Wohnkomplex

Marchfield Square
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Im Londoner Wohnkomplex Marchfield Square wird ein Mann tot aufgefunden. Die Polizei verdächtigt seine Frau, doch Vermieterin Celeste glaubt an ihre Unschuld. Sie beauftragt die Putzfrau Audrey und den ...

Im Londoner Wohnkomplex Marchfield Square wird ein Mann tot aufgefunden. Die Polizei verdächtigt seine Frau, doch Vermieterin Celeste glaubt an ihre Unschuld. Sie beauftragt die Putzfrau Audrey und den zurückgezogen lebenden Schriftsteller Lewis mit eigenen Ermittlungen. Nach und nach deckt das ungleiche Duo die Geheimnisse der Nachbarn auf.

Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Audrey, Lewis und Celeste erzählt. Der Wechsel der Perspektive bringt Abwechslung und gibt Einblicke in unterschiedliche Denkweisen. Der Schreibstil ist leicht und flüssig mit britischem Humor. Die kurzen Kapitel und Lewis' Romanausschnitte lockern die Handlung auf.

Audrey und Lewis sind gut dargestellte, aber gegensätzliche Figuren. Audrey ist empathisch und nahbar, Lewis ist sozial unbeholfen und analytischer. Ihre Beziehung entwickelt sich glaubhaft von gegenseitiger Abneigung zu echter Teamarbeit ohne dass eine erzwungene Romanze entsteht. Die Nebenfiguren sind lebendig, auch wenn nicht alle gleich viel Raum bekommen.

Insgesamt "Marchfield Square" ein schöner Cosy Crime mit charmantem Ermittlerduo und britischem Humor. 

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Veröffentlicht am 19.06.2025

Nachbarn und Lügen

Lauter kleine Lügen
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Im Jahr 1979 wird in der kleinen Sackgasse in Canberra ein abgetrennter Fuß gefunden, der dem jungen Einwanderer Antonio Marietti gehört. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf, doch die Nachbarn haben ...

Im Jahr 1979 wird in der kleinen Sackgasse in Canberra ein abgetrennter Fuß gefunden, der dem jungen Einwanderer Antonio Marietti gehört. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf, doch die Nachbarn haben ihre eigenen Theorien. Die zwölfjährige Tammy beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und stößt auf verborgene Geheimnisse.

Der Roman lebt vor allem von seiner dichten Atmosphäre. Kemp beschreibt die flirrende Hitze, das Tuscheln in den Vorgärten und die unterschwellige Angst sehr lebendig. Die Geschichte ist voller Andeutungen und falscher Fährten, die Figuren sind nachvollziehbar beschrieben. Jeder in dieser Straße lügt oder verheimlicht etwas aus der Vergangenheit. Da viele Themen, wie Rassismus, Homophobie und die Rolle der Frau, großen Raum in der Geschichte einnehmen, rückt der Mordfall selbst immer wieder in den Hintergrund.

"Lauter kleine Lügen" ist daher kein klassischer Krimi, sondern eher ein Gesellschaftsroman. Auch wenn der Anfang vermeintlich viel verrät, bleibt die Auflösung bis zum Schluss spannend und überrascht mit einem gelungenen Twist.

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Veröffentlicht am 14.04.2025

Zwischen Rache und Moral

How To Kill a Guy in Ten Ways
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Als Millies Schwester Opfer einer Vergewaltigung wird und die Justiz versagt, gründet sie eine Hotline für Frauen in Not. Doch nach und nach wird aus (Selbst-)Hilfe Selbstjustiz.

"How to Kill a Guy in ...

Als Millies Schwester Opfer einer Vergewaltigung wird und die Justiz versagt, gründet sie eine Hotline für Frauen in Not. Doch nach und nach wird aus (Selbst-)Hilfe Selbstjustiz.

"How to Kill a Guy in Ten Ways" ist eine provokante, überzeichnete Geschichte, die gesellschaftliche Missstände mit Sarkasmus aufzeigt. Die Erzählweise ist direkt und teilweise erschreckend deutlich. Der Schreibstil ist flüssig. Besonders im letzten Drittel steigt die Spannung stark an, auch wenn zwischendurch Rückblenden und Wiederholungen dem Tempo schaden.

Die Hauptfigur Millie ist ein fragwürdiger und eher unsympathischer Charakter mit gehässigen Kommentaren und Doppelmoral. Im Laufe der Handlung wird sie immer radikaler. Das wirft interessante Fragen auf wie: Wo ist die Grenze zwischen Selbsthilfe und Selbstjustiz? Wann wird Gerechtigkeit zur Ungerechtigkeit?

Trotz starker Themen wie Gewalt gegen Frauen, psychische Gesundheit und Versagen der Justiz bleibt die Auseinandersetzung damit eher flach. Die eigentlich zentrale Hotline wird nicht wirklich vertieft. Die Polizei wird sehr klischeehaft dargestellt und es gibt einige logische Ungereimtheiten.

Insgesamt bietet "How to Kill a Guy in Ten Ways" eine interessante und provokante Geschichte. Auch wenn nicht alle Details überzeugen, haben mich die Idee und die angesprochenen Themen beeindruckt.

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Veröffentlicht am 14.04.2025

Einsamkeit, Verlust und Erinnerung

Die Anatomie der Einsamkeit
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Schon in ihrem Debütroman "Die Halbwertszeit von Glück" erzählt Luise Pelt von Frauen, die in unterschiedlichen Zeiten leben und miteinander verbunden sind. Während es dort um die Vergänglichkeit des Glücks ...

Schon in ihrem Debütroman "Die Halbwertszeit von Glück" erzählt Luise Pelt von Frauen, die in unterschiedlichen Zeiten leben und miteinander verbunden sind. Während es dort um die Vergänglichkeit des Glücks ging, ist es diesmal die Einsamkeit mit ihren verschiedenen Facetten.

Im Jahr 2000 führt die erfolgreiche New Yorker Anwältin Claire ein erfolgreiches Leben, aber fühlt sich innerlich leer. Seit dem Verlust ihrer Zwillingsschwester ist sie isoliert. Zwei Jahrzehnte später kämpft die impulsive Journalistin Olive in London mit einem ähnlichen Gefühl. Trotz Beziehung und Familie scheint sie keinen emotionalen Halt zu finden. Die beiden Frauen verbindet ein alter Kompass, den Olive von ihrer Großmutter Poppy geerbt hat. Mit ihm beginnt eine Suche in der Familiengeschichte und in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Begleitet von Gedichten, die Poppy selbst geschrieben hat.

Luise Pelt bleibt sich treu. Ihr Schreibstil ist einfühlsam und mitreißend. Die Seiten fliegen nur so dahin. Wie schon in ihrem ersten Roman erzählt sie mit starken Bildern und Sätzen, die man sich merken möchte. Auch hier spielt die Geschichte in mehreren Zeitebenen und Perspektiven. Dies erfordert manchmal Aufmerksamkeit, sorgt aber gleichzeitig für Spannung und unterschiedliche Blickwinkel auf die Einsamkeit. Besonders gelungen ist die atmosphärische Beschreibung der Schauplätze. Die Natur wird hier nicht nur beschrieben, sondern spiegelt die inneren Zustände der Figuren.

Auch diesmal steht die Entwicklung der Figuren im Mittelpunkt. Claire wird gelassener und versucht weniger, alles zu kontrollieren, Olive beginnt, ihren Platz in der Welt zu suchen. Beide Figuren sind glaubwürdig dargestellt, auch wenn Olives Impulsivität manchmal an die anstrengenden Passagen von Mylene und Holly im ersten Buch erinnert. Doch wie schon in "Die Halbwertszeit des Glücks" gelingt es der Autorin, ihre Figuren zu entwickeln und sie am Ende zu sich selbst finden zu lassen. Kleine Schwächen im Mittelteil werden durch das gelungene Ende mehr als wettgemacht.

"Die Anatomie der Einsamkeit" ist ein intensiver Roman über Einsamkeit, Familie und Erinnerung. Wer den ersten Roman von Luise Pelt mochte, wird sich auch hier gut aufgehoben fühlen. Die Themen sind ernster, die Erzählweise noch fesselnder, die Charaktere besser ausgearbeitet. Wenn sich die Autorin zu ihrem nächsten Buch nochmal so steigert, wird der dritte Roman ein Meisterwerk.

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Veröffentlicht am 30.03.2025

Ambitioniert, aber mit Längen

Die Fletchers von Long Island
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"Die Fletchers von Long Island" erzählt die Geschichte einer enorm reichen amerikanischen Familie. In den 1980ern wird Carl Fletcher entführt und erst gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder frei gelassen. ...

"Die Fletchers von Long Island" erzählt die Geschichte einer enorm reichen amerikanischen Familie. In den 1980ern wird Carl Fletcher entführt und erst gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder frei gelassen. Noch Jahrzehnte später kämpfen seine Kinder mit den Nachwirkungen dieses Familientraumas.

Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt. Hauptfiguren sind die drei erwachsenen Kinder. Ihr jeweiliges Trauma zeigt sich in unterschiedlicher Weise. Beamer, der Drehbuchautor, der immer wieder über Entführungen schreibt. Nathan, der Anwalt, hat mit vielen Ängsten zu kämpfen. Die hochintelligente Jenny flüchtet sich in ein Computerspiel. Die Figuren werden detailliert und nachvollziehbar beschrieben, wirken an vielen Stellen aber überzeichnet und sind nicht im herkömmlichen Sinne sympathisch.

Der Sprachstil ist eher anspruchsvoll mit langen Schachtelsätzen. Im Zusammenwirken mit Humor, Ironie und Sarkasmus soll die Tragik etwas aufgeweicht werden, was nicht an allen Stellen gelingt. Während der Anfang noch eher fesselnd und flüssig zu lesen ist, hat die Erzählung besonders im Mittelteil einige Längen. Neben der umfangreichen Familienerzählung thematisiert die Autorin auch den Einfluss von Tradition, enormem Wohlstand und traumatischen Ereignissen auf die Familiendynamik.

Insgesamt ist "Die Fletchers von Long Island" ein umfangreiches und ambitioniertes Werk, das durch Kürzungen an einigen Stellen an Schwung gewonnen hätte.

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