Cover-Bild Rote Kreuze
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 26.02.2020
  • ISBN: 9783257071245
Sasha Filipenko

Rote Kreuze

Ruth Altenhofer (Übersetzer)

Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2020

Die Stalin-Ära im Mikroskop

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Das Buch beginnt indem eine 91-jährige alleinstehende Dame ihrem neuen Nachbarn Alexander erzählt, dass sie unter Alzheimer leidet und Kreuze and den Haustüren malt, um sich an den Weg zu ihrer eigenen ...

Das Buch beginnt indem eine 91-jährige alleinstehende Dame ihrem neuen Nachbarn Alexander erzählt, dass sie unter Alzheimer leidet und Kreuze and den Haustüren malt, um sich an den Weg zu ihrer eigenen Wohnung zu erinnern. Inmitten dieser Diskussion bittet sie ihn in ihre Wohnung und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte. Diese ist erschütternd und tragisch und obwohl Alexander anfangs nicht begeistert von dem Ganzen ist, beginnt die Geschichte doch sein Interesse zu wecken. Die erzählten Jahre befassen ein dunkles Kapitel der russischen Geschichte, das auf keinen Fall in Vergessenheit geraten sollte, und zwar die Jahre während der Stalin-Ära.
Als ihr Vater stirbt zieht Tatjana nach Moskau, wo sie eine kleine Familie gründet. Als der Krieg ausbricht wird ihr Mann an der Front geschickt und sie beginnt für den NKID, das spätere Außenministerium, als Übersetzerin zu arbeiten. Dabei erlebt sie hautnah die Grausamkeiten des Sowjetregimes die besagten, dass ein guter Soldat nicht in Gefangenschaft geraten darf und somit keine humanitäre Unterstützung für russische Kriegesgefangene zu rechtfertigen sei. Letztere und deren Angehörige werden als Verräter behandelt und als sie auf einer Liste russiche gefangener Soldaten den Namen ihres Mannes entdeckt, fürchtet die junge Mutter um sich selbst und ihre Tochter und begibt sich auf gefährlichen Eis...
Das Buch ist sehr deprimierend aber tiefgründig geschrieben und der Autor berichtet über ein wichtiges Thema, an das man sich erinnern muss und das von heutigen russischem Staat nicht mit dem entsprechenden Gewicht behandelt wird. Mir gefiel auch, dass das Buch sachlich die Lage erzählt ohne viele Emotionen denn das gibt dem Buch eine gewisse Ernsthaftigkeit. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Veröffentlicht am 22.03.2020

Gegen das Vergessen

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Von der Sowjetunion und ihren schlimmsten Phasen während des Stalinismus hat Sasha Filipenko nicht viel mitbekommen. Der weißrussische Autor wurde 1984 geboren. Seine Kindheit fiel in die Zeit von Glasnost ...

Von der Sowjetunion und ihren schlimmsten Phasen während des Stalinismus hat Sasha Filipenko nicht viel mitbekommen. Der weißrussische Autor wurde 1984 geboren. Seine Kindheit fiel in die Zeit von Glasnost und Perestroika, seine Jugend in den Zerfall der UdSSR. Sein Buch "Rote Kreuze" ist dennoch eine literarische Reise in die stalinistische Vergangenheit, zu den Prozessen gegen angebliche Volksfeinde, durch Folter erzwungene Geständnisse, Sippenhaft und Lagersystem.

"Rote Kreuze" ist auch die Geschichte einer untypischen und anfangs ungewollten Freundschaft zwischen dem verwitweten Alexander und seiner 91-jährigen Nachbarin Tatjana, die an Alzheimer leidet. Anfangs ist Alexander vom Mitteilungsbedürfnis der alten Frau genervt, er hat genügend eigene Probleme. Die Frau, deren Kurzzeitgedächtnis bereits gelitten hat und die durch Erzählen auch die Erinnerungen an eine dramatische Vergangenheit, an ihre Toten und die Zeit des Terrors bewahren will, findet erst nach und nach Zugang zu dem jungen Mann.

Sie ist ein eher herber Charakter, diese Tatjana Alexejewna, noch vor der Revolution in London geboren und von Gouvernanten erzogen. Der oft eher lakonische Erzählstil Filipenkos passt zu dieser Figur.

Trotz des privilegierten Hintergrundes hat sich ihr Vater der Idee des Kommunismus verschrieben und zieht kurzerhand nach Moskau, wo Tatjana zum neuen, sowjetischen Menschen heranwachsen soll.

Der jugendliche Idealismus hält an, die mehrsprachige junge Frau tritt eine Stelle im Außenministerium an. Dass immer wieder Kollegen verschwinden, dass in den Wohnblocks der Funktionäre nachts Menschen abgeholt werden, von denen man nie wieder hört - das weiß sie zunächst erfolgreich zu verdrängen. Sie hat die Illusion, all dem entkommen zu können, konzentriert sich auf das private Glück mit Mann und kleiner Tochter, selbst noch zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Wozu die Tschekisten fähig sind, muss sie nur allzu bald an eigenem Leib erfahren.

Gesäumt ist diese Lebensgeschichte mit tatsächlichen Dokumenten und Briefwechseln zwischen dem Internationalen Roten Kreuz und dem Außenministerium, geben dem Roman eine dokumentarischen Rahmen.

Von einer Freundschaft und einem Pakt gegen das Vergessen ist im Klappentext die Rede, doch angesichts der dramatischen Lebensgeschichte Tatjanas bleibt Alexander trotz seiner eigenen, persönlichen Tragödie als Ich-Erzähler eine eher blasse Figur und auch die Dyamik der sich entwickelnden Feundschaft ist beim Lesen nicht wirklich überzeugend. Eine bitterböse Pointe hat "Rote Kreuze" angesichts Tatjanas Bemühen, sich vor sich selbst zu rehabilitieren und ein vermeintlich begangenes Unrecht wiedergutzumachen.Hier schließt sich auch ein Kreis, denn es ist Alexander, der die Antwort findet, die Tatjana so lange gesucht hat. Eines ist klar: Tatjanas Erinnerungen können überdauern.

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Veröffentlicht am 17.03.2020

Rote Kreuze

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Meine Meinung und Inhalt

In dem Roman von Filipenko geht es um ein schockierendes Kapitel der russischen Geschichte nämlich wie die Sowjetunion die russischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg im ...

Meine Meinung und Inhalt

In dem Roman von Filipenko geht es um ein schockierendes Kapitel der russischen Geschichte nämlich wie die Sowjetunion die russischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg im Stiech ließ und sogar ihre Familien als Verräter verfolgte.


"Wir sitzen im Flur. Schweigend. Meine Nachbarin und ich. Die einzige Glühbirne flackert. Eine Zeitlang verharren wir so, wortlos, dann sagt Tatjana Alexejewna unvermittelt: Sie sind ein starker Mensch, Sascha. Das ist wirklich kaum vorstellbar, was Sie durchmachen mussten..." (ZITAT)


Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde.

Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher.

Sie glaubt, dass Gott ihr Alzheimer geschickt hat, weil er Angst vor ihr hat und davor, dass sie mit intakter Erinnerung zu ihm kommt und Rechenschaft verlangt. Sie ist als Protagonistin absolut fantastisch und sympathsich dargestellt worden.

Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen.

Es war wirklich schön zu lesen, wie das Kennenlernen der beiden stattgefunden hat und wie sich nach und nach eine Vertrautheit entwickelt hat.

Außerdem erinnern die Kreuze in ihrer übertragenen Form an das Leid, dass beide Protagonisten in ihrem Leben erfahren haben und nun mit sich tragen. In ihren Schicksalen trifft der Respekt gegenüber einer einzelnen Person des modernen Weißrusslands auf die Grausamkeiten des Sowjetregimes in der Mitte des letzten Jahrhunderts, die ein Leben auf gänzlich andere Art gemessen, beurteilt und bewertet hat.

Sasha Filipenko, 1984 in Minsk geboren, ist ein weißrussischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Comedian. "Rote Kreuze" ist der erste seiner Romane, der aus dem Russischen übersetzt wurde und auf Deutsch erscheint. Er lebt heute mit seiner Familie in St. Petersburg.

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Veröffentlicht am 17.03.2020

Das russische 20. Jahrhundert

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Der Weißrussische Schriftsteller Sasha Filipenko konnte mich mit seinem Roman „Rote Kreuze“ begeistern. In seiner Vita steht das er Fußballfan ist, so lässt er seinen Protagonisten Schiedsrichter werden.

Es ...


Der Weißrussische Schriftsteller Sasha Filipenko konnte mich mit seinem Roman „Rote Kreuze“ begeistern. In seiner Vita steht das er Fußballfan ist, so lässt er seinen Protagonisten Schiedsrichter werden.

Es fängt mit dem Schicksal Alexander an, er wird zu einem alleinerziehenden Vater.
Als er in seine neue Wohnung zieht, lernt er seine 90jährige Nachbarin Tatjana Alexejewna kennen, die ihm ihre Geschichte aufzwingt. Sie leidet an Demenz und malt rote Kreuze an die Türen um immer zurückzufinden.
Alex gewöhnt sich an sie und sie erfährt er warum sie im Lager war.
Es ist erschütternd zu erfahren, das die Familie bestraft und auseinander gerissen wird, nur weil der Mann in Kriegsgefangenschaft gerät. Obwohl mir das bekannt war, ist es zu lesen, ziemlich traurig.
Tatjana hat ja eigentlich noch Glück, das sie für den Kommandanten die Korrespondenz machen muss. Aber sie erfährt nicht wo ihre Tochter und ihr Mann sind.

Der Autor hat einen fesselnden Stil, der mich in seinen Bann ziehen konnte. Die eingefügten Gedichte und Lieder sind stimmig und passen gut dazu.
Da noch mehr Bücher von ihm übersetzt werden sollen, freue ich mich auf sie.


Veröffentlicht am 15.03.2020

Unter Nachbarn

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Tatjana Alexejewnas Lebensuhr ist mit ihren über 90 Jahren schon fast abgelaufen und zusätzlich leidet sie zunehmend an einer aufkommenden Demenz. Tatjana hat aber noch ein großes Anliegen, sie will, dass ...

Tatjana Alexejewnas Lebensuhr ist mit ihren über 90 Jahren schon fast abgelaufen und zusätzlich leidet sie zunehmend an einer aufkommenden Demenz. Tatjana hat aber noch ein großes Anliegen, sie will, dass ihre Lebensgeschichte nicht in Vergessenheit gerät. So versucht sie diese ihrem deutlich jüngeren Nachbarn Alexander aufzudrängen, der aber anfangs alles andere als begeistert ist. Tatjana lässt nicht locker und so entwickelt sich die zarte Bande einer Freundschaft zwischen den beiden Nachbarn...
Als ich die Bewertungen und Rezensionen des vorliegenden Romans "Rote Kreuze" von Sasha Filipenko las, war mir schnell klar, dass dieses Buch die Leser polarisiert. Meine Neugier war geweckt und ich bin sehr gespannt in das Buch eingestiegen. Ich war zunächst ein wenig vom nüchternen und stilistisch sehr einfach gehaltenen Schreibstil des Autors überrascht. Im Nachgang muss ich sagen, dass dies der Geschichte aber sehr gut zur Gesicht steht. Was mich an "Rote Kreuze" am meisten fasziniert hat, war, wie sich ein banaler und völlig belangloser Small Talk unter Nachbarn zu einem tragischen und berührenden Bericht über das schicksalhafte Leben eines Menschen wandeln kann. Die Vita der Haupt-protagnistin Tatjana Alexejewnas ist geprägt von erduldeten Leid und niemals endenden Entbehrlichkeiten, hervorgerufen durch die unwürdige Behandlung der sowjetischen Regierung in den Nachkriegsjahren. Die historischen Hintergründe wirken dabei sehr gut recherchiert und stellen die Grausamkeiten der damaligen Zeit schonungslos in den Fokus. Auch Alexander muss einen tragischen Schicksalsschlag in seinem Leben verkraften und so stehen die Beiden sich im Kampf gegen das Vergessen gegenseitig zur Seite.
Der Roman "Rote Kreuze" hat mich berührt und nachdenklich zurück-gelassen. Auch wenn mir das Ende ein wenig zu schnell erzählt war konnte mich in erster Linie die Erzählkraft des Autors Sasha Filipenko überzeugen. Ich empfehle das Buch daher gerne weiter und bewerte es mit guten vier von fünf Sternen.

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