Cover-Bild Rote Kreuze
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 26.02.2020
  • ISBN: 9783257071245
Sasha Filipenko

Rote Kreuze

Ruth Altenhofer (Übersetzer)

Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt. Nach und nach erkennen die beiden ineinander das eigene gebrochene Herz wieder und schließen eine unerwartete Freundschaft, einen Pakt gegen das Vergessen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.05.2020

Russische Schicksale bei einer Tasse Tee

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Worum geht es in dem Buch?
Alexander, genannt Sascha, ist 30 Jahre alt, hat eine kleine Tochter und zieht in eine Mietwohnung in Minsk (Belarus – Weißrussland) ein. Seine Nachbarin Tatjana, die über 90 ...

Worum geht es in dem Buch?
Alexander, genannt Sascha, ist 30 Jahre alt, hat eine kleine Tochter und zieht in eine Mietwohnung in Minsk (Belarus – Weißrussland) ein. Seine Nachbarin Tatjana, die über 90 Jahre alt ist und an Demenz leidet, erzählt ihm beim Teetrinken aus ihrer Vergangenheit vor dem Zweiten Weltkrieg.
Tatjana wuchs bei ihrem Vater auf, denn die Mutter starb bei der Geburt der Tochter. Die Familie zog nach Moskau, wo Hungersnot herrschte. Die Zaren waren nicht mehr da.
Später heiratete Tatjana Alexej, sie bekommen eine Tochter, namens Alessja. Tatjana bekommt eine Arbeit bei der NKID, einer wichtigen staatlichen Stelle – und ihr Mann Alexej gerät in Kriegsgefangenschaft. Es scheint unmöglich zu sein, dass er wieder frei kommt – und auch Tatjana schwebt in Gefahr.
Ebenso Sascha hat ein schweres Schicksal hinter sich. Er zieht alleine mit seiner Tochter in die Wohnung ein, aber was ist mit seiner Frau passiert? So nach und nach erfährt der Leser, was mit Sascha los ist.

Meine Meinung zu diesem Buch:
Der Roman „Rote Kreuze“ ist nicht immer einfach zu lesen. Es gibt zwei Ich-Erzähler – einmal Sascha, einmal die alte Dame Tatjana. Ihre Geschichte wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive und aus der auktorialen Erzählperspektive (kein Ich-Erzähler) beschrieben.
Die „Roten Kreuze“ sind ein Symbol. Einmal stehen sie für Zeichen, die Tatjana im Mietshaus gemacht hat, um sich mit ihrer Demenz orientieren zu können. Dann steht „Rotes Kreuz“ auch für die gleichnamige Hilfsorganisation.
Tatjanas Geschichte berührt – ich habe beispielsweise nicht gewusst, dass es Menschen gab, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Russland verfolgt wurden, weil sie dort nicht geboren wurden. Manchmal jedoch ist mir die Handlung in dem Roman zu langgezogen. Tatjana schildert manche Details mit viel Dramatik, es werden auch Briefe und Dokumente zitiert – und an die verschiedenen russischen Namen muss man sich erst einmal gewöhnen. So bezeichnet Tatjana ihren Mann Alexej auch mal mit dem Namen Ljoscha.
Tatjana zwingt Sascha ihre Geschichte richtig auf – er will sie zuerst nicht hören, dann hört er aber doch interessiert zu. Er erscheint mir zuerst farblos. Erst im Laufe des Romans wird er interessanter. Dann, als es darum geht, was mit seiner Frau Lana passiert ist.

Mein Fazit:
„Rote Kreuze“ ist stellenweise kein einfach zu lesender Roman, doch wer sich für russische Geschichte und Schicksale kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs interessiert, kann an dem Buch sicherlich Gefallen finden. Mir war die Handlung stellenweise zu langatmig. Ich vergebe vier Sterne.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Grausames Russland

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Ich hatte nach dem Lesen der Leseprobe mir ein gänzlich anderes Buch vorgestellt.

"Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer ...

Ich hatte nach dem Lesen der Leseprobe mir ein gänzlich anderes Buch vorgestellt.

"Alexander ist ein junger Mann, dessen Leben brutal entzweigerissen wurde. Tatjana Alexejewna ist über neunzig und immer vergesslicher. Die alte Dame erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, die das ganze russische 20. Jahrhundert mit all seinen Schrecken umspannt."

Ja, Tatjana ist alt, sehr alt und hat ein furchtbares Leben gehabt. Alexander zieht in die Nachbarwohnung ein. So treffen sie sich. Alexander, der seine eigene Geschichte zu verarbeiten hat, freundet sich eher wiederwillig mit Tatjana an.

Mich hat dieses Buch nicht wirklich berührt. Tatjanas Leben wird minutiös erzählt, viel zu ausufernd. Alexander bleibt eher im Hintergrund, seine Geschichte ist anscheinend nicht so wichtig.

Die beschriebene Alzheimer Krankheit kann ich leider dem Schriftsteller nicht so abnehmen. Im Familienkreis verlief die Krankheit völlig anders.

Auch diese Freundschaft zwischen den beiden habe ich anders empfunden. Die so beschriebene Erzählung war viel zu emotionslos. Nein, kein Buch für mich.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Berührende Geschichte

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Rote Kreuze – die malt Alexanders Nachbarin Tatjana Alexejewna an die Haustür, um sich zu merken, wo sie wohnt. Tatjana ist nämlich über neunzig und leidet an Alzheimer. Sie erzählt ihrem neuen Nachbarn ...

Rote Kreuze – die malt Alexanders Nachbarin Tatjana Alexejewna an die Haustür, um sich zu merken, wo sie wohnt. Tatjana ist nämlich über neunzig und leidet an Alzheimer. Sie erzählt ihrem neuen Nachbarn ihre Lebensgeschichte, sie hatte unter vielen Repressionen zu leiden. Die beiden lernen sich schätzen in einer Welt, die beiden ein hartes Schicksal beschert hat.

Es ist eine Geschichte von Verlusten, die jeden Menschen hart treffen im Leben. Sehr feinfühlig und in der Tradition russischer Geschichtenerzähler schildert Sasha Filipenko Tatjanas bewegtes Leben. Dabei spiegelt die Erzählung die russische Geschichte des 20. Jahrhunderts wieder, die roten Kreuze ziehen sich wie ein roter Faden durch Tatjanas Leben. Sachlich erzählt, kommt die Wucht ihrer Geschichte erst hinterher beim Leser an, weckt Betroffenheit. So schmal das Büchlein selbst ist, so wichtig ist sein Inhalt, weil er wichtige Ereignisse der russischen Geschichte für die Nachwelt festhält. Nicht ganz nachvollziehbar ist Tatjanas Demenz, dafür wirkt die alte Frau viel zu überlegt.

Diese aufrüttelnde Geschichte hat mich tief berührt, ich vergebe 4 von 5 Sternen und empfehle das Buch unbedingt weiter.

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Steht in der Tradition der großen russischen Erzählkunst

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Wer den Diogenes Verlag kennt, weiß, da wartet ein wunderschönes und hoch interessantes Buch auf uns. Wir müssen nur zugreifen. Die Handlung ist schnell umrissen. Ein junger Mann bezieht in Minsk eine ...

Wer den Diogenes Verlag kennt, weiß, da wartet ein wunderschönes und hoch interessantes Buch auf uns. Wir müssen nur zugreifen. Die Handlung ist schnell umrissen. Ein junger Mann bezieht in Minsk eine neue Wohnung in einem Altbau, seine Nachbarin ist eine alte Dame, bei der Alzheimer diagnostiziert wurde. Interessant ist, wie Tatjana Alexejewna ihre Krankheit betrachtet: wie eine Abwehr Gottes. Denn Tatjana hat alle Gräueltaten des 20 Jahrhunderts in Sowjetrussland am eigenen Leib erlebt. Nun hat sie sich vorgenommen, wenn sie im Augenblick ihres Todes vor Gottes Angesicht treten wird, wird sie von ihm Rechenschaft fordern, warum er soviel Hass, Not, Elend und Schmerz in der UdSSR zugelassen hat. In ihren eigenen Worten: „Gott hat Angst vor mir. Zu viele unbequeme Fragen kommen da auf ihn zu.“ (S.11) Doch da sie nun Alzheimer hat, ständig Teile ihres Lebens vergisst, kann sie nicht mehr Aufschluss von diesem Gott verlangen. Die Immobilienmaklerin hingegen, erklärt Tatjana, dass Alzheimer eine Wohltat Gottes ist, so hat sie nun die Möglichkeit all das Hässliche und Schlimme und Schmerzhafte aus ihrer Vergangenheit zu vergessen und sich auf das Schöne Leben in der Gegenwart konzentrieren. Aber wieviel Schönes kann sie noch genießen, wenn Ihr Mann erschossen wurde und ihr Kind verhungert ist während sie 10 Jahre im Gulag mehr schlecht als recht darben musste?
Der junge Mann, Alexander, hat eine drei Monate alte Tochter, deretwegen er nach Minsk gezogen ist. Seine Frau ist vor 6 Monaten gestorben, ihr Körper wurde künstlich am Leben gehalten bis das Kind per Kaiserschnitt geboren wurde. Traumatisiert von diesen Geschehnissen, erkennt er in Tatjana Alexejewna eine verwandte Seele. Geduldig hört er ihr zu, fragt nach, hilft ihr gegen das Vergessen anzukämpfen. Tatjanas Erzählungen und die oft bruchstückhaften Dialoge dieser zwei Menschen üben eine eigenartige Faszination auf den Leser aus. Dass Stalin unbeschreiblich in seinem Land gewütet hat, dass sowjetische Kriegsgefangene bei ihrer Freilassung und Rückkehr in die Heimat exekutiert wurden, dass er sich geweigert hat den Kriegsgefangenen anderer Völker in der UdSSR zu erlauben, über das Rote Kreuz Kontakt zu ihren Angehörigen und Regierungen zu nehmen. Dass die eigenen Bürger bespitzelt und denunziert und jahrelang in Gulags inhaftiert wurden, das weiß man, gehört sozusagen zur Allgemeinbildung. Aber in Tatjanas Lebensgeschichte wird alles noch einmal lebendig, wird uns akut vor Augen geführt, wie schrecklich das Leben war.
Besonders schmerzhaft: Genau wie bei uns die Holocaustverweigerer, gibt es auch in den Ländern der ehemaligen UdSSR Menschen, die fest überzeugt sind, dass Stalin Recht hatte, dass die Gulags ihre Berechtigung hatten, dass die Inhaftierten nicht unschuldig Fronarbeit in Lagern verrichten mussten.
Die langsame Annäherung zwischen Tatjana und Alexander findet statt, trotz Tatjanas zunehmender Vergesslichkeit oder gerade deswegen, um gegen das Vergessen ein Mahnmal zu setzen.
Sasha Filipenko hat es mit diesem Buch auch getan.

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Veröffentlicht am 07.05.2020

Am Ende bleibt viel Potential ungenutzt

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Alexander zieht nach dem Verlust seiner Frau mit seiner kleinen Tochter nach Minsk. Kaum angekommen trifft er dort seine an Alzheimer erkrankte Nachbarin Tatjana, die ihm unbedingt ihre Lebensgeschichte ...

Alexander zieht nach dem Verlust seiner Frau mit seiner kleinen Tochter nach Minsk. Kaum angekommen trifft er dort seine an Alzheimer erkrankte Nachbarin Tatjana, die ihm unbedingt ihre Lebensgeschichte erzählen will.

Filipenko hat eines extrem anstrengenden und sperrigen Schreibstil. Die einzelnen Personenstränge lassen sich zwar gut lesen, v.a. der von Tatjana hat mir gut gefallen. Doch immer wieder wechselt er wahllos von der 1. zur 3. Person, mal werden die Figuren mit Vornamen benannt, mal mit Nachnamen, mal mit einem Zwischending aus Vorname und dem russischen Vaternamen. Das machte es v.a. zu Beginn schwer, die Figuren auseinanderzuhalten und eine Bindung zu ihnen aufzubauen., noch dazu da sie scheinbar alle eine Form von Alexander o.ä. beinhalten. Irgendwann hat man sich daran gewöhnt und ich gestehe ich habe einfach drüber weg gelesen. Dennoch verstehe ich nciht ganz, warum der Autor diesen verwirrenden Wechsel der Perspektiven und Erzählformen benutzt.

Die Geschichte an sich ist ganz okay. Wie bereits erwähnt fand ich Tatjanas Geschichte durchaus interessant und in großen Teilen auch flüssig zu lesen. Allerdings muss ich auch sagen, dass mich die Handlung und das was Tatjana im Krieg erlebt hat nicht wirklich berührte, vermutlich bedingt durch den Schreibstil durch den mir die Handlung zu unahbar blieb.

Die zahlreichen, mitunter recht langen, Gedichte hätte es meiner Meinung nach nicht unebdingt gebraucht, da sie nicht wirklich zur Stimmung beigetragen haben. Auch der 2. Erzählstrang von Alexander (heißt er denn nun Alexander oder Sascha? Das hat mich ebenfalls verwirrt.) erschien mir etwas zu konstruiert und hat nicht wirklich zum Buch gepasst. Dieser Strang wird auch nicht wirklich tiefergehend betrachtet sondern nur am Rande erwähnt um das schlimme Schicksal des jungen Mannes hervorzuheben.

Ich hätte mir hier insgesamt eine konsequentere Schreib- und Erzählweise gewünscht. Alexander braucht es meiner Meinung nach in dieser Geschichte nicht unbedingt. Schöner hätte ich es gefunden, wenn man Tatjana ihre Geschichte in der Ich-Perspektive von Beginn an hätte erzählen lassen ohne Unterbrechungen oder seltsame Perspektivwechsel.