Historischer Frauenroman in Venedig über Vivaldis Rivalin Anna Maria della Pietà, die beste Violinistin der Welt
Edith Beleites (Übersetzer)
Es ist an der Zeit, die Frau kennenzulernen, über die wir in den letzten 300 Jahren hätten sprechen sollen: Dies ist die Geschichte von Anna Maria della Pietà.
Venedig, 18. Jahrhundert: Die junge Anna Maria wächst in einem Waisenhaus auf, und als sie zum ersten Mal eine Geige in der Hand hält, verändert sich ihr Leben – denn für Anna ist die Musik mit allen Sinnen erlebbar, sie übertrifft alle Mitschülerinnen an Talent, Ehrgeiz und Willensstärke. Antonio Vivaldi nimmt sie schnell als Schülerin an, und gemeinsam spielen sie nicht nur Musik, sondern beginnen, zu komponieren. Schon bald geht es Anna nicht mehr nur um das bloße Wiedergeben von vorgegebenen Noten – sie will selbst etwas Großes erschaffen und im Rampenlicht stehen, endlich Anerkennung bekommen für ihre Leistungen. Doch diese Art von Ehrgeiz steht ihr als Frau nicht zu, und Vivaldi wird alles tun, um den Ruhm für sich zu behalten ...
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Männer"..sagt er[...]alles Stücke von Männern. Wahrscheinlich stecken Frauen dahinter. Frauen, die von selbstgefälligen Männern wie ihnen in den Staub getreten wurden. Sie fördern uns gerade bis zu dem ...
Männer"..sagt er[...]alles Stücke von Männern. Wahrscheinlich stecken Frauen dahinter. Frauen, die von selbstgefälligen Männern wie ihnen in den Staub getreten wurden. Sie fördern uns gerade bis zu dem Punkt, wo wir begreifen,was wir alles nicht dürfen. Und wenn wir es trotzdem versuchen, nehmen sie uns alles weg. Warum bringen sie uns bei unseren Verstand zu benutzen, wenn sie uns alles verweigern, was er hervorbringt?"
Anna Maria wächst in einem Waisenhaus in Venedig des 18. Jahrhunderts auf. Für sie ist Musik der Schlüssel zu einem besseren Leben. Musik sieht sie in verschiedenen Farben und fühlt sie auf extreme Weise. Sie ist ein Ausweg aus Armut und zwangsehe für die junge Frau die alles lieber möchte als von den Nonnen verheiratet zu werden.
Die begabte Musikerin und Komponistin wird die Starschülerin Antonio Vivaldis was einiges an Konkurenzkampf und Eifersucht unter den Schülerinnen des Waisenhauses hervorruft. Er ist unheimlich ehrgeizig, sehr Streng aber auch sehr nett zu ihr, zumindest anfangs. Dann beginnt er Annas Kompositionen als seine auszugeben da die Welt eine Komponistin seiner Ansicht niemals ernst nehmen wird. Eines Tages beschließt Anna Maria den Ruhm einzufordern den sie verdient. Doch hat sie nicht damit gerechnet das Vivaldi alles dafür tun wird um das zu verhindern.
"Es ist unsere Musik, und das Wissen sie. Vielleicht erfährt es eines Tages die ganze Welt. Man wird von Mädchen mit fehlenden Fingern hören,[...] von Mädchen mit Pockennarbenund dem P das ihnen in die Haut gebrannt wurde. Man wird begreifen, was wir geleistet haben. Diese Musik ist unser Werk." S.360/361
Ich habe selbst lange Geige gespielt und da war Vivali für mich aus dem Repertoire nicht wegzudenken. Ich mag diese Musik sehr gerne. Umso gespannter war ich auf diesen Roman und ich muss sagen er hat mir sehr gefallen. Man bekommt sowohl eine Ahnung von den Protagonisten als auch vom damaligen Zeitgeist. Der Ehrgeiz der Protagonistin hat mir wirklich sehr imponiert und ich habe mit ihr mitgeliefert und ihr nur das Beste gewünscht. Ein wirklich spannender Roman für alle musikbegeisterten Bücherwürmer.
Der Titel dieses Buches mutete anfangs in meinen Ohren eher wie ein seichter Trivialroman an. Was für ein Irrtum, denn es verbirgt sich dahinter die fiktionale Bearbeitung einer sehr fesselnden historischen ...
Der Titel dieses Buches mutete anfangs in meinen Ohren eher wie ein seichter Trivialroman an. Was für ein Irrtum, denn es verbirgt sich dahinter die fiktionale Bearbeitung einer sehr fesselnden historischen Frauenbiographie. Im Original trägt der Roman den Titel „The Instrumentalist“.
Harriet Constable, die hier ihr Romandebüt vorlegt, ist Journalistin und Dokumentarfilmerin. Das Thema Musik liegt ihr, denn sie wuchs in einem sehr musikalischen Haushalt auf. Ihre Mutter ist klassische Cellistin.
Im Zentrum des Romans steht die Venezianerin Anna Maria della Pietà, in der Musikgeschichte auch bekannt als Anna Maria dal Violin.
Venedig 1696 – eine junge Mutter, die sich prostituieren muss, um zu überleben, eilt mit ihrem Baby zu einer Aussparung in der Mauer des Waisenhauses Ospedale della Pietà, eine Art Babyklappe, für ungewollte weibliche Säuglinge gedacht. Nachdem sie bei einer Hinterhof-Hebamme entbunden hat und sich nicht überwinden konnte, das Kind im Kanal zu ertränken, wie es viele andere tun, muss sie sich nun von der Tochter trennen. Denn wenn der Säugling zu groß für diese schmale Klappe wäre und daneben läge, wäre er dem Tod geweiht.
Als die Nonnen des Waisenhauses für Mädchen das Baby auf der anderen Mauerseite in Empfang nehmen, finden sie bei ihm auf einem Papier geschrieben: „Geh süßes Kind. Du sollst wissen, dass du geliebt wurdest“ und eine halbe Spielkarte. Die andere Hälfte behält die Mutter, wie eine letzte Verbindung.
Alle neu aufgenommenen Säuglinge werden mit einem Brandzeichen markiert, erhalten Vornamen mit dem Anhang “della Pietà“, werden karg und streng aufgezogen. Es erwarteten sie harte Arbeiten im Haus.
“Als Nächstes die morgendlichen Aufgaben: waschen, schrubben, nähen, bügeln, Gemüse putzen, Wasser kochen, scheuern, sauber machen. Erst nach dem Mittagsgebet haben die Mädchen frei.“ S. 25
Die positive Seite dieses Waisenhauses ist, dass den Mädchen eine gediegene musikalische Erziehung mitgegeben wird. Jedes Mädchen wird neben dem Gesang in mindestens einem Instrument unterrichtet. Die talentiertesten Mädchen können es ins Orchester schaffen. Die anderen Mädchen werden verheiratet. Nicht selten sind sie Objekte der Begierde der reichen Patrone des Waisenhauses. Doch die Alternativen zu diesem Schicksal sind aufgrund der großen Armut in der Republik Venedig in der Regel noch schlimmer.
Die kleine Anna Maria wächst mit ihren beiden Lieblingsfreudinnen Agata und Paulina wie Schwestern in dieser Gemeinschaft auf. Im Laufe der Jahre lernt sie nicht nur Violine zu spielen, sondern auch Cello, Oboe, Flöte, Mandoline, Cembalo u.a..
Anna Maria ist ein ganz besonderer Charakter. Sie erlebt das Hören von Musik als Farbwahrnehmung, ist also Synästhetikerin. Das Spielen eines Instrumentes kann für sie zum wahren Feuerwerk der Farben werden. Schon in ganz jungen Jahren erfasst sie ein großer Ehrgeiz. Das Geigenspiel möchte sie virtuos beherrschen. Sie träumt davon, als das jüngste Mitglied zum weltberühmten Orchester des Waisenhauses genannt „figlie di coro“ berufen zu werden.
Die historischen „figlie di coro“ (dt. „Töchter des Konservatoriums“) galten in der Republik Venedig und über die Grenzen hinaus als das angesehenste Orchester. Die Mädchen des Orchesters wurden vom Maestro unterrichtet und durften in Basiliken und Palazzi spielen. So verdienten sie Geld für das Waisenhaus und wurden zudem mit Ruhm und Geschenken bedacht. Oft spielten sie hinter einem Sichtschutz, um nur gehört und nicht gesehen zu werden, weil viele körperlich beeinträchtigt waren durch Geburtsfehler, Krankheitsfolgen (z.B. Pockennarben) oder auch Zeichen von Brutalität und Vernachlässigung. Wieder ein Tribut an das harte Leben, das sie sonst führten.
Neben der Begeisterung für die Musik und dem Ehrgeiz ist es auch die Angst, die Anna Maria zu diesem Wunsch Orchestermitglied zu werden, antreibt.
„Musik soll wie ein Schutzschild sein.“ S. 39
Denn die Mädchen mit musikalischen Talent sind sicher vor dem Verheiraten und dem mystischen unheimlichen Rabenmann, von dem die Mädchen raunen.
Alles ändert sich in dem Moment, als Anna Maria die Favoritin des Maestros wird. Eine besondere Rolle in der Geschichte des Ospedale della Pietà spielt nämlich sein bekanntester Musiklehrer und Maestro, der rothaarige Teufelsgeiger Antonio Vivaldi, der von 1703 bis 1715 Musikdirektor war. Das Orchester des Ospedale war sein kreatives Testfeld, Inspiration und vielleicht auch mehr.
Das Verhältnis zwischen Meister und Schülerin wird sehr ambivalent dargestellt. Anfangs ist die Haltung Vivaldis recht unbarmherzig, bald wird Anna Maria schon mit 8 Jahren seine Musterschülerin, eine Art Wunderkind. Schließlich beginnt der Lehrer seine Schülerin sozial zu isolieren, indem er ihren übergroßen Ehrgeiz negativ beeinflusst und auf sich fixiert. Zudem wird das junge Mädchen von Ruhm und Geschenken fast berauscht.
Doch die ehrgeizige, hochbegabte Anna Maria entwickelt sich persönlich wie auch musikalisch weiter. Es kommt zu einem dramatischen Wendepunkt für beide.
Fazit:
Harriet Constable ist ein vielschichtiger Roman gelungen. Als Leser*in glaubt man, das karge, aber vor Musik vibrierende Waisenhaus, die Palazzi wie auch die schmuddeligen Ecken, die Kanäle, das bunten Treiben Venedigs wie auch die brutalen Realitäten im 17. Jahrhundert zu sehen und zu hören. Sie lässt sich von realen Begebenheiten inspirieren und spinnt eine fiktionale Geschichte darum herum. Denn über die persönliche, emotionale Entwicklung der historischen Violinistin Anna Maria ist nichts bekannt. Daneben erzählt sie eine Coming-of-age Geschichte, die sehr stark geprägt ist von jugendlichem Ehrgeiz, Ängsten und der Verlockung des Ruhms.
Die Autorin hat den Charakteren Leben eingehaucht, zeigt ihre hellen, aber auch dunklen Seiten. Anna Maria spricht geradeheraus, ist sehr eigensinnig und überschwänglich, was es ihr in jenen Zeiten und ihrer Position nicht leicht macht. Dass die Autorin einen synästhetischen Aspekt dem großen Talent des Mädchens beifügt, erklärt deren Obsession. Sie gibt sich mit der Musik, vor allem der Geige dieser Farbenwelt hin.
Ihr Überlebenswille, Ehrgeiz, die beste Violinistin zu werden, und daraus resultierende sehr harte persönliche und soziale Entscheidungen gerade gegenüber den Freundinnen in Krisenzeiten haben sie mir zeitweise fast unsympathisch gemacht. Aber der Verlauf der Geschichte zeigt ihre Entwicklung und eine versöhnende Wendung.
Beim Stichwort Vivaldi sind mir vorher vor allem die "Vier Jahreszeiten" und die Violinkonzerte in den Sinn gekommen. Wie groß der Einfluss des Ensembles eines Waisenhauses auf sein Werk war, ahnte ich nicht. Allerdings kommt der Maestro in diesem Roman nicht wirklich sympathisch rüber.
Immerhin, Vivaldi widmete Anna Maria über 30 Violinkonzerte. Aber sein Verhältnis zu seinen vorpubertären Schülerinnen ist geprägt von Manipulation, Ausbeutung und Missbrauch.
Constable rückt mit der Geschichte der Anna Maria della Pietà auch einen zugleich spannenden wie auch traurigen Aspekt der Musikgeschichte ins Zentrum. Die Mädchen dieses damals europaweit bekannten Orchesters boten dem Komponisten eine Art Testfeld und „Brutkasten“ für seine Werke. Sie waren mehr als Musikantinnen, sondern nahmen aktiv teil am Schaffensprozess neuer Werke. Die jungen Mädchen probierten als Erste die neuen Stücke. Vermutlich schrieben sie Noten ab und halfen bei der Komposition. Ihr Beitrag war enorm.
Die Autorin schildert, wie auch die hochtalentierte Anna Maria eigene Kompositionsideen beiträgt. Sie hat das große Glück, gefördert zu werden. Doch eigene Ideen und Werke werden ihr – wie anderen Frauen in der Kunst - missgönnt, nicht zugestanden, weggenommen oder vernichtet. Eigene Kompositionen der Anna Maria della Pietà sind verschollen, wie die vieler anderer Musikerinnen.
Der Spannungsbogen der Handlung wird gut gehalten, denn Anna Marias Leben scheint oft wie ein Tanz auf einem schmalen Grat zwischen dem Ruhm auf der einen Seite und dem Abgrund auf der anderen. Das Erzähltempo nimmt gerade im letzten Viertel des Romans deutlich zu, als die persönliche Entwicklung des Mädchens und die Vorstellungen des Maestros kollidieren. Da ergeben sich unerwartete Wendungen.
Eine wunderbare Geschichte über eine historische junge Frau, die ihren Weg gegangen ist, die ich nur empfehlen kann.
In diesem Debüt handelt es sich um die fiktionale Geschichte eines musikbegabten Waisenmädchens auf ihrem Weg zu einer bewundernswerten Karriere, die schließlich zu internationalem Ruhm als eine der größten ...
In diesem Debüt handelt es sich um die fiktionale Geschichte eines musikbegabten Waisenmädchens auf ihrem Weg zu einer bewundernswerten Karriere, die schließlich zu internationalem Ruhm als eine der größten Violinvirtuosen des 18. Jahrhunderts, gelangte.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts werden in Venedig Waisenhäuser eröffnet, um die Sterblichkeit von Säuglingen zu reduzieren. In einem dieser Häuser, dem Ospedale della Pietà, das Wert auf die musikalische Ausbildung der betreuten Mädchen legt, wurde Anna Maria als Findelkind, abgelegt. Mit fünf Jahren, hält Anna Maria das erste Mal eine Geige in den Händen und weiß sofort, dass dieses Instrument ihr Leben bestimmen wird. Antonio Vivaldi, der im Waisenhaus die Mädchen musikalisch unterrichtet, entdeckt früh Anna Marias herausragendes Talent und fördert sie ganz besonders. Er wurde nicht nur ihr Geigenlehrer sondern mehr als das, fast wie ein Vater.
Zwischen den strengen Regeln der Nonnen lebt Anna Maria nur für die Musik, findet Freundinnen im Waisenhaus, hat aber stets das Ziel vor Augen, Teil des Orchesters zu werden und zu Ruhm zu gelangen. Ein weiter steiniger Weg liegt vor ihr.
Nach einem Vertrauensbruch von Vivaldi wird Anna Maria klar, dass Musik nicht alles ist, denn es gab so Vieles, was sie nicht kannte. Sie wollte raus aus dem Waisenhaus, um alle Facetten des Lebens kennenzulernen. Doch das hätte bedeutet, auf die Musik für immer verzichten zu müssen. Die reiche Elisabetta, fängt die verstörte Anna Maria auf und hilft ihr, sich ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft zu stellen.
Sehr schön ist der innere Konflikt von Anna Maria herausgearbeitet.
Anna Maria della Pietà hat es geschafft, sie ist „Musikdirektor“ und erringt endlich die Anerkennung, die ihr von Antonio Vivaldi, lange vorenthalten hat.
In ihrem Debüt „ Die Melodie der Lagune“, ist der Autorin Harriet Constable eine wunderbare Geschichte inspiriert vom wahren Leben der Anna Maria della Pietà zwischen Fiktion und Realität gelungen, die besonders durch ihre musikalischen Szenen heraussticht und mir sehr gut gefallen hat.
Ein atmosphärischer und bewegender historischer Roman, den ich gerne weiterempfehle.
Der Erstling von Harriet Constable "Die Melodie der Lagune" hat wirklich all meine Erwartungen erfüllt. Das wunderschöne Cover passt perfekt zum Inhalt der Geschichte.
Es geht um Musik und um ein Mädchen, ...
Der Erstling von Harriet Constable "Die Melodie der Lagune" hat wirklich all meine Erwartungen erfüllt. Das wunderschöne Cover passt perfekt zum Inhalt der Geschichte.
Es geht um Musik und um ein Mädchen, eine junge Frau, die Musik im Blut hat. Und obwohl im 18. Jahrhundert in Venedig die Frauen kaum Rechte haben und in der Gesellschaft immer den Männern gegenüber eine untergeordnete Rolle zu spielen haben, kann niemand übersehen, dass Anna Maria begnadet ist mit einem großten Talent. Sogar der große Vivaldi erkennt ihr Geigentalent und ihr Musikgenie. Aber wie alle Männer versucht er sie auszunutzen und ihre Schaffenswerke für seine auszugeben.
Das Buch ist ein realistischer Spiegel der damaligen Zeit und die Musik wird so beschrieben, dass selbst ich als Banause mit in der Welt der Klassik geborgen fühlte. Eine schöne ausfeilte Sprache und nahbare Figuren sind ebenfalls eine große Stärke der Geschichte. Ich konnte abtauchen und habe das Buch sehr genossen.
Venedig Anfang des 18. Jahrhundert: Anna Maria ist eine von unzähligen Waisen, die als Säuglinge im Ospedale della Pietà abgegeben wurden. Doch dieses Waisenhaus ist eine der größten Musikschulen der Stadt ...
Venedig Anfang des 18. Jahrhundert: Anna Maria ist eine von unzähligen Waisen, die als Säuglinge im Ospedale della Pietà abgegeben wurden. Doch dieses Waisenhaus ist eine der größten Musikschulen der Stadt und beherbergt ein europaweit bekanntes Mädchen-Orchester. Anna Maria will Mitglied dort werden. Als Synästhetiker, für die Farben und Töne untrennbar miteinander verbunden sind, übertrifft sie zusammen mit ihrem ehrgeizigen Üben bald die anderen Mädchen. Doch das bloße Spielen fremder Kompositionen ist ihr nicht genug, sie will eigene Musikstücke schaffen und weltberühmt werden. Zwischen Konkurrenz mit anderen Musikerinnen, Konkurrenz mit dem Lehrer Vivaldi und den Restriktionen ihrer Zeit versucht sie, ihren Weg zu bahnen.
Die musikalisch-farblichen Beschreibungen des Romans sind ein Wunder. Sie spiegeln auf malerische Weise die Begeisterung der jungen Protagonistin, die der Leser von Geburt bis in ihre frühen 20er begleitet. Neben der Opulenz und den schöngeistigen Künsten Venedigs werden auch die Schattenseiten der Stadt gezeigt: Armut, Prostitution und ungewollte Neugeborene, die wie Abfall behandelt werden. Auch das Waisenhaus selbst ist voller Missstände. Alle Mädchen, die nicht dem Orchester angehören, sind Personen zweiter Klasse. Konkurrenz und Missgunst wird nährreicher Boden geschaffen. Als Leser sieht man Aspekte und Andeutungen, die der Protagonistin aufgrund ihres jungen Alters zunächst entgehen. Man merkt beim Lesen, wie sie älter und ihr Verstand schärfer wird. Gut gefallen hat mir, dass Anna Maria Fehler macht, deren Konsequenzen sie nicht immer wiedergutmachen kann. Auch ihr Ehrgeiz und Selbstbewusstsein ist erfrischend zu lesen und bringen sie in Konflikt mit dem Frauenbild ihrer Zeit.
Inwieweit die Darstellung von Vivaldi zutrifft, kann ich nicht sagen. Doch es sind tatsächlich Quellen erhalten, aus denen hervorgeht, dass Vivaldi seine Schülerinnen an Stücken von ihm hat komponieren lassen und Werke der Mädchen als seine eigenen ausgab. Wieder einmal eine bittere Erinnerung, dass das Fehlen kultureller Werke von Frauenhand durch Männer geschaffen wurde.
Alles in allem ein großartig bildhafter historischer Roman, den man allen Musikliebhabern ans Herz legen kann.