Seiten voller Möglichkeiten
Es gibt Bücher, die liegen eine ganze Weile unbeachtet im Regal, bis sie genau im richtigen Moment ihren Weg in die Hände finden. So ging es mir mit "Die Mitternachtsbibliothek". Obwohl ich lange nicht ...
Es gibt Bücher, die liegen eine ganze Weile unbeachtet im Regal, bis sie genau im richtigen Moment ihren Weg in die Hände finden. So ging es mir mit "Die Mitternachtsbibliothek". Obwohl ich lange nicht dachte, dass jetzt die passende Zeit dafür sei, hat sich genau dieser Zeitpunkt als goldrichtig herausgestellt.
Die Grundidee des Buches hat mich sofort fasziniert - eine Bibliothek voller Bücher, in die man hineinschlüpfen kann, um alternative Leben auszuprobieren. Dieser Gedanke ist sowohl philosophisch als auch berührend. Dennoch empfand ich die Geschichte zu Beginn etwas zäh. Nora springt von einem Leben ins nächste, oft ohne zu wissen, wo sie sich gerade befindet und vor allem, welche Geschichte hinter ihrem neuen selbst steckt. Die macht es m.E. schwer, in dieser neuen Welten anzukommen und sie zu bewerten. Doch je mehr ich las, desto klarer wurde mir der Sinn dahinter. Besonders mochte ich die Figur von Mrs. Elm, der Bibliothekarin, die Nora mit einer ruhigen, weisen Art begleitet. Sie unterstützt Nora auch dabei, diese verschiedenen Alternativen-Leben zu hinterfragen. Ihre Worte sind dabei voller Trost und Lebensweisheiten, Sätze, die man beim Lesen festhalten möchte.
Ein zentrales Motiv des Buches ist das „Buch des Bereuens“. Dieser Gedanke hat mich tief bewegt, denn wer trägt nicht eine Sammlung an verpassten Chancen in sich? Matt Haig zeigt jedoch eindrücklich, dass dieses Buch nicht das letzte Wort haben darf, denn diese Momente des Bereuens sind oftmals durch die Erwartungen anderer an uns entstanden. Stattdessen geht es darum, das eigene Leben zu leben – aus Liebe zu anderen und vor allem aus Selbstliebe.
Im letzten Drittel hat mich die Geschichte vollends gepackt. Hier war ich emotional so berührt, dass ich beim Lesen Tränen in den Augen hatte. Noras Weg, ihre Reflektion über ihr Leben und die Erkenntnis, dass Fehler, Versöhnung und Neuanfänge zum Menschsein dazugehören, haben mich zutiefst getroffen. Diese Botschaft ist für mich auch persönlich wertvoll.
Matt Haigs Schreibstil ist klar, berührend und voller Lebensbejahung. Er schafft es, große philosophische Fragen in eine zugängliche, warmherzige Geschichte zu stecken. Die Mitternachtsbibliothek ist für mich ein Buch, welches mir im Kopf, im Herzen und vielleicht auch in meinem eigenen unsichtbaren Regal bleibt.
Ein großes Dankeschön an Matt Haig für diese Geschichte. Für mich ist dieses Buch ein echtes Herzensbuch.