Micahs erstes Zusammentreffen mit ihrem Nachbarn Julian verläuft ganz anders als geplant. Schlimm genug, dass er wegen eines peinlichen Vorfalls bei einer Party ihrer Eltern gefeuert wurde – Julian scheint ihr die ganze Sache nicht verziehen zu haben. Micah lässt nicht locker und will seine abweisende, kühle Art nicht hinnehmen, die er überall an den Tag legt. Doch während sich Julian ihr gegenüber nur langsam weiter öffnet, entstehen zwischen ihnen immer mehr Missverständnisse und Konflikte. Was verheimlicht Julian nicht nur ihr, sondern der ganzen Welt?
Lange habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich meine Gefühle und alles, was mich beim Lesen von „Someone New“ beschäftigt hat, in Worte packen soll. Wie kann ich einem Buch gerecht werden, das von vielen Lesern als wichtigster New Adult-Roman des Jahres betitelt wird?
Zuallererst: „Someone New“ ist ein ruhiges Buch. Wer hier nach krassen Bad Boys und überzogener Dramatik sucht, greift zum falschen Buch. Ich möchte das so explizit betonen, weil ich nun in einigen Rezensionen gelesen habe, dass manche das Buch langatmig, teilweise langweilig fanden. Ja, die ersten zwei Drittel weisen keine krassen Wendungen auf, keine überzogenen Plotpunkte, die für den dramatischen Effekt eingebaut wurden. Und das ist genau das, was ich so schön am Buch fand – man konnte sich fallen lassen. Es war ein Querschnitt durch einen Alltag, den ich persönlich sehr normal fand, aber mit so vielen Details versehen, dass ich immer wieder schmunzeln, innehalten und mitfühlen musste.
Was Laura Kneidls Bücher so besonders macht und vor allem in „Someone New“ auffällt, sind ihre Charaktere. Sie sind nicht die krassen Überflieger, Möchtegern-Bad Boys oder Diven, über die ich manchmal auch gern lese. Sie sind realistisch. Sie sind berührend. Sie sind nachvollziehbar. Sie sind wie du und ich und das macht sie besonders.
Es gab kaum Charaktere in diesem Buch, die ich nicht mochte, obwohl sie alle so unterschiedlich waren. Micahs vorlaute Art, ihr moralischer Kompass und ihre teil kindliche, süße Ader haben bei mir wirklich einen Nerv getroffen. Ich finde, jeder sollte ein bisschen mehr Micah sein – das Leben mit Humor nehmen und regelmäßig die eigenen Fehler reflektieren, um sich zu bessern, wo man kann. Julian hingegen war sehr verschlossen, aber man spürt, dass unter der Oberfläche viel brodelt.
Cassie und Auri, seine Mitbewohner, waren zuckersüß! Ich habe die zwei so sehr genossen und freue mich riesig, dass sie im zweiten Teil ihre eigene Geschichte bekommen. Auch Lilly, die zu Schulzeiten schwanger und dafür von ziemlich vielen abgestempelt wurde, hat mich nachhaltig beeindruckt. Seit mein kleiner Bruder geboren wurde, sehe ich Schwangerschaften in ganz neuem Licht, und gerade Teenager haben es so schwer und werden schnell in eine Schublade gesteckt, wenn sie beschließen, ihr Kind trotz ihres jungen Alters zu behalten. Lilly hat eine enorme Stärke gezeigt und war gleichzeitig nachvollziehbar und nahbar. Ich fand sie als Charakter unglaublich gut ausgearbeitet und wünsche mir eine Freundin wie sie!
„Someone New“ besticht vor allem damit, dass es eine Gesellschaft abbildet, die bunt und divers ist, ohne zu Stereotypen zu greifen und sie durchzuhämmern. Gleichzeitig zeigt es auch die hässlichen Seiten der Gesellschaft, am Beispiel von Adrian, Micahs Bruder. Adrians Struggle hat mich einige Tränen vergießen lassen, denn seine Geschichte hätte ebenso meine sein können, wäre ich in ein anderes Elternhaus geboren worden. Dass mein Familie meine Freundin akzeptiert und mir kein schlechtes Gewissen macht – oder gar mehr, wie bei Adrian! – ist bis heute eine Erleichterung für mich. Gleichzeitig kann ich extrem gut nachvollziehen, wie schlimm es sein muss, die Angst bestätigt zu bekommen, dass man nicht gut genug und eine Schande für die Familie ist – nur weil man jemanden liebt, der nicht ins konservative Bild der eigenen Eltern passt. All diese Probleme setzt Laura Kneidl gut um, ohne sie zum zentralen Thema des Buchs zu machen und ewig lange auf Coming Outs und Zwangsoutings herumzureiten. Ihr sensibler Umgang mit vielen Problemthemen hat mich stark berührt und auch darin zeigt sich für mich, dass sie sich die Zeit genommen hat, Sensitivity Reader dazuzuholen, um von ihrer Expertise und ihren Erfahrungen zu profitieren und das Buch so viel realistischer zu machen.
Ja, „Someone New“ ist ein sehr wichtiges Buch. Es tut an den richtigen Stellen weh, das muss es auch. Gleichzeitig ist es irgendwo ein Hoffnungsschimmer, ein Licht, das zeigt, dass auch die sonst so konservative Buchbranche sich langsam Themen öffnet, die noch nicht so selbstverständlich in den Köpfen der Menschen verankert sind, wie sie es sein sollten.
„Someone New“ hat für mich viel bewegt. Es hat mich zum Lachen und Weinen gebracht, es war wertvoll, lehrreich und dabei immer noch locker und spritzig. Ich kann es kaum erwarten, dass „Someone Else“ mit Cassies und Auris Geschichte erscheint, die schon im ersten Band angeteasert wurde. Und ich danke Laura Kneidl für ein Buch, das den „Hype“ vollkommen verdient hat. Lest es. Denkt darüber nach. Und macht die Welt zu einem besseren Ort, wenn ihr Micah und Julian in euer Herz geschlossen habt.