Leserunde zu "Das verschlossene Zimmer" von Rachel Givney

Mir kommt die Geschichte von Marie und ihrem Vater bisher seltsam herausgelöst aus der Zeit vor. Ein wenig erinnert mich das an den Stil von "Die Bücherdiebin"- es wird nicht versucht, eine historisch authentische, realistische Atmosphäre herzustellen, sondern gerade durch besondere, manchmal etwas naiv wirkende Situationen auf extreme Verhältnisse hinzuweisen.

Solche, die zu den grauenvollen Veränderungen in Polen 1939 führten und im Kriegsausbruch am 1. September kulminierten.

Deswegen konnte ich bislang noch keine allzugroße Nähe zu den Charakteren entwickeln, aber das muss auch gar nicht sein. Ich bin allerdings sehr erstaunt darüber, dass Maries Vater wirklich nicht ihre "Operation" an seiner Zimmertür bemerkt hat. Oder wollte er das bloß nicht?

Ehrlich gesagt hatte ich bei einem Buch zu Beginn lange nicht so viele Fragen. Was nicht heissen soll, das es unstimmig ist. Im Gegenteil, die Andeutungen und spärlichen Erinnerungen Maries erlauben viele Deutungen zu dem Verschwinden ihrer Mutter. Ist sie tot oder "nur" verschwunden? Aber welche Mutter lässt ihr eigenes Kind zurück? Ihr Vater Dominik schweigt eisern und würgt jedwede Nachfrage bereits im Keim ab. Ist seine Liebe zu seiner Frau so gross, das er nicht an sie erinnert werden möchte? Oder hat er etwas mit ihrem Verschwinden, eventuell sogar mit ihrem Tod zu tun? Dabei wirkt er sehr besonnen und gütig, nicht wie jemand der im Affekt Dinge tun könnte, die er später bereut...
Erst dachte ich, die ganze Story hätte mit der Judenverfolgung im Nationalsozialismus zu tun. Aber dieser schlimme Prozess ist ja erst in seinen Anfängen..
Aber vielleicht spielt der Grosse Krieg eine wichtige Rolle, zeitlich könnte es ja passen. Hat oder musste Dominik da etwas (unrechtes?) tun, was ihn heut grosse Schwierigkeiten bringen kann?
Ich hoffe sehr, das der nächste Abschnitt etwas Licht in diese spannende Geschichte bringen kann.

Das hat mich auch sehr erstaunt. Ich hätte gedacht das er ziemlich sauer wird.

Bis jetzt gefällt mir das Buch ganz gut.
Allerdings konnte ich noch keine richtige Beziehung zu Marie und ihrem Vater aufbauen, sie bleiben noch etwas farblos.
Die Geschichte zu Maries Mutter ist sehr mysteriös, was da wohl geschehen ist.
Schlimm fand ich den Vortrag von Dominik s Kollegen, aber leider wird er wohl noch viel gehört werden in der folgenden Zeit und Dominik wird es schwer haben zu seiner Meinung zu stehen.

Da hast du Recht, ihre privaten Einblicke hätten in jeder Zeit spielen können. Dann sind aber wieder Szenen, wie der Vortrag von Dominiks Kollegen oder die dummen Kommentare von Johnny über Frauen, die ganz typisch für die Zeit sind

Ich vermute eher, er hat so getan, als ob er es nicht bemerken wollte.

Ich habe den Abschnitt noch nicht ganz beendet, aber - wie schon bei der Leseprobe - hat mich die Geschichte sofort interessiert und im Moment habe ich noch sehr viele Fragen, aber das ist zu Beginn eines Buches auch gut so.

So sehe ich es auch, vieles bleibt zunächst rätselhaft und ich muss zugeben, ein kleines bisschen stört es mich doch!

Nein, das kann ich auch nicht - irgendwie ist da ein riesiger Abstand von der Autorin zu den beiden, den ich irgendwie automatisch übernommen habe.

Ja, der Vortrag ist der reine Horror, aber sowas war damals leider gar keine Seltenheit. Die haben doch tatsächlich auch in Schulstunden Kinder nebeneinander gestellt und hinsichlich der arischen Merkmale oder eben deren Fehlen verglichen! Wobei Hitler und Goebbels auch alles andere als gut dagestanden hätten bei einem solchen Vergleich, der aus meiner Sicht aber mehr als zynisch ist!

Das wüsste ich auch gern!