Leserunde zu "Das Mädchen mit der lauternen Stimme" von Abi Daré

Das Cover des Mädchens mit der lauteren Stimme ist passend gestaltet, wie ich finde, da es wohl die Protagonistin dieses Romans und deren Traum von Bildung abbildet. Die Leseprobe ist geprägt von kurzen Kapiteln, in denen Abi Daré ihre junge Protagonistin Adunni ihre Geschichte in einer ganz eigenen, ungewöhnlichen Sprache erzählen lässt. So heißt der Fernseher etwa Fernseh und die Fernbedienung heißt Fernbediener.
Adunnis Mutter Idowu, die für den Lebensunterhalt der Familie gesorgt hat und der Adunnis Vater versprechen musste, Adunni nicht mit einem alten Mann zu verheiraten, sondern zur Schule zu schicken, ist früh gestorben. Doch da Adunnis Vater nun die Miete nicht mehr bezahlen kann, will er seine hübsche, erst vierzehn Jahre alte Tochter Adunni an den alten Taxifahrer Morufu verheiraten, der bereits zwei Frauen hat, um von Adunnis Brautpreis die Miete und andere Schulden, aber auch ein neues Radio zu bezahlen.
Eindringlich schildert Abi Daré, wie Adunni den alten Morufu mit dem Ziegenbockgesicht nicht heiraten will, was niemand in ihrem Dorf versteht. Sogar Adunnis beste Freundin Enitan freut sich für die junge Braut, der sie bei ihrem Hochzeits Makeup helfen möchte. Nur als Leser teilt man natürlich Adunnis Sichtweise, ebenso wie die von Adunnis verstorbener Mutter Idowu. Von Idowu hat Adunni gelernt, dass nur Schulbildung gegen die Zwänge und Unterdrückung hilft, um nicht in jungen Jahren gegen ihren Willen verheiratet zu werden.
Im weiteren Verlauf dieses Romans von Abi Daré würde ich gerne erfahren, ob Adunni zu der lauteren Stimme, die sie sich wünscht und die ihr von einer weiterführenden Schulbildung verliehen wird, finden wird. Und wird Adunni es schaffen aus ihrem Dorf fortzulaufen, um aus ihrer Ehe mit Morufu auszubrechen? Denn Asabi - das letzte Mädchen, dass das versucht hat - ist noch vor der Dorfgrenze erwischt, geschlagen und vom Dorf Chief bestraft worden, indem sie für lange Zeit eingesperrt worden ist.

Die Geschichte fängt rasant an, man ahnt gleich was dem 14 jährigen Mädchen blüht.
Die etwas "einfache" Sprache stört mich ein wenig, jedoch vermute ich, dass ich mich Seite um Seite mehr daran gewöhnen werde.

Das Cover spricht mich sehr stark an. Die dunkle Hintergrundfarbe suggeriert das Bild einer dunklen und düsteren Stimmung, die genau zu der Thematik der Geschichte passt, während das Mädchen voller Anmut und Hoffnung auf die Blüten aus bedrucktem Papier, die die Schönheit des Wissens zu repräsentieren scheinen, blickt. Das Cover spiegelt also die Hoffnung Adunnis wieder, die schon der Klappentext beschreibt.

Den Schreibstil finde ich wiederum finde ich zur Ausgangslage des Buches sehr passend: nüchtern und kurz angebunden, dabei dennoch von einer gewissen Farbenfreude. Mit dieser Farbenfreude beschreibt die Autorin auch das Leben einer durchschnittlichen nigerianischen Familie. Man erfährt schon auf den ersten 10 Seiten eine Fülle an Informationen zu den dortigen Gepflogenheiten und Lebensumständen: Die Zwangsehe, der kaputte Fernseher als Wohlstandssymbol, etc.. Auch die Protagonistin ist in meinen Augen recht gut ausgearbeitet und bietet sehr viel Potential für eine weitere Entwicklung. Sie wirkt besonnen und ruhig und von innerer Stärke, was sich meiner Meinung nach aber im Laufe der Geschichte noch in einen Feuersturm der Gefühle verwandeln könnte.

Im Generellen bietet Adunni sehr viel Potential als Protagonistin. Themen wie Gleichberechtigung zwischen Mann und frau, Massenarmut und der Wunsch nach Bildung und einem Leben Adunnis in Freiheit und Würde werden sicherlich viel Raum bekommen. Dabei hoffe ich, dass auch Themen wie die Kolonialisierung bzw. die Probleme der Entkolonialisierung, religiöser Fundamentalismus, der in Teilen Nigerias ein massives Problem darstellt, und die Ausbeutung der Natur bzw. der nigerianischen Bevölkerung durch international agierende westliche Konzerne angesprochen wird. damit währe ein tolles Rundumpaket geschaffen. Und nach der klugen Einleitung habe ich auch Hoffnung, dass solche Themen angesprochen werden.

Leider muss ich sagen das mir das Cover nicht gefällt. Die Farben sind zu grell, passen nicht zusammen. Der Titel hat mich auxh nicht überzeugt. Mittlerweile sind die Covers fast so wichtig geworden wie der Inhalt an sich (vor allem wenn man sich noch keinen Namen als Autor gemacht hat). Es entscheidet ob man ein Buch in die Hand nimmt und sich die Buchrückseite durchliest.
In einer Buchhandlung hätte ich es wahrscheinlich ignoriert.

Die Geschichte gefällt mir gut, da waren ein paar Satzwiederholungen die mich etwas gestört haben, aber vermutlich waren diese durch den Charakter der Protagonistin so gewollt.
Ich habe in der Leseprobe schon eine Art Beschützerinstikt für die kleine entwickelt.
Sie ist so stark und muss in einer Welt leben die für uns kaum nachzuvollziehen ist.
Ich möchte sehen wie sie gegen alle Widrigkeiten die das Leben ihr in den Weg stellt kämpft und diese Hürden überwindet.

Zum beginn der Leseprobe war ich sehr neugierig auf den Schreibstil. In welcher Form geschrieben wurde und ob das Buch Biografie ähnlich ist. Ich war positiv überrascht, ich finde, dass das Buch angenehm und nicht sehr anspruchsvoll geschrieben ist.
Ich habe mich schon zu beginn über die Hauptprotagonistin aufgeregt, weil ich die Hoffnung habe, dass sie bei ihrem Zukunftigen Ehemann vielleicht die Chance auf eine Schulbildung hat. Trotzdem verstehe ich das Mädchen sehr gut. Ich hatte schon Ende der Leseprobe das Gefühl gleich in Tränen auszubrechen.