Schnell-Leserunde zu "Palais Heiligendamm - Stürmische Zeiten" von Michaela Grünig

Mit ging es ebenso. Ich wurde auch total von ihrer Entscheidung überrascht.

Mir auch nicht. Ich habe die Befürchtung, dass er Paul irgendwann ganz fies in die Pfanne hauen wird...

Stimmt. Ich hatte gar nicht beachtet, dass das Buch ein ganzes bisschen vor dem Zweiten Weltkrieg endet. Da kann es wirklich gut sein, dass Paul länger als Chef dasteht.

Der zweite Band hat mich dann tatsächlich nochmals einen Ticken mehr gefangen genommen wie Band eins. Meiner Meinung nach hätte man kaum einen besseren Titel wählen können, den stürmisch waren die Zeiten für alle.

Schon bei Band eins fand ich es richtig gut das man alle mit oder durch die Augen von Elisabeth, Paul und Minna gesehen hat und dadurch eine Vielzahl an Eindrücken aus allen möglichen Perspektiven gewinnen konnte. Genau das hat sich im zweiten Band dann auch wieder gespiegelt und es war wirklich mega wie man den Aufbau der NSDAP somit von allen Seiten miterlebt hat.

Die Familie Kuhlmann hat mir wunderbare Lesestunden beschert und mich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle mitgenommen. Ich habe diese historischen Momente mit ihnen (regelrecht) durchlebt, aber auch die vielen privaten und geschäftlichen.

Das Palais Heiligendamm - der Wiederanfang war nach all den schweren Tagen in der Vergangenheit nicht einfach, aber Eisabeth hat es geschafft. In ihrem Privatleben dagegen lag noch einiges im Argen und immer wieder habe ich den Kopf geschüttelt. Elisabeth konnte ihrem Herzen nicht folgen, weil sie Julius nicht aus vollstem Herzen vertraute und nichts aus der Vergangenheit gelernt hat - sie kommt nicht aus ihrer Haut heraus, sie redet nicht mit ihm über das was sie bewegte. Ich fand das ganz schlimm und war dann echt froh als sie es endlich auf die Reihe bekommen haben und endlich zueinander fanden. Es gab viele bewegende Momente, viele schöne, aber auch ganz viele harte die mich den Atem stocken haben lassen. Aber letztendlich ist Elisabeth auch in dieser Zeit gereift und hat sich weiterentwickelt. Mir fiel echt ein Stein vom Herzen als sie ihren Oskar gesund und munter in den Armen halten durfte.
Julius war und ist ein mega sympathischer Charakter. Er ist Elisabeths Fels in der Brandung und mir hat gefallen das er seine Sicht der Dinge immer offenbarte und auch, trotz Meinungsverschiedenheiten, immer für Elisabeth und ihre Familie da war. Das die beiden sich nach wie vor liebten, das die beiden das Gleiche wollten, spürte man wieder von Anfang an.

Paul - hat viel in seinem Leben mitgemacht und das hat dann auch dazu geführt das er manipuliert werden konnte. Er kam mir vor wie eine Marionette und ich hoffte das er irgendwann wieder klar wurde und seinen Verstand einsetzt. Es hat mir das Herz gebrochen wie er mit seiner Schwester Johanna umgegangen ist, wie er ihr empfahl sich vom Mann scheiden zu lassen. Sein inneres Seelenleben war nach der Trennung von Robert aus den Fugen geraten und als er ihn dann endlich wieder fand, aber erkennen musste das er ihn endgültig verloren hat, hat ihn innerlich zerbrochen. Erst mit Carl ging es mit ihm wieder aufwärts, aber leider halt auch in eine falsche Richtung. Er konnte und wolle ohne Carl nicht leben, alles war mit ihm doch einfacher und besser, aber er erkannte nicht das er dadurch ein Mensch ohne eigene Meinung wurde, der einfach nur umsetzte was man von ihm verlangte. Immer wieder merkte man da er mit sich selbst haddert, das er etwas in Frage stellte und ich war echt heilfroh das in seinem Herzen doch noch ein Funke für die Familie glühte und er letztendlich den einzig richtigen Weg ging, seinem Schwager das Leben rettete. Als er erkannte was für ein falsches Spiel Carl spielte war er noch nicht in der Lage einzugreifen, aber nach dem Tod seiner Frau wurde ihm immer mehr klar das er die Verantwortung für seine Kinder hat und Carls Erziehungsmethoden stossen bei ihm auf. Es war als wäre er wachgerüttelt worden und nun bin ich gespannt ob er sich im letzten Band von Carl lossagen kann. Ich würde es ihm so wünschen, wünschen das er wieder ganz zu sich selbst findet.

Minna - auch sie hat es nicht leicht, stand oftmals zwischen den Stühlen und wusste nicht wem ihre Loyalität gelten sollte - der Familie Kuhlmann oder Albert. Richtig gut gefallen hat mir das das historische in dieser Geschichte von allen Seiten durchleuchtet wurde, man hatte alle Sichten vor Augen und gerade Albert zeigte noch einmal eine andere Version. Minna, sie liebte ihren Albert aus ganzem Herzen, aber sie war nicht damit einverstanden was er alles gemacht hat. Ich habe mich am Schluss für sie gefreut das sie in Paris Arbeit gefunden hat und das es für sie nun auch aufwärts geht. Ich bin gespannt wie es mit ihr weiter geht und ob wir sie je wieder im Palais Heiligendamm wieder sehen werden.

Luise - als geschiedene Frau von allen geachtet. Sie tat mir oftmals leid und ich freute mich das sie ihren Weg gegangen ist, allerdings hatte es sie auch nicht einfach. Ich konnte verstehen das sie für sich keinen anderen Weg sah als Carls Frau zu werden. Allerdings hat keiner damit gerechnet, auch ich nicht, das er sie so schamlos ausnutzen würde. Wobei, eigentlich hätte man damit rechnen müssen. Mal schauen wie es hier weiter geht, ich denke auch auf Luise kommen noch harte Zeiten zu.

Johanna puh, bei ihr und ihrer Familie da kamen mir oftmals die Tränen in die Augen. Was sie durchlebt haben - unbeschreibar. Ich war so nah bei ihnen dran, ich habe mit ihnen gebibbert und gezittert, gerade auch als Paul sie so unter Druck gesetzt hat. Wie sie den Bruder aus ihrem Herzen schloss - das alles zu lesen tat so unsagbar weh. Das Schicksal der Juden hat mich von je her sehr bewegt, aber es hier so zu lesen wie es los ging und immer höhere Wellen schlug - unfassbar.

Band zwei der Saga hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen und ich fand es mega wie die geschichtlichen Ereignisse in die Geschichte eingefügt wurden und vor allem nicht nur eine Seite beleuchtet wurde. Band zwei hat mich wieder von Anfang bis Ende mitgenommen und ich hatte Momente in denen mir der Atem schockte, in denen ich lächeln und mich freuen konnte, aber auch viele die mir eiskalte Schauer über den Rücken jagten. Ich hatte Bilder vor Augen und kann es nun kaum erwarten bis die Fortsetzung kommt.

Ich habe mich gefreut, dass es endlich weitergeht mit den Ereignissen um das Hotel Palais Heiligendamm. Das Gefühl, vertraute Personen wiederzutreffen, hat sich während der gesamten Lektüre über gehalten. Außerdem passte für mich die Einführung neuer Figuren, wenngleich nicht alle mit Sympathie punkten. Allerdings finde ich, dass ausgesprochen gut gelingt, das Schicksal der einzelnen Figuren glaubhaft darzustellen.

Hervorheben möchte ich auch, die Einflechtung der historischen und politischen Gegebenheiten, was meines Eachtens hervorragend gelungen ist. Die Abläufe hinsichtlich des Geschehens nach dem ersten Weltkrieg war mir in der Ausführlichkeit nicht mehr so im Gedächtnis. Insofern bin ich dankbar für die Mühe, die sich Michaela hier gemacht hat. Die Schilderung erfolgt so gekonnt, zu keinem Zeitpunkt fühlte ich mich mit unnötigem Wissen vollgestopft.

Neben allen Figuren, die ich bereits in meiner ersten Einschätzung erwähnt habe, sind für mich besonders Carl und Albert bemerkenswert. Hier werden zwei Extreme gegenübergestellt: ersterer gehört dem rechten Lager an, der zweite vertritt die Ansichten der Kommunisten. Beide sind in ihren Einstellungen radikal und raumgreifend für den jeweiligen Partner. So sind sowohl Paul als auch Minna in ihren Gefühlen gefangen. Ich bin neugierig, wie sich diese Beziehungen im Verlauf des nächsten Bandes entwickeln werden...