Schnell-Leserunde zu "Die Rebellion der Alfonsina Strada" von Simona Baldelli
Einfühlsam und mitreißend erzähltes PorträtDie Rebellion der Alfonsina Strada
RomanKarin Diemerling (Übersetzer)
Ein Rebel Girl auf Rädern - Alfonsina Strada ist die einzige Frau, die je beim Giro d'Italia an den Start ging
Schon als kleines Mädchen hat Alfonsina Strada einen großen Traum: Fahrrad zu fahren und das möglichst schnell. 1891 als eines von vielen Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen im norditalienischen Dörfchen Fossamarcia geboren, saust sie auf dem alten Drahtesel ihres Vaters heimlich durch die Nacht. Trotz Verbots meldet sie sich zu Rennen an, gewinnt und will noch mehr: am großen Giro d’Italia teilnehmen, für den jedoch nur Männer zugelassen sind. Mit Mut, Fantasie und dem unerschütterlichen Glauben an sich selbst bereitet sie sich auf den Coup ihres Lebens vor ...
»Eine mitreißende Geschichte, die allen Frauen Mut macht, sich nicht unterkriegen zu lassen« Freundin
»Dieser großartige biografische Roman über die mutige Träumerin ist mehr als eine inspirierende Anregung. Unbedingt lesen!« Mainhattan Kurier
»Dieses Buch hat Tiefgang, gibt Einblick in vergangene Zeiten und in ein mutiges, ungewöhnliches Leben einer starken Frau.« Miss Move
»Die Geschichte der Alfonsina Strada (sie!) macht Mut, das zu tun, wofür das Herz schlägt. Der Roman vermittelt ein fein skizziertes Bild davon, wie schwer das manchmal ist. Und wie lohnend.« My Bike
Timing der Leserunde
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Bewerben 15.03.2021 - 04.04.2021
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Lesen 19.04.2021 - 25.04.2021
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Rezensieren 26.04.2021 - 09.05.2021
Bereits beendet
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Teilnehmer
Diskussion und Eindrücke zur Leserunde
Das ganze Buch, KW 16
Hellena92
Mitglied seit 22.12.2016
Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste.
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 15:23 Uhr
Ein sehr beeindruckender Roman. Alfonsina, ein echt außergewöhnlicher Name, passt zu einer außergewöhnlichen Frau. Die Geschichte lässt mich aber auch nachdenklich zurück. Diese Wut und der Hass, die ihr entgegen schwappten. Immer noch finde ich, dass Frauensport, gerade Radsport und Fußball, noch immer weniger gehyped werden, als Männer Sport. Und das sollte nicht normal sein!
luisa_loves_literature
Mitglied seit 07.04.2020
"Make it a rule never to give a child a book you would not read yourself." - G.B. Shaw
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:13 Uhr
Mir hat der Roman ausgesprochen gut gefallen. Grundsätzlich finde ich Romane, die auf wahren Begebenheiten und realen Personen, die nicht so bekannt sind, immer sehr begeisternd. Wenn es sich dann, wie in diesem Fall, auch noch um eine Frau handelt, die sich mutig gegen alle Widrigkeiten und Hindernisse durchsetzt und unbeirrt ihren Weg verfolgt, freue ich mich umso mehr.
Insgesamt hat mich dieser Roman sehr angesprochen und von der Thematik ein wenig an "Die Dirigentin" von Maria Peters erinnert. Da geht es zwar um eine Frau, die unbedingt ein Orchester leiten möchte, aber der Zeitrahmen ist ähnlich und damit auch die Anfeindungen und Diskriminierungen, denen sie ausgesetzt war.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie versucht wurde/wird, Frauen in ihren Entfaltungsmöglichkeiten zu beschneiden und ihnen Fähigkeiten abzusprechen. Neben Alfonsinas ganzer Geschichte hat mich dabei am stärksten die Episode des kleinen Mädchens im Zug beeindruckt, die von der Mutter gescholten und bestraft wurde und weniger zu essen bekam, während der kleine Bruder tun und lassen konnte, was er wollte. Im Zusammenhang mit Alfonsinas Erlebnissen war für mich die Passage, in der sie wegen des Felsbrockens vom Abhang stürzt, die Mitfahrer ihr erst Hilfe anbieten, aber in dem Moment, indem sie erkennen, dass sie die Frau ist, sie im wahrsten Sinnes des Wortes einfach hängen lassen, sehr bemerkenswert. Auch die Beschreibung der häufig mangelnden Solidarität und Unterstützung unter den Frauen stimmt nachdenklich.
Die schönste Episode war für mich Alfonsinas Zeit mit ihrer Mutter in Paris. Die Bindung und Nähe, die Möglichkeit der Mutter, sich zumindest für einige Zeit von ihren Zwängen zu befreien, wurde hier sehr gut eingefangen.
Über die Männer in Alfonsinas Leben hätte ich gern noch etwas mehr gewusst. Luigis Krankheit kann man nur aus dem knapp geschilderten Verlauf entnehmen und darüber, wie die zweite Ehe zustande kam, erfährt man nichts.
Insgesamt finde ich den Roman sehr spannend, mitreißend, interessant, detailreich und abwechslungsreich geschrieben, allerdings finde ich die Zeitebenen etwas unglücklich. Die Zeitsprünge sind teilweise etwas verwirrend, vor allem weil in den 1959er-Teilen auch in die Vergangenheit zurückgesprungen wird, aber nicht notwendigerweise an die zuvor geschilderten Episoden anschließend, sondern durchaus auch einmal weniger weit oder viel weiter zurück.
Der Aberglaube mit den toten Seelen, vor allem denen der Romanows, war mir persönlich zu viel. Es passt in gewisser Weise zu Alfonsinas Figur und sowohl die toten Seelen aus der Kindheit als auch ihre Mutter und Luigi hätte ich noch verkraften können, aber die Zarenfamilie auch noch als Schatten auftauchen zu lassen, war für mich unpassend. Immerhin folgte am Ende ja noch die Relativierung, dass sie die Toten nicht wirklich sah, sondern eher für ihre Zwiegespräche instrumentalisierte.
Insgesamt bin ich aber wirklich sehr glücklich und zufrieden mit dem Roman, ich hätte nicht gedacht, dass mich die Schilderungen der ganzen Radetappen so faszinieren würden!
luisa_loves_literature
Mitglied seit 07.04.2020
"Make it a rule never to give a child a book you would not read yourself." - G.B. Shaw
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:15 Uhr
Zitat von Jolly
Ganz schlimm fand ich, dass Alfonsinas Mann in einer Anstalt war und sich zurück entwickelt hat. Ich weiß nicht was er hatte, für mich klang es nach Demenz. Und das obwohl er noch keine vierzig Jahre alt war.
Ja, das hat mich auch sehr beschäftigt. Ich hätte auch gerne gewusst, woran er litt.
luisa_loves_literature
Mitglied seit 07.04.2020
"Make it a rule never to give a child a book you would not read yourself." - G.B. Shaw
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:16 Uhr
Zitat von 65_buchliebhaber
denn es ist so geschrieben, dass man immer wissen möchte , wie es weiter geht.
Das finde ich auch. Es "zieht" einen immer weiter.
luisa_loves_literature
Mitglied seit 07.04.2020
"Make it a rule never to give a child a book you would not read yourself." - G.B. Shaw
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:16 Uhr
Zitat von bookloving
Etwas seltsam fand ich allerdings die Sache mit den “Kleinen Toten” und den Seelen, die quasi als Gewissen immer wieder zu ihr gesprochen haben – so richtig konnte ich damit nichts anfangen.
Ich auch nicht. Es war mir auch viel zu häufig.
luisa_loves_literature
Mitglied seit 07.04.2020
"Make it a rule never to give a child a book you would not read yourself." - G.B. Shaw
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:22 Uhr
Ach ja, heute kaum zu fassen: Fahrrad fahren wurde als echte Bedrohung angesehen. Als Frauen anfingen, es für sich zu entdecken, haben Ärzte sogar davor gewarnt, dass es Unfruchtbarkeit zur Folge haben könnte...Frauen, die Fahrrad fuhren, waren eine Gefahr und sehr "liederlich".
Das ist zwar auf Englisch, aber vielleicht ganz interessant:
https://amazingwomeninhistory.com/the-new-woman-and-her-bicycle/
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:38 Uhr
65_buchliebhaber schrieb am 22.04.2021 um 20:56 Uhr
Das ist meine erste Schnell-Leserunde. Und es hat funktioniert. Ich habe es schon zu Ende gelesen, denn es ist so geschrieben, dass man immer wissen möchte , wie es weiter geht.
Das Buch hat mich total begeistert. Die Autorin hat es geschafft, mit einem flüssigen Schreibstil der Protagonistin ein authentisches Leben einzuhauchen. Der Aufbau des Buches hat mir auch gut gefallen. Nicht einfach chronologisch, sondern in wechselnden Perspektiven. Alfonsina Strada war eine faszinierende Persönlichkeit, deren nicht immer einfaches Leben mir auf einer interessante Art und Weise näher gebracht wurde.
Danke, dass ich mitlesen durfte.
Ging mir auch so! War auch meine erste Schnellleserunde, aber man rast mit Alfonsina die Berge durch die Seiten, da fiel es mir überhaupt nicht schwer!
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:39 Uhr
bookloving schrieb am 22.04.2021 um 21:10 Uhr
Diese Romanbiografie hat mir in verschiedener Hinsicht gut gefallen – zeichnet sie doch das vielschichtige Portrait einer Frau, über die ich zuvor noch nie etwas gehört habe und die mich mit ihrer Leidenschaft fürs Rennradfahren und ihrer unglaublichen Ausdauer und Kampfgeist sehr beeindrucken konnte. Zugleich hat mich dieser Roman aber auch sehr nachdenklich gestimmt, richtig empört und aufgewühlt. Vor allem wenn man daran denkt, dass sich bis heute im Frauensport teilweise immer noch die althergebrachten Vorurteile halten und selbst Profiveranstaltungen oft kaum öffentliches Interesse finden Ganz zu schweigen von den (Preis-)Geldern, die Frauen im Vergleich zu Männern erhalten.
Es ist schon etwas bedrückend über Alfonsinas viele Schicksalsschläge zu lessen und auch das Ende hat mich recht traurig zurückgelassen. Eine wirkliche Anerkennung ihrer Leistungen und ihrer Vorkämpferrolle blieben ihr verwehrt und so starb sie dann doch einsam…
Diese Episoden über die Strassenbenennung in Mailand im Jahr 2017 (!) irgendo im Niemeandsland sprechen da schon Bände – fimnde ich! Umso schöner, dass Simona Baldelli ihr nun ein Denkmal gesetzt hat.
Ich finde die Geschichte mit den verschiedenen Zeitebenen sehr spannend erzählt, obwohl ich teilweise schon nachdenken musste, zu welcher Zeit die verschiedenen Episoden angesiedelt sind und wie alt Alfonsina entsprechend war.
Ich finde auch den damaligen Zeitgeist, das unsägliche Frauenbild und die politischen Hintergründe sehr anschaulich eingebaut – so habe ich vieles auch nebenher recherchiert um mir noch ein besseres Bild zu machen.
Alfonsinas Charakter ist sehr gut herausgearbeitet und hat wirklich einen großen Eindruck auf mich hinterlassen. Man kann es sich gar nicht so richtig vorstellen, was es für sie bedeutet hat in dieser Not zu leben, stets mit der Verachtung und Ignoranz der anderen leben zu müssen. Teufel im Rock, Irre, Nutte – diesen Makel ist sie ja nie wirklich losgeworden!
Die vielen Tiefpunkte und wenigen Höhepunkte hat die Autroin wirklich sehr plastisch herausgearbeitet.
Auch die Geschichte um Alfonsinas Mann, die sie anfangs so unterstützt hatte, ist wirklich sehr beklemmend – über ihre zweite Ehe (die offenbar auch unter keinem guten Stern stand) erfahren wir ja so gut wie gar nichts…
Ein echtes Highlight für mich waren aber die Schilderungen des Giro, da war man so richtig mittendrin! Hier wird zum einen deutlich wie unterirdisch das Verhalten ihrer männlichen “Team”-Kollegen war, wie hart die Herausforderungen der Etappen waren (vor allem das Ganze ohne Gangschaltung!) und zugleich wie hart diese Frau gekämpft hat! Hut ab vor ihrer Leistung und ihrem Durchhaltewillen! Herrlich natürlich die Anekdote vom Besen als Lenkradstange…
Es gibt noch so einige Szenen die mirsehr plastisch in Erinnerung geblieben sind!
Etwas seltsam fand ich allerdings die Sache mit den “Kleinen Toten” und den Seelen, die quasi als Gewissen immer wieder zu ihr gesprochen haben – so richtig konnte ich damit nichts anfangen.
Für mich auf jeden Fall ein tolles und sehr lesenswertes Buch über eine sehr beeindruckende Frau, auch wenn stets eine etwas beklemmende Stimmung mitschwingt habe ich es sehr gern gelesen!
Ja, die beklemmende Geschichte um ihren ersten Ehemann Luigi Strada hat mich auch am meinsten "mitgenommen".
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:40 Uhr
Zitat von soeinkokolores
Mich erschreckt es immer wieder aufs Neue, wie Frauen in den letzten Jahrzehnten, gar Jahrhunderten degradiert und als schwach abgestempelt wurden.
Daher ist dieses Buch auch so wichtig, dass Frauen die sich mit viel Kraft und Willen gegen die damals absurden Rollen durchgesetzt haben. Da blieb einem das mache mal die Luft weg, wenn man liest, dass sich da alle einig waren, dass Frauen an den Herd gehören: Fachisten, Kommunisten und Sozialisten...
Veröffentlicht am 25.04.2021 um 19:45 Uhr
Hi ihr Lieben,
Ich habe das Buch, genauso wie viele andere hier, förmlich inhaliert. Ich habe mich gestern kaum von der Terrasse wegbewegt und fast das ganze Buch am Stück gelesen.
Wahnsinn, dass ich mit dem Namen bisher nichts in Verbindung gebracht habe!!! Ich bin froh, dass ich dieses zwar fiktionale Werk über die nun gelesen habe und wieder mal einer Vorreiterin danken muss, die uns allen doch das Leben im Hier und Jetzt erleichtert. Ohne die Alfonsinas dieser Welt, wären wir traurigerweise immer noch nicht da und sind ja auch noch lange nicht im Gleichberechtigten Modus weltweit.
Ich habe meine Gedanken soeben zu einer Rezension zusammengebracht:
http://www.lesejury.de/rezensionen/deeplink/468101/Product
Oder gleich hier als Text:
Die vergessene Vorreiterin: Die Königin der Tretkurbel
Alfonsina Strada war ihrer Zeit weit voraus, heute bezeichnet man sie bewundernd als willensstarke Frau, die sich ihren Platz in der Männerdomäne des Radrennsports erobert hat! Sie war die einzige Frau die je am Giro D’Italia teilnahm! Ach, sie haben diesen Namen noch nie gehört? Was eine Schande, aber so ging es mir vor dem Lesen dieses guten Romanes auch. In „Die Rebellion der Alfonsina Strada“ wird die Lebensgeschichte dieser Dame erzählt. Es beginnt mit ihrem Todestag, den 13 September 1959 und der Text springt munter vor und zurück zu bestimmten Ereignissen und wichtigen Lebenspunkten. In der Summe ist alles wichtige enthalten was ihre Biographie ausmacht und natürlich auch die feinen Nuancen die dazwischen liegen – was wird die gedacht und gespürt haben? Wie erging es ihr?
Simona Baldelli hat sich feinfühlig in die starke Frau mit dem Fahrtwind im Haar hinein gedacht und Fakten in Fiktion verwandelt und uns somit eine wunderbare Frau näher gebracht. Das Einzige was mich störte, waren die zeitlichen Sprünge innerhalb einiger Kapitel. Mag das Kapitel mit 1959 betitelt sein und dann springt sie wiederum in Gedanken in das Jahr 1924 muss der Leser sich manchmal noch mal bewusst machen wo man in ihrem Lebenszeitstrahl gerade steckt. Sonst haben mich die Sprünge nicht gestört, im Gegenteil lockert es die Geschichte doch auf und wird sie nicht stupide vom Anfang bis zum Ende erzählt, hat die Strada doch einige Höhen und Tiefen erlebt.
Was den Schreibstil anbelangt, muss man Simona Baldelli ein großes Lob aussprechen sowie ihrer Übersetzerin Karin Diemerling. Der Roman ist wie eine Daunendecke in die man sich einhüllen mag. Die Gegenwart wird ausgesperrt und man ist mit Alfonsina gedanklich auf dem Rad und saust durch die Zeit. Die Prosa ist fließend und was dem Italienischen scheinbar sehr liegt auch streckenweise poetisch.
Fazit: Sehr gelungen – erfahren sie mehr über eine vergessene Ikone des Radrennsports!