Leserunde zu "Élises Geheimnis" von Ruth Druart
Mitreißend und emotionalÉlises Geheimnis
RomanBarbara Röhl (Übersetzer)
Die Geschichte einer großen Liebe, die nicht sein durfte
Bretagne, 1963. Die achtzehnjährige Joséphine sucht in einem alten Koffer ihrer Mutter Élise nach ihrer Geburtsurkunde. Was sie entdeckt, erschüttert sie zutiefst: Jahrelang hat ihre Mutter ein Geheimnis gehütet und ihr die Identität ihres Vaters verschwiegen. Entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, reist Joséphine nach Paris zur Schwester ihrer Mutter. Nach und nach erfährt sie dort die Geschichte einer jungen Frau, die sich in Gefahr befand. Sie erfährt von einer verbotenen Liebe in den Wirren des Zweiten Weltkriegs. Von den letzten gestohlenen Stunden vor der Befreiung. Und von den geflüsterten Worten eines schockierenden Verrats, der das Leben zweier Menschen unwiderruflich verändern sollte ...
»Es ist wichtig, dass Geschichten über den Zweiten Weltkrieg gelesen werden, damit wir verhindern können, dass so etwas jemals wieder passiert.« RUTH DRUART
Timing der Leserunde
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Bewerben 15.08.2022 - 04.09.2022
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Lesen 19.09.2022 - 09.10.2022
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Rezensieren 10.10.2022 - 23.10.2022
Bereits beendet
Schlagworte
Teilnehmer
Diskussion und Eindrücke zur Leserunde
Abschnitt 2, KW 39, Seite 137 bis 286, inkl. Kapitel 49, Paris, Mai 1963, Joséphine
schnaeppchenjaegerin
Mitglied seit 25.10.2016
... Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat.
Veröffentlicht am 26.09.2022 um 02:46 Uhr
Die Liebesgeschichte zwischen Élise und Sebastian entwickelt sich nach der erfolgreichen Rettung der Waisenkinder sehr schnell. Mir fehlten deshalb die Emotionen, gerade weil die schwierige Situation so viel dafür hergegeben hätte.
Ihr Liebe gleicht einem Versteckspiel, ist gefährlich und darf nicht sein. Keine aufrechte Französin sollte sich mit einem deutschen Soldaten einlassen.
In dem Restaurant hatte ich eigentlich schon fast das Gefühl, dass es gar nicht so unüblich war. Ich fragte mich nur, wie sich die Paare unterhielten. Sebastian ist Halbfranzose und Übersetzer, er konnte Deutsch, aber die anderen Soldaten?
Élise und Sebastian träumen von Freiheit und davon abzuhauen. Sie glauben, dass ihre Liebe Schicksal ist und schließlich ahnen sie, dass die Befreiung Paris kurz bevorsteht. Doch Élise begeht einen schweren Fehler, als sie auf ihre Mutter hört und Sebastian zu sich in die Wohnung holt. Jemand hat sie verraten und Sebastian wird verhaftet. Élise leidet, macht sie Vorwürfe, aber immerhin schiebt sie die Schuld nicht ihrer kleinen Schwester zu, die einer Freundin von Sebastian erzählt hatte.
Als Paris endlich von den Alliierten befreit ist und alle in Feierlaune sind, kann Élise keine echte Freude empfinden. Für sie ist es kein Sieg, denn sie hat Sebastian verloren. Die Ungewissheit, was mit ihm geschehen ist, würde mich verrückt machen. Doch nicht nur Sebastian, auch Élise wird für ihre Liebe bestraft. Sie gilt als Deutschenhure, als Kollaborateurin, die ihr eigenes Land verraten hat, was vor dem Hintergrund der Rettung der jüdischen Waisenkinder noch ungerechter erscheint. Schwanger von einem boche bleibt ihr nichts anderes übrig, als Paris zu verlassen. Sie und ihr Kind würden nur Anfeindungen ausgesetzt sein und auch ihr Vater, der als Zwangsarbeiter in Deutschland ist, hätte kein Verständnis für seine Tochter.
Monsieur Le Bolzac unterstützt Élise und bittet seine Schwester Soizic, sie aufzunehmen. Sie durchschaut seine Lüge sofort und ist Élise gegenüber kalt und abweisend. Élise fühlt sich einsam und das noch ungeborene Baby ist ihr einziger Trost. Es ist auch das einzige, was ihr von Sebastian bis auf die Erinnerungen an ihn geblieben ist.
Soizic hat jedoch auch Furchtbares erleben müssen, so dass ihre abweisende Art verständlich ist. Sie hat Ehemann und Tochter verloren, die für die Résistance arbeitete und dann erhält sie auch noch die Nachricht, dass ihr Bruder als collabo ermordet wurde. Es ist unfassbar, wie viel manche Menschen ertragen müssen.
Die Szenen in Paris fand ich sehr authentisch geschildert, die Brutalität und das Leid der Menschen, die Wut und Vergeltungsgedanken sind nachvollziehbar geschildert.
Spannend wird es aber erst wieder 1963, als Joséphines Großvater andeutet, Sebastian gesehen zu haben. Wo? In Deutschland? Was ist mit ihm passiert? Ist er noch am Leben? Wird es gar ein Wiedersehen mit Élise geben? Aber das wäre wohl ein sehr dick aufgetragenes Happy End.
Bodo12
Mitglied seit 29.01.2017
Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Augustinus Aurelius
Veröffentlicht am 26.09.2022 um 09:01 Uhr
Mir gefällt der zweite Abschnitt ebenfalls sehr gut. Die verbotene Liebe zwischen den beiden entwickelt sich im Verborgenen. Ein sehr gefährliches Spiel . Es hat nicht zu viel Liebesgedöns in diesem Buch, was ich sehr begrüße. Dass Elise ihter Mutter vertraut und ihn nach Hause bringt, verständlich, aber wohl keine gute Idee. Jeder kann der Verräter sein. Was dann passiert, einfach nur schrecklich. Eliese verliert alles und hat nur noch ihr Kind.
Blondschopf10000
Mitglied seit 19.06.2018
Veröffentlicht am 26.09.2022 um 17:17 Uhr
Was für eine bombastisch erzählte Geschichte. Ich fühlte mich mitten hineingenommen in diese ganze Dramen der Zeit. Diese kurzen Momente der Liebe, die offensichtlich sogar Elises Mutter spüren konnte und sie zu der wohl wahnwitzigen Tat verleiten ließ, Sebastian bei sich aufzunehmen. Man kann in solch irren Zeiten einfach niemandem vertrauen, denn am Ende ist sich jeder doch nur selbst der Nächste.
Zutiefst erschrocken haben mich die Berichte der unmittelbaren Nachkriegszeit. Wie brutal hier nun die eigenen Landsleute weiterhin gegeneinander agieren. Man spürt regelrecht, wie zutiefst zerstört diese ganzen Leben sind, dass sie einander solch Brutalität antun. Jede Familie scheint Unmengen an Opfer zu bringen - und zwar noch im Nachgang des Krieges.
Das ist tatsächlich ein Thema, das in der üblichen Geschichtserzählung sehr kurz kommt. Meist hört man nur von dem Aufatmen nach Kriegsende, der ganzen Zerstörung, den Flüchtenden und dem unendlichen Hunger. Aber von derartigen Rachetaten und Grausamkeiten wird selten erzählt. Von daher: Sehr gut, dass auch diese Facette der Zeit nun einen wunderbar spannend und gut erzählten Niederschlag in der Literatur gefunden hat.
Buchliebe4
Mitglied seit 07.01.2020
Die Bücher sind der Schlüssel zu einer anderen Welt zum abtauchen
Veröffentlicht am 26.09.2022 um 20:28 Uhr
Und auch dieser Leseabschnitt hat sich leicht lesen lassen. Die Beziehung zwischen Elise und Sebastian wird tiefer und enger und eine Liebe nimmt ihren Lauf. Die beiden wissen, dass sie das nicht dürfen und sind sich ihrer Gefahr bewusst.
Was ich sehr gut finde ist die Tatsache, dass es mit dem Aus des Krieges eben noch nichts vorbei ist. Der Hass zerrt weiter in den Herzen der Menschen und so machen sie auch vor ihren eigenen Landsleute nicht halt.
Das hatte mich sehr betroffen gemacht.
Die Frage quält mich, was mit Sebastian bloss passiert ist.
Leider muss ich sagen, das mir in diesem Abschnitt die Bilder zu der Geschichte und dem Geschehen verloren gegangen sind. Mir hat einfach diese Tiefe bei der Entwicklung der Beziehung zwischen Elise und Sebastian gefehlt. Es ging alles so schnell und die Tiefe hat einfach total gefehlt.
schnaeppchenjaegerin
Mitglied seit 25.10.2016
... Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat.
Veröffentlicht am 27.09.2022 um 17:22 Uhr
Zitat von Buchliebe4
Mir hat einfach diese Tiefe bei der Entwicklung der Beziehung zwischen Elise und Sebastian gefehlt. Es ging alles so schnell und die Tiefe hat einfach total gefehlt.
Das habe ich auch so empfunden. Mir blieb die Liebesgeschichte viel zu oberflächlich. Die schnelle Entwicklung fand ich nicht authentisch.
Blondschopf10000
Mitglied seit 19.06.2018
Veröffentlicht am 27.09.2022 um 17:42 Uhr
Was ich nicht ganz verstehe ist, warum Elise nach Kriegsende ihren Einsatz für die jüdischen Waisenkinder nicht publik macht. Vielleicht hätte das ihrer Reputation bei den Volksgenossen helfen können?
Aus Deutschland und der Entnazifizierung wissen wir ja, dass nicht wenige sich gegenseitig Wohltaten für von den Nazis Verfolgte Gruppen bescheinigten, um Bestrafungen zu vermeiden. Spielte das in Frankreich keine Rolle?
Mama1209
Mitglied seit 10.05.2016
Ich habe immer ein Buch bei mir. Eine Welt ohne Buch/Lesen kann ich mir nicht vorstellen.
Veröffentlicht am 27.09.2022 um 18:44 Uhr
Glück und Leid so dicht miteinander in diesem Teil.
Ich bewundere Sebastian für seinen Mut, 6 Kinder beim Buchhändler unterzubringen, was für eine Gefahr. Die gemeinsame Zeit die Elise und er hatten, wurde sehr schön beschrieben. Sebastian ist erkennt das nahende Ende seiner Zeit in Paris und was wäre gewesen, wenn er nicht mit Elise zu ihr gegangen wäre. Würde er noch leben? Oder lebt er vielleicht noch?
Ich fand es unheimlich traurig, wie mut Elise umgegangen wurde, niemand hatte ein nettes Wort für sie. Immer nur du bist Schuld. Auch als sie ihrer Mutter erzählt hat, dass sie Kinder gerettet hat. Nur Verurteilungen. Und in der Bretagne wird sie zwar aufgenommen, aber sie erfährt kaum Herzlichkeit.
Und dann ist auch noch Monsieur Le Bolzec tot, unfassbar.
Folgende Stellen fand ich diesem Teil sehr berührend.
Kapitel 26 Sebastian "Ich schäme mich für die Männer." Er seufzte. "Und ich schäme mich, hier zu sein, als einer von ihnen."
Kapitel 39 "Den Krieg gewonnen? Gab es dabei überhaupt Sieger? Mir kam es vor, als hätten wir alle etwas verloren. Von jetzt an würde ich mich nur noch verstellen. Niemand durfte je erfahren, wie es wirklich in meinem Herzen aussah.
Mama1209
Mitglied seit 10.05.2016
Ich habe immer ein Buch bei mir. Eine Welt ohne Buch/Lesen kann ich mir nicht vorstellen.
Veröffentlicht am 27.09.2022 um 19:32 Uhr
Zitat von schnaeppchenjaegerin
Élise und Sebastian träumen von Freiheit und davon abzuhauen. Sie glauben, dass ihre Liebe Schicksal ist und schließlich ahnen sie, dass die Befreiung Paris kurz bevorsteht. Doch Élise begeht einen schweren Fehler, als sie auf ihre Mutter hört und Sebastian zu sich in die Wohnung holt
Ja, finde ich auch. Und ich frage mich, ob Sebastian mit den Deutschen Paris hätte verlassen können? Ein Kamerad hatte es ja im Hotel gesagt.
Mama1209
Mitglied seit 10.05.2016
Ich habe immer ein Buch bei mir. Eine Welt ohne Buch/Lesen kann ich mir nicht vorstellen.
Veröffentlicht am 27.09.2022 um 19:33 Uhr
Zitat von Blondschopf10000
Man kann in solch irren Zeiten einfach niemandem vertrauen, denn am Ende ist sich jeder doch nur selbst der Nächste.
Leider sehr wahre Worte. 😢
Annika_S
Mitglied seit 22.03.2022
Veröffentlicht am 28.09.2022 um 07:18 Uhr
Blondschopf10000 schrieb am 26.09.2022 um 17:17 Uhr
Was für eine bombastisch erzählte Geschichte. Ich fühlte mich mitten hineingenommen in diese ganze Dramen der Zeit. Diese kurzen Momente der Liebe, die offensichtlich sogar Elises Mutter spüren konnte und sie zu der wohl wahnwitzigen Tat verleiten ließ, Sebastian bei sich aufzunehmen. Man kann in solch irren Zeiten einfach niemandem vertrauen, denn am Ende ist sich jeder doch nur selbst der Nächste.
Zutiefst erschrocken haben mich die Berichte der unmittelbaren Nachkriegszeit. Wie brutal hier nun die eigenen Landsleute weiterhin gegeneinander agieren. Man spürt regelrecht, wie zutiefst zerstört diese ganzen Leben sind, dass sie einander solch Brutalität antun. Jede Familie scheint Unmengen an Opfer zu bringen - und zwar noch im Nachgang des Krieges.
Das ist tatsächlich ein Thema, das in der üblichen Geschichtserzählung sehr kurz kommt. Meist hört man nur von dem Aufatmen nach Kriegsende, der ganzen Zerstörung, den Flüchtenden und dem unendlichen Hunger. Aber von derartigen Rachetaten und Grausamkeiten wird selten erzählt. Von daher: Sehr gut, dass auch diese Facette der Zeit nun einen wunderbar spannend und gut erzählten Niederschlag in der Literatur gefunden hat.
Ich finde auch, dass wir dieses Buch als Pflichtbuch in der Schule hätten lesen müssen. Es hätte wahrscheinlich viel Wirkung.