Aufschlussreich und spannend
Franz Ferdinand, seines Zeichens Thronfolger Österreich-Ungarns, reist mit seiner Frau Sophie nach Sarajevo, um unter anderem einem Militärmanöver beizuwohnen. Zudem ist eine Rundfahrt durch Sarajevo geplant, ...
Franz Ferdinand, seines Zeichens Thronfolger Österreich-Ungarns, reist mit seiner Frau Sophie nach Sarajevo, um unter anderem einem Militärmanöver beizuwohnen. Zudem ist eine Rundfahrt durch Sarajevo geplant, bei der Franz Ferdinand mit seiner Frau die Nähe zur Bevölkerung suchen soll. Dem Geheimdienst sind jedoch Gerüchte über einen Anschlag zu Ohren gekommen, bei dem der Thronfolger bei einer Stadtrundfahr aus dem Weg geräumt werden soll. Die Gerüchte verdichten sich immer mehr, doch weder der Thronfolger selber noch die öffentlichen Stellen wollen aufgrund fehlender stichhaltiger Beweise was davon hören. Leider beweisen die Geschichtsbücher, dass dieses Attentat die Geschiche maßgeblich beeinflusst hat, und zwar auf unschöne Weise.
Ulf Schiewe hat in seinem historischen Thriller „Der Attentäter“ seine Idee der damaligen Ereignisse geschildert, wie es möglicherweise abgelaufen sein könnte. Nachweisliche Fakten gepaart mit künstlerischer Freiheit ergeben ein sehr erschütterndes Bild. Der ausgeführte Anschlag auf das wirklich sympathische Paar erscheint absurd. Trotz ihrer Weltanschauung, sich von Österreich zu lösen, und Widerstand zu trotzen, werden die Attentäter von Zweifeln geplagt, auch beeinflusst von ihrer schwerwiegenden Krankheit. Doch die Hintermänner der Schwarzen Hand machen Druck: Wer den Anschlag nich ausführen will, fliegt aus der Truppe.
Auch wenn der Ausgang des Attentats bereits bekannt ist, und man viel bereits vorab im Internet recherschieren kann, behält dieses Buch an Spannung. Schiewe versteht es, eine sehr starke Bindung zu seinen Charakteren aufzubauen. Man fiebert mit Schrecken dem Ende entgegen, leidet gleichermaßen mit den Attentätern und Opfern bzw. Deren Familien mit. Die politischen Spannungen, die damals geherrscht haben, sind deutlich zu spüren. Dem gegenüber steht der österreichische Lebensflair (Kaffeehäuser und Sprache). Besonders das Sprachliche hat mich zum Schmunzeln gebracht (ich sag nur Franzl).
Trotz des bekannten Endes hat Schiewe ein Bild des Ereignisses geschaffen, das die Fakten ergänzt. Die Dinge, die Schiewe aufgrund des Leseflusses und mangels Fakten hinzugefügt hat, haben ein hervorragendes Gesamtbild ergeben. Sicherlich sind manche Dinge nicht so abgelaufen, aber wer das nicht möchte, mag sich bitte vertrauensvoll an ein reines Geschichtsbuch wenden. Im Geschichtsunterricht wurde dieses Thema garantiert behandelt, doch geblieben ist ein weißer Fleck. Vielen Dank an Ulf Schiewe, der diesen weißen Fleck gelöscht hat, und meine Neugier für dieses weittragende Ereignis geweckt hat.
Übrigens, wer mal nach dem Attentat von Sarajevo sucht, wird u. a. auch die Uniform von Franz-Ferdinand finden. Wer diese Bilder mit dem Buchcover vergleicht, wird erkennen, dass die Uniform des Covers sich verdammt deckt mit dem Original.