Selbstfindung in Irland - und ein bisschen mehr.
Das Cover, welches die grüne, hügelige Landschaft Irlands andeutet, reflektiert das „Emerald Hills“ aus dem Titel. Es wirkt etwas surreal, dabei aber keineswegs aufdringlich und hat eine wunderschöne Tiefe. Gefällt mir gut, großes Lob an Frau Braun für diese Gestaltung.
Die Playlist zu Beginn teasert mit einigen Songs Irland als Setting an - Wohlfühlsongs inbegriffen. Außerdem bekommen wir netterweise einen Ausspracheguide und die Übersetzung einiger irischer Phrasen, auf die ich beim Lesen einige Male zurück gekommen bin. Das empfinde ich nicht als störend, im Gegenteil: Ich finde, Phrasen in der Sprache des Handlungsortes verleihen der Geschichte mehr Authentizität.
Die Geschichte startet mit einem Prolog, der ein Jahr vor der eigentlichen Handlung spielt. Wir lernen Caroline aus München und Conor aus Baile na Mara kennen, einem gälischen Gebiet Irlands.
Caroline befindet sich auf der Beerdigung ihrer besten Freundin Nadine. Schon im ersten Kapitel, mit dieser traurigen, herzzerreißenden Szene, kommen Gefühle beim Leser auf - ich hoffe, dieser emotionsbetonte Schreibstil zeiht sich durch die weitere Handlung.
Dieses schicksalhafte Ereignis - der Tod ihrer besten Freundin - bestimmt fortan Caroline‘s Denken und Handeln.
Auch Conor lernen wir an einem unheilvollen Tag kennen, auch, wenn Baile na Mara einem zunächst Cosy-Kleinstadt-Vibes vermittelt. Conor liebt seine Heimat und möchte später die Schule für gälische Sprache seines Vaters weiterführen. Er ist traditionsbewusst, möchte trotz der wenig Idealen Umstände für junge Leute in seinem Heimatort bleiben: er weiß, was er mit seinem Leben machen will. Ihn treffen gleich zwei Schicksalsschläge an einem Tag: zunächst verkündet Pádraig, einer seiner besten Freunde, dass er nach Sydney zieht und damit seiner Heimat, seinem Land, den Rücken zukehrt. Als würde das Conor nicht schon genug mitnehmen, findet er zuhause auch noch seine Freundin Sarah im Bett mit seinem Zwillingsbruder Declan. Das ist gleich doppelter Verrat. Ich bin gespannt, wie Conor diese Ereignisse zum Zeitpunkt der eigentlichen Handlung ein Jahr später verarbeitet hat und wie sie eventuell auch sein Denken und Handeln beeinflusst haben.
Caroline beginnt ein Jahr später das Jurastudium in München. Wir lernen ihre Familie kennen. Auf das Jurastudium hat sie eigentlich keine Lust, tritt damit aber in die Fußstapfen ihrer Eltern und ihrer Schwester. Caroline ist noch in der Selbstfindungsphase und hat bereits verschiedenste Praktika, Ausbildungen und Studiengänge ausprobiert. Den Tod von Nadine hat sie noch nicht verarbeitet - sie „kommuniziert“ über WhatsApp mit ihrer besten Freundin, erzählt von ihrem Leben, beschreibt ihre Sorgen und Probleme. Ihr wird klar, dass Nadine ihre Entscheidung für das Jurastudium nicht gutheißen würde, da es sie nicht erfüllt und glücklich macht. Nadine wollte Sängerin werden, Caroline kann sich allerdings vor lauter Trauer nicht überwinden, ihre alten Songs anzuhören - eventuell auch eine Anspielung auf „Songs“ im Titel?
Caroline sucht schließlich nach Auswegen aus dem nahenden Studienbeginn und beginnt, Freiwilligenprojekte in Europa zu recherchieren. Dabei stößt sie auf ein Inserat aus Irland, was nur ein paar Wochen andauern soll, und bewirbt sich. Damit endet die Leseprobe.
Wie geht es mit Caroline und auch Conor weiter? Wie finden die beiden zueinander - sie, dem Mädchen aus der Großstadt, was noch nicht so recht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen möchte und er, heimatverbunden, traditionell und zielsicher? Die beiden haben mich schon nach den ersten Kapiteln in den Bann gezogen, was Anabelle Stehl und ihrer Fähigkeit, die Gedankengänge und inneren Gefühlswelten einzufangen und niederzuschreiben geschuldet ist. Die Geschichte hat eine Sogwirkung und als Leser möchte man wissen, wie Caroline und Conor ihre Schicksalsschläge überwinden, sich selbst und zueinander finden.
Ich glaube, dieses Buch wird eines meiner Herbst-Highlights und ich kann es kaum erwarten, weiterzulesen.