Schnelle eBook-Leserunde zu "Das Palais Reichenbach" von Josephine Winter

Das Schicksal einer adligen Familie im Berlin der Zwanziger Jahre
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Josephine Winter (Autor)

Das Palais Reichenbach

1926. Die Goldenen Zwanziger Jahre. In Berlin tobt das pralle Leben, Kunst und Kultur blühen auf, die Menschen amüsieren sich in den Filmpalästen und Tanzlokalen der Stadt.

Für die adelige Familie Reichenbach hingegen sind es schwere Zeiten: Der einstige Reichtum ist nur noch Fassade, und das Volk verlangt die Enteignung des deutschen Adels. Da Fürst Paul als Familienoberhaupt der drohenden Katastrophe tatenlos zusieht, ist Fürstin Juliane gewillt, alles zu tun, um die Familie zu retten. Doch ihre drei Kinder haben ganz eigene Pläne und Sorgen. Während Prinz Fridolin Karriere in der Deutschnationalen Volkspartei machen will, muss Prinz Georg ein dunkles Geheimnis vor seiner Familie verbergen. Und Prinzessin Ina begegnet dem glücklosen Schriftsteller Theodor Barbach, der sie schon bald vor die schwerste Entscheidung ihres Lebens stellt ...


Timing der Leserunde

  1. Bewerben 22.10.2018 - 11.11.2018
  2. Lesen 19.11.2018 - 25.11.2018
  3. Rezensieren 26.11.2018 - 09.12.2018

Bereits beendet

Schlagworte

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Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Ganzes Buch, KW 47

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TasmanianDevil8

Mitglied seit 04.07.2016

Lesen ist schöner als Träumen :o)

Veröffentlicht am 19.11.2018 um 14:16 Uhr

Wow, ich bin wohl die erste, die hier was schreibt.... aber keine Angst, ich habe nur gerade 40 % fertig. Wollte aber schon mal loslegen....

Ich finde die Geschichte bisher gut. Ina und George sind mir schon ans Herz gewachsen, während ich Fridoline absolut zum...... finde... Auch die Eltern der Breitenbachs sind so sehr auf ihr Vermögen fixiert, die Mutter Juliane (? ist der Name richtig?) - hat nichts anderes im Kopf, als nach Außen hin ihren Reichtum zu zeigen, der eigentlich gar nicht mehr da ist. Und der Vater sieht auch nur die einzige Möglichkeit den Reichtum zu behalten, in dem er noch mehr Schulden aufnimmt und alles beleiht.... Dadurch kommt man kurzfristig an Geld, aber es verringert eigentlich den Reichtum. Mal schauen, wie lange sie das noch aufrecht erhalten können. Ich verstehe nicht, wie man sich weiter verschuldet, nur um nach außen hin gut darzustehen und hat eigentlich im Hinterkopf, dass keine Einnahmen mehr vorhanden sind, mit denen man die Hypotheken abtragen könnte....

Aber die Charaktäre sind gut ausgearbeitet und es ist ein flüssiger und interessanter Schreibstil. Es ist halt eine typische frühere Adelsfamilie, die nur auf ihren Status bedacht sind. Kompliment - bisher wirklich treffend beschrieben :o)

Was mir allerdings ein bisschen schnell ging war die Romanzen mit Ina und Theodor und Anita und Mark.... Für die Zeit waren beide recht freizügig....

Profilbild von Furbaby_Mom

Furbaby_Mom

Mitglied seit 28.09.2018

Veröffentlicht am 19.11.2018 um 19:30 Uhr

TasmanianDevil8 schrieb am 19.11.2018 um 14:16 Uhr

Wow, ich bin wohl die erste, die hier was schreibt.... aber keine Angst, ich habe nur gerade 40 % fertig. Wollte aber schon mal loslegen....

Ich finde die Geschichte bisher gut. Ina und George sind mir schon ans Herz gewachsen, während ich Fridoline absolut zum...... finde... Auch die Eltern der Breitenbachs sind so sehr auf ihr Vermögen fixiert, die Mutter Juliane (? ist der Name richtig?) - hat nichts anderes im Kopf, als nach Außen hin ihren Reichtum zu zeigen, der eigentlich gar nicht mehr da ist. Und der Vater sieht auch nur die einzige Möglichkeit den Reichtum zu behalten, in dem er noch mehr Schulden aufnimmt und alles beleiht.... Dadurch kommt man kurzfristig an Geld, aber es verringert eigentlich den Reichtum. Mal schauen, wie lange sie das noch aufrecht erhalten können. Ich verstehe nicht, wie man sich weiter verschuldet, nur um nach außen hin gut darzustehen und hat eigentlich im Hinterkopf, dass keine Einnahmen mehr vorhanden sind, mit denen man die Hypotheken abtragen könnte....

Aber die Charaktäre sind gut ausgearbeitet und es ist ein flüssiger und interessanter Schreibstil. Es ist halt eine typische frühere Adelsfamilie, die nur auf ihren Status bedacht sind. Kompliment - bisher wirklich treffend beschrieben :o)

Was mir allerdings ein bisschen schnell ging war die Romanzen mit Ina und Theodor und Anita und Mark.... Für die Zeit waren beide recht freizügig....

Da schließe ich mich ganz an! ?
Dies ist meine erste Schnell-Leserunde und weiß ich nicht so recht, wo /wie diskutiert wird, ich möchte ja nichts spoilern. Deshalb schreibe ich hier einfach mal ein paar Gedanken zum Werk auf.
Ich bin auch ganz begeistert, wie authentisch die Autorin mit ihren detaillierten Beschreibungen die Goldenen Zwanziger vor unserem inneren Auge auferstehen lässt! Was für ein wundervolles Buch❤️!! Wir erhalten sowohl Einblick in die Gepflogenheiten der Adelsfamilie also auch in den täglichen Alltag vom Hauspersonal, der größtenteils von wenig Schlaf und harter Arbeit geprägt ist. Obwohl so viele verschiedene Charaktere in der Geschichte vorkommen, sind alle so ausgereift und emotional ansprechend dargestellt, dass man sich tatsächlich in mehrere Figuren hineinversetzen und deren Ansichten nachvollziehen kann - das habe ich bisher bei historischen Romanen ganz selten erlebt. Toll!! Ina ist eine herrliche Hauptfigur, die mir mit ihrer aufgeweckten, unkomplizierten und relativ aufgeklärten Art sofort ans Herz gewachsen ist. Sie findet es nicht unschicklich, Gefühle für jemanden zu entwickeln, der nicht in ihrer Gesellschaftsschicht verkehrt, verhält sich dem Personal gegenüber freundlich und reagiert einfach wunderbar auf Georgs Offenbarung, was immerhin ein großes Tabu damals war. Auch Georg ist mir sehr sympathisch; der Arme würde so gerne in die Gespräche zwischen seinem älteren Bruder und dem Vater einbezogen werden. Es ist einfach eine ganz andere Zeit - Gott sei Dank, muss man als Frau sagen. Herrlich fand ich die Aussage von Fürst Paul, die sehr schön auf den Punkt bringt, wie die gesellschaftliche Position der Damen damals eingeschätzt wurde: „So sind die Damen. Sie flüchten sich in Migräne und warten darauf, dass wir Männer ihre Welt retten. Wir können uns den Luxus alberner Empfindlichkeiten nicht leisten“.
Dass Fürstin Juliane (deren Spitzname Juli ich schon wieder niedlich finde) so verkrampft am schönen Schein festhält, kann ich verstehen - sich (und Anderen) eine Insolvenz einzugestehen, käme einem totalen Gesichtsverlust und einer für sie unerträglichen Schande gleich. Selbst gegenüber ihren "Freundinnen" kann sie ihr Herz nicht ausschütten, muss die Fassung wahren. Ich denke nicht, dass sie eine kaltherzige Frau ist...vielleicht unbewusst ein wenig egoistisch (siehe Verheiratung der Kinder zum finanziellen Vorteil der Familie), aber kein schlechter Mensch. Was meint ihr?

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Tine13

Mitglied seit 29.12.2017

Veröffentlicht am 19.11.2018 um 20:22 Uhr

Also ich habe bislang den ersten Teilabschnitt gelesen und bin auch sehr begeistert von den einzelnen Charakteren.
Ina und Anita mag ich am liebsten.
Ina hat zum Glück so gar keine Standesdünkel und auch sehr viel Mut....so als Frau sich allein in ein Künstlercafe zu wagen, alle Achtung, das finde ich mutig zur damaligen Zeit! Georg kann einem richtig leid tun, so wie ihn der Vater behandelt und Fridolin wird wohl noch in Teufels Küche kommen wenn er weiterhin mit den Nazis paktiert!
Nun die Familie ist so gut wie pleite, doch die Fassade muss aufrecht erhalten werden, da bin ich mal gespannt auf welche Ideen die Herren und Damen so kommen;) beim Personal und Essen sparen, wird wohl keine Lösung sein!

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KleineHexe

Mitglied seit 14.08.2016

Everyone deserves the chance to fly...

Veröffentlicht am 19.11.2018 um 21:38 Uhr

Zitat von Tine13

Ina und Anita mag ich am liebsten.



Ich auch!

Was die Namen angeht, so kommen mir Juliane, aber auch Anita "nicht adelig" bzw. "modern" vor. Ist aber nur ein Gefühl. Ansonsten gefällt mir die Geschichte bis jetzt sehr gut, sie liest sich flüssig.

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TasmanianDevil8

Mitglied seit 04.07.2016

Lesen ist schöner als Träumen :o)

Veröffentlicht am 20.11.2018 um 13:53 Uhr

Zitat von Tine13

Nun die Familie ist so gut wie pleite, doch die Fassade muss aufrecht erhalten werden, da bin ich mal gespannt auf welche Ideen die Herren und Damen so kommen;) beim Personal und Essen sparen, wird wohl keine Lösung sein!



Naja, sie beleihen ja auch alles was geht :o) Aber auf die Idee zu kommen, dass mehr tatsächliche Einnahmen her müssen, da scheinen sie bisher nicht drauf zu kommen.

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Lerchie

Mitglied seit 15.12.2016

Lesen gefährdet die Dummheit!

Veröffentlicht am 20.11.2018 um 14:25 Uhr

Wer Angst jat gespoilert zu werden, der sollte meinen Beitrag nicht lesen. Ich bin davon ausgeganen, dass wir erst was schreiben, wenn wir das ganze Buchgelesen haben. Und daran habe ich mich gehalten und über das ganze Buch geschrieben. Wers noch nicht gelesen hat, sollte also meinen Beitrag nicht lesen. Zumindest vorerst nicht.

Wir lesen hier ein Buch über die Adelsfamilie Reichenbach, deren Niedergang bis kurz vor dem endgültigen Bankrott. Und dann haben sie ‚Glück‘ und es geht wieder aufwärts.

Der Vater, Paul, idealisiert seinen Sohn Fridolin, der offensichtlich Selbstmord begangen hat, offensichtlicher konnte es fast nicht sein. Selbst dessen Eingeständnis an Levi Zucker ist für ihn kein Beweis.

Fridolin, der, die Familie retten wollend, in die falsche Partei geraten ist und mit deren Jugend anscheinend der Meinung war, dass man einfach so einen jungen Mann zusammenschlagen dürfe, bis er zu seinem Entsetzen erkennt, dass ausgerechnet dieser junge Mann sein bester Freund Levi war. Und der nicht den Mut aufbrachte, diese sogenannte Partei zu verlassen. Der einzige Mut, den er aufbrachte war, sich selbst umzubringen. Ein Feigling also.

Die Tochter Ina, die sich in einen mittellosen Schriftsteller verliebte, der bisher noch nichts veröffentlicht hatte. Doch dann wird er zum Schreiben aufgefordert, nachdem er in einer Zeitschrift der ‚Dame‘ einen Fortsetzungsroman veröffentlicht hat. Ina und Theodor werden ein Liebespaar, aber zu ihm stehen, das wagt sie nun doch nicht. Auch wegen der finanziellen Probleme zu Hause. Doch hätte sie ihn wirklich geliebt, wären ihr diese egal gewesen. Theodor wäre ihr wichtiger gewesen. Dass dem nicht so war, sieht man dann am Ende, als sei Levi einen Heiratsantrag macht. Dass dieser so schnell annimmt, verstehe ich nicht, denn er weiß doch, dass er nur zweite Wahl ist.

Dann ist da noch Georg, der zweite Sohn, der durch Fridolins Tod überraschend Titelerbe geworden ist. Und von dem man erwartet, dass er standesgemäß heiratet. Doch Georg ist schwul, was damals noch verboten, genauer gesagt sogar ein Verbrechen war. Und als Anton seinetwegen wieder auf den Straßenstrich geht und er ihn fragt, ob das ein Problem für ihn ist, gibt er ihm nicht mal eine Antwort und geht. Was nun? Ich weiß es nicht, denn die Autorin lässt uns hier etwas hängen.

Zu erwähnen ist noch Juliane, die Fürstin, die ihre Köchin hinausgeworfen hat, weil sie der Meinung war, sie hätte was mit ihrem Sohn Fridolin. Und das ohne sich auch nur anzuhören, was Anita zu ihrer Verteidigung vorzubringen hatte. Auch wenn sie später ihr Unrecht einsieht und die Köchin wieder einstellt. Allerdings ist sie diejenige, die den Fürsten immer wieder zu überzeugen versucht, dass Fridolin Selbstmord begangen hatte, und es nicht, wie vom Fürsten stur behauptet, Mord war.

Ach ja, ich möchte Melanie, eine Küchenhilfe oder Dienstmädchen, noch erwähnen, die sich dem ersten besten Mann der ihr gefallen hatte, an den Hals geworfen hat, und siehe da, von ihm schwanger geworden ist. Und jetzt sitzt sie bei einer Engelmacherin, weil sie zunächst nicht mal den Namen des Mannes wusste, und auch nicht, wo er abgeblieben ist.


Eigentlich hätte ich mir als Ausgang des Buches gewünscht, dass Ina ihren Theodor bekommt, und Georg, wenn er schon Annemarie heiratet, ein Abkommen mit ihr schließt. Natürlich muss er für einen Erben sorgen, aber er hätte Anton im Hause Reichenbach anstellen können. Auch wenn Anton gesagt hat, dass er von ihm kein Geld nimmt, er hätte schließlich dafür arbeiten müssen, und dann hätte er es bestimmt auch genommen. Und die beiden Liebenden wären einander nahe gewesen. So hat sich jede Liebe in Luft aufgelöst, das gefällt mir nicht. Dieses Ende hat alles zerstört, denn ich bin davon ausgegangen, dass beide, Ina und Georg genug Mumm in den Knochen hätten um eine Möglichkeit zu finden mit den von ihnen geliebten Partnern glücklich zu werden. Mir schien als würde Ina ihren Theodor wirklich über alles lieben. Dass sie ihn letztendlich abserviert, hätte ich nicht gedacht und das gefällt mir auch nicht. Bei Georg wäre das nur heimlich gegangen und sie hätten sich bei den täglichen Begegnungen sehr zusammenreißen müssen. Aber vielleicht stört es Georg ja nicht, dass Anton auf den Straßenstrich geht. Nur dass wir davon keine Kenntnis erhalten haben.

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Lerchie

Mitglied seit 15.12.2016

Lesen gefährdet die Dummheit!

Veröffentlicht am 20.11.2018 um 14:30 Uhr

Zitat von Tine13

Nun die Familie ist so gut wie pleite, doch die Fassade muss aufrecht erhalten werden, da bin ich mal gespannt auf welche Ideen die Herren und Damen so kommen;) beim Personal und Essen sparen, wird wohl keine Lösung sein!



Etwas arbeiten und Geld verdienen wäre wohl eine Lösung, aber sowas kam dem Adel damals nicht in den Sinn.

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Blondschopf10000

Mitglied seit 19.06.2018

Veröffentlicht am 20.11.2018 um 16:20 Uhr

Ich bin inzwischen bei gut der Hälfte des Buches angekommen. Ich finde es sehr spannend, wie es der Autorin gelingt, die Situation des Adels und der angestellten/Künstler/Bürgerlichen/Juden im beschriebenen Zeitraum darzustellen und zu verquicken. Jedes Milieu lebte zwar recht isoliert, aber im Alltag gibt es ja doch einige Berührungspunkte. Und jedes Milieu erlebt diese Umbruchszeit mit ganz eigenen Katastrophen und Hoffnungen. Sehr schön!

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Furbaby_Mom

Mitglied seit 28.09.2018

Veröffentlicht am 20.11.2018 um 17:13 Uhr

Lerchie schrieb am 20.11.2018 um 14:25 Uhr

Wer Angst jat gespoilert zu werden, der sollte meinen Beitrag nicht lesen. Ich bin davon ausgeganen, dass wir erst was schreiben, wenn wir das ganze Buchgelesen haben. Und daran habe ich mich gehalten und über das ganze Buch geschrieben. Wers noch nicht gelesen hat, sollte also meinen Beitrag nicht lesen. Zumindest vorerst nicht.

Wir lesen hier ein Buch über die Adelsfamilie Reichenbach, deren Niedergang bis kurz vor dem endgültigen Bankrott. Und dann haben sie ‚Glück‘ und es geht wieder aufwärts.

Der Vater, Paul, idealisiert seinen Sohn Fridolin, der offensichtlich Selbstmord begangen hat, offensichtlicher konnte es fast nicht sein. Selbst dessen Eingeständnis an Levi Zucker ist für ihn kein Beweis.

Fridolin, der, die Familie retten wollend, in die falsche Partei geraten ist und mit deren Jugend anscheinend der Meinung war, dass man einfach so einen jungen Mann zusammenschlagen dürfe, bis er zu seinem Entsetzen erkennt, dass ausgerechnet dieser junge Mann sein bester Freund Levi war. Und der nicht den Mut aufbrachte, diese sogenannte Partei zu verlassen. Der einzige Mut, den er aufbrachte war, sich selbst umzubringen. Ein Feigling also.

Die Tochter Ina, die sich in einen mittellosen Schriftsteller verliebte, der bisher noch nichts veröffentlicht hatte. Doch dann wird er zum Schreiben aufgefordert, nachdem er in einer Zeitschrift der ‚Dame‘ einen Fortsetzungsroman veröffentlicht hat. Ina und Theodor werden ein Liebespaar, aber zu ihm stehen, das wagt sie nun doch nicht. Auch wegen der finanziellen Probleme zu Hause. Doch hätte sie ihn wirklich geliebt, wären ihr diese egal gewesen. Theodor wäre ihr wichtiger gewesen. Dass dem nicht so war, sieht man dann am Ende, als sei Levi einen Heiratsantrag macht. Dass dieser so schnell annimmt, verstehe ich nicht, denn er weiß doch, dass er nur zweite Wahl ist.

Dann ist da noch Georg, der zweite Sohn, der durch Fridolins Tod überraschend Titelerbe geworden ist. Und von dem man erwartet, dass er standesgemäß heiratet. Doch Georg ist schwul, was damals noch verboten, genauer gesagt sogar ein Verbrechen war. Und als Anton seinetwegen wieder auf den Straßenstrich geht und er ihn fragt, ob das ein Problem für ihn ist, gibt er ihm nicht mal eine Antwort und geht. Was nun? Ich weiß es nicht, denn die Autorin lässt uns hier etwas hängen.

Zu erwähnen ist noch Juliane, die Fürstin, die ihre Köchin hinausgeworfen hat, weil sie der Meinung war, sie hätte was mit ihrem Sohn Fridolin. Und das ohne sich auch nur anzuhören, was Anita zu ihrer Verteidigung vorzubringen hatte. Auch wenn sie später ihr Unrecht einsieht und die Köchin wieder einstellt. Allerdings ist sie diejenige, die den Fürsten immer wieder zu überzeugen versucht, dass Fridolin Selbstmord begangen hatte, und es nicht, wie vom Fürsten stur behauptet, Mord war.

Ach ja, ich möchte Melanie, eine Küchenhilfe oder Dienstmädchen, noch erwähnen, die sich dem ersten besten Mann der ihr gefallen hatte, an den Hals geworfen hat, und siehe da, von ihm schwanger geworden ist. Und jetzt sitzt sie bei einer Engelmacherin, weil sie zunächst nicht mal den Namen des Mannes wusste, und auch nicht, wo er abgeblieben ist.


Eigentlich hätte ich mir als Ausgang des Buches gewünscht, dass Ina ihren Theodor bekommt, und Georg, wenn er schon Annemarie heiratet, ein Abkommen mit ihr schließt. Natürlich muss er für einen Erben sorgen, aber er hätte Anton im Hause Reichenbach anstellen können. Auch wenn Anton gesagt hat, dass er von ihm kein Geld nimmt, er hätte schließlich dafür arbeiten müssen, und dann hätte er es bestimmt auch genommen. Und die beiden Liebenden wären einander nahe gewesen. So hat sich jede Liebe in Luft aufgelöst, das gefällt mir nicht. Dieses Ende hat alles zerstört, denn ich bin davon ausgegangen, dass beide, Ina und Georg genug Mumm in den Knochen hätten um eine Möglichkeit zu finden mit den von ihnen geliebten Partnern glücklich zu werden. Mir schien als würde Ina ihren Theodor wirklich über alles lieben. Dass sie ihn letztendlich abserviert, hätte ich nicht gedacht und das gefällt mir auch nicht. Bei Georg wäre das nur heimlich gegangen und sie hätten sich bei den täglichen Begegnungen sehr zusammenreißen müssen. Aber vielleicht stört es Georg ja nicht, dass Anton auf den Straßenstrich geht. Nur dass wir davon keine Kenntnis erhalten haben.

ACHTUNG: SPOILER!!
Bitte erst nach Beendigung des Buches lesen.

"Eigentlich hätte ich mir als Ausgang des Buches gewünscht, dass Ina ihren Theodor bekommt, und Georg, wenn er schon Annemarie heiratet, ein Abkommen mit ihr schließt."
--> Prinzipiell bin ich auch immer dafür, dass die Figuren, deren anbahnende Romanze man als Leser/in mitverfolgt, ihr verdientes Glück am Ende finden sollen. ABER: Theodor ist mir zusehends auf die Nerven gegangen. Ich verstehe sein Bedürfnis, sich mit Ina nicht verstecken zu wollen und sich von ihr "gekauft" zu fühlen. Er wünscht sich mehr Sicherheit von ihr und möchte sie heiraten. Ich habe darüber lange nachgedacht, weil es mir einfach keine Ruhe gelassen hat. Aus meiner Sicht hat er Ina zunehmend unter Druck gesetzt und kam mir teilweise vor wie ein quengeliger kleiner Bub, der den Hals nicht voll bekommt. Beispielsweise die Szene, als er plötzlich bei vor dem Palais steht und mitfeiern möchte bei einer Gesellschaft, zu der er nicht offiziell eingeladen ist. Er freut sich über seinen neuen Anzug und erhofft sich viel von dieser Veranstaltung - dementsprechend groß ist seine Enttäuschung, als Ina ihm erklärt, er könne dennoch nicht teilnehmen. Sie redet nie von oben herab mit ihm, macht ihre Gefühle für ihn mehr als deutlich und signalisiert ihm stets: "Du bist mir wichtig. Ich möchte mit DIR zusammen sein." Auch in besagter Situation erklärt sie ihm behutsam die Gründe, weshalb er sie nicht zur Veranstaltung begleiten kann. Seine Reaktion darauf kann ich nur als bockig und trotzig beschreiben. Er setzt Ina immer mehr mit emotionaler Erpressung unter Druck. Jeder andere Mann hätte sich alle zehn Finger nach einer Beziehung mit Ina abgeschleckt:
sie pfeift auf den gesellschaftlichen Unterschied,
fördert seine Karriere,
freut sich selbstlos über seine Erfolge,
ermutigt ihn, an sich selbst zu glauben,
organisiert ihm eine saubere, sichere Unterkunft
und versichert ihm ihrer Liebe und Treue.
Alles, was sie im Gegenzug von ihm erbittet, ist, dass er ihr Zeit geben möge, ihre Eltern entsprechend auf die Beziehung vorzubereiten, da sie sich nicht mit ihnen überwerfen möchte. ich finde, das ist nicht zu viel verlangt. Würde Theodor sie wahrlich lieben, hätte er mehr Verständnis für ihre Lage und würde das Risiko, das sie damit eingeht, ganz anders wertschätzen.
Für mich ist Levi ein stiller Held und ich habe mich irrsinnig gefreut über diese Endkonstellation. Er war immer für Ina da, brachte Verständnis und Geduld für sie auf, ohne je etwas zu fordern oder zu erwarten. Momentan mag er nur ein guter Freund sein, aber sie hat jetzt bereits erkannt, dass sie sich immer und ausnahmslos auf ihn verlassen können wird. Seine Loyalität schätzt Ina sehr; und allein, dass er ihrem Bruder die Prügelattacke verziehen hat, später dessen Brief an ihre Eltern weitergeleitet hat, um dem Vater aus seiner Wahnvorstellung eines Mordes zu reißen, zeugt von seinem ehrenwerten Charakter. Ina könnte nicht in besseren Händen sein und ich bin überzeugt, dass sie sich mit der Zeit aufrichtig in ihn verlieben wird.
Was Georg angeht, bin ich auch beruhigt. Auch wenn wir nicht dezidiert auf ein Abkommen hingewiesen worden sind als Leser/innen, besteht dieses garantiert. Eventuell sollte sogar die Szene im Blumengeschäft darauf hindeuten, als Annmarie ihm klar zu verstehen gibt, dass sie im Falle einer Heirat weiterhin mit anderen Männern schlafen wolle. (Georgs „Ich auch.“ fand ich übrigens köstlich. Ich liebe seinen Humor, überhaupt seinen sanftmütigen Charakter.) Er hat in Annmarie eine Verbündete gefunden, deren Meinung er schätzt. Durch die Heirat mit ihr erfüllt seine Familie ihre „Plicht“ gegenüber seinem Onkel, und die „neue“ Annmarie, die auf die harte Tour zu mehr Selbstbewusstsein gefunden und sich Georgs Respekt verdient hat, ist in seine Bedürfnisse eingeweiht. Er wird Anton weiterhin treffen können. Und bestimmt werden die jungen Leute gemeinsam einen Weg finden, Anton eine bessere Anstellung zu organisieren - vielleicht in Georgs und Annmaries eigenem Haushalt oder bei Ina und Levi.
Wäre Annmarie unauffindbar geblieben, hätte ich mich auch über eine Hochzeit von Georg und seiner - dem weiblichen Geschlecht zugetanen Freundin - Henriette Linck gefreut. Was habe ich innerlich gefeixt, als er diese seiner Frau Mama vorgestellt hat! Das war der Knüller! Ich kann mir das Entsetzen der vornehmen Fürstin Juliane vorstellen - und war es nicht großartig, dass Henriette sich so gar nicht um Konventionen geschert hat?! Der Dialog über den kleinen dicken Baldi („Wie heißt ’n unsa süßa, kleena Mottenfiffi hier?“) in bestem Berlinerisch (seitens Henriette) war eines der witzigsten Highlights für mich!! ☺
Im Fall von Marlene hätte ich mir allerding auch eine andere Auflösung gewünscht. Ich kann verstehen, dass sie ein bißchen Spaß mit dem Froschkönig genießen wollte - mal ehrlich, viele Freuden gab es für das Hauspersonal, das ohnehin kaum Freizeit hatte, doch nicht. Aber sie hätte es beim Turteln belassen können, anstatt gleich aufs Ganze zu gehen. Damals waren viele junge Frauen noch nicht aufgeklärt, vor allem jene aus den bedürftigeren Gesellschaftsschichten...und oft kann auch simple Unvernunft hinzu. Diese Entwicklung fand ich wirklich sehr traurig.
Hat sich sonst noch jemand gefragt, was aus dem Mörder geworden ist, der in der Stadt sein Unwesen getrieben hat? Ich hatte irgendwie damit gerechnet, dass eine der vorgestellten Figuren sich als dieser entpuppt.

Profilbild von Furbaby_Mom

Furbaby_Mom

Mitglied seit 28.09.2018

Veröffentlicht am 20.11.2018 um 17:32 Uhr

Blondschopf10000 schrieb am 20.11.2018 um 16:20 Uhr

Ich bin inzwischen bei gut der Hälfte des Buches angekommen. Ich finde es sehr spannend, wie es der Autorin gelingt, die Situation des Adels und der angestellten/Künstler/Bürgerlichen/Juden im beschriebenen Zeitraum darzustellen und zu verquicken. Jedes Milieu lebte zwar recht isoliert, aber im Alltag gibt es ja doch einige Berührungspunkte. Und jedes Milieu erlebt diese Umbruchszeit mit ganz eigenen Katastrophen und Hoffnungen. Sehr schön!

Ich bin auch restlos begeistert! Besonders gefällt mir, dass man sich in beinahe jede Figur tatsächlich emotional hineinversetzen kann, weil deren Gedanken und Motive so gut und ausdrucksstark beschrieben sind.