Leserunde zu "Der Salon" von Julia Fischer

Drei junge Menschen auf der Suche nach dem Glück
Cover-Bild Der Salon. Wunder einer neuen Zeit
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Julia Fischer (Autor)

Der Salon. Wunder einer neuen Zeit

Roman

1956. Die junge Leni aus dem ländlichen Hebertshausen kann ihr Glück kaum fassen: Die Anstellung bei dem vornehmen Friseur Keller in München ist der erste Schritt zur Verwirklichung ihres großen Traums - ein eigener Salon in der Stadt. Unterdessen hadert ihr Bruder Hans mit seinem Medizinstudium. Seine Leidenschaft gilt der Jazzmusik - und Lenis Freundin Charlotte, die in einer unglücklichen Ehe gefangen ist. Während sie alle darauf hoffen, ihr Glück zu finden, stellt ein Schicksalsschlag ihre Zuversicht auf eine harte Probe ...

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 03.01.2022 - 23.01.2022
  2. Lesen 07.02.2022 - 06.03.2022
  3. Rezensieren 07.03.2022 - 20.03.2022

Bereits beendet

Schlagworte

Frisör Friseur München Wirtschaftswunder Nachkriegszeit Jazz Medizin Fünfzigerjahre 50er-Jahre Schönheit Emanzipation Café Engel Kosmetik Familie Studium Charité Saga

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Abschnitt 3, KW 9, Seite 250 bis 367, inkl. Kapitel 25

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Julia_Fischer

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Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:35 Uhr

Katjuschka schrieb am 21.02.2022 um 00:03 Uhr

Leni wird langsam erwachsen - und das nicht nur, weil sie jetzt volljährig ist und Auto fahren darf!
Irgendwie sind bei ihr auch im übertragenen Sinne alte Zöpfe abgeschnitten worden.
Sie trägt so für alle sichtbar ihr neues Selbstbewusstsein, denn sie hat nicht nur Erfolg im Salon und mit ihren Pflegeprodukten - sie ist auch verliebt und wirkt glücklich.
Und dann passiert das Drama mit Kurt - auch wenn es sich für mich leider abgezeichnet hatte.
Bei aller James Dean Attitüde ist er der Sohn aus reichem Elternhaus mit entsprechender Erziehung. Da wollen die Herren ein braves Frauchen und das ist Leni einfach nicht. Sie weiß was sie will und hat keine Träume, sondern Ziele!

Ja, Leni passt weder zu Karl noch zu seiner Familie! Sie ist Karl haushoch überlegen, das hat er auch gespürt und es hat ihm nicht gefallen. Wobei wir ehrlich sagen müssen, eigentlich hat gerade gar kein Mann in ihrem Leben Platz. Falls sie auch noch ihren Meister macht, ist sie fully booked.

Jetzt bekommt sie zu spüren, dass das alles seinen Preis hat, das kennen wir Frauen heute ja auch, wir versuchen Kinder und Ehemann/frau und Beruf unter einen Hut zu bringen und müssen oft ganz schön jonglieren. Und Leni hat immer noch eine 6 Tage Woche plus der Arbeit in der Apotheke und im Haushalt.

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VerenaM

Mitglied seit 26.06.2019

I declare after all, there is no enjoyment like reading. -Jane Austen-

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:37 Uhr

Zitat von Katjuschka

Es ist immer wieder verblüffend, wenn ich (mal) mitbekomme, welche schöne, alte und gepflegt aussehende Häuser in der Stadt einer Verbindung gehören!



Jaaa, das denke ich auch immer. Hier in Aachen gehören die ältesten und herrschaftlichsten Villen zu 90% einer Verbindung. Teilweise auch noch ältere Gemäuer, wie ein alter Wachturm. Da steckt echt Geschichte drin.

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Julia_Fischer

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Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:41 Uhr

Katjuschka schrieb am 21.02.2022 um 00:04 Uhr

Hans tat mir leid, wie er mit sich
gerungen hat, bis er mit Leni und vor allem mir der Mutter gesprochen hat!
Und dann hat Käthe, nach dem Schreck mit dem Anfall, wunderbar reagiert: "Hauptsache du bleibst dir treu!" Es muss eine große Last von Hans gefallen sein!
Zum Glück war es bei Käthe kein Infarkt - Hans hätte sich das nie verzeihen können.
Wieso nur meint er, eine vermeintliche Schuld des Vaters sühnen zu müssen? Es ist so furchtbar falsch.
Wir sind nicht für die Fehler der früheren Generation verantwortlich, wir dürfen sie nur nicht vergessen oder verschleiern - und schon gar nicht wiederholen!
Man möchte Hans zurufen: Mach die Menschen mit deiner Musik glücklich. Schenke ihnen damit für eine kleine Weile eine gute Zeit!

Diese Frage der Schuld, die sich über Generationen erstreckt, ist ja gerade in Deutschland immer noch sehr präsent, aus gutem Grund. Hier im Roman begegnen wir ihr (auch) auf der privaten Ebene innerhalb einer Familie und nicht nur im großen gesellschaftlichen Kontext. Ein Vater, der hofft, sein Sohn könne Wiedergutmachung für seine Sünden leisten. Was für eine Last! Manche Kinder laden sich die auch freiwillig auf, aber Hans hadert damit. Und ja, er KANN da gar nichts gutmachen, wir wissen es, aber weiß er es?

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I declare after all, there is no enjoyment like reading. -Jane Austen-

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:43 Uhr

Zitat von Julia_Fischer

Und meine Tochter überfällt es generell an geschichtsträchtigen Orten.



So ergeht es mir auch immer. Ich besuche solche Orte deswegen aber auch immer gerne. Die Orte von Jane Austen möchte ich auch gerne mal besuchen.

Ein eher nicht so schönes Beispiel hatte ich damit allerdings in einem zum Museum umgebauten Luftschutzbunker in Stuttgart. Es gab dort Kuchen und eine kleine Band hat gespielt, die äußere Stimmung war somit alles andere als bedrückend.
Mir hat es allerdings irgendwie die Luft abgeschnürt und ich bin durch diesen Bunker zurück zum Ausgang geeilt. Ich konnte dort nicht bleiben.

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lisahhh

Mitglied seit 05.12.2021

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:44 Uhr

Die Gothaer kannte ich gar nicht, fand die Beschreibung interessant und es wirkte wieder sehr gut recherchiert!

Bzgl. Karl bin ich noch etwas hin und her gerissen. Er ist definitiv keiner von den Netten, aber hat es glaube ich durch den Druck und die Anforderungen seiner Familie auch nicht leicht. Er muss sich in eine Box quetschen und verstellen. Ich finde es aber natürlich auch auf keinen Fall gut, wie er Leni behandelt.

Ansonsten ist dieser Abschnitt geprägt von dem Finden der eigenen Identitäten. Hans bricht sein Studium ab und steht zu seiner Musikerkarriere, auch Lenis Entwicklung ist toll zu beobachten. Ich hoffe, sie kommt nach dem Streit mit Karl endlich mit Schorsch zusammen!

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Katjuschka

Mitglied seit 16.05.2017

Das Leben ist zu kurz für irgendwann!

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:44 Uhr

Julia_Fischer schrieb am 21.02.2022 um 11:28 Uhr

Ich hatte dieses Gefühl im Häuschen der Droste-Hülshoff. Es war alles so intim und nah. Und meine Tochter überfällt es generell an geschichtsträchtigen Orten.

Audrey war ja schon ein Phänomen, in einer Zeit, in der das Schönheitsideal ganz klar Monroe und Loren und Taylor hieß. Ob sie vor allem von den Frauen geliebt worden ist? Und den Feingeistern? Und was war sie auch im Alter schön! Sie ist viel zu früh gestorben.

Ich glaube sie war gerade bei Frauen sehr beliebt. Da sie nicht dem Typ Sexsymbol entsprach, war sie ja auch nie der klassische Pin-Up und so auch keine "Konkurrenz".

Und ja, sie war bis zuletzt wunderschön!

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Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:46 Uhr

Katjuschka schrieb am 21.02.2022 um 00:04 Uhr

Beim Picknick wurde ein charakterlicher Unterschied zwischen Karl und Schorsch deutlich: Schorsch hilft diesem Herrn Schimmelpfennig ganz selbstverständlich und Karl muss fast dazu überredet werden.
Und wieder zeigt sich, er will gegenüber den Eltern gut dastehen, keinen Fehler machen (Das wird meiner Mutter nicht gefallen!).
Damals hatten die Söhne reicher Eltern vielleicht keine finanziellen Probleme, aber sie standen sicher unter einem anderen, besonderen Druck: Sie mussten erfolgreich sein, komme was wolle!
Ich denke, nicht nur Töchter wurden gern und oft für die Familie "gefällig" verheiratet (nicht selten ohne vorher größer gefragt zu werden), auch die Söhne mussten sich "dynastisch" binden und Nachwuchs zeugen, der das "Imperium" weiterträgt.
Ob Karl mit Sabine die Tochter eines Freundes vom Vater heiraten wird? Weil es "gesellschaftlich passt"?
Vielleicht macht er es sogar, denn der Satz "Hier passe ich hin" zeigt ja sein Klassenbewusstsein. Er muss nicht kämpfen, kann der sein, der er wirklich ist...
Nur, wer ist er? Ein Snob, geboren mit dem berühmten silbernen Löffel im Allerwertesten?

Tja, wer ist er?

Unreif vor allem, würde ich sagen und natürlich alles andere, das du angesprochen hast.
Sabine ist kein Mäuschen, aber sie will nicht in der Firma des Vaters arbeiten. Sie bleibt artig auf dem Platz, den ihr die Gesellschaft zuweist und backt Torten. Neben ihr darf Karl Siegfried bleiben.

Dass in Sachen Ehe und Nachwuchs eine große Erwartungshaltung seitens seiner Eltern besteht (die ja auch ein standesgemäßes Paar sind und die sein Bruder schon erfüllt hat!) ist klar. So einer heiratet keine Friseuse. Käthe hat das gewusst.

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Mitglied seit 26.06.2019

I declare after all, there is no enjoyment like reading. -Jane Austen-

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:47 Uhr

Zitat von Katjuschka

Ihr seid doch "mitgemeint"!



Mein Lieblingssatz in dieser Debatte!
Da hilft aber auch Gendern nur bedingt, wenn sich an der grundlegenden Einstellung der entsprechenden Männer (es gibt ja auch positive Beispiele) nichts ändert. Als Konstrukteurin habe ich das mehr als einmal erlebt.

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Julia_Fischer

Mitglied seit 11.01.2022

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:53 Uhr

Katjuschka schrieb am 21.02.2022 um 00:05 Uhr

Die Geschichte von Schorsch, vom Sterben der Mutter und der Schwester, es zerreißt einem das Herz.
Das Bild der durch die Luft segelnden Briefmarken war gewaltig. Das ist von einem Leben geblieben - bunte kleine Papierfetzen...
Und dann kauft Schorsch das Medallion - für Käthe!
Hattest du beim schreiben genauso Pipi in den Augen, wie ich beim lesen, Julia?

Ja, diese Szene der verglühenden Briefmarken hat mich tatsächlich selbst bewegt. Ich kann das direkt vor mir sehen. Und meine Schwiegermutter übrigens auch, die das Buch gerade ausgelesen hat, sie ist 86, und selbst ausgebombt worden. Sie fand es so realistisch beschrieben. Im Fernsehen kann sie so etwas nicht ansehen, da rast ihr Herz und sie ist sofort wieder mittendrin. Nach all der Zeit.

Von Schorsch wissen wir jetzt also etwas mehr, wir kennen die "Geschichte der Lichter", die er seinen Freunden nie erzählt hat.

Zu dem silbernen Döschen schreibe ich euch heute Abend noch was, wenn ich wieder zu Hause bin. Ich sitze nämlich gerade im Funkhaus und springe von einem Studio ins nächste den ganzen Tag. Mein Mini-Büro ist im neunten Stock mit einem fantastischen Blick über München und in die Berge hinein und der Wind pfeift wie verrückt! Ich sehe die Zugspitze, gleich da drüben, nur eine Armlänge entfernt.

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Julia_Fischer

Mitglied seit 11.01.2022

Veröffentlicht am 21.02.2022 um 11:56 Uhr

Tabagana schrieb am 21.02.2022 um 05:59 Uhr

Ja, diesen Abschnitt fand ich auch sehr emotional. Schorsch zeigt sich hier ein weiteres Mal von seiner echt hilfsbereiten und menschlichen, aber auch verletzlichen Seite und man hofft, dass Leni vielleicht doch noch zu ihm findet....bei ihm könnte ich mir auch vorstellen, dass er ähnlich wie Gertraud Grubers Mann sie in ihrer Karriere unterstützt.

Schorsch und Karl könnten nicht unterschiedlicher sein. Aber Schorsch ist halt auch schüchtern und introvertiert. Er entspricht nicht dem Typ Mann, den sich ein Mädchen damals gewünscht hätte: Marke Filmstar.