Ich habe mich schon von der ersten Seite an wieder unheimlich wohl in der Mulberry Mansion gefühlt, denn sie ist mittlerweile für mich wie ein richtiges Gedankenzuhause geworden. Eines mit nicht ganz so perfekten Kanten und Linie, sondern mit ganz vielen Ranken, Blumen und Maulbeeren. Denn so wie das Gebäude nicht ganz perfekt ist, so sind es auch die Charaktere nicht, doch genau das daran liebe und wertschätze ich so sehr.
Willow, die von außen in den andern Bänden immer etwas sorgloser und frei von ihren Bedenken gewirkt hat, durfte ich besonders in den ersten zwei Kapiteln auf einer anderen Art kennenlerne. Sie wirkt auf mich wie jemand, der die Welt etwas zu sehr versteht und sie in allen ihren Nuancen so bunt oder grau sie auch scheinen mag, wahrnimmt. Dabei versucht sie selber jeden Menschen etwas zurückzugeben, gerade denen, die die Welt in dunklen Farben erscheinen lässt. Daher war es nicht verwunderlich, warum ich mich so schnell in ihrer Gedankenwelt wohlgefühlt habe. Sie hat diesen Humor, bei dem einen die Mundwinkel einfach unbewusst nach oben wandern und dabei ist sie so klug, frech, sarkastisch und fürsorglich zur gleichen Zeit. Sie meint die Sachen, die sie sagt, und auch wenn sie für manche Menschen als sinnlos erscheinen und sie dadurch nicht immer ernst genommen wird, so hat alles eine Bedeutung für sie.
Ich würde die Welt gerne etwas mehr durch ihre Augen sehen können, denn dort wirkt sie irgendwie etwas schöner, aber gleichzeitig auch echt. Dass liegt wahrscheinlich nur daran, dass sie vorher schon viel Herzschmerz erfahren haben muss, warum sonst sollte sie nachts immer aufwachen, wie die negativen Gedanken am ehesten an die Oberfläche treiben. Sie versucht Wölfe so einsam oder gefährlich sie auch sein mögen, zu retten, anstelle vor ihnen wegzulaufen.
Ein Grund, warum sich Willows Gedanken und Gefühle für mich so echt anfühlen ist, dass sie viele Dinge so sieht, wie sie eben sind und das Leben somit nicht immer konstant und schön ist. Bin sehr dankbar, bald für ein paar Stunden in ihrer Gedankenwelt eintauchen zu können. Willow ist zwar kein Mensch von großen oder kleinen Berührungen, doch das hat sie mit Maxton gemeinsam.
Der kleine, aber schon große Gartenjunge, ist für mich bis jetzt noch das größte Mysterium von allem. Er ist nicht für den Nervenkitzel und zu langen Sätzen, wo mehr als nur ein Punkt fehlt, gemacht. Er nimmt Dinge wahr, die die meisten Menschen zu verstecken versuchten, dabei ist er selber ziemlich gut darin. Man kommt nicht daran vorbei, bei Maxton auch gleich an Willow zu denken, weil beide entweder ständig beieinander hocken und wenn nicht, tun sie es eben in ihren Gedanken. Es ist so wunderschön zu sehen, wie glücklich die beiden sich gegenseitig machen einfach, indem sie füreinander da sind, auch wenn sie nicht über alles reden. Nur scheint das gerade noch weniger zu sein als sonst und ich bin schon sehr neugierig darauf, wie Willow reagieren wird, wenn sie von Maxtons Vorhaben erfährt. Denn darüber, dass sie irgendwie dahinter kommen wird, mache ich mir keine Sorgen.
Dass es am Anfang wieder ein Ausschreiben wie in den vorherigen Bänden gab, fand ich auch total toll, weil es sofort Aufmerksamkeit erweckt, sie so einzigartig sind und super in das Thema der Geschichte einführen. Ich finde die Verbindung mit der Silent Storm Society unglaublich interessant, weil sie nicht nur ihren Ursprung in der mythischen Ideologie hegt, sondern es normalerweise streng verboten ist, darüber zu reden. Man spürt förmlich schon das Knistern und die Spannung in der Luft davon, nur scheint Maxton eigentlich nicht so viel davon zu halten. Verständlich, denn mit dieser Gesellschaft hätte ich Max niemals in Verbindung gebracht und musste dann erst mal schlucken.
Aber warum scheinen ihm diese Herausforderungen so wichtig und gleichzeitig so egal zu sein? Und hat er davon Willow bewusst nichts erzählt, weil er weiß, dass sie höchstwahrscheinlich dagegen wäre? Gleichzeitig wird aber behauptet, dass dieser Herausforderungen das einfachste für ihn sein werden.
Ich glaube, dass hinter Maxton viel mehr als nur der Junge steckt, der seine meiste Zeit am liebsten zwischen Pflanzen im Garten verbringt und kann es kaum erwarten, mehr über ihn und seine Beweggründe zu erfahren.
Zu dem Schreibstil von Merit Niemeitz, lässt sich sagen, dass ich mir wünschte, dass jeder Mensch nur ein Kapitel aus eines ihrer Bücher lesen könnte, um ansatzweise zu verstehen, wie viel schöner die Welt und das eigene Leben sein könnten, wenn man seinen Blickwinkel etwas verändert oder öffnet. Dabei schenkt die Autorin durch ihre Charaktere und Lebensweisheiten Mut, mehr an sich selber und anderen zu glauben und hinter dem Fassadenschön zu schauen, weil dort meistens noch etwas viel Großartigeres lauert. Man muss es nur suchen und daran glauben.
Würde mich daher sehr freuen, bei der Abschlussleserunde von dieser wundervollen Reihe dabei sein zu dürfen!