Leserunde zu "Agathe" von Anne Cathrine Bomann

Eine Geschichte über Nähe und Freundschaft, Liebe und Verbindlichkeit
Cover-Bild Agathe
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Anne Cathrine Bomann (Autor)

Agathe

Franziska Hüther (Übersetzer)

Ein alternder Psychiater zählt die Tage bis zu seinem Ruhestand. Bald wird er die Türen seiner Praxis für immer hinter sich schließen.. Doch eine letzte Patientin lässt sich nicht abwimmeln. Und die Gespräche mit Agathe verändern alles: Neue Freundschaften scheinen plötzlich möglich, neue Wege, neue Zuversicht. Eine universelle Geschichte über Nähe und Freundschaft, Liebe und Verbindlichkeit – elegant und zeitlos, voll meditativer Zärtlichkeit und subtilem Humor.

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 10.12.2018 - 01.01.2019
  2. Lesen 14.01.2019 - 27.01.2019
  3. Rezensieren 28.01.2019 - 10.02.2019

Bereits beendet

Schlagworte

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Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 29.01.2019

Tolle Message, aber manches blieb mir zu offen

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Ein bald 72-Jähriger Psychiater will nach Jahrzehnten seine Praxis schließen und zählt einen Countdown. Neue Patienten möchte er eigentlich nicht mehr annehmen und er lehnt daher zunächst auch Agathe ab, ...

Ein bald 72-Jähriger Psychiater will nach Jahrzehnten seine Praxis schließen und zählt einen Countdown. Neue Patienten möchte er eigentlich nicht mehr annehmen und er lehnt daher zunächst auch Agathe ab, die glaubt, dass nur er ihr noch helfen kann. Doch seine Sprechstundenhilfe gibt ihr dann doch einen Termin und setzt damit überraschend etwas in Gang…

Das kleine, zarte und haptisch wirklich wunderbare Buch hat mich etwas zwiegespalten zurückgelassen. Der poetische, teils sehr bildliche, manchmal fast schon philosophische Schreibstil mit gelegentlich plötzlich aufblitzendem Humor, ist wunderbar gelungen und lädt nach jedem der kurzen Kapitel zum Verweilen ein, um das Gelesene noch einmal zu durchdenken.
Der namenlose Psychiater scheint in seinen Routinen gefangen und bringt für seine Patienten nicht die erwartete Empathie auf und dann kommt da eine Mittdreißigerin, die er überraschend „gut riechen“ kann…

Zum Inhalt des Buches kann ich gar nicht viel sagen, um nicht zu viel zu verraten, aber da gab es für mich Licht und Schatten. Sehr schön fand ich die Message des Buches, das es nie zu spät für irgendwas ist (und auch weitere Aspekte in der Richtung haben mir gefallen), die Auseinandersetzung mit den Themen „Altwerden“ und „Einsamkeit“, sowie die Entwicklung des Protagonisten.
Doch es gab auch Dinge, die mir einfach gefehlt haben. Warum spielt die Geschichte in Frankreich um 1948? Wie konnte der Psychiater durch die Weltkriege praktizieren? Es mag für die Geschichte nicht wichtig sein, aber da dieses Setting gewählt wurde (und es macht auch an einigen Stellen Sinn, dass dieser Zeitraum gewählt wurde), hätte ich dazu einfach wenigstens ein, zwei Sätze erwartet. Ähnlich erging es mir auch an manch anderen Stellen und ich frage mich, ob es tatsächlich immer einfach offen blieb, oder ob die Autorin mich nicht richtig erreichte.

Aber, und das kann sowohl sehr positiv, als auch weniger gut sein – es ist für mich einfach ein Buch, dass viel Spekulationsspielraum bietet und man gut mit Dritten diskutieren kann, um viele Facetten der Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Ich hatte das Glück, dass ich Mitleser hatte, sonst hätte ich das Buch wahrscheinlich relativ schnell nach dem kurzen Lesevergnügen zur Seite gelegt und mir nicht so lange Gedanken gemacht, wie man die Geschichte gedanklich weiterspinnen könnte.

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Veröffentlicht am 31.03.2019

Zauberhaft und sehr nachdenklich

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Schreibstil und Handlung:

„Agathe, was macht das Leben Ihrer Ansicht nach aus?“ fragte ich.
S. 107, Agathe - Anne Cathrine Bomann

Am Anfang der Geschichte befinden wir uns in der Praxis und den Gedanken ...

Schreibstil und Handlung:

„Agathe, was macht das Leben Ihrer Ansicht nach aus?“ fragte ich.
S. 107, Agathe - Anne Cathrine Bomann

Am Anfang der Geschichte befinden wir uns in der Praxis und den Gedanken eines alternden Psychiaters, der sich in einer Lethargie befindet, die wohl nur mit einer Kombination aus Lebensmüdigkeit, Einsamkeit und berufsbedingter Erschöpfung erklärt werden kann. Er zählt die Therapiestunden und Tage bis zu seinem Ruhestand und hört seinen Patientinnen und Patienten nur noch mit halbem Ohr zu, wenn überhaupt. Dann aber taucht Agahte auf. Eine Patientin, die ihm keine Ruhe lässt, ihn fordert und ihn immer wieder überrascht und aus seiner Reserve holt.
Die Geschichte zweier Leben wird in einer zarten und einfühlsamen Sprache erzählt, die von Leerstellen lebt und viel Raum für eigene Gedanken lässt. Ganz wenige Seiten und kurze Kapitel beinhalten so viel mehr, als die Worte, die sich auf den Seiten finden, weil jedes dieser Worte uns tief berühren und uns zum Nachdenken bringen kann.
Gibt es im Leben die Möglichkeit, noch einmal neu zu beginnen? Kann man sich trotz voranschreitendem körperlichem Zerfall und mühsamem Alltagstrott dazu aufraffen, die Gedanken noch einmal ganz neu zu ordnen und ein wenig frischen Wind in in sein Leben zu bringen?
Und auch zum Ende noch einmal die Fragen: Was berührt uns? Was macht uns als Menschen aus? Und vor allem: Was wissen wir überhaupt über die Menschen, denen wir täglich begegnen, die ein Teil unseres Lebens sind und immer wieder unseren Weg kreuzen, uns alleine durch ihre Anwesenheit ganz tief im Herzen berühren?

Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich im Rahmen einer Leserunde der Lesejury lesen dürfen und es freut mich natürlich sehr, dieses neue Buch aus dem ersten Programm von Hanser blau sogar noch vor Veröffentlichung bekommen zu haben.
Zuerst einmal wird es euch sicher nicht wundern, dass mich bei diesem Buch vor allem das Cover interessiert hat und als ich dann nach der Lektüre der Leseprobe ganz verzaubert auf meinem Stühlchen sass, wusste ich, dass dieses wunderbare Büchlein unbedingt bei mir einziehen musste. Die Haptik des feinen Leineneinbandes ist einfach perfekt, die zarten Farben passen perfekt zur leisen, poetischen Geschichte rund um Liebe, Freundschaft und die Ende unseres Lebens und sogar der kleine Vogel hat einen ganz klaren Bezug zum Inhalt. Solch durchdachte Buchgestaltungen überzeugen mich jeweils sehr und lassen auf viel Liebe zum gedruckten Wort und viel Respekt für die Arbeit der Autorinnen und Autoren schliessen.
Zum Inhalt des Buches möchte ich nicht zu viel verraten, aber ich kann euch sagen, dass mir "Agathe" wundervolle Lesestunden voller Poesie und Zartheit beschert hat, die ich auf keinen Fall mehr missen möchte.

Meine Empfehlung:
Von mir gibt es für dieses zauberhafte Buch in der wundervollen Aufmachung eine sehr herzliche Leseempfehlung und ich bin mir sicher, dass dieses Buch das perfekte Buch für eine Leserunde ist, weil es so viel Interpretationsspielraum lässt und immer wieder dazu führen kann, Diskussionen anzuregen und so ganz viel über das Leben nachzudenken.

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Veröffentlicht am 10.02.2019

Und schon denkt man über sein eigenes Leben nach...

1

Anne Cathrine Bomann veröffentlichte "Agathe" erstmals 2017 auf dänisch. Im Februar 2019 erscheint er nun beim Hanserverlag auf deutsch.
Er ist 72 Jahre alt und zählt die Stunden bis zu seinem Ruhestand. ...

Anne Cathrine Bomann veröffentlichte "Agathe" erstmals 2017 auf dänisch. Im Februar 2019 erscheint er nun beim Hanserverlag auf deutsch.
Er ist 72 Jahre alt und zählt die Stunden bis zu seinem Ruhestand. Der Protagonist ist Psychiater und führt schon seit Jahrzehnten seine eigene Praxis. Er rechnet die verbleibenden Therapiesitzungen in Stunden und versucht jede einzelne von ihnen zu ertragen. Bis zu dem Moment, als ihn eine letzte Patientin um einen Termin bittet: Agathe wird durch die gemeinsamen Gespräche das Leben ihres Psychiaters auf den Kopf stellen und ihn über das seine nachdenken lassen.

„Agathe“ ist mit 156 Seiten ein sehr kurzes Buch, dass sich in zahlreiche, und damit sehr kurze, Kapitel unterteilt. Der Ich-Erzähler, der Psychiater, beschreibt abwechselnd über die erlebten Tage als fast Pensionierter und seine Therapiesitzungen mit Agathe.
Beide Figuren charakterisieren sich im Laufe des Buches selbst, lediglich Agathes Krankengeschichte wird in Form von Arztbriefen dargestellt.
Bedenkt man wie kurz dieser Roman doch ist, ist es erstaunlich wie tiefgründig die Hauptcharaktere doch sind. Es braucht keinerlei Lebensgeschichte oder lange Beschreibung, um sich gut in die Figuren hinein zu versetzen.
Agathe ist hier viel mehr als nur eine Patientin, eine Frau, eine psychisch Kranke oder eine potenzielle Liebelei. Sie ist vielmehr auch der Spiegel, der dem Psychiater vorgesetzt wird und ihm die Augen öffnet und somit auch dem Leser.

„Agathe“ ist ein das perfekte Buch für einen gemütlichen Abend. Man beendet das Buch nicht nur mit dem Gefühl unterhalten worden zu sein, sondern bekommt selbst einen Denkanstoß: Wie zufrieden bin ich eigentlich mit meinem Leben?

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Veröffentlicht am 10.02.2019

Klischeehaft

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Anne Catherine Bomanns Erstling „Agathe“ ist ein schmales Buch, in dem sie eine Geschichte über Freundschaft, neue Wege und Aufbruch erzählt.

Ein Psychiater kurz vor dem Ruhestand, desillusioniert, gefangen ...

Anne Catherine Bomanns Erstling „Agathe“ ist ein schmales Buch, in dem sie eine Geschichte über Freundschaft, neue Wege und Aufbruch erzählt.

Ein Psychiater kurz vor dem Ruhestand, desillusioniert, gefangen in einem langweiligen, äußerst einsamen und komplett durchorganisierten Leben ohne Herausforderungen und eine junge psychisch kranke Frau, die sich unbedingt von ihm behandeln lassen will sind die Zutaten, aus denen die Autorin mit eleganter und klarer fast spröder Sprache ihre kurze Geschichte abspult.
Namenlos, langweilig, schrullig und sozial inkompetent ist der Psychiater, dem Agathe jung und quirlig und aus jahrelanger psychiatrischer Behandlung vorbelastet gegenübergestellt wird. Sie bewirkt einen Wandel in seinem Leben während der Sitzungen, der ihn aus seiner Lethargie löst.

Es ist letztlich ein Wohlfühl-Buch, in dem aus Abwarten, Eintönigkeit und einem unaufgeregtem Leben in Richtung Ruhestand neue Wege geöffnet werden, Freundschaft und Nähe entsteht und das Leben eines alternden Psychiaters wieder Schwung bekommt.

Und genau das ist es, was mich unter anderm an dem Roman stört. Ein für mich absolut grandioser erster Teil, in dem die Langeweile des Psychiateralltags aus den Seiten zu tröpfeln scheint, in dem Agathe und andere Patienten fast störend wirken und man beim Lesen ein ausgezeichnetes Gespür für den schrulligen alten Mann bekommt wandelt sich im zweiten Teil des Buches in ein klischeebelastetes Alles-wird-gut-Buch. Es ist schade um die wirklich hervorragende Art der Autorin, Gefühle für die Charaktere zu wecken, um den stilistisch und erzählerisch gekonnten Ansatz und um die Geschichte selbst.
Verblassen der Figuren, Abgleiten in Positivismus, der für mich nicht nachvollziehbar und glaubhaft wirkt wird dadurch aus einem kleinen feinen und eleganten Gespinst ein Buch, das wie so viele andere Bücher auch eine heile Welt heraufbeschwört, unglaubwürdig und zu schön um wahr zu sein.

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Veröffentlicht am 08.02.2019

Bietet Interpretationsspielraum

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Zum Inhalt: Obwohl er eigentlich schon angefangen hat, die Tage bis zu seinem Ruhestand zu zählen und er eigentlich keine neuen Patienten mehr annehmen möchte, ist eine weitere Patientin fest entschlossen ...

Zum Inhalt: Obwohl er eigentlich schon angefangen hat, die Tage bis zu seinem Ruhestand zu zählen und er eigentlich keine neuen Patienten mehr annehmen möchte, ist eine weitere Patientin fest entschlossen sich nur von ihm behandeln zu lassen. Dabei ahnt er noch nicht, dass diese Patientin auch für ihn einiges verändern wird – ganz plötzlich taut der ältere Herr wieder auf, beginnt sich wieder mehr für sein Umfeld zu interessieren und am Leben teilzunehmen. Zu Beginn des Buches sind ihm seine Patienten mit ihren Problemen eher lästig, zum Ende hin macht es ihm wieder Freude, anderen Menschen bei der Überwindung ihrer Schwierigkeiten zu helfen.

Mit seinen 160 Seiten ist „Agathe“ ein eher schmales Buch für einen Roman. Und meiner persönlichen Ansicht nach entspricht „Agathe“ auch sonst eher nicht den Merkmalen eines klassischen Romans. Dafür hängen die einzelnen Abschnitte mit ehrlich gesagt zu wenig zusammen. Anne Cathrine Bomann lässt uns in einzelnen Szenen aus dem Leben und der beruflichen Tätigkeit des bis zum Ende des Buches lediglich „der Psychiater“ ist.

Dabei sind die Szenen und Informationen, die die Autorin ihrer Leserschaft präsentiert, klug gewählt, regen zum Nachdenken an und berühren. Man empfindet Mitleid mit diesem älteren Herren, der sich so von seinem Umfeld zurückgezogen hat und isoliert fühlt. Allerdings kratzen mir viele der Szenen zu sehr an der Oberfläche. Ich hätte mir zum Beispiel mehr Informationen zum Leben des Psychiaters gewünscht, angefangen bei seinem Namen. Es hat sich irgendwie unpersönlich angefühlt, ihn bis zum Ende des Buches nur als den „Psychiater“ bezeichnen zu können.
Was mir bis zum Ende hin auch nicht ganz klar geworden ist, ist die „Beziehung“, die der Psychiater zu seiner neuen Patientin (Agathe) entwickelt. Es ist eine etwas merkwürdig anmutende Faszination, die ihn da gepackt zu haben scheint.

Allerdings verfügt Anne Cathrine Bomann über einen sehr anmutigen, wundervollen Schreibstil, der der Geschichte viele Emotionen einhaucht, ganz besonders die melancholischen Momente und bittersüßen Szenen gewinnen unglaublich durch die Wahl der treffenden Worte.

Zuletzt noch ein Wort zu der wunderschönen Gestaltung des Buches, das anmutet, als wäre es mit Stoff bezogen und im Stil wie ein altmodischer Sofabezug daherkommt. Das Äußere des Buches passt dabei sehr gut zu dem Inhalt und selbst der kleine Spatz auf dem Cover scheint eine Anspielung auf einen Moment in der Handlung zu sein.

„Agathe“ lässt mir auf der einen Seite ein wenig zu viel Raum für Interpretationen, auf der anderen Seite hat mich die übertriebe Faszination des Psychiaters für seine Patientin Agathe etwas irritiert. Auf der anderen Seite hat mich die Einsamkeit dieses Mannes berührt und der Schreibstil hat mir unglaublich gut gefallen. Daher komme ich in einer Gesamtwertung zu einer Bewertung mit drei Sternen.

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