Leserunde zu "Ein Lied von Liebe und Verrat" von James William Brown

Von der Kraft der Freundschaft in Zeiten des Krieges
Cover-Bild Ein Lied von Liebe und Verrat
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James William Brown (Autor)

Ein Lied von Liebe und Verrat

Roman

Axel Merz (Übersetzer)

Griechenland 1945. Der Krieg ist vorbei, die junge Aliki und ihre Freunde Takis und Stelios haben überlebt. Aber ihre Heimat und ihre Familien haben sie verloren. Geblieben ist ihnen ein selbst gebautes Schattentheater, das sie allabendlich zum Leben erwecken. Mitten im Chaos der Nachkriegszeit zaubern sie damit ein Lächeln auf die Gesichter ihrer Zuschauer. Das gemeinsame Schicksal schweißt die drei Jugendlichen zusammen, doch Misstrauen und Eifersucht drohen ihre Freundschaft zu zerstören.

"Eine bewegende Geschichte über das Leben, den Krieg und die Liebe" Publishers Weekly

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 07.05.2019 - 30.06.2019
  2. Lesen 15.07.2019 - 04.08.2019
  3. Rezensieren 05.08.2019 - 18.08.2019

Bereits beendet

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Abschnitt 1, KW 29, Seite 1 bis 146 (inkl. Kapitel "Kassette 2, Seite 2")

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liesmal

Mitglied seit 23.07.2018

Lesen ist Leben

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 08:49 Uhr

So, dann will ich mal loslegen. Von Beginn an fesselt mich das Buch und so habe ich den ersten Teil gleich in einem Rutsch gelesen. Mir gefällt der Schreibstil mit den vielen besonderen Umschreibungen.
Ich denke, Aliki ist inzwischen weit über 80 (habe ich das Geburtsjahr überlesen?). Sie bezeichnet sich selbst als das letzte berufsmäßige Klageweib. Dieser Begriff ist für mich neu und es ist schon sehr interessant, was sie über ihr gegenwärtiges Leben berichtet. Das „Heute“ ist gut integriert in die eigentliche Geschichte, Alikis Vergangenheit, über die sie erzählt und für eine Forscherin auf Band spricht.
„Die Vernunft hatte die Welt verlassen, wie es schien, und all die Tausende von verlorenen Seelen mit sich genommen.“
Aliki hat mit ansehen müssen, wie ihr Vater erschossen wurde, obwohl er vorher noch versucht hat sie wegzuschicken, und er hat auch noch eine Nachbarin gebeten, seine Tochter zu sich zu nehmen. Daraus spricht die große Liebe des Vaters zu seiner Tochter, die durch den Schock plötzlich nicht mehr sprechen kann. Ich finde es nicht selbstverständlich, dass Chrysoula Aliki zu sich und ihrem Sohn Takis genommen hat. Die beiden Kinder kann man als richtige Freunde bezeichnen, daher ist es schon verständlich, dass Takis eifersüchtig ist, als plötzlich Stelios da ist und sich mehr um Aliki als um ihn bemüht. Chrysoula mag ich sehr. Selbstverständlich und ohne zu fragen, wer sie sind und warum sie auf der Flucht sind, hat sie Stelios und seine Mutter bei sich aufgenommen und im Keller versteckt.
Ich selbst bin einige Jahre nach Kriegsende geboren und während meiner Schulzeit war das Thema „Zweiter Weltkrieg“ tabu, zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass wir etwas über die Zeit erfahren hätten. Darum finde ich es heute immer wieder spannend, Näheres darüber zu erfahren. So habe ich auch nicht gewusst, dass es in Griechenland so viele Juden gegeben hat.
Der Oberst, der Alikis Vater hat erschießen lassen, nimmt sich jetzt einfach sein Haus. Dann wird auch noch Chrysoula misshandelt. Als sie erzählt, dass man ihr mit einem Stock auf die nackten Fußsohlen geschlagen hat – das tat mir persönlich weh. Wer weiß, was ihr noch geschehen ist! Die Kinder wissen natürlich gar nicht, was das alles zu bedeuten hat. Auch als Stelios erzählt, dass er und seine Familie Juden sind, ist Aliki ahnungslos. Aber sie ist sehr wissbegierig und fragt viel, auch wenn sie oft keine Antwort bekommt.
Wie schrecklich, dass kurz vor dem Abzug der Deutschen noch solch ein Massaker angerichtet wird! Häuser brennen und Chrysoula und Stelios‘ Mutter sind tot. Aliki kann durch den Schock wieder sprechen, aber Takis ist wie von Sinnen. Was hat er erleben müssen? Aliki lässt ihn nicht allein und nimmt ihn mit auf den Weg in Stelios‘ Heimatstadt Athen.
Mich hat geschockt, was ich über die vielen verwaisten Kinder lesen musste, die sie unterwegs getroffen haben. Und wertvolle Dinge haben plötzlich keinen Wert mehr, weil man sie für ein paar Lebensmittel eintauscht. Hoffentlich gibt es nie wieder einen solch schrecklichen Krieg!
Doch es gab auch einige schöne Momente. Schon in der Leseprobe habe ich mich begeistert über Takis, der seinen Füßen Namen gab und Geschichten dazu erzählte – Frau Schafhirte, welch schöne Idee. Stelios erzählte vom Schattentheater und spielte Geschichten für die Familie. Und der erste Kuss zwischen Aliki und Stelios – da waren die beiden so glücklich.
Jetzt bin ich gespannt auf den zweiten Teil. Nach der Buchbeschreibung hört es sich ja so an, als ob Aliki, Stelios und Takis zusammenbleiben. Ob die Liebe zwischen Aliki und Stelios Bestand hat? Was wird aus ihrem Schattentheater?

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Blondschopf10000

Mitglied seit 19.06.2018

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 09:09 Uhr

Puh, ich bin sehr fasziniert:
1. Vom Schreibmuster des Romanes: Was für einen lustige Idee, ihn als Kasettenerzählung für eine Ethnografin aufzuziehen
2. Von dem Elend der Kriegszeit in Griechenland. Man spricht zwar immer vom "WELT"Krieg, wirkliche Details kannte ich aber bisher nur aus Deutschland. Eigentlich klar, dass es in anderen Ländern nicht besser war - aber trotzdem erschreckend.
3. Von den dramatischen Familiengeschichten der 3 Kids. Ich weiß gar nicht, wen es schlimmer getroffen hat. Wahrscheinlich kann man es gar nicht gegeneinander aufwiegen.
4. Von den Reste des jüdischen Lebens in Athen, das irgendwie unter dem Regime der Haushälterin über die Zeit gerettet werden konnte. Ich frage mich, ob das wirklich so realistisch ist.
5. Von dem Lebenswillen der 3 Kinder - was für eine Kraft sie uns vermitteln.

Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht.

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classique

Mitglied seit 11.02.2017

"Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste". - Heinrich Heine -

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 10:52 Uhr

Aliki, eine jetzt gealterte Dame erzählt die Geschichte. In ihren Erzählungen springt sie zwischen den Zeiten...

Ihre Erinnerungen beginnen im Jahr 1943... die Deutschen hatte den Menschen alles genommen. Das griechische Volk selbst hatte nur wenig zu essen.

Als Alikis Vater einen Kürbis für die Familie „versteckt“...wird es einfach erschossen...

Aliki wird von Chrysoula aufgenommen... ebenfalls „versteckt“ sie die Juden Sophia und ihren Sohn Stelios... diese spielen Schattentheater. Da sie Gold haben, kommen allen durch den Schwarzmarkt an Lebensmitteln...das bleibt nicht unbemerkt...Crysoula und Sophie verlieren ihr Leben... Takis, Crysoulas Sohn war verschwunden... und jetzt hat er seine Erinnerungen verloren?!...

Schreibstil und der geschichtliche Hintergrund des Romans gefallen mir bis jetzt gut.

Ich bin gespannt auf die Weiterentwicklung der Geschichte...

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luise_pl

Mitglied seit 28.04.2019

Bücher sind wie Kekse! Hat man einmal angefangen sie zu verschlingen, kann man nicht mehr aufhören.

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 16:12 Uhr

Zuerst einmal finde ich es grauenhaft, was da in Griechenland passiert ist. Es sind zwar die gleichen Dinge, die in allen anderen Ländern auch geschehen sind, aber das macht es ja nicht besser. Die drei Kinder haben im jetzigen Abschnitt schon schlimme Dinge erlebt, welche sie nun zu verarbeiten versuchen. An dieser Stelle muss ich anmerken, dass ich Stelios sein Verhalten äußerst unsensibel finde. Er reitet die ganze Zeit darauf rum, dass seine Mutter tut ist und macht Aliki die ganze Zeit Vorwürfe, sie würde es vergessen. Sie hat keine Mutter, ihr Vater wurde vor ihren Augen erschossen und jetzt ist die Frau, die wie eine Mutter für sie war, auch noch tot. Es ist eben ihre Art der Trauer noch vorn zu schauen. Da finde ich sein Verhalten echt unpassend. Und sein Hass auf Takis kann ich zwar gut nachvollziehen, aber keiner weiß ja so genau was passiert ist und er ist auch noch wesentlich jünger und da ist Verdrängung gar nicht so ungewöhnlich.
Zum Schreibstil muss ich sagen, dass die Sätze mich manchmal verwirren und ich manche auch mehrmals lese bevor ich den Zusammenhang verstehe. Auch dieses plötzlich gemischte aus Jetzt und Erzählung finde ich noch nicht so gut. Aber ich lese erstmal weiter und schaue ob ich daran noch gefallen finde.

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sumchi95

Mitglied seit 15.05.2018

Wer liest, lebt 1000 Leben

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 20:16 Uhr

Ich hatte zu Anfang eher ein bisschen Probleme mit dem sehr ungewöhnlichen Stil, der in meinen Augen wenig vordergründige Emotionalität zulässt.
Die Ereignisse, die Aliki widerfahren sind, sind wirklich absolut grausam und erschreckend und es ist absolut nachvollziehbar, dass sie danach ihre Sprache verliert.

Für mich braucht das beschriebene Grauen auch nicht die in den Vordergrund gedrängte Emotionalität, da die Thematik wohl auf allen Emotionsebenen für sich selbst spricht.
Es gibt sehr bewegende Szenen,. z.B empfand ich das ausgedachte Schattenspiel als eine einprägsame und gelungene Szenen. Der Schreibstil ist, nach einer gewissen Eingewöhnungsphase, sehr flüssig zu lesen und ich bin sehr neugierig, wie es weitergeht. Wenn ich auch sagen muss, dass mir die Distanz zu den Charakteren noch etwas zu groß ist, ich kann zu ihnen im Moment noch keine überaus große Bindung aufbauen.

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sumchi95

Mitglied seit 15.05.2018

Wer liest, lebt 1000 Leben

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 20:22 Uhr

Beitrag gelöscht

Der referenzierte Beitrag existiert nicht mehr.

Stimmt, Chrysoula war auch meine absolute Lieblingsperson des ersten Abschnitts. Ein sehr starker und detailliert ausgearbeiteter Charakter.

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Deidree

Mitglied seit 23.07.2016

„Bücher sind fliegende Teppiche ins Reich der Phantasie.“ --- J. Daniel ---

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 21:19 Uhr

So locker flockig bin ich hier nicht in die Geschichte gekommen, doch am Ende des ersten Abschnitts bin ich gut dabei und neugierig wie es weiter gehen wird.

Aliki hat in ihren jungen Jahren ja schon viel erlebt. Dass sie nach der Hinrichtung ihres Vaters nicht gesprochen hat, ist durchaus plausibel. Sie ist zu einer starken Persönlichkeit herangewachsen. Das zeigt sich nicht nur in Athen, wie sie versucht Takis zu helfen. Eine kleine innere Stimme warnt sie zwar vor dem unbekannten Teil in Takis, doch ihr Ehrgefühl will unbedingt helfen.

Wenn ich Aliki und Stelios nebeneinander stelle, kommt mir Aliki umschlägiger vor. Sie hat Ideen wie sie Geld verdienen können, sie plant im Voraus. Stelios hat zwar Kontakte in Athen, aber wenn alles im Haus verkauft ist, wovon will er leben?

Zwischen Aliki und Stelios bannt sich ein zartes Gefühl an. Die Haushälterin hat es bemerkt. Doch die beiden wissen selbst noch nicht wohin es sie führen kann, oder wird?

Bei Takis bin ich mir nicht sicher. Hat ihn das Erlebte in den Wahn getrieben, oder verdrängt er nur erfolgreich was geschehen ist? Zwischendurch scheint er ja „lichte“ Momente zu haben.

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Deidree

Mitglied seit 23.07.2016

„Bücher sind fliegende Teppiche ins Reich der Phantasie.“ --- J. Daniel ---

Veröffentlicht am 15.07.2019 um 21:29 Uhr

Zitat von Blondschopf10000

Von den Reste des jüdischen Lebens in Athen, das irgendwie unter dem Regime der Haushälterin über die Zeit gerettet werden konnte. Ich frage mich, ob das wirklich so realistisch ist.



Das habe ich mich auch gefragt, warum hat die Besatzungsmacht das eigentlich leerstehende Haus nicht genutzt? Das wurde doch ständig gemacht - angeblich. Ich kann nur aus Erzählungen sprechen.



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classique

Mitglied seit 11.02.2017

"Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste". - Heinrich Heine -

Veröffentlicht am 16.07.2019 um 09:15 Uhr

Zitat von Deidree

Bei Takis bin ich mir nicht sicher. Hat ihn das Erlebte in den Wahn getrieben, oder verdrängt er nur erfolgreich was geschehen ist? Zwischendurch scheint er ja „lichte“ Momente zu haben.



Ja, noch eine sehr undurchsichtige Charakterfigur...hat er absichtlich oder auch unabsichtlich die Katastrophe verursacht!?!

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AnnaMagareta

Mitglied seit 02.05.2016

Das Leben ist kurz, lest lieber schneller.

Veröffentlicht am 16.07.2019 um 10:02 Uhr

Ich bin gut in die Geschichte hineingekommen und finde sie ungewöhnlich. Der Schreibstil ist sehr ruhig aber trotzdem bin ich gefesselt und finde es interessant Aliki zuzuhören. Die Idee, dass sie ihre Erinnerungen auf Kassetten spricht gefällt mir, die Übergänge zwischen der Gegenwart und den Rückblenden ist fließend und gelungen.

Ich habe schon einige Bücher über die Zeit um den Zweiten Weltkrieg gelesen, aber noch keines, dass von den damaligen Ereignissen in Griechenland handelte und mir war nicht bewusst, dass die Menschen dort genauso brutal/gruselig/menschenunwürdig behandelt wurden wie eigentlich überall wo die Deutschen eingefallen sind (von daher hätte ich es eigentlich schon wissen müssen, aber es ist immer ein Unterschied, ob man über ein Einzelschicksal liest oder ein pauschales Wissen über viele Menschen hat).

Was Aliki erleben muss, ist einfach gruselig und sie hat großes Glück, dass sie bei Chrysoula und Takis unterkommt. Chrysoula ist eine tolle Frau, dass sie in einer Zeit, in der jeder um sein Überleben kämpft sich um ein weiteres Kind kümmert, muss man ihr hoch anrechnen. Aliki und Takis verstehen sich gut und dass Aliki eifersüchtig reagiert als Stelios mit seiner Mutter in das Haus kommt, ist nachvollziehbar.

Der Krieg verändert die Menschen, erst verliert Aliki ihre Stimme als sie mit ansehen muss wie der Oberst ihren Vater erschießt und durch ein weiteres traumatisches Ereignis findet sie diese wieder. Takis ist anschließend total verwirrt und ich bin gespannt, was wirklich passiert ist. Hat Takis wirklich aus Eifersucht seine Familie verraten ? Das kann/will ich eigentlich nicht glauben.